2. Leseabschnitt: Kapitel 8 bis 17 (Seiten 53 bis 112)

GAIA

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27. Dezember 2021
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Aber ehrlich: muss man dem Leser da nicht mehr Fakten an die Hand geben? Damit der Roman von alleine funktioniert?
Diese Frage habe ich mir gerade auch schon in meinem Fazit gestellt. In der jetzigen Form, und sollte meine Hypothese richtig sein, wäre es ein Roman für Psychologen/Psychotherapeuten/Psychiater. Darauf hätte man so konkret, glaube ich, ohne das Fachwissen nicht kommen können. Und das ist schade. Ein Hinweis hier oder dort wäre einfach gut gewesen.
Ich wusste sofort beim ersten Gedanken an „Psychopathie“: Hare, 1970. Das ist einfach DAS Jahr wenn es um Psychopathie geht. Aber darauf würde selbst von meinen Kolleg:innen wahrscheinlich kaum eine:r kommen.
 

GAIA

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27. Dezember 2021
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Thüringen
Psychiater dieses Buch im Bücherregal gehabt hätte und wir den Titel gelesen hätten.
Definitiv eine kreative Idee, um einen Tipp an die Lesenden zu hinterlassen. Und da uns K. jede Kleinigkeit kommentiert, die ihr im Büro auffällt...
Aber: Dann hätte das bedeutet, der Therapeut kenne das druckfrische Werk und hätte besonders hellhörig werden müssen bei K.s Geschichte. So wird such kein richtiger Schuh draus.
Vielleicht hätte K. selbst ganz überzeugt von sich und ihrem Plan einen Hinweis geben müssen. Um noch einmal zu unterstreichen, wie sie mit dem unwissenden Therapeuten spielen kann, ohne, dass er es merkt.
 

Wandablue

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So ist diese Leserunde doch sehr lohnend und erhellend geworden.
Ich finde es auch besser, wenn wir diese Dinge im letzten LA diskutieren und nicht i Fazit:
anyway.
Ich könnte mir vorstellen, dass die Autorin selber gespannt ist, wer ihr bzw. Kati auf den Leim geht. Weil beides vorstellbar ist, die raffinierte Psychopathin (ich glaube nicht so richtig dran) und die authentische 17jährige. Bedenkt: es gab noch kein Internet! Im digitalen Zeitalter hätte sich Kati ganz leicht alle entspr Informationen zusammensuchen können, aber ohne? hm, schon schwierig.
 
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Literaturhexle

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Wobei. Ohne jetzt klugscheißern zu wollen: kam euch das Mädel nicht reichlich abgebrüht vor? Wie sie über die Erwachsenen, die Nazis, die Kirche herziehen und Autoritäten beschädigt. Mit 17. Als gedemütigtes Opfer?
Keinerlei Respekt vor dem Arzt/Therapeut. Sie sagte klipp und klar, dass sie der Liebling der Aufseherinnen ist, weil sie ja persönliche Ziele hat. Das Krankheitsbild Psychopath passt völlig.
 
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Wandablue

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jedenfalls das Rumreiten auf den 70ern wäre dann durchaus Absicht und nicht Seitenfüller. Abgebrüht kam mir Kati nicht vor, dafür kannte ich sie zu kurz.
 
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GAIA

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Was steht denn da drin in dem R.Hare Buch?
Grundsätzlich hat er 1970 noch gar kein Buch im eigentlichen Sinne veröffentlicht, sondern erst einmal das Diagnoseinstrument der PCL (Psychopathy Checklist). Von Buch kann man in dem Sinne sprechen, dass es immer ein Manual dazu gibt, welches die bisherige Forschung und die eigenen Hypothesen zusammenfasst. Er hat aufgrund seiner Forschung in verschiedenen Gefängnissen das Konzept der Psychopathie, welches schon vorher (ich glaube nicht mit dem Namen, aber von der Richtung her) beschrieben wurde, empirisch unterfüttert und verschiedene Persönlichkeitszüge sowie häufig gezeigtes Verhalten von Psychopathen erläutert. Später wurden dann umfassendere Bücher zum Thema veröffentlicht, er war einfach der absolute Vorreiter. Für Inhaltliches würde ich mal an Google verweisen. ;)
 
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Literaturhexle

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Im digitalen Zeitalter hätte sich Kati ganz leicht alle entspr Informationen zusammensuchen können, aber ohne? hm, schon schwierig.
Kommt drauf an. Im Vollzug hat man Zeit und die Aufseher jubeln, wenn sich mal jemand für die Bibliothek interessiert...
Setzt voraus, dass es dort Fachlektüre gibt (mit dem Hinweis, dass sie Medizin studieren will, kriegt sie die sogar). Darauf gab es aber keinen Hinweis. Alles Spekulation.
 
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Literaturhexle

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Die siebzehnjährige Katharina ist Anfang der 1970er Jahre in einer geschlossenen Einrichtung für Jugendliche untergebracht. Sie wurde straffällig. Mindestens einmal pro Woche muss sie mit einem Psychiater sprechen, um die Hintergründe ihres Deliktes zu ergründen. Erstaunlicherweise gelingt es ihr dabei, das Gespräch mit dem Therapeuten nach ihren eigenen Regeln zu führen. Die Delinquentin wird zur Regisseurin.
Man beachte die letzten zwei Sätze. Sind sie nicht ein klarer Hinweis?
 
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Mein stärkstes Gegenargument ist, dass nicht jeder Gaias Hintergrundwissen hat. Bleiben aber die 70er.
Was meint ihr zu der Literatur in der Deutschstunde?
Die Todesfuge kenne ich, aber das Kalkbuch war/ist mir unbekannt.
Folgt man Gaias Theorie, dann ist alles geplant (von der Autorin), dann müssten auch das Gedicht und das Buch mehr bedeuten.
 
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Vielen Dank @GAIA , ich hätte das nie so erklären können, aber ich hatte von Anfang an das Gefühl, dass Katharinas Reue nicht echt ist und sie den Psychiater manipuliert, damit er ihr ein gutes Zeignis schreibt. Danke für deine fundierte Analyse. Die Erzähltechnik gibt einen Hinweis darauf, allerdings braucht man doch einiges an psychologischem Hintergrundwissen.
 

Wandablue

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Ich habe auch noch mal ein wenig geblättert.
Es gab tatsächlich den Hinweis auf Tierquälerei, den ich naiv überlesen habe. Bei der Kuh, die sich den Hals scheuert. Könnt ihr euch erinnern?
Da hab ich mich doch aufs Glatteis führen lassen; ich wünsche mir halt eine gute Welt!
Das mit der Revolution in den 7oern in der Psychiatrie, dürfen wir das in der Rezi verwenden, Gaia? War schließlich deine Idee!
 
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