2. Leseabschnitt: S. 88 bis S. 162

Barbara62

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Baden-Württemberg
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Mit den genauen Schlachtbeschreibungen konnte ich nicht ganz so viel anfangen, da fehlt es mir an Vorstellungsvermögen. Mitgenommen habe ich, dass die äußeren Bedingungen (Hitze, Wassermangel, trockene Luft) verständlicherweise die Aufständischen begünstigten. Wenig von dem, was die deutschen Soldaten in den Kasernen zuhause gelernt hatten, konnten sie unter diesen Bedingungen anwenden.

Die Posse um Wenstrups Beförderung lässt an die Bürokratie à la Hauptmann von Köpenick denken.

Ebenso schlecht vorbereitet wie die Soldaten waren die Missionare, die schon vorher ins Land kamen. Idealisten und Fanatiker. Gorths Mutter häkelte Wollmützchen für die Afrikaner, an anderer Stelle heißt es, dass gehäkelte Betthäubchen nach Afrika geschickt wurden.

Am besten gefallen in diesem Abschnitt hat mir die Geschichte, wie die Ochsen ins Joch kamen.

Widerwärtig sind die Diskussionen über die Prügelstrafe! Ich sehe die Beamten in deutschen Schreibstuben vor mir, die solche Schriftstücke produzierten.
 

RuLeka

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Am besten gefallen in diesem Abschnitt hat mir die Geschichte, wie die Ochsen ins Joch kamen.
Diese Geschichte fand ich auch ganz stark, habe sie gleich meinem Mann vorgelesen. Später habe ich sie diesen Abschnitt in folgendem Buch entdeckt:Hier drin muss ich noch lesen: Wo die Weißen schwarz sehen Eindrücke einer Recherchereisr nach Namibia im Jahre 1976
 

Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Nach kurzem Bericht über Gottschalk und die Schutztruppe beginnt ein neuer Aspekt der Zeit in Deutsch Südwest. Der Umgang mit dem Alkohol, die Missionare und das Verhalten gegenüber den Herero und Nama.
Mir ist es doch suspekt wie sich die Europäer in Afrika verhalten haben. Anscheinend ist die Reise des Missionar Gorth kein Einzelfall, warum hätte er sonst so ausführlich beschrieben werden sollen?
Ich seh so langsam, dass der koloniale Umgang, das krampfhafte Bemühen den rechtmäßigen Bewohnern die europäische Lebensweise aufzuzwingen, zu mehr Problemen geführt hat als gedacht
 
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Renie

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Jetzt bin ich in diesem Buch angekommen. Diese Mischung aus Militärberichten, Landeskunde und den Fokus auf Gottschalk ist gewöhnungsbedürftig, gefällt mir aber. Ähnlich wie @Barbara62 kann ich mit den Schilderungen der Militäreinsätze nicht viel anfangen. Hier wäre für mich weniger ausreichend gewesen. Das ist mir zu detailliert. Daher langweilen mich diese Passagen ein bisschen. Ein Highlight ist für mich die Landeskunde, die dieses Buch zu einem Heldenroman der besonderen Art machen. Timm pflückt sich einzelne Pioniere der Kolonialherren heraus und erzählt deren Geschichte, gespickt mit Anekdötchen, die manches Mal an den Haaren herbeigezogen sind. Dadurch gibt er diese "Helden" der Lächerlichkeit Preis. Das gefällt mir ausgesprochen gut und ich amüsiere mich köstlich.
Ich frage mich häufig, wieviel Fiktion in diesem Buch steckt und wieviel Realität. Bis jetzt habe ich mich beim Googlen zurückgehalten, da ich die Befürchtung habe, dass, wenn ich einmal damit anfange, ich nicht mehr aufhören kann. :confused:

Sehr aufschlussreich und widerwärtig war für mich der Exkurs zum Thema "Prügelstrafe". Mit welcher Kälte und Distanz die "Spezialisten" ihre Empfehlungen begründen. Unfassbar!
 

Sassenach123

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Sehr aufschlussreich und widerwärtig war für mich der Exkurs zum Thema "Prügelstrafe". Mit welcher Kälte und Distanz die "Spezialisten" ihre Empfehlungen begründen. Unfassbar!
Ja, das stimmt. Es ist heftig das darüber überhaupt diskutiert werden muss, ob eine Nilpferdhautpeitsche oder ein Tauende genutzt wird. Keines davon zu benutzen wäre die menschlichere Variante gewesen
 
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RuLeka

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Es ist schon erschreckend, mit welcher Arroganz die Militärs hier agieren. Aber auch die Naivität der Missionare kann man sich heute kaum mehr vorstellen. Ich sehe diese deutschen Mütterchen, die voller Inbrunst und in der Gewissheit, etwas Gutes zu tun, Wollmützchen für die armen Heidenkinder stricken.
 
G

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Ein absolut interessanter Schreibstil, den Uwe Timm hier anwendet. Dachte ich am Anfang ich könnte nicht so richtig warm mit diesem Buch werden, so kann ich jetzt sagen, es gefällt mir außerordentlich gut. Es ist fast als würde man verschiedene Bücher lesen. Dennoch gewährt Timm hier einen besonderen Einblick in die Verhältnisse der Kolonie Südwestafrika, aber genauso auch einen gewissen gesellschaftskritischen Blick der Deutschen unter sich.

Die Gefechtsberichte stoßen ab, ja, sind schwer zu ertragen, ja, aber hier ist viel schwer zu ertragen. Dennoch bilden sie einen Einblick in das Denken der Deutschen ihren Schützlingen in den Kolonien gegenüber, zeugen von einer Hochnäsigkeit, die letztendlich Leben kostet, eigenes Leben und auch fremdes Leben. Anstatt sich an landschaftliche und klimatische Bedingungen anzupassen und auch die Kriegführung der Gegner zu beachten, wird ohne Rücksicht auf Verluste Erlerntes unverändert propagiert. Man fragt sich ob der Nachschub an deutschen Truppen so einfach funktioniert. Deutsch-Südwestafrika ist ja nun doch etwas entfernt.

Dann tauchen in einem kurzen Intermezzo wieder altbekannte Protagonisten auf. Aber das Verbleiben Wenstrups ist weiter ungeklärt und Gottschalk lernt weiter über die Fähigkeiten bestimmter Angehöriger der Gattung Homo Sapiens dazu.

Dann kommt eine Landeskunde, in der wirklich mal etwas vom Land erzählt wird, was mir sehr gefällt und in der erzählt wird, wie Gorth das Evangelium predigte. Im Vergleich zu sonstigen Unsympathen des Buches kommt Gorth ja ganz gut weg, will er ja nur sein Seelenheil an den Mann, an die Frau bringen, trotzdem schimmert auch etwas herablassendes durch.

Und der letzte Abschnitt, pfui!!! In der Wiki steht übrigens, dass die Belgier und die Deutschen die Nilpferdpeitsche gebrauchten, die anderen Kolonialmächte weniger, was sicher nicht heißen soll, dass die anderen Kolonialmächte jetzt menschlicher gewesen wären. Was für Sadisten!!!
 
G

Gelöschtes Mitglied 2403

Gast
Nach kurzem Bericht über Gottschalk und die Schutztruppe beginnt ein neuer Aspekt der Zeit in Deutsch Südwest. Der Umgang mit dem Alkohol, die Missionare und das Verhalten gegenüber den Herero und Nama.
Mir ist es doch suspekt wie sich die Europäer in Afrika verhalten haben. Anscheinend ist die Reise des Missionar Gorth kein Einzelfall, warum hätte er sonst so ausführlich beschrieben werden sollen?
Ich seh so langsam, dass der koloniale Umgang, das krampfhafte Bemühen den rechtmäßigen Bewohnern die europäische Lebensweise aufzuzwingen, zu mehr Problemen geführt hat als gedacht

Toll fand ich hier das weiße Beet! Wenn es so einfach wäre, hätten das die Einheimischen sicher schon gemacht. aber der deutsche Herrenmensch denkt natürlich, er hat die Weisheit allein mit Löffeln gefressen. :D
 
G

Gelöschtes Mitglied 2403

Gast
Mein Highlight in diesem Abschnitt: Als die beiden Missionare eine Sprache erlernt haben, die nur zwei Leute auf der Welt überhaupt beherrschten, der Lehrende und der Schüler. Sie haben aufgrund von Nichtwissen (Loser) eine neue Sprache geschaffen.

Das fand ich auch köstlich, zeugt wieder von einer Ignoranz, die unbeschreiblich ist. Anstatt sich mit den Klicklauten zu befassen, werden diese durch Konsonanten ersetzt und dadurch eine neue Sprache erschaffen, die allerdings nur die beiden beherrschen. Es fehlt nur noch, dass sie diese den Einheimischen aufzwingen. Undenkbar ist das nicht.

Aber mal was anderes. Es ist schon recht außerordentlich, dass sich hier Sprachen mit Klicklauten entwickelt haben. Was es nicht alles gibt.

https://en.wikipedia.org/wiki/Khoisan_languages
 

Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Toll fand ich hier das weiße Beet! Wenn es so einfach wäre, hätten das die Einheimischen sicher schon gemacht. aber der deutsche Herrenmensch denkt natürlich, er hat die Weisheit allein mit Löffeln gefressen. :D
Stimmt, zu diesem Thema kommt im nächsten Abschnitt noch eine interessante Anekdote, da denkt auch jemand er weiß es besser, damit übt Timm recht amüsant Kritik, wie ich finde
 
G

Gelöschtes Mitglied 2403

Gast
Widerwärtig sind die Diskussionen über die Prügelstrafe! Ich sehe die Beamten in deutschen Schreibstuben vor mir, die solche Schriftstücke produzierten.
im Abgang wird einem speiübel.
Sehr aufschlussreich und widerwärtig war für mich der Exkurs zum Thema "Prügelstrafe". Mit welcher Kälte und Distanz die "Spezialisten" ihre Empfehlungen begründen. Unfassbar!
Ja, das stimmt. Es ist heftig das darüber überhaupt diskutiert werden muss, ob eine Nilpferdhautpeitsche oder ein Tauende genutzt wird. Keines davon zu benutzen wäre die menschlichere Variante gewesen

Wie hier über das Bestrafen von Mitmenschen geredet wird, zeigt eindeutig, was die Kolonialherren von den Einheimischen gedacht haben. Und erschreckend und auch sehr traurig ist es, dass solch ein Gedankengut auch heute noch existiert, siehe das Geschehen in den USA und wenn ich an gewisse polemische Strömungen denke. :confused::mad::confused::mad:
 
G

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Bis jetzt habe ich mich beim Googlen zurückgehalten, da ich die Befürchtung habe, dass, wenn ich einmal damit anfange, ich nicht mehr aufhören kann. :confused:

Och, ich Google und Google und Google, also damit wäre deine Befürchtung wahrscheinlich richtig. :);)

Aber hier gibt's es auch so viel zu schauen. Oder sagte euch der Nickneger irgendetwas, auch bei Dagga musste ich nachschauen, ebenso wie ich nicht weiß, wie eine Nilpferdpeitsche aussieht. Oder, oder, oder. Ich frage mich wie ich früher ohne Google gelesen habe. Ach ja, das frühere Google hieß Lexikon. :D:p
 
G

Gelöschtes Mitglied 2403

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Am besten gefallen in diesem Abschnitt hat mir die Geschichte, wie die Ochsen ins Joch kamen.
Diese Geschichte fand ich auch ganz stark, habe sie gleich meinem Mann vorgelesen. Später habe ich sie diesen Abschnitt in folgendem Buch entdeckt:Hier drin muss ich noch lesen: Wo die Weißen schwarz sehen Eindrücke einer Recherchereisr nach Namibia im Jahre 1976

Ja, das hat mir auch gefallen. Das zeugt von einem interessanten Humor.

Welches Buch meintest du liebe @RuLeka ?
 

RuLeka

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Ja, das hat mir auch gefallen. Das zeugt von einem interessanten Humor.

Welches Buch meintest du liebe @RuLeka ?
Uwe Timm Lesebuch Die Stimme beim Schreiben ist 2005 bei dtv erschienen. Es ist eine Sammlung von Erzählungen, Essays, Gedichte, Reiseberichten und Reden aus den Jahren 1959 bis 2003. Hab ich nun mal wieder aus dem Regal gezogen.