2. Leseabschnitt: Kapitel 7 bis 13 (Seite 70 bis 138)

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Mir gefallen manche Formulierungen, die so ganz ruhig eingestreut werden:
Das Zitat Seite 118, mit den Nutzpflanzen, gefällt auch mir sehr. Auch schon die Sätze zuvor

."Nein, ich möchte ja auch eine gerechte Gesellschaft. Aber es wird sie nie geben, vor allem, wenn man versucht, sie mit Gewalt durchzusetzen." (Seite 118)
 

Die Häsin

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Will er uns eigentlich hochnehmen, der gute Lukas Hartmann? Am Anfang - soweit ich sehen kann, am Tage nach Sabinas Ankunft - ist die Rede vom Märzhimmel (S. 31), wenige Stunden später ist es Ende April (S.33), dann - wohl etwas über fünf Monate später (S.104 unten) ist es draußen "angenehm warm", wärmer als drinnen! (S.103), aber "noch kühl", da gerade erst Ende März (S.106) und sie ist ja Ende August in die Klinik gekommen (S.107), was rein rechnerisch bedeutet, dass es jetzt Januar oder Februar sein müsste. Da darf man gespannt sein, was uns noch angeboten wird. Wir haben übrigens die ganze Zeit dasselbe Jahr, nämlich 1905.

ps. Und jetzt, nachdem wieder offenbar einige Zeit verstrichen ist, denn Sabinas Therapie ist nunmehr abgeschlossen, "zeigt sich der Frühling überall" (S.124), Sabina nimmt an medizinischen Konsultationen teil, schließt Freundschaften und fährt mit ihrer Freundin in Urlaub am 1. August (S.127) und wir haben, steht auf S. 131, immer noch 1905.
Das kann keine Schlamperei mehr sein, das ist Zauberberg.
 
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Literaturhexle

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Da darf man gespannt sein, was uns noch angeboten wird.
Sowas rechne ich doch nie nach :apenosee
Aber Luisa hat den Finger weiter vorn schon in die Wunde gelegt und vermutet, dass damit Sabinas Unzuverlässigkeit gezeigt werden soll. Oder der Autor war einfach schlampig - wozu sein Name eigentlich zu groß ist...
 

luisa_loves-literature

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Der Abschnitt, der von Fritz handelt, hat sich für mich doch etwas gezogen. Zu viele biografische Daten wurden eingearbeitet, die mich in dieser Detailgenauigkeit nicht interessieren.
Das ging mir auch so - das Gesamtbild hätte sicherlich auch mit einer geringeren politischen Detailfülle erzeugt werden können. Ich bin ja eh kein Freund von zu viel Info auf einmal und habe mich vor Kurzem mit einer Autorin historischer Romane über die "Kunst des eleganten Kontexts" und den sogenannten "Infodump" ausgetauscht. Es ist wohl sehr schwierig, das ganze Wissen, das man sich erarbeitet hat, nur dosiert an den Leser zu bringen, aber manche Autoren können es sehr gut - andere vergessen darüber die Funktion der Infos - was hier jedoch nicht der Fall ist.
Ich hatte schon Sorge, dass sie doch wieder einknicken würde, als ihre Mutter ihr beinahe befiehlt, ihren Bruder Isaak aufzunehmen, ausgerechnet Isaak, den Bruder, der sie in der Kindheit am meisten geärgert hatte und den sie nicht ausstehen kann. Zum Glück lässt sie sich von ihrer Mutter nicht mehr manipulieren und nicht mehr in das enge Netz dieser Familie zwingen.
Das Kapitel fand ich sehr gut. Die erdrückende Dominanz der Mutter, ihr Ansinnen, Sabina wieder gefügig zu machen und zu erziehen, wurden richtig gut und fast spürbar dargestellt. Ich zumindest habe mich zusammen mit Sabina sehr eingeengt gefühlt.
Will er uns eigentlich hochnehmen, der gute Lukas Hartmann? Am Anfang - soweit ich sehen kann, am Tage nach Sabinas Ankunft - ist die Rede vom Märzhimmel (S. 31), wenige Stunden später ist es Ende April (S.33), dann - wohl etwas über fünf Monate später (S.104 unten) ist es draußen "angenehm warm", wärmer als drinnen! (S.103), aber "noch kühl", da gerade erst Ende März (S.106) und sie ist ja Ende August in die Klinik gekommen (S.107), was rein rechnerisch bedeutet, dass es jetzt Januar oder Februar sein müsste. Da darf man gespannt sein, was uns noch angeboten wird. Wir haben übrigens die ganze Zeit dasselbe Jahr, nämlich 1905.

ps. Und jetzt, nachdem wieder offenbar einige Zeit verstrichen ist, denn Sabinas Therapie ist nunmehr abgeschlossen, "zeigt sich der Frühling überall" (S.124), Sabina nimmt an medizinischen Konsultationen teil, schließt Freundschaften und fährt mit ihrer Freundin in Urlaub am 1. August (S.127) und wir haben, steht auf S. 131, immer noch 1905.
Das kann keine Schlamperei mehr sein, das ist Zauberberg.
DANKE!!!!! Mir ist das ja bereits im ersten LA schon aufgefallen, aber hier Luft zeitlich tatsächlich ALLES aus dem Ruder. Jetzt die Frage: hat Sabina kein Zeitgefühl (ist also doch in ihrer Wahrnehmung gestört) oder ist es Hartmann egal?
Aber genau das ist es: Einweisung im August 1905, innerhalb eines Tages März und April 1905 und dann ist die Therapie abgeschlossen und es ist immer noch 1905???
 

luisa_loves-literature

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Ich lese die Sabina-Teile sehr gern - auch wenn mich die Zeitangaben immer wieder aushebeln. Ich möchte gerne eine Funktion erkennen, bin mir aber angesichts auch sonstiger "Ungereimtheiten" - ich erinnere an den Geheimnis-Widerspruch - nicht ganz sicher. Auch in diesem Abschnitt findet sich wieder eine interessante Dopplung:

"Sie durfte sich nun in der kleinen Bibliothek aufhalten und sich dort, sogar ohne Aufsicht, mit anderen schon fast als gesund geltenden Patientinnen unterhalten, meist waren es Frauen um die zwanzig herum. Eine dieser Frauen fiel Sabina besonders auf. Sie hieß Louise" (S. 122)

Also: Sabina trifft Louise in der Bibliothek.

Auf S. 126 dann der informationstechnisch völlig redundante Satz: "Louise war noch nicht so weit, aber sie durfte sich schon mit anderen in der kleinen Bibliothek aufhalten."

Da bekomme ich beim Lesen ein Déjà-vu oder wahlweise Zweifel an meinem Verstand. :rofl
 

Die Häsin

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Wenn ich solche widersprüchlichen Infos aufnehmen muss, beginne ich mit erhöhter Aufmerksamkeit zu lesen, auch zwischen den Zeilen. Und betr. Louise frage ich mich deshalb, ob sie vielleicht vergewaltigt wurde. Sabina "erfindet" den Traum von einem Pferd, einem Rappen, der sie "mit lautem Schnaufen" beängstigt, auf dem sie aber trotzdem sitzen möchte (S. 109) - eindeutig eine sexuelle Phantasie, dazu braucht man keinen Freud. Und wenig später heißt es von Louise, sie sei bei einer Besorgung "unter ein Pferd" geraten (S. 122). Ist das eine Andeutung, die die Leserin in eine bestimmte Richtung interpretieren soll?
 

Literaturhexle

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Ich bin entzückt von eurer Detailliebe. Also ganz ehrlich. Orte und Zeiten stehen bei mir untergeordnet. Ich nehme sie als gegeben hin, sie sind mir nicht so wichtig.
Die Hosenschöße mussten vom Kontext her weiter unten angesiedelt sein. Nehme ich auch hin. (Ich dumpfe Leserin, ich;)!)

Das mit dem Rappen ist eine spannende Entdeckung!!! Damals hätte doch niemand von einer Vergewaltigung gesprochen. Das ziemte sich nicht. Die Frauen mussten damit klar kommen, es vielleicht verklausulieren...
Toll beobachtet. Ich würde zustimmen!
 

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Sowas rechne ich doch nie nach
Mir ist es auch nicht aufgefallen, jetzt aber habe ich bewusst nachgelesen und sowohl in Wiki, als auch im histor. Lexikon der Schweiz ist zu lesen, dass sie 1904 in die Klinik Burghölzli eingewiesen wurde, ihr Medizinstudium war dann 1905 bis 1911. Stünde am Beginn des Buches Die Ankunft 1904, wären die Angaben der nachfolgenden Monate im Jahr 1905 etwas schlüssiger. Bewusst? - ich halte es für einen einfachen Fehler.
 

luisa_loves-literature

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Ansonsten, gerade in den Sabina-Teilen, sehr schöne, recht gut zu erkennende Interpretationsmöglichkeiten, die sich vor allem auf Sabinas Weg beziehen.

"Bei einem dieser Gänge kamen sie weiter als sonst." (S. 116) und das ist dann der Spaziergang, bei dem sie auf die Kommunisten um Platten treffen, politisch diskutieren und Jung kurzzeitig die Contenance verliert.

Oder auch der nicht ungefährliche Weg auf S. 128, den Sabina und Louise im Urlaub wandern, auf dem Sabina ins Schwanken gerät. Wenn dann der Satz wie dieser kommt: "Sie trugen ungeeignete Schuhe mit schlechter Schnürung, das wussten sie und gingen deshalb vorsichtig." (S. 128) dann liest sich das wie ein Blick auf die Zukunft, die jungen Frauen wissen, dass sie für ihre Ziele nicht gut gerüstet sind und dass es langsam voran gehen wird.

(Mein Beitrag ist jetzt etwas aus dem Zusammenhang, weil ihr schon so viel weitergedacht habt - aber ich hatte ein langes Telefonat ;))
 

luisa_loves-literature

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Die Ankunft 1904, wären die Angaben der nachfolgenden Monate im Jahr 1905 etwas schlüssiger. Bewusst? - ich halte es für einen einfachen Fehler.
Das wäre plausibel, aber dass es trotzdem innerhalb eines Tages März und April wird, bleibt seltsam...oder ein weiterer Fehler.
 

Emswashed

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Nun, der 31. März dauert auch nur 24 Stunden, dann ist es schon April...;)

Ich denke der Fehler liegt in den Überschriften, da bräuchte man nur die Jahreszahlen ändern.

Es ist schon ein starkes Stück, dass die Mutter versucht Sabinas Bruder bei ihr einzuquartieren. Es zeugt von ihrem völligen Unverständnis, warum es mit Sabina so eskaliert ist. Sie waren mit ihr überfordert, haben sie abgeschoben und wollen jetzt ihr nächstes Problem auf "denselben Haufen" schieben.
 

Die Häsin

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Nun, der 31. März dauert auch nur 24 Stunden, dann ist es schon April...;)
Da sollte aber eine Nacht dazwischen liegen, denke ich.
Sabina befindet sich im Gespräch mit Jung (draußen ist "Märzhimmel", S.31) bis halb eins (S. 32). Dann bekommt sie eine Kanne Tee mit Gebäck und danach darf sie auf Nachfragen eine Stunde draußen spazierengehen. "Es war ja Ende April" (S.33). Ende wohlgemerkt!

Ich will das auch nicht überbewerten, normal bin ich bei sowas nicht pingelig und über vieles lese ich auch einfach drüber. Aber wenn so viel zusammenkommt, wie ich es oben aufgezählt habe, macht das halt stutzig.
 

Emswashed

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Ich will das auch nicht überbewerten, normal bin ich bei sowas nicht pingelig und über vieles lese ich auch einfach drüber. Aber wenn so viel zusammenkommt, wie ich es oben aufgezählt habe, macht das halt stutzig.
Du hast ja recht und hier fehlt eindeutig das kompetente Lektorat. Der schriftstellerische Künstler war vermutlich ganz in seiner Blase und hat diese "Kleinigkeiten" nicht wahrgenommen.
 
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Die Häsin

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11. Dezember 2019
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Du hast ja recht und hier fehlt eindeutig das kompetente Lektorat. Der schriftstellerische Künstler war vermutlich ganz in seiner Blase und hat diese "Kleinigkeiten" nicht wahrgenommen.
Nur am Rande - das ist eine der schwierigsten Sachen beim Schreiben, finde ich. Ich habe selbst an einem längeren Text gearbeitet, den ich mir in großen Zeitabständen immer wieder mal vornehme. Da häufen sich manchmal Widersprüche, ohne dass man es merkt. Einmal war der Onkel drei Wochen im Krankenhaus, dann kam er nach zwei Wochen aus der Klinik in Pflege. Ein Briefumschlag, der beim Unfall durch das ganze Auto flog, wird ein paar Seiten später aus dem Handschuhfach des Unfallwagens geholt. Und das Schimmste: man merkt es nicht, nicht mal unbedingt, wenn man den Text zwischendurch wochenlang weglegt - die eigenen Fehler übersieht man mit wahrer Wonne. Da hilft eigentlich nur ein Gegenleser, der sehr, sehr genau hinguckt.
 

Literaturhexle

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2. April 2017
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Da hilft eigentlich nur ein Gegenleser, der sehr, sehr genau hinguckt.
Das glaube ich aufs Wort. Weil man ja nicht nur seinen Text mehrfach liest, sondern ihn im Kopf auch hin- und her schwenkt. Dann liest man manche Passage nicht mehr mit der nötigen Konzentration, weil man ja eigentlich weiß, was da steht...

Lukas Hartmann ist in der Schweiz ein großer Name. Ob sich der Lektor da zurückhält und das Werk von vorne herein eher durchwinkt? Ich bin ja noch nicht ganz von Luisas Erklärung abgerückt, dass Sabina als unzuverlässige Erzählerin die Daten durchmischt - aber Sinn macht das eigentlich nicht.