2. Leseabschnitt: S. 67 bis 127

MRO1975

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11. August 2018
1.538
3.981
49
48
Dann mache ich mal mit dem zweiten Abschnitt weiter:

Es zeichnet sich mehr und mehr ab, dass es in der Straße Rivalitäten und Spannungen gibt. Insbesondere die Parksituation um die Brachfläche herum ist immer wieder Stein des Anstoßes. Dabei gerät der Handwerker Ricky zunehmend ins Visier, da er mit seinem Transporter nirgends parken kann und sich oft vor die Parkfläche stellt. Das wird als Affront empfunden, obwohl alle gern Rickys Dienstleistung zu allen möglichen Zeiten in Anspruch nehmen und man mit dem Auto wohl um den Transporter herumfahren könnte.

Nora erhielt einen Anruf von Charlies Boss Bob Harris. Sie trifft sich mit ihm, ohne Charlie davon zu erzählen. Harris bietet Nora einen Job als Stiftungsleiterin an, den sie jedoch erst einmal nicht annimmt. Charlie hat von dem Treffen über Bob erfahren und ist sauer. Außerdem hat er offenbar ein Alkoholproblem. Immer öfter spricht er davon, das Haus zu verkaufen, da die Preise offenbar absurd gestiegen sind.
 

Querleserin

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30. Dezember 2015
4.068
11.160
49
50
Wadern
querleserin.blogspot.com
Wäre der Roman ein klassisches Drama, dann ist dieser 2.Teil die steigende Handlung. Nachdem die Figuren vorgestellt sind, werden die einzelnen Konflikte deutlicher und auch noch weitere Figuren ergänzen das sehr umfangreiche Tableau, so wird Charity, das Kindermädchen der Nolans ausführlich vorgestellt.
Der Abschnitt deutet auf das, was im nächsten Abschnitt passieren wird voraus: "Als die Temperaturen sanken (...), verdüsterte sich auch die Atmosphäre in der Straße." (68)
Erstes Signal ist der Hundekotbeutel vor Noras Haustür, dann gibt es Probleme auf dem Parkplatz und wir erleben Jack Fisks Aggressionen zum ersten Mal, als Rickys Lieferwagen ihm den Weg versperrt - da baut sich einiges an Konfliktpotential auf!
Wer ist der mysteriöse Sidney Stoller, der den Parkplatz vermietet?
Zumindest wird das Geheimnis um Bob Harris Anruf gelöst, er will Nora tatsächlich abwerben und eine Stiftung eröffnen - sehr zum Unwillen Charlies, für den dies einer Demütigung gleichzukommen scheint. Seine Erfolgslosigkeit erinnert tatsächlich an Arthur. Nora kann seine Reaktion sogar vorausberechnen: "strafendes Schweigen, Vorwürfe, Fragen, weitere Vorwürfe, strafendes Schweigen." (85)
Noras Laufen wirkt auf mich fast wie eine Flucht aus ihrer einengenden Ehe, sie gönnt sich ein besonderes Bagel samstags, nach dem langen Lauf - tut sich etwas Gutes.
In den Mittelpunkt rückt jedoch auch die Stadt New York selbst, deren Veränderungen Nora beobachtet und die sie trotzdem über alles liebt - im Gegensatz zu Charlie, der sie lieber verlassen möchte. Sie erinnert sich zurück an ihre erste Zeit in New York, an ihr Zusammenleben mit ihrer besten Freundin Jenny und wie sie Charlie kennen gelernt hat und sie stellt fest, dass sie sich genau wie NY selbst verändert hätten - die "Ecken und Kanten, ihre Eigenheiten abgeschliffen" (106) - ihr jüngeres Ich würde sie nicht wiedererkennen.
Sehr sympathisch finde ich, dass Nora jeden Tag mit dem Pseudoobdachlosen Phil plaudert, sie wirkt sehr menschlich, das zeigt ihr Verhalten gegenüber Ricky. Sie hat ihn als Einzige besucht, um ihm etwas für seinen kranken Sohn zu geben - hat ihn in seinem Umfeld gesehen, ohne Maske. Traurig, dass er in der Sackgasse seine Rolle spielen muss!
 

Bibliomarie

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10. September 2015
2.092
3.205
49
Mir scheint die Hauptrolle spielt bisher die Stadt New York. Auch wenn sie sich genau so verändert hat, wie Nora selbst, ist die Stadt doch ein Teil von ihr.

Ihre Ehe befindet sich einer schwierigen Phase, auch wenn Nora den Gedanken immer weg schiebt. Charlie, der so gern ein "Jemand" sein würde, ist anstrengend. Er kann sich nur behaupten, in dem er Nora klein macht. Ob sie sich das noch lange gefallen lässt. Man ahnt, dass der Roman an Dramatik gewinnen wird.
Nora ruht in sich selbst, sie hat das gar nötig. Man merkt das an ihrem empathischen Umgang mit Phil oder Ricki.

Die auf den ersten Blick so heimelige Atmosphäre der Straße ist ziemlich vergiftet. Für die wiederkehrenden Kotbeutel muss es einen Grund geben. George, de sich von Nora nicht ernst genommen fühlt, oder ein Konkurrent für den Parkplatz auf der Brachfläche?
 

Bibliomarie

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10. September 2015
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Das wird als Affront empfunden, obwohl alle gern Rickys Dienstleistung zu allen möglichen Zeiten in Anspruch nehmen und man mit dem Auto wohl um den Transporter herumfahren könnte.

Ja, wenn sie ihn brauchen, soll er Tag und Nacht zur Verfügung stehen, ansonsten will man nichts mit ihm zu tun haben. Eine überhebliche Einstellung.
 

Bibliomarie

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10. September 2015
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Noras Laufen wirkt auf mich fast wie eine Flucht aus ihrer einengenden Ehe, sie gönnt sich ein besonderes Bagel samstags, nach dem langen Lauf - tut sich etwas Gutes.

Diese Ehe ist für mich in ihre Endphase eingetreten. Es ist nichts mehr da von der Gemeinsamkeit ihrer ersten Zeit. Obwohl Charlie schon damals all diese Charaktereigenschaften hatte, kommen sie immer deutlicher negativ zum Vorschein.
 
G

Gelöschtes Mitglied 2403

Gast
Nora erhielt einen Anruf von Charlies Boss Bob Harris. Sie trifft sich mit ihm, ohne Charlie davon zu erzählen. Harris bietet Nora einen Job als Stiftungsleiterin an, den sie jedoch erst einmal nicht annimmt. Charlie hat von dem Treffen über Bob erfahren und ist sauer. Außerdem hat er offenbar ein Alkoholproblem. Immer öfter spricht er davon, das Haus zu verkaufen, da die Preise offenbar absurd gestiegen sind.
Zumindest wird das Geheimnis um Bob Harris Anruf gelöst, er will Nora tatsächlich abwerben und eine Stiftung eröffnen - sehr zum Unwillen Charlies, für den dies einer Demütigung gleichzukommen scheint. Seine Erfolgslosigkeit erinnert tatsächlich an Arthur. Nora kann seine Reaktion sogar vorausberechnen: "strafendes Schweigen, Vorwürfe, Fragen, weitere Vorwürfe, strafendes Schweigen." (85)
Noras Laufen wirkt auf mich fast wie eine Flucht aus ihrer einengenden Ehe, sie gönnt sich ein besonderes Bagel samstags, nach dem langen Lauf - tut sich etwas Gutes.
In den Mittelpunkt rückt jedoch auch die Stadt New York selbst, deren Veränderungen Nora beobachtet und die sie trotzdem über alles liebt - im Gegensatz zu Charlie, der sie lieber verlassen möchte. Sie erinnert sich zurück an ihre erste Zeit in New York, an ihr Zusammenleben mit ihrer besten Freundin Jenny und wie sie Charlie kennen gelernt hat und sie stellt fest, dass sie sich genau wie NY selbst verändert hätten - die "Ecken und Kanten, ihre Eigenheiten abgeschliffen" (106) - ihr jüngeres Ich würde sie nicht wiedererkennen.
Ihre Ehe befindet sich einer schwierigen Phase, auch wenn Nora den Gedanken immer weg schiebt. Charlie, der so gern ein "Jemand" sein würde, ist anstrengend. Er kann sich nur behaupten, in dem er Nora klein macht. Ob sie sich das noch lange gefallen lässt. Man ahnt, dass der Roman an Dramatik gewinnen wird.
Diese Ehe ist für mich in ihre Endphase eingetreten. Es ist nichts mehr da von der Gemeinsamkeit ihrer ersten Zeit. Obwohl Charlie schon damals all diese Charaktereigenschaften hatte, kommen sie immer deutlicher negativ zum Vorschein.

Um die Ehe von Charlie und Nora steht es sehr schlecht in meinen Augen!

Charlie erkennt dass er Nora nicht gewachsen ist! Seine veränderte Stellung auf Arbeit zeigt schon seine Unzulänglichkeiten, dem gegenüber steht die sich ständig verbessernde Stellung von Nora in ihren Arbeitsverhältnissen. Er versucht das mit dominantem Gehabe wettzumachen, aber auch er bemerkt seinen Nichterfolg. Sein sich nicht von seinem Chef wahrgenommen fühlen und dann dessen Angebot an seine Frau bringen das Fass zum Überlaufen und den Investmentbanker an seine Grenzen.

Die Art wie er daraufhin seine Frau versucht zu verletzen und kleinzumachen verraten nichts gutes. Ich denke Charlie wird nicht mehr damit aufhören, es wird nur noch schlimmer werden.
 
G

Gelöschtes Mitglied 2403

Gast
Sehr sympathisch finde ich, dass Nora jeden Tag mit dem Pseudoobdachlosen Phil plaudert, sie wirkt sehr menschlich, das zeigt ihr Verhalten gegenüber Ricky. Sie hat ihn als Einzige besucht, um ihm etwas für seinen kranken Sohn zu geben - hat ihn in seinem Umfeld gesehen, ohne Maske. Traurig, dass er in der Sackgasse seine Rolle spielen muss!
Nora ruht in sich selbst, sie hat das gar nötig. Man merkt das an ihrem empathischen Umgang mit Phil oder Ricki.

Nora in ihrer ganzen Art gefällt mir ungemein, ihre Empathie, wie auch ihr eigenes Hinterfragen und ebenso ihre Gedanken zeugen von einer Veränderung in ihr und ich hoffe sehr, dass sie schnell reagiert. Denn das Ganze hier steuert in meinen Augen auf nichts Gutes zu.
 
G

Gelöschtes Mitglied 2403

Gast
In den Mittelpunkt rückt jedoch auch die Stadt New York selbst, deren Veränderungen Nora beobachtet und die sie trotzdem über alles liebt - im Gegensatz zu Charlie, der sie lieber verlassen möchte. Sie erinnert sich zurück an ihre erste Zeit in New York, an ihr Zusammenleben mit ihrer besten Freundin Jenny und wie sie Charlie kennen gelernt hat und sie stellt fest, dass sie sich genau wie NY selbst verändert hätten - die "Ecken und Kanten, ihre Eigenheiten abgeschliffen" (106) - ihr jüngeres Ich würde sie nicht wiedererkennen.
Mir scheint die Hauptrolle spielt bisher die Stadt New York. Auch wenn sie sich genau so verändert hat, wie Nora selbst, ist die Stadt doch ein Teil von ihr.

Die Betrachtungen zur Stadt New York, ihren Veränderungen und ihrer Vergangenheit finde ich interessant und sehr informativ. Ebenso wie ich die Liebe Noras zu New York toll finde, sie zeigt halt damit auch was eine Stadt geben kann, oder ein Heimatgefühl, oder ein Wissen um die Qualitäten einer großen Stadt. Interessant ist wie sich Charlie und Nora schon da unterscheiden. Was aber gleichzeitig auch die Frage nach der Kommunikation der beiden hochkommen lässt. Waren die Unterschiede zwischen beiden schon früher da oder haben sich Unterschiede erst herausgebildet?

Interessant sind auch die Betrachtungen zu männlichem und weiblichem Verhalten in diesem Leseabschnitt, obwohl man da manchmal auch ein gewisses Schubladendenken sprechen könnte, obwohl Ausnahmen bestätigen ja die Regel. :D

Sehr schön gezeichnet fand ich auch das Verhalten von Charity und Nora nach dem 11. September.
 
G

Gelöschtes Mitglied 2403

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Es zeichnet sich mehr und mehr ab, dass es in der Straße Rivalitäten und Spannungen gibt. Insbesondere die Parksituation um die Brachfläche herum ist immer wieder Stein des Anstoßes. Dabei gerät der Handwerker Ricky zunehmend ins Visier, da er mit seinem Transporter nirgends parken kann und sich oft vor die Parkfläche stellt. Das wird als Affront empfunden, obwohl alle gern Rickys Dienstleistung zu allen möglichen Zeiten in Anspruch nehmen und man mit dem Auto wohl um den Transporter herumfahren könnte.
Noch immer ist also nicht allzu viel passiert. Die Atmosphäre hat aber etwas von einem heranziehenden Gewitter.
Wäre der Roman ein klassisches Drama, dann ist dieser 2.Teil die steigende Handlung. Nachdem die Figuren vorgestellt sind, werden die einzelnen Konflikte deutlicher und auch noch weitere Figuren ergänzen das sehr umfangreiche Tableau, so wird Charity, das Kindermädchen der Nolans ausführlich vorgestellt.
Der Abschnitt deutet auf das, was im nächsten Abschnitt passieren wird voraus: "Als die Temperaturen sanken (...), verdüsterte sich auch die Atmosphäre in der Straße." (68)
Erstes Signal ist der Hundekotbeutel vor Noras Haustür, dann gibt es Probleme auf dem Parkplatz und wir erleben Jack Fisks Aggressionen zum ersten Mal, als Rickys Lieferwagen ihm den Weg versperrt - da baut sich einiges an Konfliktpotential auf!
Die auf den ersten Blick so heimelige Atmosphäre der Straße ist ziemlich vergiftet. Für die wiederkehrenden Kotbeutel muss es einen Grund geben. George, de sich von Nora nicht ernst genommen fühlt, oder ein Konkurrent für den Parkplatz auf der Brachfläche?

Hier braut sich etwas zusammen. Obwohl nicht wirklich Gründe zu sehen sind. Oder ist der Grund einfach nur die Streitlust einiger Menschen.

Und das reicht aus um einem größeren Teil das Leben zu vermiesen. Hhmm. ... An was erinnert mich das nur ...
 
G

Gelöschtes Mitglied 2403

Gast
Von wem sind wohl die Hundehaufen vor Noras Tür?
Erstes Signal ist der Hundekotbeutel vor Noras Haustür,
Für die wiederkehrenden Kotbeutel muss es einen Grund geben. George, de sich von Nora nicht ernst genommen fühlt, oder ein Konkurrent für den Parkplatz auf der Brachfläche?

Ja, von wem sind sie und warum. Hass kann das meiner Meinung ja noch nicht sein, denn dann würden die Hundeexkremente ja ohne Beutel daliegen. Was für Nora und co. ja sicher schlimmer wäre. Vielleicht stammen sie ja von Charlie selbst um den Hausverkauf zu forcieren. ...
 
G

Gelöschtes Mitglied 2403

Gast
Mir fiel in diesem Abschnitt zudem auf, dass der Parkplatz genau auf der Rückseite eines Obdachlosenwohnheims liegt. Reich und arm liegen hier Rücken an Rücken. Auf der einen Seite werden mittellose Menschen untergebracht, auf der anderen Seite Pkws...
Dies ist interessant gewählt, einerseits kann es verdeutlichen wie schnell in großen Städten ein Wandel im Gange sein kann, andererseits kann das benutzt werden um die beiden Gruppen gegeneinander aufzubringen, Konflikte zu befeuern. Es kann allerdings auch mit diesem etwas mysteriösen Sidney Stoller zu tun haben. ...
 

Querleserin

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Dies ist interessant gewählt, einerseits kann es verdeutlichen wie schnell in großen Städten ein Wandel im Gange sein kann, andererseits kann das benutzt werden um die beiden Gruppen gegeneinander aufzubringen, Konflikte zu befeuern. Es kann allerdings auch mit diesem etwas mysteriösen Sidney Stoller zu tun haben. ...
Das Obdachlosenheim stellt meines Erachtens die beiden Seiten gegenüber, das wird besonders im nächsten Abschnitt deutlich!
 

Bibliomarie

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10. September 2015
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Interessant ist wie sich Charlie und Nora schon da unterscheiden. Was aber gleichzeitig auch die Frage nach der Kommunikation der beiden hochkommen lässt. Waren die Unterschiede zwischen beiden schon früher da oder haben sich Unterschiede erst herausgebildet?

Ich denke, dass die Unterschiede schon da waren, aber beiden nicht auffielen. Erst als Nora die Karriereleiter hinaufsteigt und sich immer mehr in der Stadt verwurzelt und Charlies Weg stagniert und er sich vorstellt, woanders noch einmal durchzustarten, wird es deutlicher.
 

Bibliomarie

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10. September 2015
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Ja, von wem sind sie und warum. Hass kann das meiner Meinung ja noch nicht sein, denn dann würden die Hundeexkremente ja ohne Beutel daliegen. Was für Nora und co. ja sicher schlimmer wäre. Vielleicht stammen sie ja von Charlie selbst um den Hausverkauf zu forcieren. ...

Darauf bin ich noch gar nicht gekommen, aber das ist ein interessanter Gedanke und auch nicht von der Hand zu weisen.
 

Literaturhexle

Moderator
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2. April 2017
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Ihr habt wirklich alle Aspekte, die auch mir aufgefallen sind, herausgearbeitet. Ich bewundere Nora für ihre sachliche Einschätzung der Dinge. Sie kommt sehr menschlich und empathisch rüber, hat für jeden, der es verdient hat, ein freundliches Wort. Sie analysiert auch ihre Ehe, geht zurück, erinnert sich an den vermeintlich alten Charlie, hinterfragt, woher die Veränderungen kommen. Es zieht ein Gewitter auf, das ist klar. Schön, wie du das oben erklärt hast, liebe @Querleserin .

Charlie erinnert mich auch an Arthur. Vielleicht nicht ganz so narzisstisch, jedoch fühlt er sich besser, wenn er anderen und hier insbesondere Nora, einen mitgeben kann. Der Satz auf S. 71, sie sei zwar kein Mathegenie,... ist schon eine Frechheit! Nora bleibt gelassen: das hat Größe.
Charlie mutiert immer mehr zum Versager. Das tut ihm weh, deshalb muss er austeilen. Ich lese sehr gespannt und positiv gestimmt weiter :reader5.
 

Leseglück

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7. Juni 2017
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Neben der Ehe der Nolans interessiert mich in diesem Roman besonders die New Yorker Gesellschaft.
Z.B. auf S. 80 wird analysiert warum Charlie nicht erfolgreich ist. Er hat bei seinen Kollegen an Wertschätzung verloren weil er tatsächlich nur anständig und aufrichtig ist und nicht - wie man in New York sein sollte, ein Wolf im Schafspelz.
Das ist doch sehr bezeichnend: Erfolgreich ist man nur wenn man rücksichtslos oder besser skrupellos ist. Ich glaube das sofort.
Erfolgreich zu sein scheint auch enorm wichtig: Noras Tochter hat Angst, sie könnte ihre Eltern enttäuschen und nicht so erfolgreich sein, wie es von ihr erwartet wird. Charlie kann seine Erfolglosigkeit nicht ertragen...(obwohl ich denke, dass er ganz gut verdient, wenn sie beide Kinder in ein teures College schicken können?)

Interessant fand ich auch, dass man in diesen Kreisen der "normal" Reichen nicht mehr einkäuft: alles wird angeliefert: die Lebensmittel, die Wäsche aus der Reinigung, das Essen. Sogar das Frühstück wird bestellt. Es ist doch interessant, wie ab einem gewissen Reichtum (auf den wir ja in den letzten Jahrzehnten auch zusteuern) vieles ausgesourced wird: Die Kinderbetreuung, Haushalt, Garten...kein Wunder, dass manche Stadtmenschen sich dann nach einem authentischen Leben sehnen.

Nora reicht ihre Kindersachen an Ricky weiter und besucht ihn, um ihm ein Luftbefeuchter zu schenken. Das ist zwar nett aber aus meiner Sicht hat das auch eine negative Seite: Es hat was von Gönnerhaftigkeit, von Almosen geben (von reich nach arm). In der Wohngegend von Ricky wird ihr klar: "dass die Grenzen zwischen Menschen genau so klar gezogen waren wie die Mittelstreifen auf der Park Avenue...und dass man diese Grenzen respektieren musste."
Was haltet ihr von dieser Aussage? Die Autorin beschreibt zwar durch Nora die sozialen Unterschiede und hat auch Mitgefühl für die nicht so Reichen, aber sie nimmt das einfach so hin, ohne den Wunsch etwas zu ändern.