2. Leseabschnitt: Seite 66 bis 139

Literaturhexle

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2. April 2017
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Hier diskutieren wir die Seiten 66 bis 139.

Der nächste Abschnitt beginnt mit dem Kapitel "Grand Cafe"
 
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Barbara62

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19. März 2020
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Baden-Württemberg
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Alva und Edvard begegnen sich nachts in der Bar auf der Fähre nach Oslo. Zwei einsame Herzen und ein freundlicher Barmann. Alkoholisiert können die beiden Gedanken formulieren, die sie sonst nicht denken oder gar aussprechen. Edvard hätte sich gewünscht, dass ihm zuhause jemand ansieht, wie er sich fühlt. Geredet worden ist sicher viel im Dorf, aber niemand hat ihm geholfen gegen die Mutter. Schade, dass auch der Pfarrer, der wohl sehr nett zu ihm war, nicht helfend eingegriffen hat. Alva dagegen leidet darunter, dass sie kein Verhältnis zur Tochter aufbauen kann, sich nicht als Mutter fühlt. Ich habe in letzter Zeit immer wieder über dieses Phänomen gelesen, unter dem Mütter wie Kinder gleichermaßen leiden. Vorstellen kann ich es mir (als Mutter dreier Töchter) absolut nicht, aber es scheint nicht selten zu sein.

Wie Edvard sich um Alva kümmert, ist fast schon rührend. Einerseits sehr sympathisch, andererseits wirkt es wie ein Helfersyndrom. Mit Alva fühlt er sich plötzlich nicht mehr allein. Entsprechend enttäuscht ist er, als sie verschwunden ist, und noch viel enttäuschter, als er ihren Diebstahl realisiert. Das Misstrauen der Mutter, das er eigentlich nicht teilen will, hat sich bewahrheitet.

Dass Edvards Unterkunft genau gegenüber dem Osloer Litteraturhuset ist, hat mich gefreut. Ich war noch nie in Oslo, aber während des Gastlandauftritts Norwegens bei der FBM 2019 haben so viele norwegische Schriftsteller und Schriftstellerinnen davon geschwärmt, dass ich unbedingt dorthin will, um es mit eigenen Augen zu sehen.

Edvards Erlebnis mit 15 Jahren in Hamburg, das muss 1972 gewesen sein, als er glaubte, den Vater zu sehen - Einbildung oder Realität? Einerseits bin ich mehr als gewillt, ihm zu glauben, andererseits: Warum hätte der Vater ihn verlassen sollen und sich nicht mehr melden? Mag sein, dass die vereinnahmende Mutter sich auch bei ihm so übergriffig verhalten hat, aber hätte er den Sohn so im Stich gelassen? Ich bin gespannt.

Edvard und Elsie waren schon mit 14 oder 15 Jahren ein Paar. Sie muss ihn sehr gern gehabt haben, dass sie die Situation mit der Mutter so lange hingenommen hat.

Warum hat Alva Jo betrogen? Ich stelle mir das ähnlich vor, wie bei Menschen, die sich selbst verletzen. Sie wollte spüren, dass sie am Leben ist. Aber ich bin keine Psychologin, vielleicht habt ihr eine bessere Idee...

Rätsel gibt mir noch auf, warum Alva eigentlich Bianca heißt. Sie fühlt sich so unwohl in ihrer Haut, dass sie sogar den Namen geändert hat?

Was beide Protagonisten verbindet, ist der fehlende Vater. Alva hat zwar zwei, aber beiden fühlt sie sich nicht nah. Ihr richtiger Vater hat sie verlassen, der Stiefvater kann ihn nicht ersetzen, obwohl er sich Mühe zu geben scheint (er tapeziert und gibt Geld). Edvard leidet unter dem spurlos verschwundenen Vater. Kinder geben sich selbst oft eine Mitschuld, wenn ein Elternteil die Familie verlässt, es ist eine lebenslange Bürde.

Ich lese den Roman weiterhin ausgesprochen gern. Für mich sind die Personen stimmig, auch wenn ich mich in Alva nicht hineindenken kann. Aber ich kann sie von außen betrachten - mit Interesse, aber höchstens mit Mitleid, nicht mit Sympathie.
 
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Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Warum hat Alva Jo betrogen? Ich stelle mir das ähnlich vor, wie bei Menschen, die sich selbst verletzen. Sie wollte spüren, dass sie am Leben ist. Aber ich bin keine Psychologin, vielleicht habt ihr eine bessere Idee...
Sie beschrieb die Frau des Mannes immer wieder als schön, fast schon, als beneidete sie sie. Vielleicht war es auch ein Gefühl von Macht ihn verführen zu können. Manchmal kommt es mir so vor, als ob Alva sich für sehr unzulänglich hält.
Um ehrlich zu sein, hat mich diese Handlung von Alva, alias Bianca sehr schockiert.
 

MRO1975

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11. August 2018
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Edvards Erlebnis mit 15 Jahren in Hamburg, das muss 1972 gewesen sein, als er glaubte, den Vater zu sehen - Einbildung oder Realität? Einerseits bin ich mehr als gewillt, ihm zu glauben, andererseits: Warum hätte der Vater ihn verlassen sollen und sich nicht mehr melden? Mag sein, dass die vereinnahmende Mutter sich auch bei ihm so übergriffig verhalten hat, aber hätte er den Sohn so im Stich gelassen? Ich bin gespannt.

Irgendwo ist das sehr schön ausformuliert. Manchmal wünscht man sich etwas so sehr, dass man es sieht. Ich glaube nicht, dass es sich bei dem Mann im Laden um Edvards Vater gehandelt hat. Warum sollte er Jahre später in Hamburg auftauchen, wenn doch die Einzahlungen aus Norwegen kamen. Vielleicht irre ich mich aber auch und der Vater hat in Hamburg mit einer anderen Frau eine Familie gegründet und die Einzahlungen stammen von jemandem anderen oder der Vater hat sie auf seinen Reisen getätigt. Mal sehen.

Edvard und Elsie waren schon mit 14 oder 15 Jahren ein Paar. Sie muss ihn sehr gern gehabt haben, dass sie die Situation mit der Mutter so lange hingenommen hat.
Ja, die beiden scheinen wirklich gut zueinander gepasst zu haben, Schade, dass Edvard sich damals nicht für Elsie entscheiden konnte. Aber vllt. schaffen die beiden es ja noch. Es ist ja noch alle Zeit, nicht wahr?

Rätsel gibt mir noch auf, warum Alva eigentlich Bianca heißt. Sie fühlt sich so unwohl in ihrer Haut, dass sie sogar den Namen geändert hat?
Seltsame Sache, das mit dem Namen. Sie ist wirklich nicht im Reinen mit sich.

Warum hat Alva Jo betrogen? Ich stelle mir das ähnlich vor, wie bei Menschen, die sich selbst verletzen. Sie wollte spüren, dass sie am Leben ist. Aber ich bin keine Psychologin, vielleicht habt ihr eine bessere Idee...
In dieser Szene fand ich Alva wieder sehr unsympatisch. Ich hatte den Eindruck, dass das ein Machtspiel war. Sie betont immer wieder, wie gut aussehend die andere Frau gewesen sei und dass sie ihr eigentlich nicht das Wasser reichen kann und dann gibt sie dem Mann die Gelegenheit, diese Frau zu hintergehen - mit ihr, auf dem Klo. Für mich ein Fall der Selbstbestätigung durch Verletzung eines anderen.
 

RuLeka

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30. Januar 2018
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Für mich ein Fall der Selbstbestätigung durch Verletzung eines anderen
Sie verletzt alle Beteiligten, die betrogene Frau, den Mann, den sie dafür verachtet ( „ Du bist ein Scheißkerl“ ) und sich selbst ja auch. Gleichzeitig stellt das Ganze für sie auch ein Test dar, ob es Liebe ist zwischen ihr und Tom. Wenn sie beide darüber reden könnten und „ wenn man sich dann noch in die Augen sehen kann, wenn dann noch von Liebe die Rede ist, dann würde alles gut werden. Vielleicht.“
Aber es kommt nicht zu einem Geständnis.
Alva hat ein Misstrauen gegenüber Gefühlen, den eigenen und den von anderen.
 

RuLeka

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30. Januar 2018
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Wie Edvard sich um Alva kümmert, ist fast schon rührend. Einerseits sehr sympathisch, andererseits wirkt es wie ein Helfersyndrom
Er hat Vatergefühle für sie entwickelt. „ Aber er war für sie verantwortlich, er konnte sie doch nicht einfach abgeben....Ein Vater konnte das nicht.“ Vom Alter her hätte er es ja sein können. Außerdem ist Edvard von Kindheit an gewohnt, sich um andere zu kümmern, sich für andere verantwortlich zu fühlen. Der kann garnicht anders.
Das Misstrauen der Mutter, das er eigentlich nicht teilen will, hat sich bewahrheitet.
Das fand ich sehr schade. Da ist er mal offen und setzt sich über den Ratschlag seiner Mutter hinweg, niemandem zu vertrauen und wird dann so enttäuscht.
dass sie sogar den Namen geändert hat?
Sie möchte so sehr jemand anderes sein. Bianca - die Weiße, Glänzende, Reine - so sieht sie sich nicht.
Alva - Elfe, Naturgeist, Fee - das gefällt ihr besser, hat was Geheimnisvolles.
Habe mir die Bedeutungen der Namen rausgesucht und überlegt, ob die bewusst gewählt wurden.
Edvard mit v ist im Deutschen eher ungewöhnlich, ist die norwegische Schreibweise des Namens, hat sicher auch eine Bedeutung.
Edvards Erlebnis mit 15 Jahren in Hamburg, das muss 1972 gewesen sein, als er glaubte, den Vater zu sehen - Einbildung oder Realität?
Das frage ich mich auch, vielleicht wird das noch aufgeklärt.
Aber vllt. schaffen die beiden es ja noch. Es ist ja noch alle Zeit, nicht wahr?
Das hoffen wir, der Buchtitel suggeriert das.
 

Literaturhexle

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2. April 2017
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Sie möchte so sehr jemand anderes sein. Bianca - die Weiße, Glänzende, Reine - so sieht sie sich nicht.
Alva - Elfe, Naturgeist, Fee - das gefällt ihr besser, hat was Geheimnisvolles.
Schön, dass du das herausgesucht hast. Ich denke auch, dass sich Alva mit dem Forschen nach den Mythen und Sagen in Norwegen einen persönlichen Wunsch erfüllt hat. Dazu würde dieser Name sehr gut passen.
Das hoffen wir, der Buchtitel suggeriert das.
Es gefällt mir gut, dass der Begriff der Zeit immer wieder vorkommt. Es ist nicht nur der Titel, sondern ein wichtiges Motiv des Romans.
 

Literaturhexle

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Alva und Edvard begegnen sich nachts in der Bar auf der Fähre nach Oslo. Zwei einsame Herzen und ein freundlicher Barmann. Alkoholisiert können die beiden Gedanken formulieren, die sie sonst nicht denken oder gar aussprechen. Edvard hätte sich gewünscht, dass ihm zuhause jemand ansieht, wie er sich fühlt. Geredet worden ist sicher viel im Dorf, aber niemand hat ihm geholfen gegen die Mutter. Schade, dass auch der Pfarrer, der wohl sehr nett zu ihm war, nicht helfend eingegriffen hat. Alva dagegen leidet darunter, dass sie kein Verhältnis zur Tochter aufbauen kann, sich nicht als Mutter fühlt. Ich habe in letzter Zeit immer wieder über dieses Phänomen gelesen, unter dem Mütter wie Kinder gleichermaßen leiden. Vorstellen kann ich es mir (als Mutter dreier Töchter) absolut nicht, aber es scheint nicht selten zu sein.

Wie Edvard sich um Alva kümmert, ist fast schon rührend. Einerseits sehr sympathisch, andererseits wirkt es wie ein Helfersyndrom. Mit Alva fühlt er sich plötzlich nicht mehr allein. Entsprechend enttäuscht ist er, als sie verschwunden ist, und noch viel enttäuschter, als er ihren Diebstahl realisiert. Das Misstrauen der Mutter, das er eigentlich nicht teilen will, hat sich bewahrheitet.

Dass Edvards Unterkunft genau gegenüber dem Osloer Litteraturhuset ist, hat mich gefreut. Ich war noch nie in Oslo, aber während des Gastlandauftritts Norwegens bei der FBM 2019 haben so viele norwegische Schriftsteller und Schriftstellerinnen davon geschwärmt, dass ich unbedingt dorthin will, um es mit eigenen Augen zu sehen.

Edvards Erlebnis mit 15 Jahren in Hamburg, das muss 1972 gewesen sein, als er glaubte, den Vater zu sehen - Einbildung oder Realität? Einerseits bin ich mehr als gewillt, ihm zu glauben, andererseits: Warum hätte der Vater ihn verlassen sollen und sich nicht mehr melden? Mag sein, dass die vereinnahmende Mutter sich auch bei ihm so übergriffig verhalten hat, aber hätte er den Sohn so im Stich gelassen? Ich bin gespannt.

Edvard und Elsie waren schon mit 14 oder 15 Jahren ein Paar. Sie muss ihn sehr gern gehabt haben, dass sie die Situation mit der Mutter so lange hingenommen hat.

Warum hat Alva Jo betrogen? Ich stelle mir das ähnlich vor, wie bei Menschen, die sich selbst verletzen. Sie wollte spüren, dass sie am Leben ist. Aber ich bin keine Psychologin, vielleicht habt ihr eine bessere Idee...

Rätsel gibt mir noch auf, warum Alva eigentlich Bianca heißt. Sie fühlt sich so unwohl in ihrer Haut, dass sie sogar den Namen geändert hat?

Was beide Protagonisten verbindet, ist der fehlende Vater. Alva hat zwar zwei, aber beiden fühlt sie sich nicht nah. Ihr richtiger Vater hat sie verlassen, der Stiefvater kann ihn nicht ersetzen, obwohl er sich Mühe zu geben scheint (er tapeziert und gibt Geld). Edvard leidet unter dem spurlos verschwundenen Vater. Kinder geben sich selbst oft eine Mitschuld, wenn ein Elternteil die Familie verlässt, es ist eine lebenslange Bürde.

Ich lese den Roman weiterhin ausgesprochen gern. Für mich sind die Personen stimmig, auch wenn ich mich in Alva nicht hineindenken kann. Aber ich kann sie von außen betrachten - mit Interesse, aber höchstens mit Mitleid, nicht mit Sympathie.
Ich kann mich deinen Interpretationen komplett anschließen. Du hast deine Gedanken bestens in Worte gekleidet und ich bin nicht sicher, ob ich noch etwas hinzufügen kann:)
 

RuLeka

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30. Januar 2018
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„Ich kann alles geben und behalte doch alles für mich. Klar, dass man mich mag. Mich kennt ja keiner wirklich.“
Was für ein schreckliches Selbstbild hat Alva von sich. Wenn sie jemand liebt, liegt das nur daran, dass er ihr wirkliches Ich noch nicht kennt. Mit solchen Gedanken kann man sich auf keine Beziehung einlassen.
 

Literaturhexle

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2. April 2017
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Bei dem "Betrug" im Restaurant habe ich sofort an Borderliner denken müssen: Menschen, die sich ritzen, sich verletzen, um sich zu spüren. Dieser Geschlechtsakt hat so viel Kalkül, soviel berechnende Kälte, dass das schmerzen muss. Sie lässt sich von diesem Kerl benutzen, hat keine Angst vor Ansteckung - als hätte sie nichts zu verlieren. Krank!

Auch zu Jo ist die Beziehung eigenartig. Er scheint zumindest vernarrt in sie zu sein. Sie will ihn nicht bei sich haben. "Sex ist besser als reden zu müssen". Das klingt alles unglaublich distanziert. Sie zeigt keine Gefühle oder will bewusst keine haben. Alva wirkt nach wie vor sehr verstörend auf mich.
Sie erinnert sich an ihren Hamster, den sie hat verhungern lassen. Bestraft wird sie mit Liebesentzug, auch das Stofftier wird ihr weggenommen. Drakonische Strafen. Allerdings waren sich auch Vater und Mutter nicht einig: Der Vater unterstützte Alva bei der Pflege des Tierchens, die Mutter durfte es aber nicht wissen.

Edvard wird früh in die Mannesrolle hinein gedrängt. Er ist ein sensibler, verantwortungsvoller Junge. Schon der Friseurin verspricht er "Ich werde immer bei Mama bleiben". Welch eine Last für ein Kind!!!
Seine Persönlichkeit hat ihm nicht erlaubt, die alternde, psychisch labile Mutter zu verlassen. Das zeichnete sich bereits in jungen Jahren ab. Dieses Verantwortungsgefühl meldete sich auch auf der Fähre Alva gegenüber: Der Satz "Du könntest mein Vater sein", stellt ihn in die Rolle eines Vaters. Der Bruder kann gehen, aber der Vater bleibt und kümmert sich um die Schnapsleiche... Die Figuren sind bis jetzt absolut stimmig angelegt, was mich begeistert!

Schlimm, wie die Mutter den Jungen wiederholt anlügt: Dein Vater ist tot!! Das muss sich tief ins Bewusstsein graben. So richtig geglaubt hat er es vielleicht nie? Spätestens das Sparbuch ist der Beweis, dass die Mutter wissentlich und willentlich GELOGEN hat.
Edvard ahnt, dass der Vater ihn und die Mutter verlassen hat, um zu leben. S.138

Alva Verhältnis zu Lina ist auch sehr kompliziert: Alva möchte eine richtige Mutter sein, fühlt sich aber nicht so. Sie fühlt sich dem nicht gewachsen, ist keine Erziehungsperson. "Tot wäre ich eine bessere Mutter." 106 "Sie liebt ihr Kind, obwohl sie ihm oft überdrüssig ist."136
Sie weicht dem Gespräch mit der Erzieherin aus, sieht keinerlei Fehler bei ihrer Tochter.
 

RuLeka

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30. Januar 2018
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Schlimm, wie die Mutter den Jungen wiederholt anlügt: Dein Vater ist tot!! Das muss sich tief ins Bewusstsein graben. So richtig geglaubt hat er es vielleicht nie? Spätestens das Sparbuch ist der Beweis, dass die Mutter wissentlich und willentlich GELOGEN hat.
Edvard ahnt, dass der Vater ihn und die Mutter verlassen hat, um zu leben. S.138
Mir ist die Mutter auch unsympathisch, trotzdem kann ich nachvollziehen, warum sie ihren Sohn angelogen hat. Wie schwer muss es sein, dem Kind zu erklären, dein Vater ist weg, weil ihm eine andere Frau wichtiger ist als du. Der Vater hat ja bei jedem Abschied erklärt, er gehe, um wiederzukommen.
Die Mutter muss gewusst oder geahnt haben, dass es eine andere Frau gegeben hat. Die Ehe war nicht harmonisch, das hat das Kind schon gespürt.
Außerdem waren es die späten 60er Jahre, wo es noch nicht üblich war, dass Ehen auseinandergehen.
Allerdings hätte sie ihrem Sohn später die Wahrheit sagen müssen. Das war ihr erst nach ihrem Tod möglich.
Sie weicht dem Gespräch mit der Erzieherin aus, sieht keinerlei Fehler bei ihrer Tochter
Gespräche mit Erziehern sehen Eltern immer mit gemischten Gefühlen entgegen, auch wenn ihre Kinder nicht auffällig sind . Umso mehr, wenn man sich selbst so in Frage stellt wie Alva.
 

Yolande

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13. Februar 2020
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Ich glaube nicht, dass es sich bei dem Mann im Laden um Edvards Vater gehandelt hat. Warum sollte er Jahre später in Hamburg auftauchen, wenn doch die Einzahlungen aus Norwegen kamen. Vie
Ich denke auch, dass sich Edvard geirrt hat. Er hat immer noch auf die Rückkehr gehofft und früher von seinem Vater solche Modellflugzeuge geschenkt bekommen. Er war ja auch ganz in den Erinnerungen versunken, als er den Mann erblickte
 

Yolande

Bekanntes Mitglied
13. Februar 2020
1.801
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Wie Edvard sich um Alva kümmert, ist fast schon rührend. Einerseits sehr sympathisch, andererseits wirkt es wie ein Helfersyndrom. M
Genau das dachte ich auch, Edvard ist ein "Kümmerer". Gut, beide waren alkoholisiert, aber auch als Edvard wieder nüchtern ist, fühlt er sich jetzt für Alva verantwortlich
Alva ist das genaue Gegenteil, sie will sich nicht verantwortlich fühlen. Nicht für ihr Kind, nicht für die Beziehung, ich mag sie nicht besonders
 

Die Häsin

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11. Dezember 2019
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Rhönrand bei Fulda
Ich habe von Alva die Vorstellung eines "künstlerischen" Temperaments; ein Mensch, der, wie man es bildlich ausdrückt, im Wolkenkuckucksheim lebt. Das fängt schon damit an, dass sie die Versorgung ihres Hamsters vergisst, weil sie sich auf einen Auftritt in einem Schauspiel vorbereitet, eine Zirkusdirektorin spielt. Ihrer Tochter möchte sie Märchen erzählen und eine phantasievolle Mutter sein, aber die mehr nüchternen Teile des Mutterseins, wie "auf dem Spielplatz über Kinderschuhe und Zähne sprechen" und für die Tochter Verabredungen mit anderen Kindern zu treffen, überfordert sie, obwohl sie meint, dass sie das eigentlich müsse. Dazu passt auch, dass sie den Rüffel der Betreuerin nicht versteht, dass Lina sich die Stifte eines anderen Kindes angeeignet hat, um ein Bild vom Globus zu malen. Das Bild ist doch so schön, da spielt das mit den Stiften doch keine Rolle ...

Mir fällt es ehrlich gesagt schwer, Alva unsympathisch zu finden. ;) Ihr seht sie ja anscheinend alle so; gut, sie ist unreif und keine gute Mutter, aber ich kann nicht anders - ich mag sie schon recht gern.
 

RuLeka

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30. Januar 2018
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Mir fällt es ehrlich gesagt schwer, Alva unsympathisch zu finden.
Ich finde nicht sie als Person unsympathisch, sondern mich stört ihr Verhalten. Dabei sehe ich sehr wohl, dass sie oft nicht anders kann. Sie ist in vielem noch sehr unreif, reagiert wie ein Kind, das um Aufmerksamkeit bettelt. Ich hoffe, diese Reise bringt sie in ihrer Entwicklung weiter.
 

Barbara62

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19. März 2020
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Ich finde nicht sie als Person unsympathisch, sondern mich stört ihr Verhalten. Dabei sehe ich sehr wohl, dass sie oft nicht anders kann. Sie ist in vielem noch sehr unreif, reagiert wie ein Kind, das um Aufmerksamkeit bettelt. Ich hoffe, diese Reise bringt sie in ihrer Entwicklung weiter.
Ich würde es ihr wünschen, aber vor allem auch ihrer Tochter!
 

Barbara62

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19. März 2020
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Irgendwo ist das sehr schön ausformuliert. Manchmal wünscht man sich etwas so sehr, dass man es sieht. Ich glaube nicht, dass es sich bei dem Mann im Laden um Edvards Vater gehandelt hat. Warum sollte er Jahre später in Hamburg auftauchen, wenn doch die Einzahlungen aus Norwegen kamen. Vielleicht irre ich mich aber auch und der Vater hat in Hamburg mit einer anderen Frau eine Familie gegründet und die Einzahlungen stammen von jemandem anderen oder der Vater hat sie auf seinen Reisen getätigt. Mal sehen.
Ich muss immer wieder an "Pferde stehlen" von Per Petterson denken. Ich bin sehr gespannt, ob hier auch die norwegische Geschichte im 2. Weltkrieg noch eine Rolle spielt, für die ich mich ganz besonders interessiere. War der Vater vielleicht während des Krieges dort und hat eine Zweitfamilie? War er deshalb immer so lange von zuhause weg? Andererseits ist er erst 1967 verschwunden.... Und warum soll er dann in Hamburg in einem Modellbauladen gewesen sein?
 

Literaturhexle

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2. April 2017
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Ich finde nicht sie als Person unsympathisch, sondern mich stört ihr Verhalten. Dabei sehe ich sehr wohl, dass sie oft nicht anders kann. Sie ist in vielem noch sehr unreif, reagiert wie ein Kind, das um Aufmerksamkeit bettelt. Ich hoffe, diese Reise bringt sie in ihrer Entwicklung weiter.
Das trifft es auch für mich ziemlich gut.
Mit der Vokabel (un)sympathisch für literarische Figuren habe ich sowieso meine Probleme, weil sie sich ja nur auf das Äußere bezieht. Hier bekommen wir viel vom Innenleben der zerrissenen Alva mit. Insofern kann sie einem kaum un sympathisch sein. Ihre Probleme stecken im Inneren, in der Psyche. Sie kann nicht anders und man hofft auf Entwicklung und Besserung.