2. Leseabschnitt: Kapitel 5 bis Kapitel 9 (S. 47 bis S. 89)

Anjuta

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8. Januar 2016
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In diesem LA kommt zu der Verwirrung rund um Kommunisten und Nazis nun auch noch das Thema Juden/Antisemitismus dazu. Das macht die Verwirrung auch hier nicht kleiner. Und Erck beschäftigt sich literarisch mit Frenkel und stellt ihn hier (Kapitel 9) sozusagen als Bindeglied zwischen Hitler und Stalin dar. Überhaupt wird hier Hitler und Stalin immer wieder in eine Vergleichssituation gebracht.
War Hitler .... vielleicht wirklich nur die Antwort auf Stalin gewesen?
Mir kamen da gleich Erinnerungen an den "Historikerstreit" der 80er Jahre. Macht es wirklich Sinn, diese Frage/diesen Streit noch einmal aufzurollen? Für mich nicht wirklich!
Die Verwirrung darüber, wer hier auf welcher dogmatisch-ideologischen Seite steht besteht bei mir weiter und auch der Erzähler selber ist ja nicht frei davon:
Ich soll ein Ketzer wider Auschwitz sein? Wirklich? Ich, der ich jede Zeile von Primo Levi, Imre Kertesz und Tadeusz Borowski gelesen hatte? Ich, der immer so vorsichtig über Berlins Bürgersteige ging wie über rohe Eier, aus Angst, zufällig auf einen der vielen herrlich glänzenden, sogenannten Stolpersteine zu treten....
Und doch verwendet er den Hitlergruß gegenüber seinem Lieblingsfeind.
Wer ist hier was? Ich weiß es immer noch nicht
 

Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Spielt Biller auf S. 57 im ersten Absatz auf seinen verbotenen Roman "Esra" an?
Keine Ahnung, für mich ist es der erste Roman überhaupt von ihm.
Ich frage mich allerdings, was es mit dem Kamel auf sich hat? Es verfolgt uns von Abschnitt zu Abschnitt. Diese Anekdote verbindet ihn wohl mit seinem Vater, dennoch empfinde ich es beim lesen als deplatziert. Aber bisher werde ich eh nicht so richtig warm mit dem Buch.
 

milkysilvermoon

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13. Oktober 2017
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Jetzt sind schon zwei Drittel gelesen, aber angekommen bin ich in der Geschichte immer noch nicht.

Vor allem der Schreibstil macht es mir schwer: verschachtelte Sätze, viel Namedropping, die vielen Zeitsprünge…

Inhaltlich finde ich den Roman unnötig vulgär. Die Handlung ist außerdem ziemlich absurd, zum Beispiel die Episode mit Valerias „Wohnungsbesichtigung“. Gibt es da irgendwelche Insiderwitze, die ich verpasst habe? Was soll das alles? Mir ist es zu konfus.
 

kingofmusic

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30. Oktober 2018
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Jetzt sind schon zwei Drittel gelesen, aber angekommen bin ich in der Geschichte immer noch nicht.

Vor allem der Schreibstil macht es mir schwer: verschachtelte Sätze, viel Namedropping, die vielen Zeitsprünge…

Inhaltlich finde ich den Roman unnötig vulgär. Die Handlung ist außerdem ziemlich absurd, zum Beispiel die Episode mit Valerias „Wohnungsbesichtigung“. Gibt es da irgendwelche Insiderwitze, die ich verpasst habe? Was soll das alles? Mir ist es zu konfus.
Ja, das mit Valeria fand ich auch überflüssig. Zum Glück hat das Buch nur rund 120 Seiten und wird morgen beendet werden - ich finde es auch nur mäßig spannend. Morgen geht's weiter.
 

RuLeka

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30. Januar 2018
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Ich habe schon aufgegeben, alles verstehen zu können. Das ist wohl eher ein Roman für Kritiker, die das ganze Milieu kennen und all die Andeutungen und Figuren. Der normale Leser ist hier etwas überfordert.
Biller portraitiert sich nicht in dem Ich - Erzähler, sondern in seinem Gegenspieler Barsilay. Und der Ich - Erzähler ist ein ehrgeiziger junger Schriftsteller, der dazugehören möchte.
 

RuLeka

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30. Januar 2018
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Ist das ein Pamphlet gegen die Erinnerungskultur, gegen diejenigen, die mit der ganzen Holocaust - und Nazigeschichte ihr Geld verdienen und sich ihre Reputation verschaffen. Barsily, der seine Auschwitz- Erfahrung erfunden hat und Erck mit seinem Nazi- Großvater und SED- Vater. Erinnert an Versatzstücke, die man aus vielen Büchern der deutschen Gegenwartsliteratur kennt.
 

Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Der Erzähler ist sehr sprunghaft, mir kommt es so vor, als wenn er viele Thesen aufwirft, sie dann aber nicht weiterverfolgt. Ein Beispiel ist, als er von der Lüge Barsilays über das in Auschwitz erlebte sinniert, sich ihm eine Grundlage bietet seinen Feind auszuhebeln, erzählt er ausschweifend über Valeria. Und dabei ist er nicht mal objektiv, denn ich habe zu keinem Zeitpunkt die Möglichkeit gesehen, dass Erck mit ihr eine Beziehung hätte beginnen können, wie er es eingangs angedeutet hat. Und über allem dann immer wieder die Andeutung des Hitlergrusses, wer ihn erfunden hat, warum er ihn selbst ausgeführt hat usw.
Wäre dies keine Leserunde, hätte ich spätestens nach diesem Abschnitt definitiv abgebrochen.
 

Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Nun , ich werde heute Abend wenigstens den zweiten Abschnitt beenden, vielleicht bin ich dann klüger.
Es geht natürlich auch um unterschiedliche Biografien, wobei Erck neidisch ist auf die Opferbiographie seines Widersachers.
Bei Erck spiegelt sich viel davon , ja. Vielleicht sollte er nicht ständig sein Umfeld durchleuchten, sondern sich mit anderen Dingen beschäftigen
 

Renie

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19. Mai 2014
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renies-lesetagebuch.blogspot.de
Ich habe den Eindruck, dass es in diesem Roman sortierter wird. Trotzdem trudle ich noch durch die Handlung und suche nach Ansätzen, um den tieferen Sinn dieses Romans zu verstehen.
Zunächst erfahren wir ein paar Details über die Vergangenheit von Erck und Barsilay, also Kindheit, Jugendjahre, Familie etc.
Barsilay ist jüdischer Herkunft und gibt sich dadurch moralisch integer. Doch am Ende dieses Leseabschnitts erfahren wir, dass B. ein Moralapostel ist mit einer eigenen Doppelmoral. Das ist allerdings das Bild, das Erck von B. beschreibt. Ich nehme es mal so hin.
Ganz schwierig ist für mich jedoch, den Erick ohne i zu charakterisieren. Da ist wenig Persönlichkeit erkennbar, Erck scheint immer auf andere Personen fixiert zu sein: B., den er insgeheim bewundert, aber auch hasst. Hier scheint Neid im Spiel zu sein. Und Valeria, der er heimlich hinterherschmachtet. Auch hier stellt sich mir die Frage, ob er sich genauso für sie interessieren würde, wenn sie nicht mit B. liiert gewesen wäre.
Was Erck gut kann, ist , die Schuld bei anderen zu suchen, wobei natürlich der B. als Schuldiger herhalten muss.
Berlin scheint im Übrigen ein Dorf zu sein. Die Charaktere laufen sich ständig über den Weg. Merkwürdig!

Ob sich dieser nichtssagende Eindruck, den ich von Erck habe, noch ändern wird? Ich befürchte, dass er am Ende des Romans genauso farblos dastehen wird wie momentan.

Ich mag die ironischen Töne in diesem Roman - sofern ich sie verstehe. Was mich nervt, sind die ganzen Abkürzungen in Großbuchstaben ("NKDB, DEFA, JB" etc.) Muss der gemeine Leser etwas damit anfangen können? Oder ist dieser Roman nicht für den gemeinen Leser geschrieben? Es kann natürlich auch sein, dass dies eine Masche ist, die zum Konzept des Romans dazugehört. Zumindest hoffe ich, dass Biller nicht immer so schreibt.
 

kingofmusic

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30. Oktober 2018
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Oder ist dieser Roman nicht für den gemeinen Leser geschrieben?
Nein, ist er nicht. Es ist eine Denkernovelle für Denker von einem Denker geschrieben. Etwas zu verkopft in meinen Augen. Bei der Abkürzung JB musste ich auch erst überlegen, bin dann aber auf "Junge Bibliothek" gekommen, dessen Leiter Erck war/ist (wenn ich mich nicht irre)...