Nazis gab es im Osten und im Westen auch vor der Wende, böse Nazis im Osten allerdings nur sehr vereinzelt und oft versteckt. Ich kenne aus Plauen einen Typen, der in den 1980er Jahren eine Nazi-Wehrsportgruppe betrieb (die erstaunlicherweise Zulauf hatte), zu meinem Unverständnis damals geduldet wurde. Und natürlich gab es Ausländerfeindlichkeit im Osten auch schon vorher. Die viele Arbeiter aus Marokko, Cuba und Vietnam waren nicht allerorts beliebt, wie es die Medien darstellten. Allerdings waren das in meinen (noch sehr jungen) Augen Rangeleien, kein echter nationalsozialistischer Fremdenhass wie später.Dann ist der Nationalsozialismus schon unmittelbar nach der Wende aufgebrochen im Osten. Ich hatte immer gedacht, er sei erst später, als die Leute keine Arbeit mehr hatten, nicht Schritt halten könnten, unzufrieden waren.... entstanden.
Dann gab es auch Fremdenfeindlichkeit viel eher?
Woher kommt das? Hat man den Nazi-Terror nicht richtig verarbeitet im Osten?
Oh, ich sehe schon, ich drifte wieder ab
Im Spät-Herbst 1989 standen an der TU Chemnitz, wo ich damals studierte, Studenten aus Coburg vor der Tür unseres Studentenclubs und gründeten kurz darauf mit Hilfe der alten Coburger Herren und deren Geld rechtsextreme Burschenschaften (oft schlagende Verbindungen), kauften Wohnungen und Häuser und brachten ihre Anhänger dort unter. Zu denen kamen die „Glatzen“ gelaufen oder wurden gelockt, und wir munkelten, dass dies die Köpfe der rechten Bewegung in den Unistädten waren, straff organisiert und mit äußerst schlagkräftiger „Executive“. Ich glaube, aus der Luft gegriffen war das nicht.
Städte mit alten und traditionsreichen Unis waren besonders im Fokus, ich weiß das von Weimar, wo ich selbst oft gewesen bin, von der TU Bergakademie Freiberg, wo ich später selbst im Aufbaustudium studierte und von Jena, wo gute Freunde von mir studierten.
Die heutigen Nazis sind in meinen Augen kein Problem, das im Osten um die Wendezeit entstand, es gab sie vorher die ganze Zeit, und ich denke, in den alten Bundesländern wahrscheinlich noch mehr als in den neuen (ich meine damit offener und mitunter auch und Amt und Würden. Ein Freund, der als Journalist arbeitet, hat mich vor vielen Jahren an seinen Recherchen dazu teilhaben lassen, und ich fand das erschreckend und verwirrend, was alles in der ehemaligen BRD frei herumlaufen bzw. agieren durfte, lange vor 1989)
Allerdings war in meinen Augen der Boden im Osten zu Wendezeiten einfacher durch Nazis zu beackern, vieles war im Umbruch und besonders in den nördlichen der neuen Bundesländer ging es den Menschen schlagartig an die Existenz. Die Rechten zeigten mit den Fingern auf Feinde, die sich nicht wehren konnten, und schlugen zu, und ich denke auch, den Politikern war das damals ganz recht so.