2. Leseabschnitt: Kapitel 4 bis 9 (Seite 80 bis 162)

Querleserin

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30. Dezember 2015
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Das Figurentableau erweitert sich zunächst nicht, die Handlungsstränge Paul Damas und der der Larchers laufen, wie nicht anders zu erwarten, zusammen.
Als Paul den Laternenmann verlässt, der am Morgen zurückkommt, um in seinem Bett zu schlafen, erfährt er von der Vermieterin, dass dieser verarmt und die Miete schuldig ist. Bevor er selbst zahlen soll, ergreift er die Flucht.

„Um drei Uhr nachmittags, als der König seine Verabredung mit La Violette wahrnahm, [...] stand Paul Damas in der Rue des Lions in der Küche der Larchers.“ (S.86)

Deutet der allwissende Erzähler mit der Erwähnung des Königs darauf hin, dass beider Schicksale bzw. aller drei Schicksale miteinander verknüpft werden?

Obwohl Jean Paul zunächst nicht einstellen will, stimmt ihn dessen Gesellenstück um und er darf auf Probe bleiben - der Inhalt, Phèdre von Racine, ist allerdings „verderblich“, wie Jaques Têtu, der Abbé von Belval feststellt. (Die griechische Sage spiegelt Pauls eigene Vergangenheit wider)
Der geistliche Berater von Madame de Maintenon, der nachts gerne durch das Viertel spaziert, ist auf das besondere Gesellenstück aufmerksam geworden und sucht das Gespräch mit Marianne. Seine Bemerkung, Marianne sei noch jugendlich, verwirrt diese und legt den Grundstein für ihr beginnendes Verlangen nach Paul.
Währenddessen begegnen sich Nicolas und Paul zufällig, unterhalten sich und Nicolas äußert seine Meinung gegen die Politik des Königs offen. Er bietet Paul ein Nachtlager an und in Nicolas Bett findet ihn Marianne am nächsten Morgen. Die unverhoffte Begegnung verunsichert sie und sie betrachtet sich lange im Spiegel, ist sie noch jung genug, scheint sie sich zu fragen. Als der Abbé ein Buch zum Binden vorbeibringen lässt, ist Paul fest eingestellt.
Währenddessen ist das Pamphlet am Hof Gespräch zwischen Monsieur und seiner Frau ebenso wie zwischen Madame de Maintenon und dem König, dessen körperlichen Annäherungen sie zu ertragen scheint. Voller Dankbarkeit erinnert sie sich an Scarron. „Weil er ihr die Ehe angetragen hatte, war ihr ein Leben im Kloster erspart geblieben.“ (S.107)
Man erfährt weiterhin, dass der Hof pleite ist und eine Kopfsteuer geplant wird. Zudem beauftragt der König La Reynie, den Polizeichef von Paris, die Verfasser des Pamphlets zu verhaften und zum Tod am Galgen zu verurteilen.
Des Weiteren darf es nicht gedruckt und weiter verbreitet werden.
Durch Zufall gerät Paul, der sich nachts an der Seine aufhält, in den Besitz eines Packen dieser Pamphlete und eins davon steckt er in seine Tasche. Glücklicherweise wird es nicht gefunden, als die Polizei Larchers Werkstatt routinemäßig kontrolliert.
Nicolas macht sich endlich auf seine Reise und erhält von seinem Vater überraschenderweise Geld, beide Eltern verabschieden ihn. Jean lässt Marianne auf dem Rückweg hinter sich, worüber sie sich ärgert, ebenso über Jeans Plan Paul Kost und Logis anzubieten, sodass sie zum ersten Mal mit Paul flirtet, der ein (bewusstes?) Risiko eingeht, indem er ihr das Pamphlet zeigt und überlässt. „Das war der Anfang.“ (154)
Paul wirbt vorsichtig um Marianne und als eine Freundin ihr beim Waschtag offen sagt, er sei in sie verliebt, freut sie sich.
„Diese Gedanken hätten sie warnen müssen. Sie ebneten den Weg ins Unglück.“ (161). Eine Vorausdeutung?

Die Liebesgeschichte nimmt ihren Anfang und mit dem Pamphlet hat Marianne etwas gegen Paul, aber auch gegen ihren Mann in der Hand, der sich gegenüber nicht sehr liebevoll verhält. Sie wird Paul nachgeben.
 

Anjuta

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8. Januar 2016
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Den Verlauf der Handlungsstränge, die sich nun verdichten und zusammengeführt werden, hat @Querleserin schon gut beschrieben. Zwei Dinge bauen sich im Verlauf dieses LA auf, die den Titel des Buches Verhängnis rechtfertigen und begründen könnten. Da ist einmal dieses Pamphlet, das der König zu seinem Prioritätsanliegen macht, als gäbe es für ihn nichts Wichtigeres, und da sich dieses Pamphlet auch in die Jackentasche von Paul geschlichen hat, hängt damit auch ein Damoklesschwert über den Haupthelden der Geschichte rund um die Familie Lacher. Das zweite ist die Anziehungskraft, die sich zwischen Paul und Marianne entwickelt und die das Potential hat, ein Drama in das Haus des Buchbinders hineinzutragen.
Ich werde weiterhin sehr gut von dem Buch unterhalten und schätze daran, was ich von Zeit zu Zeit an historischen Romanen mag, nämlich das Eintauchen in eine Zeit und Gesellschaft, die ansonsten für mich im Wesentlichen rein durch historische Daten und Fakten erhellt wird.
 

Literaturhexle

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2. April 2017
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Die beiden verhängnisvollen Bedrohungen habt ihr bereits gut herausgearbeitet. Es wirkt unabhängig von der beschriebenen Zeit sehr glaubwürdig, dass sich Marianne von ihrem schweigsamen Mann vernachlässigt fühlt. Ganz offensichtlich teilen sie den Schmerz über den abreisenden Sohn, einen kann er sie jedoch nicht. Wahrscheinlich strebt Jean auf dem Rückweg voran, damit seine Frau seine Ergriffenheit nicht spürt. Männer müssen hart sein.
So ergibt sich das eine zum anderen. Paul legt es ja schon darauf an, die Dame des Chefs zu erobern. Darin hat er Erfahrung. So recht trauen tue ich ihm nicht, er macht doch auch einen etwas windigen Eindruck. Er hat vielleicht auch nicht viel zu verlieren. Sie schon.

Andererseits hat Paul kein Verständnis für die Freiheitsliebe von Nicholas. "Alles, was du verlassen willst, ist das, was ich nie hatte und mir immer gewünscht habe." (141)
Paul bezeichnet sich als frei, weil er nicht liebt und nicht geliebt wird (142). Daraus lässt sich eine gewisse Sehnsucht nach Zugehörigkeit schließen. Auch genießt er es, zum Betrieb dazuzugehören.

Man spürt, dass etwas Verhängnisvolles seinen Anfang genommen hat. Interessant auch der Polizist, der im Rahmen seiner Möglichkeiten dem König gegenüber klarstellt, dass er in diesen Zeiten kaum Chancen hat, die Übeltäter (für die die Todesstrafe schon beschlossen ist!) zu finden.

Die Charaktere empfinde ich komplett gut gezeichnet. Ganz ruhig breitet sich die Geschichte wie ein Fluss vor uns aus, der immer schnelleres Fahrwasser aufnimmt und... vielleicht an der Brücke zerschellt?
 

Wandablue

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18. September 2019
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Nachdem ihr so schön gelobt habt, kann ich ja ein bisschen kritisieren. Das verflixte 7te Kapitel hat mich ein wenig enttäuscht. Die Szene auf dem Fluss war unübersichtlich. Ich konnte mir nicht alles vorstellen. Und was für ein Zufall - schon sind die Pamphlete bei Paul angelangt. Da hätte ich mir was Raffinierteres gewünscht.

Dann gibt es so paar Sachen: Marianne spürte plötzlich sein Begehren als sie zusammen an den Büchern arbeiten. Hä? Wodurch? Er hat nichts gesagt, er hat nicht geguckt, er saß auf der anderen Seite auf dem Stuhl.

Ansonsten ist es mir schon recht, dass sich die Dinge gemächlich entwickeln. Dummerweise habe ich den Klappentext gelesen, heute! Ganz dumm. Aber schon vorher war mir Paul nicht richtig sympathisch.

Aber gegenüber Herren Königs und Company ist ein Paul ein schnurrendes Kätzchen. Er hat freilich das Hobby, Lehrmeistersfrauen zu verführen.

Und plötzlich taucht Simone auf. Die hätte schon bei der Vorstellung der Familie Larcher erwähnt werden müssen. Die wohnen ja alle im selben Haus. Wohnt sonst noch jemand dort? Hätte ich gerne gewusst.
 

Querleserin

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Die Szene auf dem Fluss war unübersichtlich. Ich konnte mir nicht alles vorstellen. Und was für ein Zufall - schon sind die Pamphlete bei Paul angelangt. Da hätte ich mir was Raffinierteres gewünscht.
Die Szene konnte ich auch nicht zusammenfassen, weil ich sie mir nicht vorstellen kann. Deshalb mein lapidarer Satz, per Zufall erhält er die Pamphlete. Insofern muss ich dir Recht geben, liebe Wanda, das hätte man anders erzählen müssen. Ist aber bisher die einzige Szene, die unübersichtlich ist.

Marianne spürte plötzlich sein Begehren als sie zusammen an den Büchern arbeiten. Hä? Wodurch? Er hat nichts gesagt, er hat nicht geguckt, er saß auf der anderen Seite auf dem Stuhl.
Weibliche Intuition ;). Ich denke, es ist eher ihr Begehren, dass sie spürt und münzt es um auf ihn :D.
Noch ein Satz zum Polizeimeister: Ihm ist auch bewusst, dass die Lage angespannt ist, daher will er auch keine weiteren Hinrichtungen, oder habe ich das falsch verstanden?
 

Literaturhexle

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Noch ein Satz zum Polizeimeister: Ihm ist auch bewusst, dass die Lage angespannt ist, daher will er auch keine weiteren Hinrichtungen, oder habe ich das falsch verstanden?
Würde ich auch so verstehen. Im Inneren hält er die ganze Nachforschung und Strafandrohung für unsinnig (Nadel im Heuhaufen). Aber er weiß, wann er seinem Herrscher besser nicht das Widerspiel hält.
 

ulrikerabe

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14. August 2017
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Nachdem ihr so schön gelobt habt, kann ich ja ein bisschen kritisieren. Das verflixte 7te Kapitel hat mich ein wenig enttäuscht. Die Szene auf dem Fluss war unübersichtlich. Ich konnte mir nicht alles vorstellen. Und was für ein Zufall - schon sind die Pamphlete bei Paul angelangt. Da hätte ich mir was Raffinierteres gewünscht.
Mir geht das oft so bei Szenen, in denen sich Ereignisse schnell überschlagen. Hier auch wieder.
 

sursulapitschi

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ch konnte mir nicht alles vorstellen. Und was für ein Zufall - schon sind die Pamphlete bei Paul angelangt. Da hätte ich mir was Raffinierteres gewünscht.
Das würde ich gerne unterstreichen und ausbauen.

Ich werde überhaupt nicht warm mit diesem Buch. Ja, das Zeitkolorit ist wunderbar plastisch, alles andere haut mich nicht um. Keine einzige Figur finde ich interessant. Ja, ihre Motive werden deutlich, ihre Charaktere nachvollziehbar, allein ist dort niemand originell, anrührend, klug, herzensgut oder sonst in irgendeiner Form bemerkenswert.

Das Verhängnis naht mit großen Schritten und wurde konstruiert.
Marianne stellt das rote Buch von Paul ins Schaufenster, um Kunden anzulocken. WARUM????? Hat sie denn sonst nichts Hübsches? Was treiben ihre Männer denn so? Sie hat zwei Buchbinder im Haus und die bringen nichts zustande, was so hübsch ist wie das Werk eines dahergelaufenen Gesellen? Wie dumm kann man sein, ein verbotenes Buch ins Schaufenster zu stellen?
Und kaum steht dieses Buch im Fenster, kommt dieser Abbé und findet es wundervoll. So ein Zufall. Zufällig ist er ein Freund der Madame de Maintenant...

Bei Hofe sind mir zu viele Namen unterwegs.
Ich langweile mich und kann die Höflinge nicht unterscheiden.

Ich fürchte, das ist nicht mein Buch. Schade, das hatte ich so gar nicht erwartet.
 
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sursulapitschi

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Deshalb mein lapidarer Satz, per Zufall erhält er die Pamphlete. Insofern muss ich dir Recht geben, liebe Wanda, das hätte man anders erzählen müssen. Ist aber bisher die einzige Szene, die unübersichtlich ist.
Da gab es einen Kampf mit viel Gerangel, das ist aber nicht das, was mich daran stört. Es ist ein sehr großer Zufall, dass Paul sinnierend auf der Brücke steht und dabei ausgerechnet die beiden Boote beobachtet, die um die heiklen Pamphlete kämpfen. Noch größer ist der Zufall, dass er am Ende eine Kiste davon besitzt. Das ist so fürchterlich gewollt.
 
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sursulapitschi

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La Reyne wird erstaunlich positiv dargestellt. Der König auch. Dabei hab ich vom König eher ein negatives Bild. Die Hungersnot im Folgenden beschrieben geht auch auf sein Konto ...
Wird er positiv dargestellt? Er leidet ein bisschen, das macht ihn menschlich, aber das Lever und das ganze Tamtam und die vielen Frauen zeugen nicht von Größe.
 

MRO1975

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11. August 2018
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Es wirkt unabhängig von der beschriebenen Zeit sehr glaubwürdig, dass sich Marianne von ihrem schweigsamen Mann vernachlässigt fühlt. Ganz offensichtlich teilen sie den Schmerz über den abreisenden Sohn, einen kann er sie jedoch nicht. Wahrscheinlich strebt Jean auf dem Rückweg voran, damit seine Frau seine Ergriffenheit nicht spürt. Männer müssen hart sein.
Diese Szene fand ich auch sehr überzeugend. Ich hatte den Klappentext zuvor gelesen (das mache ich immer) und mich gefragt, wie die Autorin den Bogen hinkriegen will. Zu Anfang wird Marianne ja als recht zufriedene Ehefrau dargestellt, was nicht nahelegt, dass sie sich auf ein romantisches Abenteuer einlassen würde. Aber die Bemerkung des Abbe, dass sie jugendlich sei, hat ihre Selbstwahrnehmung geändert. Dass ihr Mann, seinen und ihren Abeschiedsschmerz nicht teilte, hat zudem eine gewisse Entfremdung erzeugt. Ein guter Boden für die Avancen von Paul.

So recht trauen tue ich ihm nicht, er macht doch auch einen etwas windigen Eindruck. Er hat vielleicht auch nicht viel zu verlieren.
Ich finde Paul auch sorglos. Das hat seinen Grund evtl. auch darin, dass er - wie er sagt - niemanden liebt und von niemanden geliebt wird.

Andererseits hat Paul kein Verständnis für die Freiheitsliebe von Nicholas. "Alles, was du verlassen willst, ist das, was ich nie hatte und mir immer gewünscht habe." (141)
Das trifft das Verhältnis der beiden ziemlich gut. Der Satz hat mir auch sehr gefallen.


Das verflixte 7te Kapitel hat mich ein wenig enttäuscht. Die Szene auf dem Fluss war unübersichtlich. Ich konnte mir nicht alles vorstellen. Und was für ein Zufall - schon sind die Pamphlete bei Paul angelangt. Da hätte ich mir was Raffinierteres gewünscht.
Die Schnelligkeit der Szene hat mich nicht gestört. Allerdings fand ich es auch etwas zu zufällig, wie Paul in den Besitz der Pamphlete gelangt ist. Das hätte sich die Autorin etwas besseres ausdenken können.

Und plötzlich taucht Simone auf. Die hätte schon bei der Vorstellung der Familie Larcher erwähnt werden müssen. Die wohnen ja alle im selben Haus. Wohnt sonst noch jemand dort? Hätte ich gerne gewusst.
Da gebe ich dir auch Recht. Simone kommt wie bestellt, wenn sie als Stichwortgeberin gebraucht wird. Die hätte man ohne Weiteres schon am Anfang mal beiläufig erwähnen können.

La Reyne wird erstaunlich positiv dargestellt. Der König auch. Dabei hab ich vom König eher ein negatives Bild. Die Hungersnot im Folgenden beschrieben geht auch auf sein Konto ...
Den König finde ich auch ungewöhnlich menschlich beschrieben. In anderen Büchern oder Filmen, die ich kenne, wir er immer nur als der eitle, prunksüchtige, viele Feste feiernde und Geld ausgebende Verschwender gezeigt. Hier ist das erwas anders und das gefällt mir recht gut.

Keine einzige Figur finde ich interessant. Ja, ihre Motive werden deutlich, ihre Charaktere nachvollziehbar, allein ist dort niemand originell, anrührend, klug, herzensgut oder sonst in irgendeiner Form bemerkenswert.
Ja, sie sind alle recht normal, wie echte Menschen eben sind. ;) Mir gefällt das. Von ungewöhnlich klugen Heilerinnen und mitfühlenden Nonnen habe ich genug gelesen.

Sie hat zwei Buchbinder im Haus und die bringen nichts zustande, was so hübsch ist wie das Werk eines dahergelaufenen Gesellen?
Ich habe das nicht so verstanden. Das Schaufenster ist ja nicht leer, bevor sie das Buch von Paul hineinlegt. Es werden dort auch schon einige Stücke ihres Gatten und ihres Sohnes gelegen haben.
 

Amena25

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23. Oktober 2016
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Ich werde überhaupt nicht warm mit diesem Buch. Ja, das Zeitkolorit ist wunderbar plastisch, alles andere haut mich nicht um. Keine einzige Figur finde ich interessant. Ja, ihre Motive werden deutlich, ihre Charaktere nachvollziehbar, allein ist dort niemand originell, anrührend, klug, herzensgut oder sonst in irgendeiner Form bemerkenswert.

Mir geht es, leider ähnlich wie dir. Vielleicht bin ich noch etwas positiver gestimmt als du, aber auch mir sind die Figuren irgendwie zu einseitig. Am schillerndsten finde ich noch Paul, der zu Beginn recht sympathisch, dann aber wiederum auch recht windig daherkommt.
Das Treiben am Hofe finde ich zwar sehr anschaulich beschrieben, aber wie du schon erwähnst, sind es zu viele verschiedene Figuren, die aber zu wenig ,,Gesicht" bekommen.
Einzelne Passagen sind sehr detailreich und bildhaft beschrieben, in manchen Szenen kommt es aber zu kleinen Handlungssprüngen, was für mein Empfinden den Erzählfluss etwas stört.
Ich habe stellenweise das Gefühl, die Autorin konnte sich nicht so ganz zwischen historischem und Liebes-Roman entscheiden und deshalb stimmt die Balance nicht immer.
 

ulrikerabe

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Das Verhängnis naht mit großen Schritten und wurde konstruiert.
Marianne stellt das rote Buch von Paul ins Schaufenster, um Kunden anzulocken. WARUM????? Hat sie denn sonst nichts Hübsches? Was treiben ihre Männer denn so? Sie hat zwei Buchbinder im Haus und die bringen nichts zustande, was so hübsch ist wie das Werk eines dahergelaufenen Gesellen? Wie dumm kann man sein, ein verbotenes Buch ins Schaufenster zu stellen?
Und kaum steht dieses Buch im Fenster, kommt dieser Abbé und findet es wundervoll. So ein Zufall. Zufällig ist er ein Freund der Madame de Maintenant...
Mir scheint, Jean legt nicht viel Wert auf Hübsches. Handwerklich korrekt muss es sein. So wie er Geld zum Sparen und nicht zum Ausgeben hat, ist "schön" wahrscheinlich zu verschwenderisch. (Vielleicht nimmt er deswegen Marianne auch als Selbstverständlichkeit wahr, die als Frau, Mutter, Köchin, Gehilfin...funktioniert. Und Marianne saugt das Kompliment des Priesters und später Pauls Blicke wie ein Schwamm auf.)