2. Leseabschnitt: Seite 82 bis 178 (Ende Abschnitt 1)

Literaturhexle

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2. April 2017
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2. Leseabschnitt: Seite 82 bis 178 (Ende Abschnitt 1)

Letzter Satz: "Bird, ruft sie. Ach Bird. Du hast mich gefunden."
 

Querleserin

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30. Dezember 2015
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Wadern
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Zunächst beschließt Bird seinen Vater nach dem Buch mit dem japanischen Märchen zu fragen, ein Vorfall ändert seine Meinung:
Im Pizzaladen wird ein asiatisch aussehender Mann nicht bedient und offen diskriminiert. Im Rausgehen redet mit Birds Vater kantonesisch. Doch dieser reagiert sehr strikt darauf:
"Alles, was mit China, Korea, Japan und dergleichen zu tun hat - du hältst dich fern davon. Verstanden?" (88)
Daraufhin sucht Bird auf eigene Faust in der wissenschaftlichen Bibliothek, in der sein Vater arbeitet, nach dem Märchenbuch. Dort erfährt er, dass das Gedichtbuch seiner Mutter "AUSGELISTET" (94) ist und wird von seinem Vater erwischt. Bisher ist er erst einmal mit Satie in Schwierigkeiten geraten und es wird deutlich, dass sein Vater Angst um ihn hat.
In der Bibliothek hatte er noch etwas aus der Stimme seines Vaters herausgehört, nicht nur Ärger, sondern etwas Bitteres, das Bird nicht recht benennen kann, und dann plötzlich dämmert es ihm. Angst. Die gleiche laute, tosende Angst, die er am Tag mit den Plakaten gehört hatte, als sein Vater mit den Polizisten sprach. Ein heißer animalischer Geruch, das Kratzen ausgefahrener Krallen. (103

Nicht unberechtigt, wenn man bedenkt, dass er einfach von einem Erwachsenen angegriffen wird - gewaltsame Willkür, nur aufgrund seines Äußeren, die nicht geahndet wird. Er hat keinerlei Rechte. Zumindest erläutert sein Vater ihm die Bedeutung des Namens seiner Mutter (sehr interessant) und erzählt ihm das Märchen, was darauf hinweist, dass die Eltern sich zum Schutz Birds getrennt haben, wie @RuLeka vermutet hat. Mithilfe des Märchens zieht Bird die richtigen Schlüsse und weiß jetzt, wo er nach einem Hinweis suchen muss, den er auch findet: Eine Adresse in NY.
Er bittet die Bibliothekarin um Hilfe, von der wir erfahren, dass sie an der Suche nach den verschwundenen Herzen beteiligt ist.
Wir versuchen nur, den Überblick zu behalten. Darüber, wer verschwunden ist und wer gefunden wurde. Mehr können wir nicht tun.
Im letzten Teil des LA macht er sich auf den Weg nach NY. Was zunächst märchenhaft anmutet, wird zu Albtraum, als er zusieht, wie eine Asiatin verprügelt wird und keiner hilft ihr. Doch das böse Märchen setzt sich fort, bis er die Herzogin findet, die ihn zu seiner Mutter führt - zunächst ein gutes Ende des Kapitels. Wie geht es weiter?
 

wal.li

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1. Mai 2014
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Durch die geweckte Erinnerung an das Katzenmärchen, welches ihm seine Mutter erzählte als er noch klein war, findet Bird weitere Hinweise und auch eine Adresse in New York, wo seine Mutter zu finden sein soll. Ich finde, Bird geht für seine zwölf Jahre sehr zielstrebig vor. Ich kann sehr gut verstehen, dass er seine Mutter finden will. Ich frage mich, ob er damit seinen Vater in Gefahr bringt. Cool, dass er seine Mutter findet. Ich dachte, das kommt eher am Schluss. Nun bin ich gespannt, was ihm die Mutter erklären wird. Zuvor wurde ihm die Welt ja sehr aus der Sichtweise seines Vaters erklärt.
 

parden

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13. April 2014
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Eigentlich wurde Bird genauso angegriffen, er hatte zum Glück seinen Vater, der ihn verteidigt hat. Die Szene mit der Asiatin fand ich sehr grausam. Das hat mich sehr an Beschreibungen aus der Nazi-Zeit erinnert.
Ja, es war eine überaus grausame Szene. Aber nochmal: das ist Realität in den USA seit Trumps Äußerungen - es hier so geschildert zu sehen ist, als sei man dabei. Nur schwer erträglich.

 

parden

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Bird erwacht allmählich aus seiner "Kindheitsblase". Das Bild mit den Katzen weckt Erinnerungen, die zunächst vollkommen verschüttet sind, dann aber an die Oberfläche drängen. Sein Verhalten in der Unibibliothek ist kindlich-logisch und damit noch recht naiv. Er hat nicht mit den Überwachungsmaßnahmen gerechnet - erstaunlich, dass sein Vater ihm davon nie etwas erzählt hat. Aber Bird wird zunehmend klar, in welcher Gefahr er selbst schwebt und wie seine Vater alles getan hat, um ihn zu schützen. Trotzdem setzt Bird alles daran, um seine Mutter zu finden. Wiederum kindlich-naiv, dass er nicht darüber nachdenkt, welche Folgen sein Verhalten für seinen Vater haben kann. Muss der sich jetzt nicht genauso von seinem Sohn lossagen wie seinerzeit von seiner Frau? Irgendwie sind hier doch alle Verlierer. Aber Bird muss eben seinen Weg gehen. Wer ist diese Herzogin? Ob diese noch einmal auftaucht? Offensichtlich nicht asiatischstämmig, scheint sie doch die Angelegenheiten von Birds Mutter zu unterstützen.
 

RuLeka

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30. Januar 2018
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Ja, es war eine überaus grausame Szene. Aber nochmal: das ist Realität in den USA seit Trumps Äußerungen
Der Artikel ist zwar von 2021, aber solche Ausschreitungen gibt es sicher schon länger und waren der Anlass für die Autorin, dieses Buch zu schreiben.
Stand davon was in den Vorbemerkungen der Autorin? In meinem Exemplar fehlen die auch.
 

RuLeka

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30. Januar 2018
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Bird verhält sich einerseits kindlich- naiv, dann wieder sehr zielgerichtet. Das erscheint mir plausibel. Er ist zwar erst 12 Jahre alt, also kurz vor dem Übergang vom Kind zum Jugendlichen, doch wird er als sehr nachdenklich beschrieben.

Manches hier hat sehr märchenhafte Züge. Ein Held auf der Suche nach der Wahrheit, trifft auf Mitstreiter, findet kryptische Botschaften usw. Auch die geheimnisvolle Duchess passt in dieses Muster.

Es liest sich leicht, beinahe wie ein Jugendbuch. Dazwischen finden sich poetische Stellen.
Ich bin gespannt, wohin mich die Geschichte führt.
 

parden

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Der Artikel ist zwar von 2021, aber solche Ausschreitungen gibt es sicher schon länger und waren der Anlass für die Autorin, dieses Buch zu schreiben.
Stand davon was in den Vorbemerkungen der Autorin? In meinem Exemplar fehlen die auch.
Ehrlich gesagt habe ich zunächst gegoogelt, was davon real sein könnte. Und der Hinweis auf die Vorbemerkungen der Autorin ließ mich jetzt mal nachsehen, ob diese womöglich in unseren Ausgaben hintenan gesetzt worden sind. Sind sie... Ab Seite 392 findet man sie.
 
Zuletzt bearbeitet:

Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Mittlerweile verstehe ich Birds Vater um einiges besser, in diesem Abschnitt wird noch klarer, wie gefährlich es für Bird werden kann, auch wenn er nur gemischtrassig ist. Die Szene mit der Frau in New York war sehr deutlich, schrecklich das Menschen zu so etwas fähig sind.
Vieles erinnert tatsächlich an die Nazizeit, und auch hier finden sich einige mutige Menschen, die versuchen gutes zu tun, wie die Bibliothekarin.
Das Bird allerdings den Hinweis in seinem Versteck findet, empfand ich ein wenig unglaubhaft, aber nun gut.
Insgesamt ist das Buch aber sehr spannend, und ich nehme großen Anteil an Birds Leben. Das sein Leben nun einfach verlaufen wird, jetzt, wo er seine. Unter wieder gefunden hat, glaube ich nicht
 

Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Eigentlich wurde Bird genauso angegriffen, er hatte zum Glück seinen Vater, der ihn verteidigt hat. Die Szene mit der Asiatin fand ich sehr grausam. Das hat mich sehr an Beschreibungen aus der Nazi-Zeit erinnert.
Und es ist so sinnlos! Was tun diese Menschen denn schlimmes? Der Bericht von @parden hat mich wirklich entsetzt. Ich hatte das noch gar nicht mitbekommen. Was passiert denn, wenn demnächst ein Virus seinen Ursprung in Europa hat? Dann sind wir in der Schusslinie
 

Querleserin

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Es liest sich leicht, beinahe wie ein Jugendbuch. Dazwischen finden sich poetische Stellen.
Ich bin gespannt, wohin mich die Geschichte führt.
Den Eindruck habe ich auch und mir sofort überlegt, es meiner Tochter zu lesen zu geben. Die kindliche Perspektive ist bisher aber sehr authentisch.
 

Lesehorizont

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29. März 2022
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Mainz
Puh- schon harter Tobak, mit dem wir es hier zu tun haben.
Bird wird ganz klar in seine Grenzen gewiesen, als er nach dem Märchenbuch sucht. Er soll sich von allem was mit Asiaten zu tun hat fern halten. Hier und da geht er seinem Alter entsprechend, etwas naiv vor. Und doch muss er spüren, wie gefährlich die Situation ist. Dennoch kann al dies ihn nicht davon abhalten weiter nach seiner Mutter zu suchen. Und seine Hartnäckigkeit zahlt sich am Ende aus.
Mir bangt etwas um die Konsequenzen - insbesondere auch für seinen Vater und ich bin sehr gespannt, weiterzulesen.
 

Mikka Liest

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14. Februar 2015
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Hilter am Teutoburger Wald
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Ja, es war eine überaus grausame Szene. Aber nochmal: das ist Realität in den USA seit Trumps Äußerungen - es hier so geschildert zu sehen ist, als sei man dabei. Nur schwer erträglich.
Ja, absolut. Ich hab Bekannte in den USA, und die haben mir erzählt, dass vor allem asiatisch aussehende Frauen von Fremden beschimpft, geschubst und geschlagen werden, zum Beispiel an der Tankstelle oder an der Bushaltestelle. Schlimm.
Wer ist diese Herzogin? Ob diese noch einmal auftaucht? Offensichtlich nicht asiatischstämmig, scheint sie doch die Angelegenheiten von Birds Mutter zu unterstützen.
Bei einem Namen wie "Die Herzogin" dachte ich irgendwie direkt an ein Edelbordell, aber das scheint es ja nicht zu sein.
Es liest sich leicht, beinahe wie ein Jugendbuch. Dazwischen finden sich poetische Stellen.
Ich bin gespannt, wohin mich die Geschichte führt.
Da kann ich nur zustimmen.
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In diesem Abschnitt wird etwas noch deutlicher als bisher: dass Birds Vater so paranoid ist und so strikte Anforderungen an Birds Verhalten hat, liegt daran, dass er seinen Sohn liebt und panische Angst davor hat, ihn nicht schützen zu können. Alles, alles, was er macht, dient scheinbar dazu, seinen Sohn vor anti-asiatischer Gewalt und vor PACT abzuschirmen. Er hat so viel geopfert, seinen Beruf, seine eigene Freiheit – das ist bedingungslose Vaterliebe.

Und das ist ihm offenbar lange sehr gut gelungen, denn erst jetzt realisiert Bird selber die Gefahr, in der er die ganze Zeit schon geschwebt hat. Anscheinend ist er zum ersten Mal von einem Fremden körperlich angegriffen worden, das muss ein enormer Schock sein. Das Ganze liest sich wie ein klassischer Coming-of-Age-Roman, nur dass Bird etwas jünger ist als es die Protagonist:innen in solchen Romanen meist sind. In diesem Abschnitt sieht er die Welt auf einmal mit ganz anderen Augen. Aber hier zeigt sich auch, dass er ein schlauer, einfallsreicher Junge ist, der sich von seiner Angst nicht lähmen lässt.
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In diesem Abschnitt sehen wir das erste Mal ganz konkret, wie sehr Gewalt gegen Asiat:innen toleriert wird. Und das sicher auch von Menschen, die selber eigentlich die antiasiatischen Ansichten gar nicht teilen, sich aber fürchten, offen etwas dagegen zu sagen oder sogar zu helfen.

Wiederum kindlich-naiv, dass er nicht darüber nachdenkt, welche Folgen sein Verhalten für seinen Vater haben kann. Muss der sich jetzt nicht genauso von seinem Sohn lossagen wie seinerzeit von seiner Frau?

Ich frage mich auch, wie der Vater nun handeln wird. Dass er sich so rigoros von Birds Mutter losgesagt hat, sich PACT so sehr untergeordnet hat, war ja vor allem, um Bird zu schützen. Wird er jetzt selber die Brücken hinter sich abbrechen und Bird suchen gehen?
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Die Welt des Buches ist meines Erachtens nicht ganz schlüssig konstruiert. Im letzten Abschnitt haben mehrere von uns ja schon gestutzt, dass Menschen auf der Straße einfach verbotene Dinge mit dem Smartphone filmen können, ohne dass die Smartphones von den staatlichen Aufräumern direkt einkassiert werden und die Besitzer verhaftet. In diesem Abschnitt lernen wird, dass Studenten immer noch die Wahl haben, an der Uni Chinesisch oder andere asiatische Themen zu studieren. Das passt für mich nicht ins Bild. Die lächerlichsten Kleinigkeiten werden reglementiert, abgeschafft oder zerstört, wie zum Beispiel Straßenschilder mit chinesischen Schriftzeichen in China Town, und dann dürfen Student:innen die "Sprache des Feindes" lernen?
 

RuLeka

Bekanntes Mitglied
30. Januar 2018
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Vater so paranoid ist und so strikte Anforderungen an Birds Verhalten hat, liegt daran, dass er seinen Sohn liebt und panische Angst davor hat, ihn nicht schützen zu können. Alles, alles, was er macht, dient scheinbar dazu, seinen Sohn vor anti-asiatischer Gewalt und vor PACT abzuschirmen. Er hat so viel geopfert, seinen Beruf, seine eigene Freiheit – das ist bedingungslose Vaterliebe.
Sehe ich genauso. Er versucht seinen Sohn zu schützen, um jeden Preis. Aber Bird wird älter und akzeptiert Verbote nicht mehr so einfach. Da muss der Vater achtgeben, dass er nicht den Kontakt zu seinem Sohn verliert. Ein Spagat! Vielleicht müsste er ihm seine Gründe erklären.
In diesem Abschnitt sehen wir das erste Mal ganz konkret, wie sehr Gewalt gegen Asiat:innen toleriert wird. Und das sicher auch von Menschen, die selber eigentlich die antiasiatischen Ansichten gar nicht teilen, sich aber fürchten, offen etwas dagegen zu sagen oder sogar zu helfen.
Dieses Verhalten kennt man doch aus der Geschichte oder auch aus seinem Umfeld. Wer steht immer mutig auf und setzt sich ständig gegen Unrecht zur Wehr? Wegschauen ist so viel einfacher und hat, außer einem schlechten Gewissen, doch weniger Konsequenzen für einem selbst.