2. Leseabschnitt: Kapitel 7 bis 14 (S. 91 bis 187)

Wandablue

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18. September 2019
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Brandenburg
@Barbara62 : Unzufriedenheit... ja, das kommt vor. Ist aber was anderes als scheußliche Haare. Der, der Locken hat, will glatte Haare, die Glatthaarler möchten Locken (ich z.B.) - die blonden sind froh übers Blonde, die braunen wollen blond sein, etc. etc. Na ja gut, aber mit einer Perücke kann man sich toll verwandeln. Ich find Perücken ja eklig.
 
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RuLeka

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30. Januar 2018
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Die Abschnitte mit dem Heiratsvermittler haben mir besonders gut gefallen. Dieses Um-Den-Brei-Herumreden ist einfach herrlich! Ein Zugezogener würde diesen Tanz mit Worten nie erlernen können, damit muss man aufwachsen.
Das ist wunderbar. Aber man versteht sich.
Und siehe da, der Wälzer macht es ebenso. Es scheint also nicht dem Platzsparen zu dienen, sondern ist eine Eigenheit des Autors. Ich finde es übrigens ganz witzig, es zwingt zur Aufmerksamkeit. ;)
Ich habe auch mal meine alte Ausgabe ( Bertelsmann) angeschaut und es ist genauso. Mich stört es auch nicht. Die Handlung läuft ja irgendwie parallel ab.
Mir gefällt die Diogenes- Ausgabe sehr gut, wollte die unbedingt. Meine alte Ausgabe bekommt mein Bruder.
 

Anjuta

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8. Januar 2016
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Die manipulative Macht des Wortes. zu diesem Thema liefert uns der 2. LA gleich zwei Beispiele. Erst wird Jankis Geschäft durch einen Artikel an den Rand des Ruins gebracht. Dabei spielt die Manipulationsabsicht des Artikels mit der simplen Logik, dass die Leser so gern hören und lesen, dass es einen Schuldigen/Schuldige gibt. Und wieder einmal trifft es die Juden, die am Unglück der Gesellschaft schuld sein sollen. Dann aber setzt Pinchas einen anderen Artikel dagegen, der mit Schläue und Geschick das Denken der Menschen/Leser in eine andere Richtung lenkt. Und rettet damit Janki das Geschäft!
Weiter interessant ist in diesem LA die steigende Gewissheit, dass hier falsche Beziehungen geknüpft werden. Wir wussten doch schon lange, dass Chanele die Frau ist, die Janki braucht, genauso wie wir schon lange wussten, dass Pinchas der Richtige für Mimi ist. Und am Ende kommt es dann zum Glück auch so. Wäre fast schief gegangen! Eine Verlobung lösen in diesem gesellschaftlichen Kontext - sicher, keine Kleinigkeit.
Die Stelle, die mir in diesem Teil aber am besten gefallen hat, ist, als Chanele träumt, den toten Onkel Melnitz neben sich im Bett zu haben, der sie versucht, auf den "Pfad der Tugend" zu führen, und sie sich dann gerade wegen dieser Moralpredigt genau für das Gegenteil entscheidet. Ein permanentes Lächeln in meinem Gesicht begleitete meine Lektüre dieses so besonderen Abschnitts.
Weiterhin ist das Buch reich an Bildern und Situationen, die mir die Zeit und Gesellschaft des Romans sehr nahe bringen! Ich mache mal einfach weiter!
 

Literaturhexle

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2. April 2017
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Ein permanentes Lächeln in meinem Gesicht begleitete meine Lektüre dieses so besonderen Abschnitts.
Dieser spitzbübische, zum Teil subtile Humor ist auch etwas, das den Roman besonders macht.
Auf der einen Seite sieht man immer wieder die Vorurteile, Nadelstiche und offenen Repressalien, denen die Juden ausgesetzt sind. Auf der anderen sind sie gewitzt und klug (hier insbesondere Pinchas), womit sie mancher Attacke den Stachel nehmen können.
Auch habe ich den Eindruck, dass sie sich schon sehr daran gewöhnt haben und das alles nicht so ernst nehmen. Ein Fall von isso.
Chanele war recht blauäugig in das Geschäft des Barbiers marschiert, musste sich in den Witzen verhöhnen lassen. Doch auch auf dem kleinen Raum gab es verschiedene Meinungen. Dass die Gattin des Meisters die Ungerechtigkeit ihres Mannes versucht wettzumachen, hat etwas Versöhnliches.
Schade, dass Chanele so einen unklaren Status in der Familie hat. Salomon ist durchaus berechnend: Sie gehöre ja zur Familie, deshalb hat man ihr nie einen Lohn gezahlt...
Auf der anderen Seite soll sie sie gesparte Mitgift bekommen.

Es gefällt mir, dass auch die jüdische Familie mit allen Sonn- und Schattenseiten gezeichnet wird. Sie bekommt dadurch etwas völlig Normales, was die Ungerechtigkeit seitens der Gesellschaft nur umso deutlicher zu Tage treten lässt.

Nebenbei lasse ich mir von Lewinsky nun auch vorlesen. Er liest auch, ohne "Absätze". Insofern stimme ich mit Barbaras Recherche überein: es ist so gewollt, stört mich aber gar nicht.
 

RuLeka

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30. Januar 2018
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Es gefällt mir, dass auch die jüdische Familie mit allen Sonn- und Schattenseiten gezeichnet wird. Sie bekommt dadurch etwas völlig Normales, was die Ungerechtigkeit seitens der Gesellschaft nur umso deutlicher zu Tage treten lässt.
Ja, es ist keine Schwarz- Weiß- Malerei, so von hier die guten Juden und da die bösen Gojim. Lewinsky zeichnet alle Figuren mit einem gewissen Augenzwinkern, wobei er schon klarmacht, welchen Vorurteilen Juden ausgesetzt waren.
Dass die Gattin des Meisters die Ungerechtigkeit ihres Mannes versucht wettzumachen, hat etwas Versöhnliches.
Ihr war das Verhalten ihres Mannes wahrscheinlich peinlich, der sich mit seinen billigen Witzchen auf Kosten der jungen Frau bei seinen Kunden anbiedert. Und sie scheint seinen Antisemitismus nicht zu teilen. Traut sich zwar nicht, offen dagegen vorzugehen, aber geht Chanele nach, um ihr behilflich zu sein.
 

Renie

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Ja, es ist keine Schwarz- Weiß- Malerei, so von hier die guten Juden und da die bösen Gojim. Lewinsky zeichnet alle Figuren mit einem gewissen Augenzwinkern, wobei er schon klarmacht, welchen Vorurteilen Juden ausgesetzt waren.

Ihr war das Verhalten ihres Mannes wahrscheinlich peinlich, der sich mit seinen billigen Witzchen auf Kosten der jungen Frau bei seinen Kunden anbiedert. Und sie scheint seinen Antisemitismus nicht zu teilen. Traut sich zwar nicht, offen dagegen vorzugehen, aber geht Chanele nach, um ihr behilflich zu sein.
Bei ihr ist der Gedanke "Wir Frauen müssen zusammenhalten" vermutlich stärker ausgeprägt als eine Abneigung gegen Juden. Und indem sie Chanele hinterhergeht und ihr heimlich die Pinzette zusteckt, läuft sie auch nicht Gefahr, dass der Friseurladen als "Judenfreundlich" abgestempelt wird, was schließlich geschäftsschädigend wäre.
 

kingofmusic

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Was hat es eigentlich mit dem "roten Moische" auf sich? Der kam schon ein paar Mal vor, aber ich habe nichts zufriedenstellendes dazu entdecken können...
 
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Bei ihr ist der Gedanke "Wir Frauen müssen zusammenhalten" vermutlich stärker ausgeprägt als eine Abneigung gegen Juden. Und indem sie Chanele hinterhergeht und ihr heimlich die Pinzette zusteckt, läuft sie auch nicht Gefahr, dass der Friseurladen als "Judenfreundlich" abgestempelt wird, was schließlich geschäftsschädigend wäre.
Sie verfügt einfach über eine gesunde Empathie. Sie erkennt Chaneles Not, kann sich in sie einfühlen und will helfen. In diesem Moment ist ihr das wichtiger als ihr Geschäft. Es ist ihr vermutlich schlicht egal, dass Chanele Jüdin ist. Überhaupt: Wissen wir sicher, dass sie Jüdin ist? Aber vermutlich hätte Salomon kein nicht-jüdisches Kind mitgenommen.
 

Xirxe

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19. Februar 2017
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Mich hat bspw. der Begriff "Lutetia" irritiert und musste nachlesen, dass dies der Name des antiken Paris ist.
Du hast einfach zu wenig Asterix und Obelix gelesen ;)
als Chanele träumt, den toten Onkel Melnitz neben sich im Bett zu haben, der sie versucht, auf den "Pfad der Tugend" zu führen,
Oh, das habe ich genau andersherum verstanden. Für mich waren seine Aussagen und sein Handeln ganz klar provozierend und ironisch gemeint, er wollte sie dazu bringen, genau das Gegenteil zu machen. Hach ja, solche Leserunden sind immer wieder klasse um festzustellen, wie unterschiedlich man Dinge versteht.

Ich stelle fest, es hat auch seine Vorteile, wenn man hinterherhinkt (nicht nur bei Janki ;)). Alles Schlaue und Kluge ist schon geschrieben worden, jetzt muss ich nur noch meinen Senf dazu geben :) Mein bisheriges Fazit ist wirklich völlige Begeisterung, ein klares *****-Buch. Wie immer wieder Erwartungen unterlaufen wären, grauenvolle Begebenheiten auf lustige Szenen und umgekehrt folgen, dazu die Sprache - einfach klasse!
Wie @Renie habe ich auch mehrmals laut lachen müssen, wobei mein Herzallerliebster dann meinte: Das muss ja ein tolles Buch sein, so laut lachen habe ich Dich beim Lesen schon lange nicht mehr gehört - was leider stimmt.
 

Emswashed

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Was hat es eigentlich mit dem "roten Moische" auf sich? Der kam schon ein paar Mal vor, aber ich habe nichts zufriedenstellendes dazu entdecken können...

Der rote Moische ist wahrscheinlich ein Händler in Endingen... so habe ich das zumindest verstanden. Es ist wahrscheinlich sein Spitzname (siehe auch die Bedeutung der Farbe Rot im Judentum).
Ich müsste nochmal den ersten Leseabschnitt lesen, um zu schauen, ob er da schon erwähnt wird und was er macht.
 
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ulrikerabe

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Übrigens Haare, es ist zum Haareraufen, dass ich nichts voran bringe. Und es wird Buch und Autor nicht gerecht, dass ich hier wie eine Schnecke krieche.

Hier zeigt Lewinsky wieder einmal, wie sich Geschichten auf die Geschichte auswirken kann. Wir haben ja später im Stotterer und im Halbbart einiges an Spielarten dazu lesen können.

Ich fand Pinchas genial, wie er die Schmähschrift unwirksam machte und einfach eine Geschichte erfand. Alles aus Liebe zu Mimi, die so schön ist wie eine Herde Ziegen. ein Kompliment, das frau sich wahrscheinlich mehrfach durch den Kopf gehen lassen muss. :)

Onkel Melnitz, der Wiedergänger, kommt immer zum rechten Zeitpunkt.

Ich lese das Buch wirklich gerne, schließe mich aber der Vorschreiberin an. Ein paar Absätze und eine etwas größere Schrift wären auch mein frommer Wunsch.
 

ulrikerabe

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Der rote Moische ist wahrscheinlich ein Händler in Endingen... so habe ich das zumindest verstanden. Es ist wahrscheinlich sein Spitzname (siehe auch die Bedeutung der Farbe Rot im Judentum).
Ich müsste nochmal den ersten Leseabschnitt lesen, um zu schauen, ob er da schon erwähnt wird und was er macht.
vordergründig bezieht sich das rot wohl auf seine Haare

S. 169....um sich an den Haaren zu kratzen. Sie waren nicht mehr ganz so rot, wie sie es in seiner Jugend wohl gewesen waren

Moses hat doch das rote Meer geteilt, ich denke hier kann man viel interpretieren.
 

Renie

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Übrigens Haare, es ist zum Haareraufen, dass ich nichts voran bringe. Und es wird Buch und Autor nicht gerecht, dass ich hier wie eine Schnecke krieche.
Geduld und hetz dich nicht. Ich glaube, keiner von uns hat trotz der bekannten Seitenzahl mit diesem Volumen und Zeitaufwand gerechnet, was sicherlich der Schriftgröße geschuldet ist. Aber der Roman ist einfach großartig, und es passiert soviel. Genieße also, diese Leserunde wird sich noch einige Zeit hinziehen.
 

Renie

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Hoheslied 4.1 Siehe, meine Freundin, du bist schön! Siehe, schön bist du! Deine Augen sind wie Tauben hinter deinem Schleier. Dein Haar ist wie eine Herde Ziegen, die herabsteigen vom Gebirge Gilead.

Mit dem Bild kann ich schon was anfangen.
Das gibt es ja nicht. Ich dachte, der Pinchas wäre einfach nur unbeholfen bei der Auswahl seiner Komplimente. Dabei ist er "nur" bibelfest. Seine Angebetete aber leider nicht. ;)
 
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ulrikerabe

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Wisst ihr eigentlich, ob es in unserr Diogenes Ausgabe auch textliche Aktualisierungen vom Autor zum Roman gibt, oder ob einfach nur das Nachwort neu ist?

Nagel und Kimche hat damals das Buch jedenfalls augenfreundlicher herausgebracht und trotzdem "nur" 770 Seiten gebraucht.
 

Xirxe

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Nagel und Kimche hat damals das Buch jedenfalls augenfreundlicher herausgebracht und trotzdem "nur" 770 Seiten gebraucht.
Das Buch von Nagel und Kimche ist deutlich größer: 15,4 x 4,7 x 22,4 im Gegensatz zu 12,6 x 4,2 x 18,5 von Diogenes. Vielleicht erklärt das die geringere Seitenanzahl.
 

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