2. Leseabschnitt: Kapitel 5 bis 8 (S. 63 - 142)

RuLeka

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Eine Szene, die ich nicht ganz einorden kann. Crane ist ungemein übergriffig, dass er sich vor Elisabeth einen runterholt. Das ist ja fast wie ein ungefragtes Dick Pic. Wie würde eine Frau heute, wie würde ich darauf reagieren? Ignorieren? Melden? Am nächsten Tag auf ein erotisches Liebesspiel einlassen? Drittes sicher nicht, ich, heute.
Ich kann nachvollziehen, dass Elisabeth wegschauen will und dann doch auch nicht (mit dem Sehschlitz ihrer Finger)
Die Szene wirkt auf mich/ uns? eher abstoßend ( anmachen geht anders). Vielleicht wirkt das damals , als Sexualität eher im Verborgenen, Dunklen stattfand, als ein Zeichen von Freiheit. Jedenfalls fühlt sich Elisabeth davon angesprochen.
 

ulrikerabe

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Auch wenn der Autor gesagt hat, dass man über Crane nur so viel zu wissen braucht, wie Elisabeth weiß: ich kann es nicht lassen zu recherchieren.

Stephen Crane nannte sich am College "Stephen T Crane", weil es unter Studenten offensichtlcih üblich war, einen zweiten Vornamen zu führen. Crane erfand einfach ein T

[zitat]Wie ist ihr voller Name?
Elisabeth T. Camphausen.
T steht wofür? Irgendetwas wundervolles, nehme ich an?[/zitat] S. 83
 

ulrikerabe

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[zitat]"In der Wüste, sagt er, habe er eine Gestalt gesehen, nackt. Sie hockte am Boden und hielt ihr Herz in den Händen. Sie habe es gegessen, das Herz. Und er habe gefragt, ob es schmecke. Es sei bitter, habe das Geschöpf gesagt, bitter sei gut - weil es das eigene Herz sei."[/zitat] S. 79

Ich mag Elisabeths Antwort darauf: "Großartige Beschäftigung."

Ich sehe jedenfalls ein sehr archaisches Bild vor mir, etwas finsteres. In der Einsamkeit der Wüste verzehrt sich ein Wesen. Da steckt aber auch ein Sehnen drin, ein Wunsch weiter zu bestehen. Die Bitterkeit der Existenz anzunehmen.

Eine Gestalt, ein Geschöpf, nicht als Mann oder Frau, nicht einmal unbedingt menschlich definiert.*)
Nackt, wann sind wir nackt. Jedenfalls im Zeitpunkt unserer Geburt. Danach nur mehr im Verborgenen. (zumindest zu Cranes Zeiten). Nackt, entblößt kann aber auch Dichtung sein, Kunst jeder Art. Künstler*innen geben sich preis und zehren gleichzeitig davon.

The heart

In the desert
I saw a creature, naked, bestial,
Who, squatting upon the ground,
Held his heart in his hands,
And ate of it.
I said, "Is it good, friend?"
"It is bitter-bitter," he answered;
"But I like it
Because it is bitter,
And because it is my heart."

*) Der Originaltext ist dann schon eindeutiger
 
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ulrikerabe

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Die Szene wirkt auf mich/ uns? eher abstoßend ( anmachen geht anders). Vielleicht wirkt das damals , als Sexualität eher im Verborgenen, Dunklen stattfand, als ein Zeichen von Freiheit. Jedenfalls fühlt sich Elisabeth davon angesprochen.
Danach fragt Crane Elisabeth, ob sie schon Menschen sterben gesehen hat. Einige. Sich lieben. Keine.

[zitat]"Kriege, Schlachten. Bilder von Feldherren. Wir prügeln uns auf der Straße. Wir lieben uns versteckt."[/zitat]
 
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Renie

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Wieso unverschämt? Sie war seine Lebensgefährtin über vier Jahre. War mit ihm im griechisch-türkischen Krieg, hat ihn betreut, solange er noch nicht in einer Anstalt war. Sie hatten keinen Trauschein. Aber sie gibt sich nicht für etwas falsches aus. Immerhin könnte Crane ja auch (zumindest Elisabeth gegenüber) klare Verhältnisse darstellen.
Dass Cora in dem Buch nicht gut weg kommt, liegt doch daran, dass wir sie mit Elisabeths Augen sehen. Cora spürt ganz genau, dass zwischen Crane und Elisabeth etwas vorgeht. Ihre Reaktion darauf ist nur adäquat.
Für mich war Cora mehr Seelenverwandte von Crane als Elisabeth. Immerhin haben C + C einiges miteinander erlebt. Und irgendetwas muss sie an sich haben, dass Crane mit ihr zusammen ist. Ich finde es nicht ungewöhnlich, wenn zwei Menschen zusammen sind, voneinander als Mann und Frau reden. Das habe ich auch in meinem Freundeskreis. Trotz enger Freundschaft habe ich jahrelang nicht gewusst, dass meine Freunde nicht verheiratet sind - was völlig egal ist. Für Elisabeth und die damalige Zeit mag das eine größere Rolle gespielt haben. Insbesondere hinsichtlich religiöser und moralischer Vorstellungen. Doch gerade Crane macht auf mich nicht den Eindruck, dass ihm religiöse und moralische Bedenken wichtig sind.
 

kingofmusic

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aber nur ein bisschen:
"Schwester Elisabeth, ich möchte Ihnen ein Stück meines Herzens schenken. Tragen Sie es bei sich." (S. 130)
Crane schenkt ihr nur ein Stück seines Herzens. Was ist mit den anderen Stücken? Wo die wohl überall gelandet sind?
Na ja, er scheint ein ziemlicher Weiberheld zu sein; da kann er jeder Dame nur ein Stück seines Herzens schenken :p:D.
 

kingofmusic

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„ ...die Dummköpfe könnten uns egal sein. Aber sie sind es, die die Welt beherrschen. Die sind frei von jedem Selbstzweifel . Wenn die in den Spiegel gucken, dann sind die zufrieden. Und das verleiht denen ungeheure Macht.“ - Wie wahr!
Diese Aussage ist aktueller denn je - ich sage nur: Coronaleugner...
 
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