2. Leseabschnitt: Kapitel "Tiefe Schlünde" bis einschließlich "Und die Orgel hörte auf zu spielen"

parden

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IAllerdings: Schlauer zu der Hauptfrage, die mich bewegt, bin ich nicht geworden: Warum sitzt Paul im Gefängnis? Aber zur Beantwortung der Frage nimmt der Autor wohl einen langen, manchmal etwas bewusst abschweifenden Weg. Der hat mich dann nicht vollkommen begeistert, aber immer wieder zwischendurch dann doch.
Das schildert auch mein Empfinden beim Lesen sehr gut!
 

parden

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13. April 2014
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Tatsächlich schwanke ich beim Lesen zwischen Begeisterung und Langeweile, je nach Passage. Manche der Themen interessieren mich eher nicht, da empfinde ich das Lesen auch als anstrengend. Anderes wieder finde ich herrlich verpackt, lakonisch-zynisch erzählt und mit teilweise faszinierenden Bildern und Metaphern. In jedem Fall hat der Autor wohl ein Hühnchen zu rupfen mit der katholischen Kirche - vielleicht sogar einen ganzen Hühnerstall. Sehr deutliche Worte findet er dazu alle paar Seiten. Demgegenüber die tragische Figur des Johanes, protestantischer Pfarrer, der seine Berufung einst beim Anblick einer vom Sand verschütteten Kirche fand. Ist sein Scheitern nicht nur die Fortsetzung dieses Verschüttetseins? Auch sein Glaube ist abhanden gekommen, seine Spielsucht ein Bild für das verzweifelte Bemühen, diese Lücke, diese Leere zu füllen...
 

Wandablue

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18. September 2019
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Tatsächlich schwanke ich beim Lesen zwischen Begeisterung und Langeweile, je nach Passage. Manche der Themen interessieren mich eher nicht, da empfinde ich das Lesen auch als anstrengend. Anderes wieder finde ich herrlich verpackt, lakonisch-zynisch erzählt und mit teilweise faszinierenden Bildern und Metaphern. In jedem Fall hat der Autor wohl ein Hühnchen zu rupfen mit der katholischen Kirche - vielleicht sogar einen ganzen Hühnerstall. Sehr deutliche Worte findet er dazu alle paar Seiten. Demgegenüber die tragische Figur des Johanes, protestantischer Pfarrer, der seine Berufung einst beim Anblick einer vom Sand verschütteten Kirche fand. Ist sein Scheitern nicht nur die Fortsetzung dieses Verschüttetseins? Auch sein Glaube ist abhanden gekommen, seine Spielsucht ein Bild für das verzweifelte Bemühen, diese Lücke, diese Leere zu füllen...

Nö. Seine "Bekehrung" steht erzählerisch auf wakeligen Beinen sowie die ganze Figur. Dagegen begeistern mich die Nebenfiguren.
 

Mikka Liest

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14. Februar 2015
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Hilter am Teutoburger Wald
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Natürlich gibt es Glaubenskrisen. Die stellen sich aber ganz anders dar.

Als jemand, der früher mal einen Bibelkreis geleitet hat, sich lange in der Kirche engagiert hat und nach einer Glaubenskrise zur Atheistin geworden ist, kann ich nur sagen: Glaubenskrisen, wie alle menschlichen Krisen, können sich in unendlicher Vielfalt darstellen. War meine Glaubenskrise die "Norm"? Was ist die Norm, und wer entscheidet das? Ich sehe keinen Grund, warum die Krise dieses Pastors nicht der Realität entsprechen könnte.

Ich kann dir im Rückblick nicht mal sagen: meine Glaubenskrise stützte sich auf XYZ, weil es so einfach nicht war.

Natürlich sieht jeder das anders, und offensichtlich werden wir uns nicht ganz einig, was dieses Buch betrifft – was vollkommen ok ist! –, aber ich muss gar nicht mehr wissen über Johannes' Glaubenskrise, weil sie für mich persönlich so schlüssig ist, wie sie geschildert wird.
 

Mikka Liest

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14. Februar 2015
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Hilter am Teutoburger Wald
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Ich finde, die Pastorfigur ist missglückt. Denn der Papa wird als gerader, aufrichtiger Charakter angeledgt, bzw. in dessen Nähe gerückt, vor allem durch den Dänemarkbezug, die einfachen, aber aufrechten Fischersleuts.

Wäre er so ein gerader Charakter, dann würde er einen Ausweg suchen. Es gibt sie, die Auswege. Er hätte mit seiner Frau zusammen das Kino betreiben können, er hätte einen Bürojob suchen können.

Er ist für mich ein Mann, der aufrecht sein möchte, aber immer wieder an seinen eigenen Zweifeln scheitert und auch nicht die Stärke für einen glatten Bruch und Neuanfang hat. Ist das seine eigene Schuld? Höchstwahrscheinlich. Aber es gibt viele Menschen, die sind so.

Warum war er trotz fehlendem Glauben so versessen darauf, wieder einen Job als Pastor zu bekommen? Um weiterlügen zu müssen/dürfen?

Meine Vermutung ist, dass dies die einzige Sache in seinem Leben war, für die er Anerkennung und sogar Bewunderung bekam, und das kann er jetzt nicht loslassen.

Auch die Spielsucht nachher passt eigentlich gar nicht.
Dann bemüht er sich redlich, alles wieder in Ordnung zu kriegen und dann ist er so dumm, dass er auf denselben "Trick" doppel hereinfällt. /Ich glaub das einfach nicht.

Ein Freund von mir ist vor vielen, vielen Jahren der Spielsucht verfallen und hat im Versuch, irgendwie aus den Schulden rauszukommen, eine unglaubliche Dummheit begangen, obwohl er eigentlich ein sehr intelligenter Mann ist. Die Sucht hat ihm komplett das Gehirn vernebelt, was er im Rückblick selber kaum noch glauben kann. (Er ist seit einigen Jahren sozusagen "clean".) Daher fand ich das hier gar nicht so unglaubwürdig!
 

KrimiElse

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Der leichte Ton wechselt zu mehr Ernsthaftigkeit. Die Sprache ist genial, so viele unverbrauchte Bilder. Bei der Abhandlung über das Semikolon musste ich auch schmunzeln. Ich bin jemand, der dieses Satzzeichen sehr gerne benutzt.
Mir ging es beim Lesen dieses Abschnitt wie dir, der Ton wechselt ins Ernsthaftere, und auch wenn für manche Erklärungen ausgeholt wird gefällt mir das Buch sprachlich immer noch ganz hervorragend.
Und: werde die auch bei mir manchmal inflationäre Benutzung von Semikolons (oder meinen persönlichen Ersatz die drei Punkte) überdenken. Dubois Erläuterungen dazu haben mich auflachen lassen.
 
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KrimiElse

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Ich finde es insgesamt nicht auf Emotionen ausgelegt. Er erklärt, das ist für mich das, was mir beim lesen in den Sinn gekommen ist
Ich sehe es auch als Seufzer an, denn Paul erzählt alles rückblickend aus seinem dunklen Gefängnisalltag heraus, be8 dem ihm das Leben auch nach der Entlassung keine Hoffnung bietet. Ich empfinde ihn fast als (lebens)müde.
 
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KrimiElse

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Das stimmt schon. Aber manchmal bleibt einem nichts anderes übrig. Was ist die Wahl? Ein Leben in Heuchelei!

Ich finde, die Pastorfigur ist missglückt. Denn der Papa wird als gerader, aufrichtiger Charakter angeledgt, bzw. in dessen Nähe gerückt, vor allem durch den Dänemarkbezug, die einfachen, aber aufrechten Fischersleuts.

Dann geht er ins Ausland. Hier wird ein bisschen aufgearbeitet, was er für innere Schwierigkeiten hat, Eheprobleme werden aber auch nur kurz angeschnitten.

Dann wird ständig behauptet, er wäre eine lächerliche Figur und würde auf der Bühne stehen. Das passt doch gar nicht zu ihm. Wäre er so ein gerader Charakter, dann würde er einen Ausweg suchen. Es gibt sie, die Auswege. Er hätte mit seiner Frau zusammen das Kino betreiben können, er hätte einen Bürojob suchen können. Warum war er trotz fehlendem Glauben so versessen darauf, wieder einen Job als Pastor zu bekommen? Um weiterlügen zu müssen/dürfen?


Auch die Spielsucht nachher passt eigentlich gar nicht.
Dann bemüht er sich redlich, alles wieder in Ordnung zu kriegen und dann ist er so dumm, dass er auf denselben "Trick" doppel hereinfällt. /Ich glaub das einfach nicht.
Da bin ich ganz bei dir, ich sehe den Pastor ähnlich. Zunächst als aufrechter Mensch, mit all seinen Wurzeln und dem Drang, Gott wegen einer versandeten Kirche zu dienen. Dann bleibt er nicht mehr was er redet, geht weg und macht genau so weiter (um es überspitzt auszudrücken) Die Episode mit der Spielsucht hingegen finde ich passend dafür, dass er eigentlich etwas tut was er nicht will und sich damit ablenkt.
Aus Pauls Mund klingt das alles für mich nicht zynisch, was er bezüglich seines Vaters äußert. Mit Blick auf andere Personen hingegen hat er recht viel Zynismus übrig. Warum nur?
 
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