2. Leseabschnitt: Kapitel 5 bis 8 (S. 63 - 142)

Literaturhexle

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2. April 2017
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In diesem Abschnitt lesen wir über den dritten und vierten Tag - jeweils 1900 und 1914.

Ich sehe Leutnant Fischer mehr und mehr als Türöffner zu Elisabeths Erinnerungen. Dadurch, dass sich der junge Mann auch sehr für Crane und dessen Bücher interessiert, ist eine Ebene geschaffen, auf der sich E. mehr und mehr öffnet. Vielleicht liegt es auch an Fischers Schweigen: Er kann ihr Geheimnis nicht ausplaudern. Im Gegenzug bemüht sich die Krankenschwester, zu helfen. Sie versucht, seine Bilder und sein Trauma zu entschlüsseln.

Schwierigkeiten habe ich ehrlich gesagt mit der Erotik. Von Berufs wegen müsste E. Distanz haben. Jedoch ist Mr Crane wieder erwacht, den sie in Fischer sieht, beide Männer vergleicht, Berührungen provoziert und Fantasien entwickelt...
Offensichtlich haben Victoria und E. eine intime Beziehung. Das kommt mir für die Zeit sehr emanzipiert und fortschrittlich vor. Allerdings hat Crane E. sehr gut getan: sie hat sich aus ihrer tradierten Frauenrolle herausgearbeitet und mehr Selbstbewusstsein erlangt. Insofern wirkt Crane nicht nur in ihren Gedanken, sondern auch nach außen.
Auch die Onanie-Szene... mit dem Waschlappen im Baum...:confused:
Da gefallen mir die prickelnden Dialoge zwischen den beiden weit besser.

Kann man Englisch nur durch zweisprachige Briefe einer Tante lernen? Ich glaube es einfach mal;)

Herrlich die Zitate aus dem Almanach "Die Frau als Hausärztin"! Sie tauchen immer wieder bei den delikaten Textstellen auf und sind mir sehr willkommen:D
 

Literaturhexle

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2. April 2017
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Man erfährt, was es mit dem Fotografen Davis auf sich hat: Ein Kriegsfotograf, der das Elend, das Sterben, das Leid ablichtet und verkauft. Crane scheint Angst zu haben, dass dieser auch seinen eigenen Tod "stehlen" und vermarkten könnte. Seine Gattin Cora (die nicht seine Gattin ist) würde das sicher nicht verhindern. Sie will nur ihre Besitzansprüche verteidigen, wirklich verliebt wirkt sie auf mich nicht. Allerdings gibt Crane selbst zu, in guten Zeiten ein Schwerenöter gewesen zu sein. Treue ist möglicherweise seine Stärke nicht.

Bissige Eifersucht versprüht indessen die "Nichte" Helen, die Elisabeth ganz offen droht.

Die weitere Annäherung (S. 94/95) wird sehr schön beschrieben. Crane ist zärtlich, streichelt E.s Narben, macht ihr Komplimente. Dadurch blüht sie selbst und ihre Sexualität auf. Bis jetzt scheint sie sich lediglich geduldet gefühlt zu haben, nun wird sie begehrt und geliebt.
 

Literaturhexle

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2. April 2017
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Wir erhalten die Erklärung, warum E. Ferdinand geheiratet hat: Es sind genau die Gründe, die @Renie zuvor nannte. Liebe und Leidenschaft gehören nicht dazu :(

Fischers Bruder will ihn schnell zurück an der Front sehen. Mutig manipuliert Elisabeth dessen Bett, so dass es aussieht, als würde er Blut spucken... Sie ist mutiger geworden!

Tschechow war tatsächlich in Badenweiler und ist dort im Juli 1904 gestorben. Mir gefällt es, wie der Autor hier Fiktion und Historie zusammenführt.

Kapitel 8 war wunderbar! Wie die beiden Cora und die Entourage überlisten: herrlich! Die Liebesszenen im Wald, die aufkeimende Hoffnung,... Fraenkel, der seine schützende Hand über Elisabeth hält;)
Dazu die Anspielungen an Davis, der Theodore Roosevelt unterstützte: "Vielleicht wird er sogar Präsident." (S. 123)
Elisabeth, die sich traut, Zigaretten zu kaufen. Wunderbare Dialoge, die in E. zu Recht nachwirken.
 

Yolande

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Ich sehe Leutnant Fischer mehr und mehr als Türöffner zu Elisabeths Erinnerungen
Erstaunlich, dass sie die ganzen Jahre nicht darüber nachgedacht haben soll. Immerhin war die Episode mit Mr. Crane doch ein ziemlicher Einschnitt in Elisabeths Leben.
Ich gebe zu, dass die Geschichte mich zwischendurch etwas verloren hat. Diese kurzen Sätze, der manchmal abgehackt wirkende Schreibstil ist herausfordernd.
Kann man Englisch nur durch zweisprachige Briefe einer Tante lernen? Ich glaube es einfach mal;)
Da habe ich auch so meine Zweifel. Schreiben und lesen ja, aber sprechen??
Fraenkel, der seine schützende Hand über Elisabeth hält;)
Dr. Fraenkel gefällt mir gut. Es scheint, er weiß über alles Bescheid, was in seiner Klinik vor sich geht. Und er ist Elisabeth wohlgesonnen :)
Ich frage mich, warum Elisabeth, die vorher offensichtlich so beherrscht und diszipliniert war, sich so mirnichtsdirnichts einem Fremden hingibt. Crane muss eine wirklich starke erotische Aura gehabt haben.
 

RuLeka

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Man erfährt, was es mit dem Fotografen Davis auf sich hat: Ein Kriegsfotograf, der das Elend, das Sterben, das Leid ablichtet und verkauft. Crane scheint Angst zu haben, dass dieser auch seinen eigenen Tod "stehlen" und vermarkten könnte.
Diesen Blick auf Davis finde ich bemerkenswert. Wir sind es heute so gewohnt, dass auf alles Elend der Welt eine Kamera gerichtet ist. Damals war das Photographieren etwas Neues. Dass dies aber etwas Voyeuristisches hat, wird uns höchstens bewusst, wenn Gaffer mit ihren Handys die Rettung behindern. Gute Kriegsphotographen wollen in der Regel nicht nur Geld mit ihren Photos verdienen, sondern haben meist eine Botschaft. Aber Tote abzubilden ist eine zwiespältige Sache.
 

RuLeka

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Allerdings hat Crane E. sehr gut getan: sie hat sich aus ihrer tradierten Frauenrolle herausgearbeitet und mehr Selbstbewusstsein erlangt.
Dies scheint aber nicht gleich so gewesen zu sein. „ Als Mr. Crane verschwand,....rettete sich ( Elisabeth) in die Villa. In die Ehe zu einem Mann, der kein Wort über ihre Narben sagte und sehr, sehr freundlich war. Sie suchte Zuflucht in der Enge des Kaiserreiches und ihrer Privilegiertheit als Arzttochter und der gleichzeitigen Chancenlosigkeit als Frau.“
Wann und wodurch begann dann ihre Emanzipiertheit. Wobei sie für die damalige Zeit schon sehr selbstständig war.
 

RuLeka

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Irgendwann werden wir noch mehr über das Feuer erfahren, dem E. ihre Narben zu verdanken hat. Anscheinend war sie selbst schuld daran. „ Manchmal muss man für eine Rebellion zwar teuer bezahlen, aber... Elisabeth ist kurz davor, ihm zu erzählen, wie es zu dem Feuer kam.“
 

Literaturhexle

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Wann und wodurch begann dann ihre Emanzipiertheit. Wobei sie für die
Stimmt. Der Unterschied in der Persönlichkeit Elisabeths 15 Jahre später ist riesig. Natürlich hat sie mehr Reife und Erfahrung. Nur die Episode mit Crane kann es nicht gewesen sein- auch wenn sie für sie persönlich eine riesige Bedeutung hatte. Vielleicht kommt noch was dazu.
Neu Irgendwann werden wir noch mehr über das Feuer erfahren, dem E. ih
Haha. Ja! Ich weiß es schon:p
 

wal.li

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Fischers Bruder will ihn schnell zurück an der Front sehen. Mutig manipuliert Elisabeth dessen Bett, so dass es aussieht, als würde er Blut spucken.

Das fand ich auch sehr cool von ihr. Überhaupt, wie ist denn dieser Bruder drauf, den Kranken gleich wieder an die Front schicken zu wollen. Ob Fischer sich kranker macht als er tatsächlich ist? Wenn ich dadurch dem Krieg entgehen könnte, würde ich das auch machen.
 

wal.li

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Aber Tote abzubilden ist eine zwiespältige Sache.

Witzigerweise habe ich gerade die Tage irgendwo gelesen (habe leider vergessen wo, fand es in dem Moment nicht wichtig), dass es zu Anfang der Fotografie Zeiten gab, wo es üblich war sich mit den Toten fotografieren zu lassen. Und man konnte die Toten daran erkennen, dass sie scharf waren. Bei den langen Belichtungszeiten durfte man sich nicht bewegen.
 

RuLeka

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Witzigerweise habe ich gerade die Tage irgendwo gelesen (habe leider vergessen wo, fand es in dem Moment nicht wichtig), dass es zu Anfang der Fotografie Zeiten gab, wo es üblich war sich mit den Toten fotografieren zu lassen. Und man konnte die Toten daran erkennen, dass sie scharf waren. Bei den langen Belichtungszeiten durfte man sich nicht bewegen.
Ja, das war irgendein Beitrag auf Facebook. Den habe ich auch gelesen.
 

wal.li

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Ich habe mich gefragt, warum sie Fischer nicht sagt, dass Crane verstorben ist. Meint sie, er bekommt dann Angst?
 
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RuLeka

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r. Überhaupt, wie ist denn dieser Bruder drauf, den Kranken gleich wieder an die Front schicken zu wollen.
Heute kam mehr nachvollziehbar, aber in den Ersten Weltkrieg sind die Soldaten mit Begeisterung gestürmt und auch im Zweiten Weltkrieg galt es vielen als Ehre , für das Vaterland zu sterben. Einen „Drückeberger“ hat man verachtet.
 

Yolande

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13. Februar 2020
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Heute kam mehr nachvollziehbar, aber in den Ersten Weltkrieg sind die Soldaten mit Begeisterung gestürmt un
Gerade im Ersten Weltkrieg waren die jungen Männer voller Begeisterung. Sie hatten wohl wirklich die Vorstellung vom heroischen Kampf gegen den Franzmann, der den tapferen deutschen Soldaten selbstverständlich in allen Belangen unterlegen ist.