Ich bin jetzt auch in dem Roman angekommen und er hat mich gepackt.
Jeder Handlungsstrang hat Potenzial für einen eigenen Roman. Insofern hat sich die Autorin viel vorgenommen, als sie daraus ein Gesamtwerk machen wollte. Und bis jetzt gelingt es ihr ganz gut. Langsam scheinen die Handlungsstränge auch zusammenzukommen. Zumindest sind sowohl Herta als auch Kasia in Ravensbrück eingetroffen. So ganz kann ich mir noch nicht vorstellen, wie Caroline in dieses Romankonstrukt hineinpasst. Ich bin gespannt.
Caroline:
Der Krieg nimmt Einfluss auf Carolines Leben. Es hätte wohl was mit Paul werden können, aber Hitler macht den Beiden erstmal einen Strich durch die Rechnung.
Ich habe im ersten LA geschrieben, dass Caroline oberflächlich auf mich wirkt. Ich hatte dies damit begründet, dass sie Wert auf Äußerlichkeiten legt. Ihre Beschreibungen von Kleidung etc. sind einfach zu detailliert. Mittlerweile habe ich jedoch erkannt, dass dies eine Marotte der Autorin zu sein scheint. Denn diese Detailbeschreibungen finden sich auch bei Kasia und Herta. Im Übrigen verflüchtigt sich der Eindruck der Oberflächlichkeit bei Caroline langsam bei mir. Mittlerweile bin ich überzeugt, dass sie von ihrer versnobten Umgebung geprägt ist. Wer in solch einem Umfeld aufwächst, kann vermutlich nicht anders. Aber sie versucht, ihr eigenes Ding zu machen. Dazu gehört schließlich auch ein gewisses Talent, innerhalb der Grenzen, die die gesellschaftlichen Konventionen setzen, unbeschadet seine eigenen Interessen zu verfolgen.
Kasia:
Es passiert das, was nicht passieren durfte. Sie wird verhaftet und deportiert. Ich bin immer noch über die Widerstandsbewegung erstaunt. Aus einer romantischen Sichtweise heraus hat Widerstand für mich immer etwas mit gestandenen Kerlen und amazonenhaften Frauen zu tun. Aber mit was für einer Selbstverständlichkeit in Llubin die Jugendlichen für den Widerstand arbeiten und enorme Risiken eingehen. Ist der Widerstand für sie ein großes spannendes Spiel? Vielleicht sind sie auch nur noch die Einzigen, die Widerstand leisten können, weil die gestandenen Kerle und Amazonen bereits von den Deutschen einkassiert worden sind? Ich bin mir noch nicht sicher.
Die Ankunft der polnischen Frauen im Luftkurort Fürstenberg war für mich eine Situation, in der ich mich gefühlt habe, wie
@Mamskit es im ersten LA beschrieben hat: Die Frauen verspüren Erleichterung. Viele kennen den Ort als beschaulichen Kurort. Also kann es hier nicht so schlimm sein. Außerdem gibt es eine Kirche. Hier muss Nächstenliebe großgeschrieben werden. Und ich denke: "Das darf doch nicht wahr sein. Wenn Ihr wüsstet ... aber vermutlich ist es besser, dass Ihr es nicht wisst. So habt Ihr für den Moment noch ein kleines bisschen Hoffnung."
Mit dem Wissen zu lesen, was passiert ist, macht einige Szenen fast schon pervers. Diese Szenen begleiten mich, selbst, wenn ich das Buch bereits weggelegt habe.
Herta:
Meine Güte, was war nur mit den "deutschen" Frauen los? Erst die Nummer mit dem BDM, in dem Frauen es als ihre oberste Pflicht ansehen, für den Fortbestand der reinen Rasse zu sorgen. Dann Herta, die sich mit einer Selbstverständlichkeit von ihrem Onkel? benutzen lässt - ebenfalls aus Pflichtgefühl? Ihre Tante?, die die beiden ertappt und das klaglos hinnimmt? Ganz zu schweigen von den Aufseherinnen in Ravensbrück, die jegliches Mitgefühl und Empathie (Eigenschaften, die man Frauen normalerweise zuspricht) ad acta legen.
Und Herta ist in diesem LA auch sehr "speziell". Sie nimmt den Job in Ravensbrück an. Bei ihrer Ankunft wird sie von ihrem alten Spezi Fritz in Empfang genommen, der sie in die Ärzteschaft des KZ einführt. Bei der Aufzählung der Kollegen wurde mir ganz anders. Denn bei der Aufzählung der Fachgebiete schossen mir üble Fantasien durch den Kopf. Während ihres "Vorstellungsgesprächs" mit dem Lagerleiter, bekommt Herta mit, wie eine Frau misshandelt wird, was sie aber nicht sonderlich zu beeindrucken scheint. Dann kommt Hertas Einsatz an der Todesspritze, der hier sehr sinnlich und fast schon erotisch dargestellt wurde. Ekelhaft.
Langsam klingelt es zwar bei ihr, worum es in Ravensbrück geht. Aber eines weiß ich sicher, wenn Herta nicht bald an ihrer Einstellung arbeitet, werden wir keine Freunde.