2. Leseabschnitt: Kapitel 4 bis einschl. 8 (Seite 55 - 135)

Literaturhexle

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2. April 2017
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Es ist so schade, wie sich das Ganze entwickelt, denn die ersten Kapitel waren so berührend und vielversprechend und auch recht authentisch. Man hat gleich gemerkt, dass der Autor durchaus schreiben kann. Aber je weiter ich lese, desto enttäuschter bin ich.
Es ist wirklich zum Weinen! Ich WOLLTE das Buch mögen. Und dann gleitet es dermaßen ab.
Dieses Mal haben wir nicht mal EINEN Fürsprecher:eek:!
 
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Als erstes widme ich meine Gedanken mal Jeanne.

Eine etwas eigenwillige, fast weltfremde Frau. Gut, sie wird in den letzten Jahren andere Sorgen gehabt haben. Ein Kind zu verlieren ist sicher das Härteste was einem Menschen widerfahren kann. Und sicher ist dies auch etwas, was sehr verändern wird. Vielleicht etwas was Matt und Jeanne in Jeannes Augen zusammen geschweißt hat und sie von einer bis dahin vielleicht existierenden Außenwelt getrennt hat. Deswegen vielleicht auch diese vielen Gedanken von Jeanne Matt gefallen zu wollen. Welche ich schon recht übertrieben fand, aber so eventuell erklärt werden können. Dann wird dieser Verlust ein riesiges Loch gerissen haben. Ich frage mich ob Jeanne in psychiatrischer/psychologischer Behandlung war? Es klingt eigentlich nicht so. Und dann wäre die Frage wie Jeanne diesen Verlust verarbeitet hat. Hat sie ihn verarbeitet? Kann man das überhaupt? Und danach die Diagnose Krebs. Sie hat schon den Tod ihres Kindes nicht verarbeiten können, ist vermutlich depressiv und erhält die nächste Hiobsbotschaft. Krebs. Und dann bricht ihr Mann auch noch weg. Eine ihrer letzten Stützen. Eigentlich ist es hier verdammt gut, dass ihr die Frauen über den Weg laufen. Denn was hätte sie hier ohne sie gemacht? Oder wo wäre diese Geschichte für Jeanne ausgegangen ohne diese Frauen?

Gewundert habe ich mich sehr über das Foto von ihrem Großvater. Und auch ihre Bezüge dazu. Ist das gesundes Denken? Was schimmert hier durch? Eine gewisser Bestrafungsgedanke. Wegen Jules? Kein Wunder, dass die anderen Frauen hier so reagieren. Sie stehen anscheinend mehr auf dem Boden als Jeanne. Doch wo steht Jeanne?

Eigenartig auch ihre Reaktion auf das Cannabis. Eine Buchhändlerin? Aber gut warum nicht. Auch ich kenne Menschen, die kein Cannabis oder dessen Geruch kennen.
 
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Im vorigen Leseabschnitt konnte ich mich ja noch irgendwie in Matts Reaktion hineinversetzen. Das fällt mir aber immer schwerer. Vielleicht gibt er ja wirklich Jeanne die Schuld an Jules Tod. Oder jetzt kommt sein wahrer Charakter zum Vorschein. Eigentlich hätte Jeanne den vorher schon sehen müssen. Aber vielleicht hatte sie durch die geschehene Katastrophe nicht die Möglichkeit dazu.

Denn: "Das ist ja widerlich!" als einziger Kommentar zu den ausgehenden Haaren spricht eigentlich Bände. Dazu gibt es nichts mehr zu sagen außer Adieu!
 
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Zu den Frauen:

Auch hier kann man sagen, es gibt nichts, was es nicht gibt. Meine Zeit im KH zeigt mir immer wieder die abstrusesten Geschichten. Und wenn es die im realen Leben gibt, warum nicht auch im Buch.

Es gibt so gewisse Theorien, dass sich Menschen mit ähnlichen Geschichten/Entwicklungen/Erfahrungen treffen, gegenseitig anziehen. Wenn ich mir anschaue, was für Charaktere in manchen Freundeskreisen zusammenkommen und die Geschichten dahinter höre. Maybe. Natürlich hört sich das geballt irgendwie unwirklich an. Aber das gibt es. Warum also nicht in einem Buch?
 
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Der Anfang des LA hielt mich noch voll gefangen: Die Freundinnen bringen J. zum Haarschneider, besser kurz und schmerzlos, als lang und zehrend.

Die erste Chemo: Ich habe mitgelitten. Wunderbare Textstellen. Die Geburtstagsfeier im Kreise "der Schwestern mit Krebs". Alles gut

Dies berührt mich nach wie vor und ich sehe hier eine Stärke des Romans und genauso sehe ich hier literarische Qualitäten. Das gefällt mir nach wie vor! Und es berührt mich auch ungemein. Chalandon kann toll schreiben!
 
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...dann wäre das ein sehr guter Roman geworden. Alles, was mit der Krankheit zusammenhängt, ist wirklich gut beobachtet.
Ich habe irgendwo gelesen, dass er und seine Frau innerhalb kürzester Zeit eine Krebsdiagnose bekommen haben und dieses Buch hier ist die Verarbeitung.

Das würde dann einiges erklären.
 
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Die Zuwendung zur Kirche und den Heiligen scheint mir plausibel. Aber dann die Begegnung mit den zwei Frauen von den Antillen?!? Die einen Rundbrief verteilen, der nur wirkt, wenn man ihn 89 mal kopiert? Bitte nicht! Jeanne entzieht sich mit einer smarten Lüge, die die antillische Tochter natürlich versteht. Lauter Gutmenschen unterwegs.

Gefallen hat mir das auch nicht so richtig. Aber das zeigt was manche Menschen in prekären Situationen tun, wozu sie bereit sind, was sie glauben möchten. Jeanne hat für ihren Jules auch gebetet, überdurchschnittlich oft gebetet. Dennoch fand ich es schön wie Jeanne geantwortet hat.
 
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*Seufz* Ihr habt schon fast alles gesagt.
Deshalb fange ich mit dem Positiven an:

S.57 "Hinter dieser Tür sind wir allein in einer anderen Welt."

Die Einsamkeit und das Alleinsein mit der Krankheit. Es zählen nur noch Schwestern, Pfleger, Ärzte.
Wer einmal längere Zeit mit was Ernstem im Krankenhaus war, weiß, wovon der Autor spricht. Es ist erstaunlich. Das Krankenhaus ist in der Tat eine Welt für sich, abgekoppelt vom Rest der Welt. Und wenn man dann dort ist, fragt man sich, warum der Rest der Welt nichts von einem weiß.


So ist es mit dieser Krankheit auch.
Plötzlich Paria.

Das fand ich auch gut getroffen.
 
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und eigentlich wollte ich jetzt schlafen gehen, will aber vorher noch loswerden, was mir im Kopf rum spukt.

Ich glaube der Autor wollte zwangsläufig darauf hinweisen, dass der Verlust von Haaren nicht immer nur ein optisches Problem ist. Dass man geschorenen Frauen nicht nur die Weiblichkeit, sondern auch die Menschlichkeit und Würde nehmen kann. Vielleicht geht in französischen Köpfen das Bild einer geschorenen Frau tatsächlich mit den Kollaboreteurinnen im zweiten Weltkrieg einher (ich habe mich mit diesem Thema noch nie befasst). Aber diese Frauen gleichzeitig mit KZ Insassinen und mit Krebskranken in Relation zu setzen ist allerdings nur schwer zu verstehen.

Über dieses Foto vom Großvater bin ich auch gestolpert und auch über dieses Gleichsetzen von Jeanne, habe dazu oben schon etwas geschrieben. Die Reaktionen der Frauen zeigen ja aber ebenso ein Unverständnis ihrerseits.
 
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aber: Vielleicht will uns der Autor gar nicht die Geschichte der krebskranken Jeanne erzählen, sondern die Geschichte des Raubüberfalls und seiner Hintergründe.

Wenn es so wäre - was würde dieser Punkt für unseren Blick auf das Buch bedeuten?

Ein interessanter Gedanke!
 
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Hier fing es für mich an, zu einer Soap Opera zu mutieren. Die Schicksale dieser Frauen: Nichts, was es nicht gibt! Ihr habt es selbst gelesen: Brigittes Eltern kommen tragisch auf einmal mit einem Boot ums Leben, gleichzeitig wiederkehrende Karzinome... Die vier Frauen haben Schicksale aus dem Bilderbuch - sorry. Gefängnis, Zwangsprostitution, Kindesentführung, Kindesentzug, traumatische Verluste, ungewollte Schwangerschaft, Bulimie (?) alles dabei. Too much, wenn mich jemand fragt!

Au! Das ist hart! Chalandon schreibt mir eindeutig nicht dumm genug für eine Soap Opera. ;) Vielleicht ist hier alles etwas viel, ja. :)
 
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