2. Leseabschnitt: Kapitel 8 bis 16 (Seite 51 bis 99)

Die Häsin

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11. Dezember 2019
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Rhönrand bei Fulda
Mit Rationalität hat das alles wenig zu tun. Siehe Ukraine: Man bekämpft einen jüdischen Politiker mit der Begründung, es sei ein Nazi - Staat.
Es gab mal eine ganz ähnliche Szene in einem "Tatort", in dem ein Jungnazi-Treffpunkt ausgehoben wurde. Da hingen an den Wänden lauter Plakate mit Fußballvereinen, in denen die Hälfte der Spieler dunkelhäutig war, und unter diesen Fanplakaten trafen sich die Glatzen zum Saufen. Da hat auch einer der Kommissare unter Verweis auf diese Plakate die Glatzen angeschnauzt, was sie sich eigentlich dächten, und keine Antwort bekommen.
Andererseits gehört ja Fus anscheinend nicht zu dieser Gruppe, sondern eher zur Gruppe der Geleckten und Höflichen. Ich hätte ihn geistig nicht so schlicht eingeschätzt, dass er den Widerspruch nicht bemerkt. Aber ja, mit solchen Widersprüchen leben auch Menschen, die nicht unbedingt zu den Doofen gehören ...
 

Barbara62

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19. März 2020
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Es gab mal eine ganz ähnliche Szene in einem "Tatort", in dem ein Jungnazi-Treffpunkt ausgehoben wurde. Da hingen an den Wänden lauter Plakate mit Fußballvereinen, in denen die Hälfte der Spieler dunkelhäutig war, und unter diesen Fanplakaten trafen sich die Glatzen zum Saufen. Da hat auch einer der Kommissare unter Verweis auf diese Plakate die Glatzen angeschnauzt, was sie sich eigentlich dächten, und keine Antwort bekommen.
Andererseits gehört ja Fus anscheinend nicht zu dieser Gruppe, sondern eher zur Gruppe der Geleckten und Höflichen. Ich hätte ihn geistig nicht so schlicht eingeschätzt, dass er den Widerspruch nicht bemerkt. Aber ja, mit solchen Widersprüchen leben auch Menschen, die nicht unbedingt zu den Doofen gehören ...
Es heißt irgendwo, dass sie nur gegen Neuzuwanderung wären, nicht gegen die, die schon länger in Frankreich leben. Obwohl ich das nicht glaube, könnten sie so immerhin ihre Fußballer rechtfertigen.
Mit Rationalität kann man bei Nazis sowieso nichts ausrichten. Darin gleichen sie den zitierten Zeugen Jehovas.
 

Christian1977

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8. Oktober 2021
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Sehr schön fand ich, wie sich Fus dafür eingesetzt hat, dass sein Bruder auf die bessere Hochschule nach Paris geht.

Für mich färbt die Gesinnung Fus' jedoch all sein Handeln nachträglich ein...
Ich hatte bei diesem Einsatz Fus' die Befürchtung, dass er seinen Bruder möglichst weit weg vom sozialistischen Vater und eher in seine eigene Richtung drängen wollte. Vielleicht spricht es für euch @RuLeka und @Helmut Pöll , dass ihr tatsächlich erst den positiven Bezug sehr.
Ich glaube auch nicht, dass die Antifas ganz ohne Grund angegriffen haben.
Ich auch nicht. Ich kann mir vorstellen, dass Fus' Verletzung noch gar nicht die eigentliche Katastrophe ist, sondern Fus in dieser Aktion vielleicht etwas noch Schlimmeres verbrochen hat...
Wie kann man Rassist sein und gleichzeitig Fan eines Fußballvereins, in dem die Topspieler zu genau der Gruppe Menschen gehören, die man nicht in seinem Land haben will?
Das ist leider bei ganz vielen Fans aus der rechten Szene Gang und gäbe. Oder vielleicht zum Glück, denn so beleidigen sie zumindest nicht die eigenen Spieler.
 

Christian1977

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8. Oktober 2021
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Mich bedrückt der Roman, vor allem, weil der Vater so machtlos scheint. Eigentlich will er für seine Kinder das Beste, findet aber nicht die richtigen Mittel - oder Worte. Wäre Fus' Entwicklung anders verlaufen, wenn die Mutti nicht gestorben wäre? Wer weiß das schon. Auf jeden Fall würde der Ich-Erzähler nicht so allein dastehen.

Hat jemand von euch begriffen, was für eine Lehre Fus eigentlich macht? Ich dachte, er wäre auf dieser Technischen Hochschule, aber plötzlich bezieht er ein Lehrlingsgehalt. Entweder habe ich das überlesen, oder der Vater erzählt noch lückenhafter als ich dachte.

Der Roman wirkt dadurch ein wenig eindimensional, weil man sich eben wirklich nur auf den Erzähler verlassen bzw berufen kann. Da das aber ein bewusstes Stilmittel ist, möchte ich das nicht kritisieren.

Ich habe die Befürchtung, dass Fus zusammen mit seinen Freunden bei der Aktion, die zu seiner Verletzung führte, ein wirklich schweres Verbrechen begangen hat. Einen Mord an einem Migranten zb... Ich denke, der letzte Abschnitt wird alles aufklären und lese gespannt weiter.
 

Literaturhexle

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2. April 2017
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Fus achtet auch darauf, dass sein Bruder richtig gekleidet ist, um bei den Kommilitonen nicht als Bauer anzukommen.
So habe ich das auch interpretiert und fand es rührend. Fus weiß besser als der Vater, worauf es ankommt.
Dass Jérémy quasi die Stelle des 2. Sohnes einnimmt, dürfte für Fus unerträglich sein.
Auch ich fand das unerträglich! Anstatt sich mit Fus auseinanderzusetzen, versucht er ihn durch Schweigen und Eifersucht in die Knie zu zwingen.
Da gebe ich dir vollkommen Recht. Ich denke, vieles in dieser Familie wäre besser gelaufen, wenn der Vater versucht hätte mehr Kontakt aufrecht zu erhalten.
Ja. Aber er kann es irgendwie nicht. Er ist kein großer Redner und völlig überfordert.
Mir reicht das als Erklärung. Wahrscheinlich fühlt sich Jeremy hier angenommen, auch mit seinen Vorstellungen, daheim nicht
Genau. Ich bin es auch zufrieden.
dass der Erzähler, ohnehin überfordert von dem Leben als alleinerziehender Witwer, die Kurve nicht schafft, das Thema auch nur ein einziges Mal richtig anzusprechen.
Ganz deiner Meinung.
Ich dachte, er wäre auf dieser Technischen Hochschule, aber plötzlich bezieht er ein Lehrlingsgehalt.
Hier habe ich auch gestockt. Oder war von einer dualen Ausbildung die Rede? Ich erinnere mich aber nicht.
 

Barbara62

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Der Roman wirkt dadurch ein wenig eindimensional, weil man sich eben wirklich nur auf den Erzähler verlassen bzw berufen kann. Da das aber ein bewusstes Stilmittel ist, möchte ich das nicht kritisieren.
Seit so wage eine Alkoholsucht des Vaters im Raum steht, bin ich mir nicht mehr sicher, inwieweit wir ihm vertrauen können. Überhaupt... die Ich-Erzähler...
 

GAIA

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27. Dezember 2021
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Andererseits gehört ja Fus anscheinend nicht zu dieser Gruppe, sondern eher zur Gruppe der Geleckten und Höflichen. Ich hätte ihn geistig nicht so schlicht eingeschätzt, dass er den Widerspruch nicht bemerkt.
Da wird ja auch häufig das Argument rangezogen, das seien „die guten Ausländer“. Denn wie alle guten Rechten/Rassisten/Nazis wissen: es gibt immer von allen gehassten Gruppen auch die einzelnen „guten“ Mitglieder. So wie Alice Weidel die „Vorzeigehomosexuelle“ der AfD ist, und und und... da kommt man nicht mehr mit.
 

Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Das stelle ich mir auch nicht schön vor für ihn. Man hat das Gefühl, die drei verstehen sich, sind auf einer Ebene und Fus steht blöd daneben.
Bei dieser Konstellation kam mir direkt in den Sinn, dass Fus so erst Recht nicht zu Verstand kommen wird. Seine eigene Familie steht ihm nicht mehr zur Verfügung, also wendet er sich wahrscheinlich noch stärker der neuen zu. Damit erreicht der Vater in meinen Augen das genaue Gegenteil
 

Sassenach123

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Mich auch. Als Mutter frage ich mich natürlich, wie ich reagiert hätte, und wo der Vater eventuell anders hätte handeln müssen.
Es geht mir allerdings wie bei "Über Menschen": Der Roman ist eine tolle Diskussionsgrundlage, politisch topaktuell, interessant zu lesen, aber keine große Literatur. Beide Bücher werden in meinen Augen keinen Bestand auf Dauer haben, aber das muss ja auch nicht sein.

Ich denke auch, dass es schwer zu sagen ist, wie man reagieren würde, wenn es tatsächlich so wäre. Ich persönlich finde es allerdings nicht gut, dass der Vater hier nicht stärker Stellung bezieht.
 

Sassenach123

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Gillou hält zu Fus, komme was wolle. Manchmal frage ich mich, ob er jemals mit seinem Bruder über dieses Thema gesprochen hat. Es ist zwar nicht ungewöhnlich, dass die jüngeren zu den älteren aufblicken, allerdings ist Gilou mittlerweile in einem Alter wo sich dies doch ändern sollte. Hinterfragt er wirklich nichts, oder ist er ein bedingungsloser Gutmensch, der in allem immer noch etwas positives sehen kann?
 

Sassenach123

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Wäre Fus' Entwicklung anders verlaufen, wenn die Mutti nicht gestorben wäre? Wer weiß das schon. Auf jeden Fall würde der Ich-Erzähler nicht so allein dastehen.
Das habe ich mich auch gefragt. Ich denke, der Einfluss kam von außen, auch mit der Mutter wäre Fus wahrscheinlich mit diesen Leuten in Kontakt gekommen und hätte sich beeinflussen lassen.
 

Kristall86

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22. März 2021
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An der Nordseeküste
Mich bedrückt der Roman, vor allem, weil der Vater so machtlos scheint. Eigentlich will er für seine Kinder das Beste, findet aber nicht die richtigen Mittel - oder Worte. Wäre Fus' Entwicklung anders verlaufen, wenn die Mutti nicht gestorben wäre? Wer weiß das schon. Auf jeden Fall würde der Ich-Erzähler nicht so allein dastehen.

Hat jemand von euch begriffen, was für eine Lehre Fus eigentlich macht? Ich dachte, er wäre auf dieser Technischen Hochschule, aber plötzlich bezieht er ein Lehrlingsgehalt. Entweder habe ich das überlesen, oder der Vater erzählt noch lückenhafter als ich dachte.

Der Roman wirkt dadurch ein wenig eindimensional, weil man sich eben wirklich nur auf den Erzähler verlassen bzw berufen kann. Da das aber ein bewusstes Stilmittel ist, möchte ich das nicht kritisieren.

Ich habe die Befürchtung, dass Fus zusammen mit seinen Freunden bei der Aktion, die zu seiner Verletzung führte, ein wirklich schweres Verbrechen begangen hat. Einen Mord an einem Migranten zb... Ich denke, der letzte Abschnitt wird alles aufklären und lese gespannt weiter.
Ja, der Roman ist bedrückend, da gebe ich Dir recht. Ohne die Mutti ist er irgendwie nur ein halber Mensch und steht nun mit allem alleine da.

Ich muss gestehen, dass das mit der Lehre für mich nicht so von Bedeutung war wie wohl bei Dir. Ich fand es nur interessant, dass er eine Ausbildung begonnen hatte obwohl das Kartenhaus ja langsam zu zerbrechen droht(e). Irgendwie will er ja und dann doch wieder nicht. Auch was die "Aktion" angeht war es für mich nicht relevant WAS er gemacht hat, denn klar und Fakt ist, "normal" war das nicht. Ich sah den Fokus eher darin wie er immer mehr in den braunen Sumpf abtauchte und wie er darin gefangen wurde. Er tut Dinge, die nicht recht zu ihm passen. Der "anständige" Junge bricht aus und es wird ein Unglück geschehen - das vermutet man und es ist auch so eingetreten. Welches Unglück ist völlig egal - schlimm genug nur das er daran beteiligt war....von den Folgen ganz zu schweigen...
 

Barbara62

Bekanntes Mitglied
19. März 2020
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Baden-Württemberg
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Ich glaube, die Bindung ist zwischen den Brüdern so stark, dass er in Fus immer noch den hilfsbereiten guten Jungen sieht. Zu ihm verhält er sich ja nach wie vor freundschaftlich.
Stimmt, Fus hat ihn immer unterstützt. Ohne ihn wäre er nicht in Paris, sondern "nur" in Metz gelandet. Und nach dem Tod der Mutter war er für ihn da. Das bleibt.