2. Leseabschnitt: Kapitel 4 bis 7 (Seite 49 bis 92)

Wandablue

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Gus lebt sein Leben. Das gefällt mir. Der Stil des Buches ist auch gut, - es dürften ein paar weniger Vergleiche sein - aber was solls - und auf Seite 54 ist ein ganz übler. Das geht nicht. Ich überlege, ob das schon Punkte kostet.
 

Literaturhexle

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Gus lebt sein Leben. Das gefällt mir. Der Stil des Buches ist auch gut, - es dürften ein paar weniger Vergleiche sein - aber was solls - und auf Seite 54 ist ein ganz übler. Das geht nicht. Ich überlege, ob das schon Punkte kostet.
Kannst du nicht sagen, welcher Vergleich dir so aufstößt? Dann könnten wir drüber reden. Ich vermute, es ist dieser:
Diese Bruchstücke aus der Kindheit kamen an die Oberfläche wie leblose, von Wasser durchtränkte Körper, offenbar wollte das einfach nicht aufhören.
Das passt doch gut. Sie bewegen sich langsam und drängen trotzdem nach oben. Ich kann mir das gut vorstellen.
 

Die Häsin

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Gus lebt sein Leben. Das gefällt mir. Der Stil des Buches ist auch gut, - es dürften ein paar weniger Vergleiche sein - aber was solls - und auf Seite 54 ist ein ganz übler. Das geht nicht. Ich überlege, ob das schon Punkte kostet.
Du meinst sicher den Vergleich der Frau, die ans Fressgitter gedrückt da steht, mit Christus am Kreuz. Ja, das ist sehr knallig, aber in gewisser Weise haben solche Parallelen in katholisch geprägten Ländern Tradition. Ich kann mich erinnern, dass Flauberts "Madame Bovary" wegen einer ähnlichen Passage seinerzeit auf den Index gesetzt wurde.
Es ist allerdings schon merkwürdig, wie oft in diesem Buch, das aus der Perspektive eines Nichtgläubigen erzählt, von Gott und Christus die Rede ist.

ps. Ich weiß bei manchen Vergleichen auch nicht so recht, was sie bedeuten sollen. Hier habe ich mir einen Vermerk gemacht:
""Von nun an spuckte die Sonne ihre Strahlen auf die kahlen Bäume. Sie glichen großen abgenagten Fischgräten, die bei Ebbe in einem Massengrab gestrandet waren."
Ich empfinde (wie ganz bestimmt die allermeisten Menschen) Wintersonne als etwas Schönes und Belebendes. Der Vergleich mit einem Massengrab voll Fischgräten kommt mir schon sehr lebensverneinend vor. So ist Gus doch eigentlich gar nicht drauf.
 
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Literaturhexle

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Es war so offensichtlich ... habe sogar die Seitenzahl angegeben.
wer nachschauen will, schaut nach - wer nicht - nicht.
Ich habe die betreffende Seite sogar zweimal gelesen (habe also nachgeschaut). Jeder liest anders, jedem fallen andere Dinge auf oder stören einen, wie dich in diesem Fall. Ich hätte gerne auf Anhieb verstanden, wo es dir drum geht. Ein Stichwort hätte vermutlich gereicht. Letztlich geht es hier um den Austausch.

Warum du jetzt mein "Kindermädchen" sein sollst, erschließt sich mir nicht. Eine Erklärung ist allerdings nicht nötig.
 

Wandablue

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Man stelle sich vor, es hätte etwas Diffamierendes über Mohammed dort gestanden - es wäre dir ins Auge gesprungen. Es ist schon seltsam, dass man im christlichen Abendland Schmähungen gegenü der Christenlehre anstandslos akzeptiert. Ich hätte nicht gedacht, dass es näherer Erklärungen bedarf und bin deshalb ungehalten.
 

Literaturhexle

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Jetzt hast du das Kindermädchen weggebessert und niemand versteht, was ich gemeint habe. Nicht ganz fair, aber wir lassen das jetzt so stehen.
 
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Xirxe

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19. Februar 2017
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Das ist wirklich grausam, was bewegt sie dazu, sich so zu verhalten?
Vielleicht hat sie einen Hass auf alles Männliche? Vielleicht will sie Gus büßen lassen für das, was sein Vater ihr antut?
Ich sehe es auch so, wie @Literaturhexle Jedes Mal, wenn sie Gus anblickt, sieht sie seinen Vater, ihren Ehemann und muss vermutlich daran denken, was er ihr angetan hat und noch immer antut. Nicht alle Mütter haben die Größe und Stärke, darüber hinwegzusehen und nur ihre Kinder zu erblicken. die ja nichts dafür können.
Seine Weisheiten gefallen mir, er wirkt überhaupt nicht einfältig oder dumm.
Dumm ist er definitiv nicht, das kann man auch an seinem Widerstand dem Banker und dem Prediger gegenüber erkennen, die treibt er beide in die Ecke.
Mich hat seine Wortgewandheit in den Gesprächen mit dem Bibelheini und dem Banker völlig verblüfft. Bei jemandem, der sich nur mit seinem Hund unterhält, ab und zu mit dem Nachbarn und ansonsten nur seinen Gedanken nachgeht, hätte ich eher erwartet, dass er Schwierigkeiten hat, seine Gedanken in passende Worte zu fassen und weniger schlagfertig ist.
Gus ist vereinsamt und verbittert, lässt sich aber auf Dialoge ein, die auf ein gewisses Vergnügen am Wortgefecht schließen lassen.
Damit habe ich auch so ein bisschen meine Schwierigkeiten. Ein Eigenbrötler ohne gute Schulbildung, der derart wortgewandt ist, dass er einen Banker und eine Evangelikalen unter den Tisch redet - puh, das finde ich schon etwas sehr weit hergeholt. Ich weiß noch nicht mal, ob ich das hinkriegen würde ;) Aber man sollte nicht vergessen: Es ist das erste Buch des Autors, da kann ich sowas locker verzeihen ;)
Es ist allerdings schon merkwürdig, wie oft in diesem Buch, das aus der Perspektive eines Nichtgläubigen erzählt, von Gott und Christus die Rede ist.
Vermutlich weil die Religion dort viel stärker präsent ist als wir uns das vorstellen können. In Zeiten, als in jedem Haus und auch sonst überall noch Kreuze standen und hingen, als die Pfarrer mindestens so wichtig wie die Bürgermeister waren (eher wichtiger, letztere konnten ja nach vergleichsweise kurzer Zeit wieder abgewählt werden) - da war Religion alltäglich und vermutlich auch bestimmend im Alltag.
Der Vergleich mit einem Massengrab voll Fischgräten kommt mir schon sehr lebensverneinend vor. So ist Gus doch eigentlich gar nicht drauf.
Ach, er hat schon immer wieder depressive Gedanken, aus denen er sich herausreißen muss. Und der Vergleich selber ist vielleicht deshalb nicht so ungewöhnlich, weil die Cevennen gar nicht so weit vom Meer entfernt sind. Rund 100 km, da dürften die Fischhändler auch ihre Ware dort verkaufen, sodass man so etwas wie ein Massengrab voll Fischgräten tatsächlich öfter sieht.

Alles sehr sehr mysteriös. Die Atmosphäre finde ich wirklich atemberaubend, einerseits voller Freiheit, andererseits durch dieses Nichts rundherum auch bedrückend.
Bei den Fußabdrücken im Wald kam mir wie Gus auch der Gedanke: Vielleicht ist es eine Frau. Oder sogar ein Kind? Hat Abel vielleicht eine Frau gefangen gehalten, mit der er ein Kind hatte? Sie hat er getötet, das Kind ist geflohen? Er hatte immerhin schon mal den 'Genuss', eine Frau zu haben, weiß also auch um die 'Vorteile'. Und in solch archaischen Gegenden sind solche Sachen eher geheimzuhalten als in dichter bevölkerten Gegenden. Vielleicht wurde nun auch etwas bekannt und diese Männer sind auf der Suche nach Hinweisen ...
Hach, wenn es ganz anders ist, schreib ich wohl gleich meine eigene Geschichte ;) Aber ihr merkt, es beschäftigt mich. Und weiterlesen ...
 

Die Häsin

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Vermutlich weil die Religion dort viel stärker präsent ist als wir uns das vorstellen können. In Zeiten, als in jedem Haus und auch sonst überall noch Kreuze standen und hingen, als die Pfarrer mindestens so wichtig wie die Bürgermeister waren (eher wichtiger, letztere konnten ja nach vergleichsweise kurzer Zeit wieder abgewählt werden) - da war Religion alltäglich und vermutlich auch bestimmend im Alltag.
Wie schon gesagt, haben solche Vergleiche in der französischen Literatur eine gewisse Tradition. Aber davon abgesehen ist Gus weder gläubig, noch anscheinend seine nähere Umgebung. Auf S. 76 wird Bezug genommen auf die "Kamisardenkriege", die viele Menschen sinnlos das Leben gekostet haben. In Frankreich hat es mehrere grässliche Feldzüge dieser Art gegeben, auch gegen die Katharer und Albigenser etc., ganze Städte wie zb Béziers wurden entvölkert - abgesehen von der hier gemeinten späteren Hugenottenverfolgung. Das Misstrauen gegen die Kirche, heißt es an dieser Stelle (S.76), ist vielen Einheimischen in Fleisch und Blut übergegangen und die Kirche verfällt. Aber vielleicht liegt es an genau dieser Art von Ressentiments, dass Gus bzw. der Erzähler sich noch immer an religiösen Symbolen abarbeitet.
 

Literaturhexle

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Alles sehr sehr mysteriös. Die Atmosphäre finde ich wirklich atemberaubend, einerseits voller Freiheit, andererseits durch dieses Nichts rundherum auch bedrückend.
Das hast du alles sehr gut eingefangen, wir sind uns weitgehend einig. Lies mal weiter, bin sehr gespannt, wie das Ende auf dich wirkt.
@Die Häsin Vielen Dank wie immer für sie interessanten literarischen historischen Hintergründe und Bezüge!
 
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Wandablue

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Damit habe ich auch so ein bisschen meine Schwierigkeiten. Ein Eigenbrötler ohne gute Schulbildung, der derart wortgewandt ist, dass er einen Banker und eine Evangelikalen unter den Tisch redet - puh, das finde ich schon etwas sehr weit hergeholt. Ich weiß noch nicht mal, ob ich das hinkriegen würde
Oh, echt. Ja, ich denke, das kann man so sehen. Mich hats nicht so überrascht, da Gus ja viel freie Zeit zum Denken hat. Er sagt halt selten, was er denkt. Aber er denkt. und der Bibelheini hat es nun abgekriegt.
 

ulrikerabe

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Abels Geschichte mit dem Hund ist völlig unglaubwürdig, wer hat dann geschrieen? Da kommt sicherlich noch etwas.
Aber die Szene war richtig gut gemacht.
Abel gibt Gus ganz klar zu verstehen, dass er weiß, dass Gus ihm nachspioniert, ohne dass er es sagen muss.
Was den Hund betrifft: Ich glaube Abel kein Wort. Ich bin sicher, auch Gus glaubt ihm eigentlich nicht. Und Abel weiß, dass Gus weiß, dass er weiß....
 

ulrikerabe

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Zu Hause wurde er gequält, in der Schule gemobbt; man braucht sich nicht zu wundern, wenn er noch als Erwachsener jede menschliche Gesellschaft am liebsten gleich in die Flucht schlägt.
Ich frage mich ob Gus irgendwie entstellt ist?
"Man braucht Gus nur anzuschauen, und die ausweichenden Blicke der Menschen zu beobachten, um darin den ekel zu entdecken, den er hervorrief..." (S. 54)
Eventuell ein Geburtstrauma? Wir finden ja schon auf Seite 7 einen Hinweis dazu. "....man hätte ihn nicht so schütteln dürfen, wie sie es getan hatten, um den berühmten ersten Schrei aus ihm herauszuzwingen, und es hätt ein wenig an diesem verzögerten Start gelegen, dass er später lieber mit Tieren als mit Menschen sprach."

Hier schlägt natürlich auch die Präpotenz des Städters durch, zu glauben, ein Bauer ist ein Hinterwäldler ohne Verstand. Gus ist mmn nach intelligent und interessiert an den Vorgängen, verfolgt die Nachrichten, und lässt sich nicht für blöd verkaufen, weder von dem Bankmenschen, noch vom Bürgermeister. Dabei in seiner ganzen Art grob und unhöflich, fühlt sich gestört und will seine Ruhe. aber die Abfuhr, die er dem Bankheini erteilt hat, hat mir schon gefallen.
 

Die Häsin

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Ich frage mich ob Gus irgendwie entstellt ist?
Diesen Verdacht hatte ich auch eine Zeitlang, aber später weist nichts mehr darauf hin ...
Er hat offenbar irgendeine Art von "Mal", das ihn von anderen unterscheidet, aber das muss ja keine Entstellung sein; vielleicht hat er - wie ich das schon erwähnte - eine geduckte und verdruckste Körpersprache, eine Ausstrahlung, die ihn sofort als Außenseiter kenntlich macht. Kinder haben bei so etwas sehr feine Antennen.
 

ulrikerabe

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Die Familiengeschichte finde ich ganz schrecklich. die Mutter muss jahrzehntelang den Übergriffen ihres Mannes ausgesetzt gewesen sein. (...der Vater starb mit fünfundsiebzig Jahren... S.14).
Als sie sich letztmalig wehrt, kommt sie für 15 Jahre ins Gefängnis. Bei ihrer "Heimkehr" geht sie in den Stadel und erhängt sich. Und Gus schaut dabei zu. (Das macht ihn nicht gerade nahbar)

Das alles finde ich so furchtbar, brutal stumpf und dabei halte ich solche Lebensgeschichten nicht einmal komplett erfunden.
 

Amena25

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Diesen Abschnitt fand ich sehr schwer zu ertragen. Gus Erinnerungen an seine Kindheit, der Umgang des Vaters mit der Mutter, aber auch das Verhalten der Mutter Gus gegenüber....Sehr brutal. Und dann noch Gus, wie er fast schon genüsslich seiner Mutter beim Sterben zusieht. Puh, da musste ich mich schon fast zum Weiterlesen zwingen.
 

Amena25

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Erstaunlich, wie schnell man einen Menschen unterschätzt, bloß weil er introvertiert ist und ein Außenseiter ist. Mich hat seine Wortgewandheit in den Gesprächen mit dem Bibelheini und dem Banker völlig verblüfft. Bei jemandem, der sich nur mit seinem Hund unterhält, ab und zu mit dem Nachbarn und ansonsten nur seinen Gedanken nachgeht, hätte ich eher erwartet, dass er Schwierigkeiten hat, seine Gedanken in passende Worte zu fassen und weniger schlagfertig ist.
Gus' Redegewandtheit finde ich auch sehr erstaunlich. Seine Dialoge mit Abel finde ich allerdings etwas gestelzt und wenig authentisch.

Überhaupt ist das Verhältnis zwischen Abel und Gus äußerst merkwürdig. Man sollte doch meinen, dass die Bewohner in einer so abgelegenen Gegend aufeinander angewiesen sind und sich unterstützen. Aber bei beiden herrscht ein tiefes Misstrauen und von Abels Seite eine latente Aggressivität vor.
 
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