2. Leseabschnitt: Teil 2 (S. 83 bis S. 178) - Die Route nach Madras

Renie

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Die Expedition nimmt die erste Etappe nach Madras in Angriff.
Bartolomäus hat Glück, dass er von seinen Leuten mitgeschmuggelt wird. Zugegeben, sein Transportmittel ist gewöhnungsbedürftig und so gar nicht komfortabel. Er ist in einem Sarg oder einer sargähnlichen Kiste untergebracht. Wenn es ein Sarg ist, frage ich mich, warum dieser zur Expeditionsausstattung gehört? Die drei Brüder werden doch wohl keine Vorsorge für den Fall, dass .... getroffen haben?

In diesem LA wird näher auf die Schlagintweits eingegangen. Wir lernen die einzelnen Brüder kennen. Robert ist für mich der große Unbekannte. Er ist ein sehr ruhiger Vertreter und gibt nicht viel von sich Preis. In ihn lässt sich am meisten hineininterpretieren. Für mich hat er das Potenzial zu einem väterlichen Freund für Bartholomäus (quasi als Ersatz für Vater Fuchs). Doch momentan ist Adolph noch der Favorit von Bartholomäus. Der Junge fühlt sich zu ihm hingezogen und bildet sich zunächst ein, dass dieses Gefühl auf Gegenseitigkeit beruht. Die Sehnsucht nach einer Familie bzw. einem Bruder ist so groß, dass er jedes kleinste Anzeichen der Zuneigung von Adolph dahin gehend interpretiert. Doch Bartholomäus wird bitter enttäuscht und hat seine Lektion gelernt. Ein Inder kann niemals der Freund /Bruder eines Deutschen/Engländers sein.
Ich hoffe nicht, dass Adolphs Verhalten Methode war, und er Bartholomäus absichtlich auflaufen ließ. Ich schätze, dass sein Verhalten nur seiner Oberflächlichkeit geschuldet war. Schlimm genug, dass die Brüder sich auf Kosten von Bartholomäus' Gefühlen lustig machen.
 

Anjuta

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8. Januar 2016
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Bartholomäus hat seine ganz eigene Sicht auf die Welt. Er steht sehr fest zu seinen Sympathien bzw. Antipathien, die für mich nicht immer nachvollziehbar sind. Er ist glühender Verehrer von Humboldt und seinem Wirken, steht den Schlagintweits und ihrem Tun in Indien, die letztlich genau das gleiche tun wie Humboldt woanders, aber sehr distanziert gegenüber. Es ist eben eine kindlich geprägte Sichtweise, die nicht immer rational und nachvollziehbar sein muss, die aber - aus meiner Sicht - dem Buch auch eine gewisse Begrenztheit der Einsicht gibt. In wie weit kann ich der Schilderung über die Expedition im Buch glauben? Ich erfahre alles über das Geschehen (bisher) komplett durch die Brille von Bartholomäus, dem ich nicht ganz traue. Das mindert ein wenig (immer mehr) mein Lesevergnügen, das aber immer noch sehr hoch und groß ist.
Aber Bücher, die aus der Sicht von Kindern geschrieben sind, haben halt diesen Nachteil bzw. diese Einschränkung. Darüber kann ich nicht ganz hinwegsehen.
Aber jetzt noch etwas, was mir wirklich Freude macht:
Ich finde die Verwendung von Fußnoten hier wirklich zum Piepen:
Es gibt dem Buch einen wissenschaftlichen Anstrich, denn nur in diesem Kontext werden Fußnoten ja verwendet. Aber wenn in wissenschaftlichen Texten dort die allersachlichsten Informationen verborgen werden, werden hier oftmals recht witzige, individuelle Einschätzungen untergebracht. Die mich schmunzeln lassen.
 

Wandablue

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18. September 2019
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Bartholomäus hat schon etliche Enttäuschungen wegstecken müssen. Es ist rührend zu sehen, wie der Junge sich nach Bezugspersonen sehnt. Der Autor macht es gut, seine ? ambivalente Haltung zu den Brüdern durch die B-Figur darzustellen: einerseits sind sie Wissenschaftler und Entdecker und zu rühmen, andererseits fällt es ihnen schwer, ganz normale menschliche Regungen zuzulassen, soweit es um die Eingeborenen geht. Sie sind gleichzeitig Forscher und Rassisten. Auch Adolph, obwohl er sich ein wenig mehr Menschlichkeit bewahrt. Wenn es hart auf hart kommt, gehören die Inder nicht zu ihnen.

ich weiß nicht, ob ich Adolph sein unrühmliches Ende gönnen soll.
 

Wandablue

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Er ist glühender Verehrer von Humboldt und seinem Wirken, steht den Schlagintweits und ihrem Tun in Indien, die letztlich genau das gleiche tun wie Humboldt woanders, aber sehr distanziert gegenüber.

Seine Sympathien rühren alle von seinem Mentor, Vater Fuchs. Was er liebte, liebt er auch. Den Brüdern kann er kritischer gegenüberstehen, da Fuchs keine Urteile über sie abgeben hat, denen sich B. verpflichtet fühlt. Es wird noch dauern bis er sich auch von Vater Fuchs emanzipiert.
 

Wandablue

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Für mich ist an einer Erzählweise durch die kindliche Sicht nichts einschränkendes. Denn letztlich erzählt der Autor. B. ist ganz klar eine Kunstfigur. Sonst hätte der Autor keinen Ansatz in einer Weise zu kritisieren, die der Leser leicht hinnehmen kann und ihn nicht verschnupft. Kratzt er doch an den deutschen Idolen.
 

Renie

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Ich erfahre alles über das Geschehen (bisher) komplett durch die Brille von Bartholomäus, dem ich nicht ganz traue. Das mindert ein wenig (immer mehr) mein Lesevergnügen, das aber immer noch sehr hoch und groß ist.
Aber Bücher, die aus der Sicht von Kindern geschrieben sind, haben halt diesen Nachteil bzw. diese Einschränkung. Darüber kann ich nicht ganz hinwegsehen.
Ich sehe es anders: Frei nach der Devise "Kindermund tut Wahrheit kund" glaube ich sehr wohl, dass man bei Bartholomäus Sichtweise von der unbeschönigten Wahrheit ausgehen kann. Gerade Kinder, die nichts mit politischen, kulturellen und (in diesem besonderen Fall) mit rassenideologischen Denkweisen am Hut haben, geben doch nur das wieder, was sie wahrnehmen und wie sie es wahrnehmen. Erst wir Erwachsenen machen doch etwas anderes aus dem, was Kinder von sich geben, fangen an zu interpretieren und versuchen unsere eigenen Erfahrungen und Sichtweisen ins Spiel zu bringen. Wären die Schlagintweits hier zu Wort gekommen, oder irgendein anderer der Mitreisenden, bspw. einer der Träger, hätte mich das Geschilderte nicht besonders überrascht. Die Brüder hätten über die primitiven und unterentwickelten Einheimischen berichtet, die Träger über die arroganten und hochnäsigen Deutschen. Bartholomäus ist für mich der "neutrale" Berichterstatter, dessen Schilderung meine Fantasie anregt.
 

Renie

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ich weiß nicht, ob ich Adolph sein unrühmliches Ende gönnen soll
Das geht mir genauso. Ich kann Adolph nicht einordnen. Zwischenzeitlich erscheint er mir sehr oberflächlich, dann wieder scheint sein Interesse für die fremde Kultur größer zu sein, als das seiner Brüder. Und was ich gar nicht verstehe, ist seine Beziehung zu Bartholomäus. Ich schwanke noch zwischen "Zuneigung, die man einem Haustier entgegenbringt" und "Der Junge ist ihm ans Herz gewachsen".:rolleyes:
 

Renie

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Seine Sympathien rühren alle von seinem Mentor, Vater Fuchs. Was er liebte, liebt er auch. Den Brüdern kann er kritischer gegenüberstehen, da Fuchs keine Urteile über sie abgeben hat, denen sich B. verpflichtet fühlt. Es wird noch dauern bis er sich auch von Vater Fuchs emanzipiert.
Interessanter Aspekt. Vermutlich wird die Emanzipation von Vater Fuchs noch lange auf sich warten lassen, zumindest bis B. erwachsen ist. Momentan ist Bs denken noch von den Erinnerungen an Vater Fuchs geprägt.
 
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Renie

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Ich bin mal flott auf Google Maps die Etappe nachgelaufen:
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Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Viele der Weisheiten die Bartholomäus von Vater Fuchs übernommen hat, sind wirklich gut und zeugen davon, dass dieser viel erlebt hat und eine gute Menschenkenntnis hatte. Durch seinen scharfen Verstand nutzt B.dies in meinen Augen perfekt. Er ist so in der Lage die anderen richtig einzuschätzen und handelt oft zu seinem Vorteil. Allerdings ist er auch ein kleiner Hitzkopf, aber was soll man von einem 12 Jährigen auch erwarten. Sein Temperament ging wohl auch mit ihm durch, als er den Brief von Humboldt zerriss und in die Tasche des Khansaman schmuggeln wollte. Die Sache hätte schrecklich enden können.
Das Bartholomäus nach einem Freund oder Vaterersatz buhlt, wird sehr deutlich. Er saugt ja förmlich jede Art der Zuwendung auf. Schade, dass Adolph ihn zwar mag, aber ihn doch nicht als gleichgestellten Menschen ansehen kann. Die Forscher fühlen sich doch wohl als etwas besseres. Ein Problem, dass sich bis in die heutige Zeit gehalten hat.
 

Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Interessanter Aspekt. Vermutlich wird die Emanzipation von Vater Fuchs noch lange auf sich warten lassen, zumindest bis B. erwachsen ist. Momentan ist Bs denken noch von den Erinnerungen an Vater Fuchs geprägt.
Bartholomäus wurde stark von Vater Fuchs geprägt. Er brachte ihm vieles bei, und der Junge saugte dieses Wissen wie ein Schwamm auf. Er wäre ohne Vater Fuchs sicher nicht der, der er heute ist. Ich denke wie du, dass es noch dauern wird, bis er sich komplett von ihm lösen kann. Aber ich denke, es schadet ihm nicht, im Gegenteil
 

KrimiElse

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26. Januar 2019
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buchmafia.blogspot.com
Bartholomäus hat schon etliche Enttäuschungen wegstecken müssen. Es ist rührend zu sehen, wie der Junge sich nach Bezugspersonen sehnt. Der Autor macht es gut, seine ? ambivalente Haltung zu den Brüdern durch die B-Figur darzustellen: einerseits sind sie Wissenschaftler und Entdecker und zu rühmen, andererseits fällt es ihnen schwer, ganz normale menschliche Regungen zuzulassen, soweit es um die Eingeborenen geht. Sie sind gleichzeitig Forscher und Rassisten. Auch Adolph, obwohl er sich ein wenig mehr Menschlichkeit bewahrt. Wenn es hart auf hart kommt, gehören die Inder nicht zu ihnen.

ich weiß nicht, ob ich Adolph sein unrühmliches Ende gönnen soll.
So sehe ich das auch, das wird in vielen Kleinigkeiten deutlich. Letztlich sind sie geprägt durch ihre Herkunft Rassisten, die manchmal ein wenig Menschlichkeit durchblicken lassen. Ich frage mich gerade, ob man Humboldt auch so einordnen muss...
 

kingofmusic

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30. Oktober 2018
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