Ich musste gleich an Gestapo denken, habe aber auf einer website gelesen, dass Kriminalbeamte hauptsächlich keine Uniform trugen und dass Ledermäntel weder leicht und bequem waren und für die meisten Gestapomitglieder gar nicht erschwinglich. Es werden also wirklich militärische Mäntel gewesen sein.Vielleicht waren es gar keine Marine-Uniformen, sondern SA-Uniformen, die angesichts der drohenden Niederlage beiseite geschafft worden sind? Ich fand das Bild beklemmend und auch sehr vielsagend, wie die ganze männliche Bevölkerung, jung und alt, in diesen Nazi-Gewändern herumlief...
Ja, ich denke auch. Diese Lederuniformen waren durch den sog. Röhm-Putsch auch überflüssig geworden, weil die SA ab da bedeutungslos war - also ich könnte mir wirklich vorstellen, dass es sich hier um ausgelagerte SA-Uniformen handelt.Es werden also wirklich militärische Mäntel gewesen sein.
Ich sehe es noch darüber hinaus. Einige Verhaltensweisen und die Richtung des Denkens (sich Unrecht schönreden) sind leider auch heutzutage zu beobachten.So wird der Roman zu einem Gesellschaftsbild des provinziellen Randes Deutschland in schweren Zeiten.
Tja, schlimm, sogar der Fabrikant wurde entnazifiziert und bekam sogar Aufträge von den Franzosen. Da sieht man, was an erster Stelle steht: Geld, Profit.Alle waren wieder in Amt und Würden. Als ob nichts gewesen wäre. Mein persönliches Reizthema.
Das empfinde ich auch so. Schelmenhaft gar nicht, sehr traurig.diese Miniatur finde ich überhaupt nicht schelmenhaft. Dafür äußerst vielschichtig.
Meines auch. In meiner Stadt gibt es die Zentrale Stelle zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen und somit viele Ausstellungen und Vorträge speziell zu diesem Thema. Es ist ja noch viel schlimmer, als du es schreibst: Viele kamen trotz ihrer Verbrechen nach dem Krieg erst in Amt und Würden! Ich erinnere mich an einen Arzt, der an der Massentötung Behinderter maßgeblich beteiligt war und nach dem Krieg langjähriger, hochdekorierter Vorsitzender der Ärzteschaft Bayern wurde. Oder an zwei Berichtsempfänger von Rudolf Mengele, die nach dem Krieg eine große Karriere an den Unis in Freiburg und Münster machten. Leider habe ich mir keinen der Namen gemerkt.Die Episode ist sehr kritisch, finde ich. "Welche große Macht in Deutschkland klare Befehle haben" (S. 84).
Und er beobachtet die Niederlage: im Unterschied zu Russland bleibt in Deutschland jeder im Amt. Er spricht zwar nur von den örtlichen Beamten, aber das gilt ja für die ganze Republik. Alle waren wieder in Amt und Würden. Als ob nichts gewesen wäre. Mein persönliches Reizthema.
Ich habe diese Geschichte noch nicht gelesen, nur Deinen Kommentar.Tja, schlimm, sogar der Fabrikant wurde entnazifiziert und bekam sogar Aufträge von den Franzosen.
Du wohnst in Ludwigsburg?In meiner Stadt gibt
Ja, das sehe ich auch bei einer psychiatrischen Fachklinik in unserer Nähe. Zögerlich werden da jetzt die Akten gesichtet.Gerade in der Ärzteschaft tut sich inzwischen viel in dieser Hinsicht.
Das macht für mich die Geschichte auch so vielschichtig. Faigle kann einem leid tun, aber andererseits ist er ein kleinlicher Kotzbrocken.Keine wirklich sympathische Figur, obwohl er sich nicht bei den Nazis anbiedert.
Ja, er ist wirklich sehr ambivalent.Das macht für mich die Geschichte auch so vielschichtig. Faigle kann einem leid tun, aber andererseits ist er ein kleinlicher Kotzbrocken.
Ein sehr gemischter Charakter.
Definitiv, wobei bei deiner Beschreibung von Faigle die Rolle des Haustyrannen noch fehlt.Ich muss widersprechen, diese Miniatur finde ich überhaupt nicht schelmenhaft. Dafür äußerst vielschichtig.
Das macht ihn nicht sympathisch, aber eine tragische Figur bleibt er trotzdem für mich. Dracoma hat beschrieben, warum man ihn so so sehen kann."Er bestimmte, wann und wie seine Frau die Türangeln ölte, in welcher Ecke der Waschküche das Holz zu stapeln sei, wo welche Eimer stehen sollten, welche Knöpfe auf die Bettbezüge aufzunähen seine und wie der Haushalt einzurichten sei ..." (S. 95)
Ja, schade. Ich hätte gern mehr von Drusts gehabt. Im vorherigen LA hatte ich noch die Befürchtung, dass die einzelnen Episoden und Anekdötchen über die Pfifferlinger den Roman auf Dauer nicht tragen. Aber Eglitis hat das ganz geschickt gelöst, in dem er aus der Masse der Pfifferlinger einzelne Figuren herauspickt und für Individualität sorgt, was dem Roman die nötige Würze gibt, um mich bei Laune zu halten.Drusts ist wohl noch da, aber er scheint im Moment eher ein Beobachter aus der Ferne zu sein. Es wäre natürlich schön, wenn er als besonderer Kontrast mit den Pfifferlingern wieder zusammenrasseln würde.
Es mag sein, über die Anfänge weiß ich nicht viel. Nur, dass es für die dorthin abgeordneten Juristen schwierig war, überhaupt eine Wohnung zu bekommen. Zu Beginn war Ludwigsburg auch nicht stolz auf diese Einrichtung. Das hat sich definitiv geändert und die Zentrale Stelle leistet inzwischen hervorragende Arbeit mit sehr engagierten Mitarbeitenden und Ehrenamtlichen. Es mag spät sein, aber ich sehe es positiv: Wenigstens tut sich überhaupt etwas.Du wohnst in Ludwigsburg?
Vielleicht interessiert Dich dieses Buch? Da geht unter anderem auch darum, wie diese Ludwigsburger Stelle in den ersten Jahren ihrer Aufgabe nachkam: nämlich gar nicht. Im Gegenteil: sie half dabei, die Täter reinzuwaschen. So wie die Kirchen und die Gerichte eben auch.
Zum 20. Juli 1944 scheint alles gesagt. Wir wissen, wie Claus Schenk Graf von Stauffenberg die Bombe platzierte, warum der Anschlag misslang und dass es trotzdem aller Ehren wert ist. Dass aber in Wirklichkeit rund 200 Personen, ein breites Bündnis von Menschen aller sozialer Schichten und unterschiedlichster politischer Couleur am sogenannten »Stauffenberg-Attentat« beteiligt waren, ist nur wenigen bewusst. Noch heute gilt der 20. Juli 1944 als »Aufstand des Gewissens« einer kleinen Gruppe konservativer Militärs, noch heute verstellt diese legendenhafte Überhöhung unseren Blick auf die Ereignisse und die gesellschaftliche Vielfalt der Verschwörung. Die Journalistin Ruth Hoffmann unternimmt eine umfassende und längst überfällige Dekonstruktion des Mythos »Stauffenberg-Attentat« und zeichnet nach, wie der 20. Juli seit Gründung der Bundesrepublik politisch instrumentalisiert wird: mal um sich gegen die DDR abzusetzen und kommunistische Widerständler zu diffamieren; mal um Politikern, die mit dem NS-Regime kollaboriert hatten, eine Nähe zum Widerstand anzudichten; oder, wie neuerdings die AfD, um die eigene Demokratiefeindlichkeit mit einem angeblichen Widerstandsgeist in der Tradition Stauffenbergs zu kaschieren.KaufenKaufen >
Immerhin musste er gehen. Aber die Lobhudelei bei seiner Beerdigung von CDU-Seite war beschämend!P.S. Da fällt mir gerade Euer Filbinger ein...