Wie immer bei biografischen Promi-Romanen mag ich das Drumherum, also andere Promis, den Glamour, die Klamotten der damaligen Zeit. Das Frauenbild der damaligen Gesellschaft zeigt sich auch in den "Hosen-Rollen": dekorativ und wenig Text und immer im Hintergrund des Mannes
Gute Autoren verbinden das Aussehen und die Klamotten mit einer Handlung. Sie sagen nicht A trug dies und B trug das - sie lassen sich etwas einfallen, um diese Infos spannend zu machen.
Tatsächlich finde ich die "anderen Promis" hier ganz gut eingefügt. Da bin ich normalerweise sehr empfindlich. Das ist für mich fast noch der Part, der noch einigermaßen funktioniert, genauso wie der Blick auf die Kleidung. Beides ist gerade so okay, allerdings sollte Kleidung auch mit Bedeutung aufgeladen werden und nicht nur Deko sein. Da Carola aber hauptsächlich auch überall nur Deko ist, passt es ja wieder.
Wir bekommen eine Menge Informationen und eine Menge an Belehrungen. Wie nennt das Luisa? Didaktik. Mag ich gar nicht. Ich störe mich nach wie vor an der Art der Informationsvermittlung, sogar das Schwarze Brett im Theater muss dafür herhalten, uns mitzuteilen, dass wir eine Währungsreform haben. Grundsätzlich mag ich es natürlich, wenn Historie einfließt, aber doch nicht so plump.
Exakt! Und der politisch-historische Kontext wird hier leider mit Holzhammer rübergebracht. Bin ich auch sehr allergisch. Ludendorff-Putsch und Inflation (immer wieder, mehrfach und ohne Mehrwert
) - wie das eingebracht wird, gefällt mir gar nicht. Kontext ist wichtig, biographische/historische Romane sollen uns was beibringen, aber das geht auch mit Eleganz (ich komme mir vor wie eine Ballettmeisterin, weil ich ständig "Eleganz" predige) - "Viktor" von Judith Fanto oder auch "Junge Frau, am Fenster stehend, Abendlicht, blaues Kleid" von Alena Schröder machen Kontext mit Eleganz.
Die meisten Dialoge sind naiv oder pathetisch überzogen.
Die Dialoge entbehren für mich auch jeglicher Authentizität und könnten glatt aus einer Historien-Schmonzetten-Reihe stammen (die mit den Frauen vor dem Herrenhaus auf dem Cover). Sehr schade. Dazu fehlt mir in den Dialogen die Persönlichkeit der Figuren. Wenn nicht einleitend darauf hingewiesen würde, wer spricht, würde ich (außer bei der berlinernden Emma - die aber auch nur "berlinert", wenn es ihr jrade in den Kram passt) vermutlich nicht wissen, welche Figur gerade dran ist. Es ist sehr austauschbar.
Da wird doch in der Fußnote auf Seite 102 das Ende aufgelöst! Keine Ahnung, warum ich nun noch weiterlesen soll. Wer denkt sich so etwas aus?
Das hat mich auch schockiert. Und warum bitte Fußnoten, die unten auf der Seite aufgelöst werden, in einem Roman? Im Anhang wäre das besser gewesen.
Die Geschichte ist ja per Definition bekannt.
Ja, aber...Carola Neher ist ja nicht so gängig wie Marie-Antoinette oder Sophie Scholl, ich weiß nichts über sie, daher hätte ich mich schon über die Aufrechterhaltung des Spannungsbogens gefreut.
Die Handlung kommt nicht vom Fleck und mehr als "Mädchen mit Bühnensehnsucht, das sich den Aufstieg ertrotzt und erschläft", sehe ich bisher nicht.
Sehe ich auch so. Ich kann auch gar nicht glauben, wie sie sich politisieren kann. Sie ist so oberflächlich und egoistisch und am Weltgeschehen doch völlig uninteressiert.
Es gab ein paar Szenen, die ich mochte, so zum Beispiel die, als sie den Brief vom Kinderheim bekommt. Es muss schrecklich sein, wenn man nichts über das eigene Kind erfährt.
Aber wie oft wurde in dem Zusammenhang erwähnt, dass sie völlig "aufgelöst" war?
Der Autor hat alle notwendigen Informationen, daran liegt es also nicht, er kann sie nur nicht schriftstellerisch genug an die Frau bringen oder sagen wir so, er kann seine Informationen schriftstellerisch nicht umsetzen und verfällt wahlweise ins Belehrende oder ins Kindische. Seine erzählerischen Mittel sind furchtbar eingeschränkt.
Dieser "Kniff" mit dem Verhör erscheint zumindest auf den ersten, zweiten und dritten Blick äußerst banal. Es hätte mir hier eine chronologische Vorgehensweise besser gefallen. Jeder Hansel meint, er müsse mit Rückblenden arbeiten. Das ist keineswegs immer die bessere Wahl; ich fühle mich bei diesem Roman (bisher) veralbert.
Es fehlt einfach die Erzählkomponente. Der Roman ist vorhersehbar und äußerst konventionell aufgebaut, die Figuren sind holzschnittartig einfach und die Dialoge leider seicht. Ich glaube tatsächlich, dass es ein geeignetes Publikum für diese Art Roman gibt ( wer "Die Senfblüten-Saga", an der ich völlig verzweifelt bin und fast schreiend für immer das Feld der historischen Romane verlassen hätte, mochte, wird auch diesen Roman vermutlich lieben).
Alles richtig und trotzdem glaube ich, dass das Buch bei passender Gestaltung an die "richtige Leserschaft" gekommen wäre. Das sagt mir meine Erfahrung als Buchhändlerin. Was wir hier kritisieren, stört manche gar nicht.
Das sehe ich zu 100% auch so. Es gibt für (fast) alles eine Leserschaft.
Nee, ich bin diesmal gnadenlos.
Dafür gibt es ja die Sterne-Einteilung. Ich werde auch bei "Der leisen Last" die Skala voll ausnutzen müssen.