2. Leseabschnitt: Kapitel Vier bis Sieben (S. 64 bis 115)

Querleserin

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30. Dezember 2015
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Dass Shuggie anders als sein großspuriger Vater ist, ist Agnes früh bewusst. Sie kauft ihm eine Puppe, sicherlich ein ungewöhnliches Geschenk für einen Jungen in der damaligen, konservativ geprägten Thatcher-Zeit. Traurig finde ich, dass er sich bemüht, seine Mutter aufzuheitern:
Was immer sie zum Lachen brachte, tat er noch ein Dutzend Mal, bis ihr Lächeln dünn und falsch wurde und er nach dem nächsten Kunststück suchte, das sie glücklich machen würde. (67)
Aus Frust darüber, dass Shug sie betrügt und nicht nach Hause kommt, lässt Agnes in ihrem Rausch fast die Wohnung abbrennen - aus Rache, die ihr jedoch nichts nützen wird, so wie Shug bisher aufgetreten ist.

Im fünften Kapitel des 2.Teils steht Agnes älteste Tochter Catherine im Mittelpunkt, die einen Job hat und einen Ehemann in Aussicht, ein Neffe Slugs, Donald Junior. Sie hat sich geschworen als Jungfrau in die Ehe zu gehen, ein Versuch Macht zu demonstrieren?
Als sie kurz vor der Wohnung die verbrannten Vorhänge sieht, beschließt sie ihren Bruder Alexander zu suchen, Leek genannt, der sich in einem Palettenstapel ein geheimes Versteck errichtet hat. Die Situation, in der seine Freunde Catherine zunächst bedrohen, ist wirklich gruselig und erschreckend. Wie diese Jungs mit ihr umspringen, als könnte sie nichts aufhalten.
Die Idioten verspotteten sie mit schrillen Stimmen, kurz vor dem Stimmbruch, der bedrohliche Klang kleiner Jungs, die die berauschende Macht der Männlichkeit entdeckten. (S.77)
Leek ist ein stiller Junge mit einem Talent zum Zeichnen, der seine Ruhe haben möchte, was durch folgendes Zitat sehr schön ausgedrückt wird.
Leek hatte die Kunst perfektioniert, durch Menschen hindurchzusehen, sich aus Gesprächen auszuklinken, durch Hinterköpfe und offene Fenster seinen Tagträumen hinterherzuschreien." (80)
Im nächsten Kapitel wirft Agnes Vater Wullie ihr vor, nichts aus ihrer Chance gemacht zu haben. Wir erfahren, dass er sie verwöhnt hat, wollte, dass es ihr besser ergehe als ihm selbst. Nie habe er sie gezüchtet, was er dann allerdings tut. Eine sehr befremdliche Szene, ein Vater, der seine 39 (!)jährige Tochter mit dem Gürtel schlägt. Als ob das etwas nützen würde, damit sie aufhört zu trinken. Er scheint es aber tatsächlich zu glauben. Ihre Mutter hingegen wirft ihr vor, ihren ersten Mann verlassen zu haben, der viel besser zu ihr gewesen ist. Agnes eröffnet der Mutter, dass sie gemeinsam mit Shug und den Kindern ausziehen wird, in ein Haus, das sie nie gesehen hat. Sie erinnert sich an ihre erste Flucht zurück, daran, dass Shug seine Kinder zurückgelassen hat, während sie ihre mit in die neue "Beziehung" gebracht hat. Ein Umstand, der er ihr nicht verzeihen kann, und der ihn meines Erachtens völlig diskreditiert.
Die Bergmanns-Siedlung, in die sie ziehen, wirkt wir ein apokalyptischer Alptraum.
Dann lag die Siedlung vor ihnen. Ein Stück voraus endete die schmale staubige Straße am Fuß eines niedrigen braunen Hügels. Jede der drei oder vier kleinen Seitenstraßen ging im rechten Winkel von der Hauptstraße ab. Häuser mit niedrigen Dächern, gedrungen und kastenförmig, zu ordentlichen Reihen gedrängt. Jedes hatte in gleich großes Stück schütteren Garten, und jeder Garten wurde vom gleichen Raster weißer Wäscheleinen und grauer Pfosten zerschnitten. Die Siedlung war von torfigem Marschland umgeben, im Osten war das Land umgekrempelt worden, geschwärzt und verschlackt auf der Suche nach Kohle. (114)
Alle Adjektive und Verben verdeutlichen die trostlose Atmosphäre der Siedlung, sie erscheint plastisch während des Lesens vor den eigenen Augen. Das gelingt Stuart unglaublich gut.
 

Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Der Abschnitt zeigt ganz deutlich wie ernst Agnes Probleme sind. Sie ist so zugedröhnt, dass sie mit Shuggie in dem brennenden Zimmer liegen bleibt. Mir kam es eh so vor, als ob Agnes diese Situation heraufbeschworen hat, um Shug zu zeigen was passiert, wenn er sie alleine lässt. Denn warum hat sie in der Situation zu ihm gesagt: " Wo zum Teufel hast gesteckt!" Auf mich wirkt es so, als wenn sie versucht eine ganze Menge mit dem Alkohol zu kompensieren. Die Aussichtslosigkeit der noch bestehenden Ehe scheint dabei ganz oben zu stehen.
Die Tracht Prügel des Vaters wird wenig nützen, ein Entzug wäre da schon angebrachter.
Der Umzug wird nichts ändern, eher verschlimmern. Wenn die Wohnsituation auch beengt ist, die Eltern sind auch eine Stütze, ein Halt für die Kinder. Ich denke mit Schrecken daran, wenn Agnes mit ihnen allein ist, wenn Shug arbeiten ist. Wird er dann mehr bei ihr sein? Er ist doch so schön kaum zu Hause, und ich glaube nicht, dass sich daran etwas ändern wird.
 

Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Im fünften Kapitel des 2.Teils steht Agnes älteste Tochter Catherine im Mittelpunkt, die einen Job hat und einen Ehemann in Aussicht, ein Neffe Slugs, Donald Junior. Sie hat sich geschworen als Jungfrau in die Ehe zu gehen, ein Versuch Macht zu demonstrieren?
Als sie kurz vor der Wohnung die verbrannten Vorhänge sieht, beschließt sie ihren Bruder Alexander zu suchen, Leek genannt, der sich in einem Palettenstapel ein geheimes Versteck errichtet hat. Die Situation, in der seine Freunde Catherine zunächst bedrohen, ist wirklich gruselig und erschreckend. Wie diese Jungs mit ihr umspringen, als könnte sie nichts aufhalten.
Um Catherine mache ich mir die wenigsten Sorgen. Sie scheint recht vernünftige Ansichten und Ziele zu haben. Eine Ehe wäre für sie definitiv ein Sprung heraus. Bei Leek sieht das noch etwas anders aus, zumal in der neuen Behausung sein Rückzugsort wegfällt.
Aber am meisten wird Shuggie leiden. Er scheint Agnes abgöttisch zu lieben, und ist eh ein Junge der anders ist als die anderen, was ihn zum Außenseiter und somit zum Gespött der anderen macht. Kinder sind leider grausam.
 

Barbara62

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19. März 2020
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Um Catherine mache ich mir die wenigsten Sorgen. Sie scheint recht vernünftige Ansichten und Ziele zu haben. Eine Ehe wäre für sie definitiv ein Sprung heraus.
Echt? Sie bewundert den Neffen von Shug, der mindestens so eitel, so ein Weiberheld und mit so brutalen Zügen ausgestattet ist wie Shug. Dabei hat sie das negative Abbild tagtäglich vor Augen. Diese Ehe wäre definitiv kein Weg hinaus! Es wäre definitiv der Weg von Agnes.
 
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Barbara62

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Im nächsten Kapitel wirft Agnes Vater Wullie ihr vor, nichts aus ihrer Chance gemacht zu haben. Wir erfahren, dass er sie verwöhnt hat, wollte, dass es ihr besser ergehe als ihm selbst. Nie habe er sie gezüchtet, was er dann allerdings tut. Eine sehr befremdliche Szene, ein Vater, der seine 39 (!)jährige Tochter mit dem Gürtel schlägt. Als ob das etwas nützen würde, damit sie aufhört zu trinken. Er scheint es aber tatsächlich zu glauben.
Gewalt scheint die einzige zu sein, wie diesen Männern zur Problemlösung einfällt.
 

Barbara62

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Agnes' erster Mann scheint ein Abbild ihres Vaters gewesen zu sein: zuverlässig, sie verwöhnend und liebend, nicht gewalttätig. Als Mutter hätte mir auch das Herz geblutet, als sie ihn für einen Windhund wie Shug verlassen hat. Hat sie dabei eine Sekunde an ihre Kinder gedacht? Offenbar hat sie ihn verlassen, ohne mit Shug eine Bleibe zu haben. Es gelingt mir nicht, dafür Verständnis aufzubringen.

Die Brandstiftung ist ein Hilferuf. Ein Brand im Hochhaus - man darf sich gar nicht überlegen, was hätte passieren können.

Nicht einmal Shug hat sich das neue Haus vorher angeschaut? Dabei kommt er als Taxifahrer weit herum.

Leer ist fantastisch charakterisiert, seine Fähigkeit, sich wegzubeamen - großartig!

Das Buch drückt mich nieder, es scheint alles so auswegslos. Nichtsdestotrotz ist es klasse geschrieben.
 
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RuLeka

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30. Januar 2018
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Das habe ich eh nicht so ganz verstanden. Wer mietet eine Unterkunft ohne sie vorher gesehen zu haben? Das die Gegend nicht gerade ein Idyll ist, hätte Shug doch auch klar sein müssen.
Diese Leute überlegen im Vorfeld kaum, was sie da tun. Die stolpern von einer misslichen Lage in die nächste.

Die Geschichte macht mich fertig, aber vor allem wütend. Ich habe nur Mitleid mit den Kindern.

Warum wurde Agnes so? Eigentlich hatte sie die besseren Voraussetzungen von daheim. Ihr Vater war liebevoll zu ihr, aber auch zu seiner Frau. Keiner der Ehemänner, die am Wochenende das Geld für die Familie versoffen haben, sondern einer, der sich kümmert, der seiner kleinen Tochter Kleider kauft usw. Da wäre ich als Vater auch frustriert, wobei seine Reaktion natürlich indiskutabel ist.
Man könnte glauben, die Frauen hier akzeptieren keinen Mann, der gut ist zu ihnen. Sie brauchen solche Machos, die angeben, Frauen nehmen, wie es ihnen passt und die mit harter Hand über sie bestimmen. Nicht nur Agnes scheint so zu sein, sondern auch die junge Frau, die Shug bei der Arbeit annruft. „ Aber ich liebe dich.“ …“ Na gut, dann zieh halt das verdammte Höschen aus. Ich hab bloß fünf Minuten.“
Was zieht eine Frau zu so einem Typen.
Und Catherine fährt auf die gleiche Sorte Mann ab. Das macht mich fassungslos …

Shug ging anfangs anscheinend davon aus, dass Agnes ihre Kinder bei ihrem Mann zurücklässt. So wie er es getan hat. Wobei es den Kindern eventuell bei ihrem Mann besser gegangen.

Ich fürchte auch, dass es weiter abwärts geht mit der Familie. Die Großeltern waren immerhin eine Stütze für Agnes und für die Kinder eine verlässliche Größe.

Mir kam es eh so vor, als ob Agnes diese Situation heraufbeschworen hat, um Shug zu zeigen was passiert, wenn er sie alleine lässt. Denn warum hat sie in der Situation zu ihm gesagt: " Wo zum Teufel hast gesteckt!"
Das denke ich auch. Wobei sie dabei ihr Leben und das von Shuggie riskiert hat.

Das Buch ist großartig, die Sprache vor allem , doch ich glaub, ich bräuchte mal wieder ein lustiges Buch.
 

Literaturhexle

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Eine Ehe wäre für sie definitiv ein Sprung heraus. Bei Leek sieht das noch etwas anders aus, zumal in der neuen Behausung sein Rückzugsort wegfällt.
Hier würde ich auch vorsichtig widersprechen. Diese Hoffnungen zeugen doch von einer gewissen Unreife. Dieser Donald macht ihr doch nur den Hof, weil sie an ihrer Jungfräulichkeit klebt. Das reizt ihn, das kennt er vielleicht nicht. Er ist ein egoistischer Aufschneider. Wenn sie den heiratet, wird sie genauso ausgeliefert sein wie Agnes.
Gleichzeitig träumt sie von der Karriere ihres Bruders...
Diese Menschen sind so hoffnungslos, dass sie auf die Rettung von außen warten. Wullie hofft auf Gott. Die Prügel kamen mir wie eine Teufelsaustreibung vor.
 

Literaturhexle

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Es ist so rührend wie der kleine Shuggie um die Liebe seiner Mutter buhlt, wie er sie krampfhaft versucht aufzuheitern...
Was ist Agnes für ein Mensch? Sie hatte offenbar ein gutes Elternhaus in bescheidenen aber liebevollen Verhältnissen. Tatsächlich heiratet sie einen ähnlich zuverlässigen, gutmütigen Mann. Agnes scheint dessen Schwäche auszunutzen. Versteht ihr sie Andeutungen auch so, dass Agnes eine Art Kaufsucht hatte? Dass der Gatte versuchte, sie mit Geschenken und Nachsicht zu halten?

Agnes will aber einen starken Mann. Sie kriegt ihn mit Shug. In dieser Beziehung sind die Gleichgewichte genau anders herum. Selbst schuld, kein Mitleid!

Bedrückend zu sehen, wie die Kinder ihre Mutter "lesen" können. Sie werten ihre Stimmungen, ihren Pegel genau aus. Sie ist ein Pulverfass, schwankt zwischen den Extremen. Alles dreht sich bei ihr um Shug. Für andere Menschen hat sie keinen Raum. Sie benutzt auch den kleinen Sohn, um ihr eigenes Bedürfnis nach Zärtlichkeit zu befriedigen. Das wirkt nicht gesund auf mich in der Badewanne.

Leek flüchtet. Er ist wirklich fantastisch charakterisiert! "Ich hab's satt, mich von der Scheiße runterziehen zu lassen." Recht hat er.

Der Auszug ist wieder mal höchst eigennützig von Agnes. Sie raubt ihren Kindern das letzte bisschen Geborgenheit. Nicht umsonst haben die älteren versucht, bei den Großeltern bleiben zu dürfen...

Mir geht es mit der Lektüre wie euch. Sie deprimiert. Trotzdem lese ich gerne weiter. Der Stil ist fantastisch, die Beschreibungen klar und präzise, treffende Metaphern. An der Übersetzung habe ich bislang nichts auszusetzen. Wie soll man einen Slang anders übersetzen? Er soll ja verständlich bleiben.

Mein Daumen zeigt nach oben: sehr fesselnd, faszinierend und traurig-bedrückend.
 

Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Echt? Sie bewundert den Neffen von Shug, der mindestens so eitel, so ein Weiberheld und mit so brutalen Zügen ausgestattet ist wie Shug. Dabei hat sie das negative Abbild tagtäglich vor Augen. Diese Ehe wäre definitiv kein Weg hinaus! Es wäre definitiv der Weg von Agnes.
Er bleibt mit ihr zusammen, obwohl sie ihn nicht "ranlässt". Ich glaube nicht, dass er so schlimm ist, wie sein Onkel. Würde er es, wenn es ihm nur um das eine geht, länger durchhalten? Vielleicht bin ich da auch einfach nur zu gutgläubig, und ihr habt Recht, und sie kommt in den gleichen Schlamassel.....Nur dort bleiben, würde ihre Chancen definitiv nicht erhöhen. Ich hoffe es einfach mal, dass sie nicht enttäuscht wird
 
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Sassenach123

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Agnes wirkt auf ihre Art ja schon ein wenig selbstzerstörerisch. Ich frage mich, was war zuerst da? Das Problem, was durch den Alkohol kompensiert wurde, oder bringt der Alkohol dieses Verhalten zutage?
 

Barbara62

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Agnes wirkt auf ihre Art ja schon ein wenig selbstzerstörerisch. Ich frage mich, was war zuerst da? Das Problem, was durch den Alkohol kompensiert wurde, oder bringt der Alkohol dieses Verhalten zutage?
Zumindest hat sie schon während ihrer ersten Ehe getrunken. Und nun nimmt sie auch noch irgendwelche Pillen.

Er bleibt mit ihr zusammen, obwohl sie ihn nicht "ranlässt". Ich glaube nicht, dass er so schlimm ist, wie sein Onkel. Würde er es, wenn es ihm nur um das eine geht, länger durchhalten? Vielleicht bin ich da auch einfach nur zu gutgläubig, und ihr habt Recht, und sie kommt in den gleichen Schlamassel.....Nur dort bleiben, würde ihre Chancen definitiv nicht erhöhen. Ich hoffe es einfach mal, dass sie nicht enttäuscht wird
Ein paar Sätze über ihn:

- Catherine gefielen die unterschwelligen Signale, mit denen er ihr klarmachte, dass er wichtiger war als sie.

- Es war allgemein bekannt, dass er Dutzende Mädchen geküsst hatte.

- Donald Junior hatte breitbeinig dagesessen, mehr Platz eingenommen, als ihm zustand, und ohne Bescheidenheit von sich selbst geredet.

Nein, dieser Typ ist ein ekelhafter Macho, selbstbezogen, arrogant, widerlich. Er wird Catherine das Leben ihrer Mutter bescheren und sie dann für eine andere verlassen. Allein das Wort "breitbeinig" lässt bei mir alle Alarmglocken läuten. :mad:
 
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RuLeka

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Versteht ihr sie Andeutungen auch so, dass Agnes eine Art Kaufsucht hatte? Dass der Gatte versuchte, sie mit Geschenken und Nachsicht zu halten?
Agnes versucht auf jeden Fall die Leere, die sie empfindet, durch den Konsum zu kompensieren. Eine weit verbreitete Methode.
Bedrückend zu sehen, wie die Kinder ihre Mutter "lesen" können. Sie werten ihre Stimmungen, ihren Pegel genau aus. Sie ist ein Pulverfass, schwankt zwischen den Extremen. Alles dreht sich bei ihr um Shug. Für andere Menschen hat sie keinen Raum. Sie benutzt auch den kleinen Sohn, um ihr eigenes Bedürfnis nach Zärtlichkeit zu befriedigen. Das wirkt nicht gesund auf mich in der Badewanne.
Kinder in solchen Lebensumständen entwickeln ein sehr gutes Gefühl prima die Stimmungen der Eltern, oft schon als Selbstschutz.
Für Agnes steht ihr Mann und dann sie an erster Stelle. Sie würde sicher die Frage, ob sie ihre Kinder liebt, bejahen, aber leider hat sie überhaupt kein Gespür für deren Bedürfnisse. Da werden oft die Rollen vertauscht , Kinder fühlen sich verantwortlich für das Wohlergehen der Eltern.
Auch das gemeinsame Bad wirkt befremdlich, wobei ich Agnes keine sexuelle Motive unterstelle, eher emotionale. Es kommt mir vor, als albern hier zwei Kinder in der Wanne herum.
Mein Daumen zeigt nach oben: sehr fesselnd, faszinierend und traurig-bedrückend.
Genau.
 

RuLeka

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30. Januar 2018
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Nein, dieser Typ ist ein ekelhafter Macho, selbstbezogen, arrogant, widerlich. Er wird Catherine das Leben ihrer Mutter bescheren und sie dann für eine andere verlassen. Allein das Wort "breitbeinig" lässt bei mir alle Alarmglocken läuten. :mad:
So sehe ich das auch. Ich frage mich nur, warum die Mädchen/ Frauen auf solche Typen hereinfallen.
 

Xirxe

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19. Februar 2017
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Sie hat sich geschworen als Jungfrau in die Ehe zu gehen, ein Versuch Macht zu demonstrieren?
Kann schon gut sein. Erinnert mich an Elizabeth Macarthur, die Hauptfigur in 'Ein Raum aus Blättern'. Als ihr künftiger Mann sie verführte, schrieb sie dazu:
Fast schon bettelte er. Ich spürte, wie mächtig ich also doch sein musste, fühlte mich groß wie die Nacht, frei, grenzenlos.
Ein Umstand, der er ihr nicht verzeihen kann, und der ihn meines Erachtens völlig diskreditiert.
Was meinst Du mit 'ihn ... diskreditiert.'? Dass er ihr nicht verzeihen kann, ihre Kinder mitgenommen zu haben oder dass er seine zurücklässt?
Gewalt scheint die einzige zu sein, wie diesen Männern zur Problemlösung einfällt.
Wenn man nichts Anderes kennt und feststellen muss, dass 'Güte' nicht zum Erfolg führt - grauenvoll, aber nachvollziehbar.
Das Buch drückt mich nieder, es scheint alles so auswegslos. Nichtsdestotrotz ist es klasse geschrieben.
Volle Zustimmung, aber ich brauche langsam mal wieder etwas aufbauendere Literatur.
Agnes' erster Mann scheint ein Abbild ihres Vaters gewesen zu sein: zuverlässig, sie verwöhnend und liebend, nicht gewalttätig.
Aber entsetzlich langweilig. Natürlich ist das immer noch um Vieles besser als dieses Großmaul Shug. Aber wenn Du vom Leben etwas Großartiges erwartest, dann aber jeder Tag gleichförmig vor sich hintröpfelt und Du beim Rückblick wirklich auf Nichts blickst, wozu Du sagen kannst: Das war toll - dann nimmt man im Zweifel halt lieber die Taube auf dem Dach.
Was zieht eine Frau zu so einem Typen.
Einerseits die Aussicht, die Auserwählte zu sein (was bin ich toll!) und zum Andern die Hoffnung auf ein aufregenderes Leben. Ich glaube, es müsste noch nicht mal so viel besser sein, Hauptsache, die Hoffnung darauf geht nicht verloren.
Das Problem, was durch den Alkohol kompensiert wurde, oder bringt der Alkohol dieses Verhalten zutage?
Ich kann mir vorstellen, dass es sich gegenseitig hochgeschaukelt hat. Eine Neigung dazu hatte sie wohl schon vorher (kein Wunder, in dieser Umgebung) und als sie immer mehr ihrer Wünsche und Hoffnung begraben musste, griff sie verstärkt zum Alkohol.
Wäre ihr erster Mann ein bisschen mehr wie Shug gewesen, wäre vermutlich Vieles besser geworden.

Ich fürchte, das folgende Kapitel wird noch schlimmer. Die Beschreibung dieser Gegend, die erst so optimistisch klingt mit den schönen Häusern und Vorgärten hat mich wirklich hoffen lassen, dass es für die Familie vielleicht ein bisschen so was wie Glück gibt. Ok, das kann ich streichen.
 

Querleserin

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30. Dezember 2015
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Wadern
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Das Buch drückt mich nieder, es scheint alles so auswegslos. Nichtsdestotrotz ist es klasse
Eigentlich möchte man nicht weiter vom Elend lesen, gleichzeitig fesselt der Roman, weil er dieses Elend so hervorragend beschreibt. Zu Beginn ist es mir schwer gefallen, davon zu lesen, doch inzwischen will ich weiterlesen, auch mit der Hoffnung, dass sich vielleicht etwas für den sensiblen Shuggie zum Besseren wenden wird.