2. Leseabschnitt: Teil 2 "Chicago, 2002,..." (S. 111 - 221)

KrimiElse

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26. Januar 2019
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So unterschiedlich wir selbst sind, so unterschiedlich bewerten wir Gelesenes. ;) Ich habe mit meiner Definition von wild weder Piercings oder Tattoos gemeint, auch nicht ihre Berufe, sondern eher ihren Umgang mit Konfrontationen. Sie knickt nicht ein, sondern bleibt bei ihrer Meinung. Das ist etwas was nicht so viele Menschen tun, noch dazu wenn auch die weitere berufliche Laufbahn auf dem Spiel steht. Und dies bezeichne ich für mich als wild und nicht zähmbar. :) Mir gefällt ihr Verhalten bei diesem Punkt auch sehr. Weil es in meinen Augen auch etwas ist, was man selten trifft, so ein Handeln hat meinen tiefen Respekt.
das hast du schön geschrieben...
Und man sollte sich hier tatsächlich nicht am Wort „wild“ festhalten, unter dem jede(r) sicher etwas anderes versteht.
Sie hat sich allerdings in meinen Augen schon gebeugt, indem sie an die Uni als Professorin ging, auch wenn damals mit vielen kreativen Ideen, Piercings und Tatoos und sicherlich dem Willen, Veränderungen zu bewirken. Und sie beugte sich wahrscheinlich Eddie, nachdem er sie mit auf Streife nahm. In der Gegenwart lebt sie mit einem Mann, der (offenbar mit ihrem Geld) mit wenig Achtung vor ihrer Person sein Ding durchzieht. Die Ablehnung gegenüber McCall Samuelson heißt für mich, dass sie offenbar an eine Grenze gestoßen wird und mit denn Rücken zur Wand steht. Es ist spannend, was jetzt daraus wird.
Allerdings sehe ich die Weigerung, etwas zuzugeben was man nicht verbockt hat, als nicht besonders ungewöhnlich an, zumal ihre finanzielle Existenz nicht von diesem Job abhängt. Aber ich denke, es ist ein Auslöser für mehr, und das macht diese Situation wichtig.
 
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KrimiElse

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Am Anfang, sie arbeitet an der Uni, hält Vorlesungen vor Studenten, interessiert sich für Mesopotamien, deren alte Stadtstaaten und deren Bewohner, die Sumerer und Assyrer, interessiert sich für die Stellung der Frau in diesen uralten Kulturen, hat ein Buch geschrieben über den Glauben an die Göttin. @KrimiElse wird wissen, dass bei dieser Lektüre mein Herz vor Freude
Da habe ich beim Lesen auch an dich gedacht, und du hättest dir sicher mehr davon gewünscht...
 

KrimiElse

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Auch der Umgang mit Drogen/BTM ist immer wieder zu bemerken. Miriam spritzt sich Morphium, Cheri hatte ein Speed-Intermezzo, später wird mit Ativan hantiert, Michael hat damit einen recht lockeren Umgang. Ich hoffe nicht, dass damit etwas angedeutet wird, so nach dem Motto der Apfel und der Stamm. Auch das Cheri nicht so zurechtkommt mit ihrem reichen Elternhaus und in einen Bezirk nach New York wechselt, in dem eher ärmere Schichten leben wirkt so. Dies fände ich etwas zu einfach.
das hoffe ich auch, dass es nicht darauf hinaus läuft. Denn das wäre irgendwie langweilig...
 

KrimiElse

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Dahingehend bin ich neugierig, was konkret zum Ausscheiden aus dem Polizeidienst geführt hat. Das wurde bisher nur angedeutet. Nach dem Mobbing würde sie von Eddie als Partnerin aufgenommen, der später auch ihr feuriger Liebhaber wurde. Insofern hat Cheri ein bewegtes Leben mit einigen Brüchen (auch der Bruch mit dem Vater wurde angedeutet, aber noch nicht erklärt) hinter sich, aber "wild"?
Das interessiert mich auch, und offenbar hat Eddie dabei eine wichtige Rolle gespielt (hat er ihr nicht den Rücken freigehalten oder etwas anderes, schlimmeres?)
Ich glaube fast, dass das Geheimnis nichts weiter ist als das Geld, das Sol damals bei der Adoption zahlte und von dem sicher niemand außer ihm weiß. Aber ich bin mir nicht sicher, ob etwas anderes dahinter steckt, denn die Andeutungen sprechen von einem Geheimnis, das auch größer sein könnte.
 

KrimiElse

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Das ist etwas, das mich mitunter in amerikanischen Romanen nervt. Mit Selbstverständlichkeit wirft man dies oder jenes ein. Man schläft schlecht: Valium hilft, und so weiter. Das ist in diesem Buch extrem. Jeder nimmt irgendeine Droge...
Ich glaube, dass das keine Nebensächlichkeit ist, sondern durchaus noch eine Rolle spielen wird.
 

Literaturhexle

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Dieser Abschnitt ist fast ein bisschen an mir vorbeigeflutscht.
Ich nannte es plätschern... ist aber vollkommen dasselbe Gefühl, glaube ich.
so wenig Bezug zum Beginn des Romans hat und ich mich deshalb zunächst wenig aufgehoben fühlte
Exakt. Der erste Teil hatte einen Zug. Hier habe ich keine große Lust zum Weiterlesen verspürt. Erst im letzten Kapitel, in dem sich eine Wende anzukündigen scheint, hat mich wieder gepackt.
In meinen Augen birgt eine Professur von vornherein ein gewisses Maß an Konventionalität, Anerkennung von Establishment und Hierarchien. Aber wer
Das sehe ich ebenso. Insofern würde mich interessieren, welches Erlebnis sie in die zutiefst bürgerlichen Mühlen gespült hat. Der (aufregende) Polizeidienst wollte da schon besser passen.
Erinnerung an Eddie, der für mich der Inbegriff eines Machos zu sein scheint.
Irgendwie schon. Doch ich glaube, da war noch weit mehr. Die Autorin hat einige Fäden gesponnen, die mein absolutes Interesse wecken. Hoffentlich bleibt sie jetzt auch "dran".
 

Literaturhexle

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Allerdings sehe ich die Weigerung, etwas zuzugeben was man nicht verbockt hat, als nicht besonders ungewöhnlich an, zumal ihre finanzielle Existenz nicht von diesem Job abhängt. Aber ich denke, es ist ein Auslöser für mehr, und das macht diese Situation wichtig.
Auch wenn sie von ihrem Geld nichts zu verbrauchen scheint, ist der Rückhalt eines gut bestückten Fonds natürlich ein sanftes Ruhekissen, mit dem man sich persönliche Linientreue besser leisten kann. Man hat kein existenzielles Risiko.

Als die Szene mit den Studenten am Anfang des Abschnitts kam, habe ich mich gefragt: Was soll das?! Erst später wurde die Bedeutung dessen klar.

Auch diese Situationen sind in der amerikanischen (Campus?) Literatur häufig: dass Studenten irgendwas behaupten, über das der Professor zu straucheln droht. Jüngere Beispiele aus meinen Büchern: Der menschliche Makel, Stoner.
Wahrscheinlich liegt es daran, dass die Hochschulen privat organisiert sind und das Geld der Studierenden brauchen. Außerdem wiegen Sexismus und Diskriminierungsvorwürfe in den USA schwerer.
 

ulrikerabe

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14. August 2017
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Ich kann deine Erklärung völlig nachvollziehen und stimme mit dir bei den lobenswerten Eigenschaften von Cheri im Kern überein. Nur die Vokabel "wild" will bei mir nicht passen...
Aber wenn das alles ist :D
Hier stimme ich dir voll ganz und zu.
Dann wäre ich wohl auch ganz schön "wild" :D
 

KrimiElse

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Auch diese Situationen sind in der amerikanischen (Campus?) Literatur häufig: dass Studenten irgendwas behaupten, über das der Professor zu straucheln droht. Jüngere Beispiele aus meinen Büchern: Der menschliche Makel, Stoner.
Wahrscheinlich liegt es daran, dass die Hochschulen privat organisiert sind und das Geld der Studierenden brauchen. Außerdem wiegen Sexismus und Diskriminierungsvorwürfe in den USA schwerer.
Das ist wohl der Unterschied generell zwischen staatlichen und privaten Bildungseinrichtungen. Die Macht liegt an völlig anderer Stelle...und an beiden Enden gibt es Kapriolen, die mir großes Stirnrunzeln verursachen. Allmacht der Einrichtung vs Allmacht der Finanziers.
 
G

Gelöschtes Mitglied 2403

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Dieser Abschnitt ist fast ein bisschen an mir vorbeigeflutscht. Ich kann gar nicht genau sagen, ob es daran liegt, dass die spätere Lebensgeschichte so wenig Bezug zum Beginn des Romans hat und ich mich deshalb zunächst wenig aufgehoben fühlte oder ob es am Kreiseln um Job, Erinnerungen, Ehe und Kinderwunsch liegt, die zwar einzeln und episodenhaft absolut interessant erscheinen, aber für mich ein Treten auf der Stelle sind, durchsetzt mit Erinnerungen. Wahrscheinlich liegt es daran, dass im wirklich wunderbaren ersten Teil eine Geschichte mit vielen Finessen und Wegen eröffnet wurde, die jetzt einfach aufhört.
Ich meine, dass im ersten Teil fast ein Irvine schrieb (wer hatte das geschrieben? @ulrikerabe ?) und jetzt im zweiten Teil bekomme ich ein ganz anderes Buch. Geweckte Erwartungen...ich beziehe das übrigens auf die Geschichte, weniger auf die Sprache.
Aber, um fair zu bleiben, im letzten Kapitel dieses Abschnitts hat mich das Buch (fast) zurückgewonnen. Und wenn der erste Teil nicht gewesen wäre würde ich whs. nicht meckern.

Ich fühle mich durchaus nahe bei Cheri. Und irgendwann war sie eine Rebellin, die aus dem behüteten Leben an der Yale-Uni ausbrach um „Den Speck nach Hause zu bringen und auch noch zu braten“ (das ist ein geniales Bild des Emanzipationsverständnisses der 1980er Jahre). Sie leidet und kämpft, setzt sich im NYPD durch, und versumpft am Ende doch wieder aus Liebeskummer bei Cici mit Drogen...und war irgendwann mal eine rebellische Professorin, aber die Glasglocke einer Uni tötet nun mal jede Rebellion, wenn man sie nicht nach denn Studium verlässt. In meinen Augen birgt eine Professur von vornherein ein gewisses Maß an Konventionalität, Anerkennung von Establishment und Hierarchien. Aber wer weiß, vielleicht stößt Cheri gerade jetzt an ihre Grenze und ändert sich? Denn für mich sitzt sie in der Falle, in einem Job, bei dem Macht und Hierarchie wichtiger sind als Können und Wissen und in einer Ehe, in der sie eigentlich ihren Platz bereits verloren hat.
Doch ihr Körper rebelliert durch die Panikattacke, nicht ihr Geist. @renee wird mir sicher zustimmen, dass beides zwangsläufig verknüpft ist.

Bezogen auf die Rückblenden erinnert Cheri sich zwar an ihren Kampf, um in der Männerdomäne als Polizistin zu bestehen, aber hauptsächlich schwelgt sie in Erinnerung an Eddie, der für mich der Inbegriff eines Machos zu sein scheint. Weint sie ihm nach?

Mal sehen was du beim weiteren Lesen sagen wirst. ;)
 
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Gelöschtes Mitglied 2403

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Auch wenn sie von ihrem Geld nichts zu verbrauchen scheint, ist der Rückhalt eines gut bestückten Fonds natürlich ein sanftes Ruhekissen, mit dem man sich persönliche Linientreue besser leisten kann. Man hat kein existenzielles Risiko.

Als die Szene mit den Studenten am Anfang des Abschnitts kam, habe ich mich gefragt: Was soll das?! Erst später wurde die Bedeutung dessen klar.

Auch diese Situationen sind in der amerikanischen (Campus?) Literatur häufig: dass Studenten irgendwas behaupten, über das der Professor zu straucheln droht. Jüngere Beispiele aus meinen Büchern: Der menschliche Makel, Stoner.
Wahrscheinlich liegt es daran, dass die Hochschulen privat organisiert sind und das Geld der Studierenden brauchen. Außerdem wiegen Sexismus und Diskriminierungsvorwürfe in den USA schwerer.

Wusste Sie denn wieviel Geld sie hat? Ich habe das so verstanden, dass sie weiß dass dieses Geld da ist, aber sie kümmert sich nicht darum. :confused:
 
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Literaturhexle

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Wusste Sie denn wieviel Geld sie hat? Ich habe das so verstanden, dass sie weiß dass dieses Geld da ist, aber sie kümmert sich nicht darum. :confused:
Ich glaube, das ist bei dieser Größenordnung nicht wichtig, wie viel es genau ist. Ob man nun 1 Mio oder 5 hat, macht bei normalen Ansprüchen eher keinen Unterschied.
Aber ich hab es ansonsten ebenso verstanden wie du.
 

KrimiElse

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Ich glaube, das ist bei dieser Größenordnung nicht wichtig, wie viel es genau ist. Ob man nun 1 Mio oder 5 hat, macht bei normalen Ansprüchen eher keinen Unterschied.
Aber ich hab es ansonsten ebenso verstanden wie du.
eine große Menge für normale Ansprüche scheint es nicht zu sein, wenn Cici einen begehbaren Schmucktresor besitzt...und das weiß Cheri garantiert.
Gewinne aus der Pharmaindustrie sind nahezu unglaublich, zumal wenn es sich um ein Patent handelt, das viele Konzerne nutzen...
 

wal.li

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1. Mai 2014
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Ich bin mit dem zweiten Abschnitt auch nicht so gut klargekommen. "Vorbeiflutschen" ist ein treffender Ausdruck. Ehrlich gesagt, Cheris wildes Leben hat in diesem Abschnitt nicht mein Interesse geweckt. Ich fand sie eher normal. Piercings und Tattoos sind nichts ungewöhnliches, Drogen leider auch nicht und ihre Berufswahl ist fast schon spießig. Spießigkeit als Rebellion? Ihre Mutter (die nervt echt) hätte sich gewiss etwas anderes vorgestellt.

Vielleicht kommt später noch alles an seinen Platz. Zeitlich verläuft das Buch ja nicht geradlinig, wenn ich die Überschrift im nächsten Abschnitt richtig deute. Vielleicht war das wilde Leben tatsächlich vorher. Ich hatte allerdings erwartet, jetzt mehr über Cici und Sol und Cheris Kindheit und Jugend zu lesen. Auch hätte ich gedacht, dass sie ihre Eltern sucht und mich gefragt, ob Billy weiterhin eine Rolle spielt für sie oder ihre Mutter oder beide.

Macht ja nichts, wenn Erwartungen nicht erfüllt werden. Ich hoffe, dass sich Cheris Leben in den folgenden Abschnitten mehr erschließt.

:)
 

KrimiElse

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26. Januar 2019
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Macht ja nichts, wenn Erwartungen nicht erfüllt werden. Ich hoffe, dass sich Cheris Leben in den folgenden Abschnitten mehr erschließt.
Oh ja, und darauf kannst du dich wirklich freuen. Das Buch ist mit Ausnahme des zweiten Teils eine Wucht, und auch der rückt im Nachhinein an seinen Platz.
 

kingofmusic

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30. Oktober 2018
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Das ist etwas, das mich mitunter in amerikanischen Romanen nervt. Mit Selbstverständlichkeit wirft man dies oder jenes ein. Man schläft schlecht: Valium hilft, und so weiter. Das ist in diesem Buch extrem. Jeder nimmt irgendeine Droge...
Ich glaube einfach, dass die Amerikaner eine entspanntere Haltung zu Drogen, Medikamenten etc. haben. Wobei das jetzt nicht bedeuten soll, dass ich das gutheiße :D. Und ich glaube, auch Tracy Barone will eher anprangern als gutheißen.
Für mich liest sich dieser Abschnitt genauso gut und flüssig und interessant, wie der erste Abschnitt. Wenn das Buch so bleibt oder noch besser wird, haben wir hier den nächsten Kandidaten für des Königs "Best of 2019"-Liste :D:D:D.