2. Leseabschnitt: Seite 86 bis 186

Literaturhexle

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2. April 2017
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Herrlich vielsagende Szenen werden hier aufgebaut. Die Mächtigen müssen sich dem System der Macht unterwerfen. Das merkt Winston, der auf seinen Geliebten verzichten und eine ungeliebte Frau heiraten muss. Schwule Schwarze dürften es vlt. noch schwerer haben im Leben als schwarze Frauen. Das merkt auch Xavier, der Roxanne liebt, aber weiß, dass er das nicht sollte, wenn er weiterkommen will.

Das Wort "Nigger" wird hier völlig ungeschminkt eingesetzt. Keine Übersetzungsvertuschungen. Lobenswert! Wir als aufgeklärte Leser verstehen es im Kontext.

Kleine/große Rassismen aller Orten. Die weiße Frau will wissen, wie es mit einem schwarzen Mann ist, die Erfolgreichen/Wohlhabenden wollen keine gleichfarbigen Sozialfälle in ihrer Nähe haben und bedienen sich der bekannten "weißen" Argumente...

By the way: Ist die Frau im Penthouse Willies kleine Schwester oder sieht sie nur so aus? Angesichts seiner Reaktion würde ich erstes vermuten.

Desweiteren werden immer wieder kleine Weisheiten eingestreut: Dass man nur den Lebenden noch Ehre bezeugen kann, dass mit der Zeit die Überlebenden Abstand bekommen und das Privileg weiter leben zu dürfen erkennen, und manches mehr.

Und zum Schluss diese Monsterrezepte, mit der eine zur Tatenlosigkeit verdammte Frau ihren Tag (oder ihren Kopf) gefüllt hat. Erneut ein toller Cliffhanger, der neugierig macht!
 

Irisblatt

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15. April 2022
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Das aber ist doch die Todsünde an sich! und Gloria schreibt diesen Roman ja auch in der Neuzeit, also 1980. Weiße zu kopieren, das ist die Hölle, denn damit verrät man seine Hautfarbe, bzw. seine Leute, seine Rasse.
Aber gerade das macht Naylor nicht mit - sie führt das ad absurdum - ihr geht es nicht um Hautfarbe, sondern um innere Werte.
 

Irisblatt

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15. April 2022
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Eigentlich müssen sie gar nichts. Sie könnten auch anders, das sagt ja David geradeheraus. Es ist ihr freier Entschluss, den Spiegel ihrer Seele für Wohlstand und den sozialen Aufstieg zu opfern. Eigentlich ihr Glück.
Ja, jede/r hat die Wahl im Rahmen seiner/ihrer Möglichkeiten und zahlt dann aber auch den Preis für diese Entscheidung.
 

Wandablue

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18. September 2019
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Brandenburg
Aber gerade das macht Naylor nicht mit - sie führt das ad absurdum - ihr geht es nicht um Hautfarbe, sondern um innere Werte.
Im Gegenteil. Sie zeigt doch nur schwarze Leute, die gerade das tun, sich anzugleichen und die Welt der Weißen zu kopieren. Der erste Nedeed wollte das gerade nicht, er sonderte aus, wer für Gleichberechtigung kämpfen wollte - obwohl ich das immer noch nicht richtig begriffen habe, aber ich glaube, er wollte, dass die Schwarzen auf seinem Hügel besser sind. Sehr bald aber begriffen, die Nedeeds, dass etwas schief lief- was war das? Die Schwarzen verhielten sich wie Weiße! Und die diversen Luthers selber liefen aus dem Ruder, sie wurden immer perverser.
 

Irisblatt

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15. April 2022
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Im Gegenteil. Sie zeigt doch nur schwarze Leute, die gerade das tun, sich anzugleichen und die Welt der Weißen zu kopieren.
Was ist mit David, Roxanne, Oma Tilson, Ruth, Norman, Willie und Lester und dem Priester?
Der erste Nedeed wollte das gerade nicht
Er wollte nur eine möglichst weiße Frau, die nur 1/8 ! schwarz war :think
Und die diversen Luthers selber liefen aus dem Ruder, sie wurden immer perverser.
Sie änderten sich nicht wesentlich - bei dem letzten lief dann alles aus dem Ruder, weil auch ihm das Äußere wichtiger war.
 

Literaturhexle

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2. April 2017
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Es ist ihr freier Entschluss, den Spiegel ihrer Seele für Wohlstand und den sozialen Aufstieg zu opfern.
Das klingt sehr pathetisch: Seele opfern. Der Rassismus ist da. Auch ambitionierte Schwarze wollen ihren Teil abhaben vom Kuchen und nicht ewig die Drecksarbeit erledigen. Erfolg macht sie verdächtig und angreifbar....
Immer in kleinsten Verhältnissen leben, macht keinen Spaß. Dafür bringen sie Opfer. Das ist ein verdammtes Dilemma.
Ich finde es grob zu sagen: Sie kopieren die Weißen. Wer sozialen Aufstieg will, braucht Bildung und Fleiß. Randgruppen vielleicht mehr als Weiße. Das gilt doch im Grunde für alle Menschen in allen Gesellschaften - unabhängig von der Hautfarbe - und ist nicht unbedingt als eine Kopie zu interpretieren.
 

Wandablue

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Brandenburg
Das klingt sehr pathetisch: Seele opfern. Der Rassismus ist da. Auch ambitionierte Schwarze wollen ihren Teil abhaben vom Kuchen und nicht ewig die Drecksarbeit erledigen. Erfolg macht sie verdächtig und angreifbar....
Immer in kleinsten Verhältnissen leben, macht keinen Spaß. Dafür bringen sie Opfer. Das ist ein verdammtes Dilemma.
Ich finde es grob zu sagen: Sie kopieren die Weißen. Wer sozialen Aufstieg will, braucht Bildung und Fleiß. Randgruppen vielleicht mehr als Weiße. Das gilt doch im Grunde für alle Menschen in allen Gesellschaften - unabhängig von der Hautfarbe - und ist nicht unbedingt als eine Kopie zu interpretieren.
Hexe, das ist nicht meine Wertung und nicht meine Wortwahl, sondern die von Gloria, der Spiegel der Seele kommt am Anfang vor und es ist die Rede davon, dass man ihn verlieren kann oder verkaufen.
Auch das mit dem Kopieren der Weißen steht mehr oder weniger im Buch. Ich werte hier überhaupt nichts.
 

Literaturhexle

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Auch das mit dem Kopieren der Weißen steht mehr oder weniger im Buch. Ich werte hier überhaupt nichts.
Achso! Ich dachte, du wolltest ihr da völlig zustimmen :apenosee
Dass die Figuren das teilweise so empfinden ist natürlich klar. Es liegt auch nahe, dass das die Message der Autorin ist. Allerdings zeigt sie schon viele Facetten des Rassismus auf. Du hast die Aussage des (bisherigen) Buches sehr stark komprimiert.
Alles sehe ich nicht so kritisch. Z.B.: ohne Fleiß kein Preis.
 

Wandablue

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Achso! Ich dachte, du wolltest ihr da völlig zustimmen :apenosee
Dass die Figuren das teilweise so empfinden ist natürlich klar. Es liegt auch nahe, dass das die Message der Autorin ist. Allerdings zeigt sie schon viele Facetten des Rassismus auf. Du hast die Aussage des (bisherigen) Buches sehr stark komprimiert.
Alles sehe ich nicht so kritisch. Z.B.: ohne Fleiß kein Preis.
Wir müssen Glorias Ansicht nicht teilen. Und ich muss zugeben, so ganz, durch und durch habe ich "das Experiment" nicht verstanden; es ist ein bisschen stochern im Nebel - oder es ist überhaupt einfach nur effekthaschererisch und bedeutet nicht so viel, wie wir hineinlesen. Aber ich war am Ende gnädig, weil es halt ein Verdienst ist, die Hölle nicht in der weißen Communitiy anzusiedeln. Aber was Gloria ständig mit ihrer Hölle hat, weiss der Kuckuck ... oder Emsi, sie hat das Buch inhaliert und wohl besser verstanden, i c h war nur nett ;-). gefallen hat mir das alles nicht.
 

Lesehorizont

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29. März 2022
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Danke, prima nachgedacht. Ich hab den ollen Dante schon wieder vergessen gehabt. Aber ja, das ganze Buch ist eine Spiegelung von Dantes Welt/Hölle. (Mit deiner Hilfe erkennen wir das).
Ich bin beeindruckt, dass Ihr Dante gelesen habt. Ich nämlich nicht...
Ich stolpere auch immer über diesen Namen, weil er nicht so leicht über die Lippen geht. Aber ich sehe ihn als einen von vielen eigenartigen Namen in diesem Roman.
Tatsächlich hatte ich am Anfang nicht zuletzt deswegen Probleme, in die Geschichte hineinzufinden. Inzwischen bin ich angekommen, was aber eher an den erzählten Inhalten liegt.
Es ist schon heftig wie ein Mensch auf die Idee kommen kann, seine Frau und den Sohn, leiblich hin oder her, im Keller einzusperren.
Das fand ich auch eine sehr heftige Szene...
Dies ist wirklich sehr interessant, denn in meiner Erwartungshaltung habe ich gedacht in diesem Buch eine Studie über Schwarz und Weiß vorzufinden. Doch handelt es sich hier um Schwarze, die das Weiße Leben kopieren. Oder es handelt sich einfach um Menschen, die auf Teufel komm raus versuchen die Karriereleiter heraufzusteigen.
Die schwarz-weiß Thematik spielt hinein, aber sehr viel facettenreicher. Das ist keine klassische Geschichte über Rassismus, was mir gut gefällt. Ich denke, es geht um die Frage, wie man sich hocharbeiten und Karriere machen kann.
Das kennen wir ja schon aus anderen Büchern schwarzer Autoren. Dieser Roman spielt bislang komplett in der schwarzen Community und man findet genau dieselben Stereotype wie bei den Weißen. Die Helligkeit der Hautfarbe ist entscheidend über den Status, Auch dort gibt es Aufsteiger, Egoisten und Verbrecher.
Ja, das stimmt. Interessant wäre aber die Frage, warum dem so ist? Ein Mittel zum Zweck, nach oben zu kommen? In einer Gesellschaft, die von Weißen dominiert ist und in der Schwarze nicht die gleichen Aufstiegschancen haben, ist die Übernahme "weißer" Denkmuster vielleicht das einzige Mittel, erfolgreich zu sein. Ich fand den Dialog über das Schwarzsein im Vergleich zum Weißsein sehr aufschlussreich und emotional aufwühlend.
Ich liebe die Sprache der Autorin und wie sie das ihr wichtige Thema transportiert.
Ich kann mich auch zunehmend für die Sprache begeistern und würde ich markieren, hätte ich bestimmt ofters den Stift gezückt.
Das ist doch ein gutes Zeichen für einen Roman, wenn man nicht hindurchfliegen kann! Hier halte ich auch den sprachlichen Ausdruck für anspruchsvoll. Es lohnt das genaue Lesen und Hinschauen
Letzterem stimme ich unbedingt zu, wobei es für mich nicht zwingend ein Qualitätssiegel ist, wenn ein Roman einem viel abverlangt und die Lesegeschwindigkeit ausbremst. Aber ich denke auch nicht, dass Du es allgemein so siehst.
Nur kritisch sehr ich auch Maxwell nicht. Er und Xavier versuchen,den beiden jungen Tunichtguten klar zu machen, dass auch sie einen Aufstieg schaffen können, wenn sie ihren Arsch (sorry;)) hochkriegen. Sie sprechen klar eine Wahrheit aus: Am unteren Ende der Leiter stehen die schwarzen Frauen. Den schwarzen Männern geht es besser
Das mag sein. Im historischen Vergleich stimmt es sicherlich. Aber dennoch ist Chancengerechtigkeit in weiter Ferne und es dominiert nach wie vor ein Bild vom minderwertigen Schwarzen (man denke nur an die Bilder des Schwarzen inmitten des Dschungels)
 

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Desweiteren werden immer wieder kleine Weisheiten eingestreut: Dass man nur den Lebenden noch Ehre bezeugen kann, dass mit der Zeit die Überlebenden Abstand bekommen und das Privileg weiter leben zu dürfen erkennen, und manches mehr.
Oh ja- das ist mal eine Wahrheit, die viel zu selten so ausgesprochen wird.
Aber gerade das macht Naylor nicht mit - sie führt das ad absurdum - ihr geht es nicht um Hautfarbe, sondern um innere Werte.
Dass es im Roman nicht primär um die Hautfarbe geht, gefällt mir sehr. Dennoch ist die Thematik in einer komplexeren Betrachtungsweise immerzu präsent
Ich finde es grob zu sagen: Sie kopieren die Weißen. Wer sozialen Aufstieg will, braucht Bildung und Fleiß. Randgruppen vielleicht mehr als Weiße. Das gilt doch im Grunde für alle Menschen in allen Gesellschaften - unabhängig von der Hautfarbe - und ist nicht unbedingt als eine Kopie zu interpretieren.
Vielleicht greift es zu kurz, von einer Kopie zu reden, dennoch: Um erfolgreich zu sein, ist im Zweifelsfrei auch das Mittel eines "Weißen" recht. Da Weiße es oft leichter hatten mit dem Aufstieg, scheint eine Orientierung an ihren Mitteln und Wegen sicher dem ein oder anderen Schwaren hilfreich
 

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29. März 2022
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Ich musste wegen einer nicht vermeidbaren Zwangslesepause neu in die Geschichte hineinfinden, was mir aber gut gelang.
Dieser Abschnitt war sehr handlungs- und facettenreich. Vieles wurde ja bereits angesprochen und diskutiert. Hier steckt so viel drin, was einem zum Nachdenken bringt.
Da ich mich wissenschaftlich mit Rassismus beschäftige, gefällt mir die Komplexität, in der Naylor sich dem Thema annähert, sehr gut.
Es stecken aber insgesamt viele Weisheiten in dem Buch - sprachlich und stilistisch sehr ansprechend verpackt.
Da lese ich gespannt weiter...
 

Literaturhexle

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