2. Leseabschnitt: Kapitel Vier bis Sieben (S. 64 bis 115)

RuLeka

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Aber danach hattest Du andere Hoffnungen und Wünsche, die realisierbar waren. Welche hatte denn Agnes in ihrer Umgebung? Einen Job, der sie rausbringt aus dieser Misere ist nicht in Sicht; bleibt allein ein Mann, mit dem sie ein aufregendes Leben leben kann.
Aber auch die haben sich nicht alle erfüllt. Ich habe ein Lehramtsstudium gemacht und auch das Referendariat abgeschlossen, zu Zeiten, als 10% eingestellt wurden. Ab einem Notendurchschnitt schlechter als 2 , kam ein Brief mit einer Verabschiedung, besser als 2 kam man auf eine Warteliste. Die habe ich nach zwei Jahren nicht mehr in Anspruch genommen, da mein erstes Kind da war und mein Mann sich selbstständig gemacht hat. Seitdem arbeite ich bei ihm mit. Studium umsonst, keine geregelten Arbeitszeiten, keine Aussicht auf Pension. Da könnte ich nun auch den Rest der Welt dafür verantwortlich machen.
Soll heißen, man hat die Wahl, aus seinem Leben das Beste zu machen oder zu jammern. Inwieweit einem die Sozialisation einen in die eine oder andere Richtung tendieren lässt, sei mal dahingestellt.
 
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Xirxe

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19. Februar 2017
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Aber auch die haben sich nicht alle erfüllt. Ich habe ein Lehramtsstudium gemacht und auch das Referendariat abgeschlossen, zu Zeiten, als 10% eingestellt wurden. Ab einem Notendurchschnitt schlechter als 2 , kam ein Brief mit einer Verabschiedung, besser als 2 kam man auf eine Warteliste. Die habe ich nach zwei Jahren nicht mehr in Anspruch genommen, da mein erstes Kind da war und mein Mann sich selbstständig gemacht hat. Seitdem arbeite ich bei ihm mit. Studium umsonst, keine geregelten Arbeitszeiten, keine Aussicht auf Pension. Da könnte ich nun auch den Rest der Welt dafür verantwortlich machen.
Soll heißen, man hat die Wahl, aus seinem Leben das Beste zu machen oder zu jammern. Inwieweit einem die Sozialisation einen in die eine oder andere Richtung tendieren lässt, sei mal dahingestellt.
Ja, aber Du hattest Optionen, die Dir 'Erfüllung' bringen konnten, Du hattest jede Menge Möglichkeiten als Studierte. Da gehen bei Agnes die Möglichkeiten zu jener Zeit und in ihrer Welt gegen Null. Und wenn das Beste aus seinem Leben machen bedeutet, arbeitslos mit ständigen Geldsorgen und nüchtern in einer heruntergekommenen Bergarbeitersiedlung sein Leben zu verbringen - puh, wer weiß ob ich nicht auch zur Flasche gegriffen hätte.
 

Literaturhexle

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2. April 2017
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Mein Mitleid mit Agnes hält sich auch in Grenzen. Sie hatte unter dem Strich ein einigermaßen freundliches Elternhaus, einen einigermaßen freundlichen 1. Mann.
Aber sie wollte mehr, wollte tanzen und fliegen. Hat alles auf eine Karte gesetzt und ist auf die, Entschuldigung, Schnauze geflogen. Dann ging es bergab...

Der 2. Mann hat sie klein und hörig gemacht, sie sexuell ausgenutzt. Agnes hatte dem nichts entgegenzusetzen, ist in den Strudel der Sucht geraten, eine Flucht, die sie wahrscheinlich bei Muttern gelernt hat. Wir können Agnes nicht mit uns vergleichen, die wir bewusste Entscheidungen treffen. Sie ist weit ungebildeter als wir und sie ist schwach. Macht immer andere verantwortlich....
Ich persönlich heiße ein solches Verhalten überhaupt nicht gut, gerade wenn Kinder unschuldig mitleiden. Ich bin eine Freundin der Eigenverantwortung. Aber Agnes ist, wie sie ist. Und ich bin todsicher, dass es solche Frauen gibt - zum Glück nicht in meinem Umfeld.

Aber lest mal weiter. Im 5ten Abschnitt sehe ich gerade einen kleinen Silberstreif
;)
 
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Wandablue

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Aber lest mal weiter. Im 5ten Abschnitt sehe ich gerade einen kleinen Silberstreif
Don t do it. -ich weiss die Versuchung ist (manchmal zu) groß.
 
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RuLeka

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30. Januar 2018
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Ich persönlich heiße ein solches Verhalten überhaupt nicht gut, gerade wenn Kinder unschuldig mitleiden. Ich bin eine Freundin der Eigenverantwortung. Aber Agnes ist, wie sie ist. Und ich bin todsicher, dass es solche Frauen gibt - zum Glück nicht in meinem Umfeld.
Eigenverantwortung ist ein Zeichen von Reife. Aber ich sehe auch, dass nicht alle so weit kommen, ohne mich nun über solche Leute erheben zu wollen. Resilienz besitzt nicht jeder.
 

ulrikerabe

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Ich glaube MItleid, ist das wenigste was diese Menschen brauchen. Mitleid hat immer auch ein bisschen den Geruch von einer höheren Warte.
Aber das Übel ist, dass sich niemand für Menschen wie Agnes interessiert. Sie sind peinlich, unanangenehm, nichst wo amn anstreifen möchte, sprichwörtlich. Mit ihnen ist kein Staat zu machen. In der Ära Thatcher ganz bestimmt nicht. Keine Bildung, kein Geld, Alkohol., Depression und ein Umfeld, das ganz genauso ist. Wenn dieser Kreislauf nicht unterbrochen wird, geht das auf die nächste Generation über und weiter und weiter. Um da raus zu kommen muss man - denke ich mir - nicht nur ganz fest an sich selber glauben, sondern auch jemand von außen finden, der an dich glaubt.
 

RuLeka

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Um da raus zu kommen muss man - denke ich mir - nicht nur ganz fest an sich selber glauben, sondern auch jemand von außen finden, der an dich glaubt.
Das denke ich auch. Es braucht jemanden, der an das Kind/ Jugendlichen glaubt und ihn tatsächlich unterstützt , um aus dieser Spirale herauszufinden. Gutes Beispiel in der Literatur ist Ulla Hahn mit ihrer Romanbiographie „ Das verborgene Wort“.
 

Naibenak

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Ich glaube MItleid, ist das wenigste was diese Menschen brauchen. Mitleid hat immer auch ein bisschen den Geruch von einer höheren Warte.
Aber das Übel ist, dass sich niemand für Menschen wie Agnes interessiert. Sie sind peinlich, unanangenehm, nichst wo amn anstreifen möchte, sprichwörtlich. Mit ihnen ist kein Staat zu machen. In der Ära Thatcher ganz bestimmt nicht. Keine Bildung, kein Geld, Alkohol., Depression und ein Umfeld, das ganz genauso ist. Wenn dieser Kreislauf nicht unterbrochen wird, geht das auf die nächste Generation über und weiter und weiter. Um da raus zu kommen muss man - denke ich mir - nicht nur ganz fest an sich selber glauben, sondern auch jemand von außen finden, der an dich glaubt.
Das ist absolut genau meine Meinung. Alles. Könnte von mir sein ;) Ich sehe auch, dass Agnes da nicht aus eigener Kraft rauskommt. Meiner Meinung nach steckt sie nicht nur in einer Sucht, sondern auch in einer handfesten Depression (was möglicherweise generell einhergeht, da bin ich nicht sicher). Und da braucht es dringend auch Hilfe von außen. Sehr intensive...
 

kingofmusic

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30. Oktober 2018
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Wieder hatte sie ihre Fragen und Zweifel in die Koffer des Katholiken gepackt und sie freudlos zum Taxi getragen. (S. 108)
Einer von vielen Gänsehautsätzen. Man würde am liebsten in die Geschichte springen, eine Zeitmaschine mitnehmen und Agnes ihre Fehler rückgängig machen lassen. Ihre "Abgebrühtheit" á la "Ich bin dann mal weg" - klar, kommt vom Alkohol.

Die Prügelszene war schon sehr bildhaft beschrieben; ich konnte förmlich den Gürtel klatschen hören. Aber (elterliche) Prügel haben noch nie etwas bewirkt - außer, dass man sich von der Person, die einem den Hintern versohlt "entfremdet" und im weitesten Sinne zurückzieht. Wie gut, dass die Zeiten vorbei sind, in denen Prügel erlaubt waren...
 
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