2. Leseabschnitt: Kapitel 8 bis 15 (Seite 75 bis 150)

luisa_loves-literature

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9. Januar 2022
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Andrew plagte ein dumpfer, warmer Kopfschmerz. Er war, wie er zu seiner eigenen Überraschung feststellte, irgendwie gelangweilt. Es war seltsam befreiend, dieses Gefühl. (S. 114)
Als ich die Stelle erreicht hatte, dachte ich: ja, genauso ergeht es mir mit diesem Roman. Ich finde ihn unfassbar zerfasert, suche immer wieder nach einem Fluss im Erzählen, nach etwas, was mich reizt weiterzulesen (eine lange Zeugenliste mit Adressangaben gehört nicht dazu, ebensowenig wie die Lobhudelei anläßlich Greens Tod aus verschiedenen Mündern). Ich gebe es ungern zu, aber als ich an dem Satz angelangt war, war ich drauf und dran aufzugeben. Ich habe in der Tat noch nie ein Buch abgebrochen, aber hier plätschert es doch sehr sprunghaft durch die Weltgeschichte, dazu noch diese Distanziertheit....

Aber tatsächlich: im weiteren Verlauf des zweiten Leseabschnitts konnte ich zumindest in Bezug auf die Anwalts-Episode und Andrews und Samuels Beziehung wieder ein sehr mildes Interesse aufbringen. Insgesamt aber werden "Der große Fehler" und ich vermutlich keine Freunde fürs Leben.
Ist es die episodenhafte Erzählweise?
Bei mir auf jeden Fall. Hinzu kommt noch, dass einige Episoden dann ja auch wieder ins Anekdotenhafte abgleiten, sodass man immer wieder das Gefühl von Irrelevanz hat - und genau wie du stelle ich mir dann immer die Frage: Muss ich das jetzt wissen oder ist das einfach nur wieder weitschweifig? Bei einem 1000 Seiten Roman könnte ich über solche Exkurse noch hinwegkommen (Bei Hanya Yanagiharas "Zum Paradies" gab es auch solche Momente), aber hier ist es schon sehr seltsam, denn der Roman hat ja durch seine doch recht begrenzte Seitenzahl nicht so viel Zeit um auf den Punkt zu kommen.
"Wenn der Weg breit genug war, ging Andrew neben Samuel, wurde er zu schmal, hinter ihm." (S. 119)
Der Satz ist mir tatsächlich auch aufgefallen und er hat mir sehr gefallen.
Ich lese diesen Text ziemlich emotionslos, ermüde schnell (was nicht für die Handlung spricht;)).
Das geht mir genauso. Ich schaue immer vorher, wie lang das Kapitel ist...Falls es wieder so eines ist, das sich zieht ;)
Macht das das Lesen so anstrengend, diese Distanz?
Für mich ja. Ich finde Distanziertheit als Mittel grundsätzlich gut, aber hier frage ich mich, ob es nicht entweder überreizt oder ungeeignet ist.
 

Literaturhexle

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Ich finde Distanziertheit als Mittel grundsätzlich gut, aber hier frage ich mich, ob es nicht entweder überreizt oder ungeeignet ist.
Hier kommt einfach zuviel zusammen. Eine distanziert erzählte Geschichte kann ungemein reizvoll sein. Hier aber kommen die mäandernden Episoden dazu, so dass man sich sehr konzentrieren muss, um den roten Faden und damit das Wesentliche zu erfassen. Man will etwas über den Protagonisten erfahren und wird mit Belanglosigkeiten und Anekdoten (das trifft es) gefüttert. Halte durch! Den dritten Abschnitt habe ich als recht erquicklich empfunden;)