2. Leseabschnitt: Seite 64 bis 141

Literaturhexle

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2. Leseabschnitt

"Luisa hatte ich fast ein Jahr zuvor auf leicht komische und..."

bis

"... ich habe als Kind Mineralwasser auf den Meninas und Meringestücke auf der Übergabe von Breda gesehen."
 

Eulenhaus

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Der Autor schildert die Arbeit des pausenlosen Übersetzens als seelenlos und dass die Protokolle häufig in den Archiven landen. Dem Thema widmet Marias über 30 Seiten. Regierungschefs und -beamte werden eher negativ dargestellt. Juan und Luisa (in teuren PRADA Schuhen) machen ein Spiel daraus und stellen eigene Fragen. „… liebt man Sie eigentlich in Ihrem Land?“ Und dann eine Frage nach dem persönlichen Liebesleben. Die britische Staatenlenkerin antwortet u.a. „Jede Beziehung zwischen Menschen ist immer eine Ansammlung von Problemen, Auseinandersetzungen, auch von Kränkungen und Demütigungen.“
Juan sieht seine Ehe mit Luisa auch als Einengung seiner persönlichen Freiheit.
 
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Circlestones Books Blog

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Wienerin auf Rügen
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Das Gespräch zwischen Vater und Sohn am Tag der Hochzeit ist eigenartig, Ranz verstärkt die Zweifel noch, die Juan ohnedies zermürben. Auf die Erklärung für dieses Verhalten bin ich gespannt, ich hoffe, dies in einem späteren Abschnitt zu erfahren, auch wenn wir jetzt schon mehr über den Vater Ranz wissen und auch über Juan. An die Sprache mit den langen Schilderungen der Befindlichkeiten und Beobachtungen des Ich-Erzählers habe ich mich inzwischen gewöhnt (vor einer Stunde ist Berta Isla bei mir eingezogen, "wer schimpft, der kauft" :rofl) und das Buch hat längst meine volle Aufmerksamkeit.
Ich frage mich immer noch, warum Juan Luisa geheiratet hat, Luisa, die nun versucht, die neue gemeinsame Wohnung wohnlich zu machen, während Juan mehr reist, als früher. Jede noch so kleine Veränderung fällt ihm auf, wenn er zurückkehrt, die Haarlänge, die Farbe des Lippenstiftes. Sieht so eine glückliche junge Ehe aus? Ich kann mir nicht vorstellen, dass Luisa eine glückliche Ehefrau ist ...
 
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Wandablue

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Ich hab mich auch eingelesen.
Zwei spannende Problembereiche werden angesprochen, über die ich mir, also zumindest, was ersteres betrifft, noch nie Gedanken gemacht habe.
Erstens: die exakte Wiedergabe eines gesprochenen ausländischen Textes geschieht auf Vertrauensbasis. Wer kontrolliert den Dolmetscher. Sich dieser Problematik bewusst, gibt es oft einen Kontrolldolmetscher; diese Kontrolle kann man allerdings austricksen, wie das Gespann Juan und Luisa es zeigt.
Der Autor weiß Bescheid. Er kennt auch den Leerlauf von obersten Bundes - und internationalen Behörden! Er zieht sie wirklich elegant durch den Kakao. Wie viel wird für den Papierkorb geschrieben und geredet. Ich amüsierte mich großartig. Trotz der gewundenen Worte und Sätze. Beim geschriebenen Wort ist die Kontrolle übrigens leichter.

Der zweite Komplex dreht sich um Gemälde und Kunstwerke und den Bohai, den man um ihre Echtheit macht. Dies wird anhand von Juans Vater, Ranz gezeigt. Ranz ist ein Gutachter, der sich mäßig, aber dennoch, selbst bereicherte.
Ich denke .. wenn man sich einen gewissen Ruf (erarbeitet) hat als Experte, dann wird es relativ leicht möglich, etwas als echt oder als falsch auszugeben. Auch hier ist eine gewissen Vertrauensbasis unerlässlich, da ja nicht jeder ein Experte sein kann. Wer weiß, wie viele Fälschungen in den Museen hängen!!! (Wenn sie sehr gut gemacht sind, ist mir das egal). Auch dieser Themenbereich ist voller untergründiger Ironie.
Ergo: Die Welt existiert auf Vertrauensbasis. Wie wenig hat man doch tatsächlich in der Hand!

Als letzten Bereich haben wir die stupide Arbeit der Musumswächter. Das ist Gesellschaftskritik pur.
- Das Beziehungsgeflecht Luisa Juan dagegen ist diesen Themen ganz untergeordnet. Für mich momentan nicht von Relevanz.
 
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Wandablue

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Jede noch so kleine Veränderung fällt ihm auf, wenn er zurückkehrt, die Haarlänge, die Farbe des Lippenstiftes.
Juan hat in der Tat nichts übrig für eine leichte Hinnahme der Dinge, wie sie nun einmal sind. Vergänglichkeit und Veränderungen belasten ihn und er hinterfragt sie. Gleichzeitig aber schildert uns der Autor, wie die Welt nur auf Vertrauensbasis existieren kann und in der Tat auch basiert - eine derartige Hinterfragung (der Versuch Kontrolle zu erlangen, nicht unbedingt über Luisa, sondern über das gesamte Sein) kann nur im Scheitern enden.
 
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Wandablue

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Dem Thema widmet Marias über 30 Seiten. Regierungschefs und -beamte werden eher negativ dargestellt.
Wenn man einmal in einer Behörde gearbeitet hat, weiß man, dass da viel Wahres dran ist. Man tut ungeheuer wichtig, dringend, dringend am dringendsten - Stress ohne Ende - und dann liest das Papier keiner, weil ein Zeitplan umgeworfen wurde oder sonst was war.
 

Eulenhaus

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Zum Thema Ranz fällt mir noch der aktuelle Bezug ein. Raubkunst-Rückgaben und 2012 der Gurlitt-Skandal.

Für eine geniale Idee des Autors halte ich es, das Macbeth-Zitat „Mein Herz so weiß“ zum Hauptthema seines Romans zu machen. Teresa handelt, obwohl sie von dem Mord nichts wusste, anders Lady Macbeth. Sie fühlt sich schuldig und verantwortlich.
 

Barbara62

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Die beiden Highlights des Abschnitts hat @Wandablue herausgearbeitet: die Tätigkeit der Dolmetscher und die der Kunstsachverständigen. Erstens fasziniert mich sowieso schon länger und erst recht, seit die Tochter einer Bekannten bei der EU in Brüssel als Simultandolmetscherin arbeitet und ich ab und zu Genaueres dazu erfahre. Ein Knochenjob, der sehr viel Vorbereitung auf die Themen der jeweiligen Sitzungswoche erfordert (Fischsorten, technische Details zur Energieerzeugung, Kenntnisse in Wirtschaftsfragen..., also alles Dinge, die man nicht einmal unbedingt in der Muttersprache beherrscht und dann übersetzen soll...).

Sehr überrascht war ich darüber, dass der Vater den Ich-Erzähler als "Schürzenjäger" bezeichnet. Mein Bild von ihm war ein komplett anderes. Hat das niemanden überrascht? Haben wir es wieder einmal mit einem komplett unzuverlässigen Ich-Erzähler zu tun?

Ein Lächeln hat mir die Ordnung der Bücher in chronologischer Abfolge der Geburtsdaten der Autoren ins Gesicht gezaubert. Genau so ordne ich meine Belletristik schon immer und ernte nur Unglauben und Spott!!!:mad: In Zukunft habe ich ein Argument mehr in der Hand!

Inzwischen habe ich mich eingelesen und wenn mich auch nicht jeder Abschnitt gleich begeistert - das Gespräch des Vaters mit dem Sohn am Tag der Hochzeit ging ziemlich spurlos an mir vorüber - lese ich es inzwischen ganz gern.