Nun hat mich der Autor endgültig erreicht, die unterschiedlichen Vorgeschichten der Eltern und die Entwicklung von Roland und Alissa lassen die Figuren sehr lebendig, fühlbar werden und erklären auch das Handeln. Alissa hatte wohl Angst, in ihrer Ehe, mit dem kleinen Sohn und Roland als kompliziertem Ehemann wie ihre Mutter ihr eigenes Leben, ihre eigenen Interessen zu verlieren. Janes Unterlagen, die Geschichte der Weißen Rose, hatten ihn sehr beschäftigt, als er sie gelesen hatte, doch nun hat Alissa die Unterlagen mitgenommen.
Das Verhalten der Klavierlehrerin ist nachvollziehbar, auch wenn es den Sex mit Minderjährigen nicht entschuldigt. So kommt langsam durch, wie sehr das Roland geprägt und aus der Bahn geworfen hat. Ich hatte mir auf Grund der Schilderungen im ersten Abschnitt eine etwas ältere Frau vorgestellt, dabei ist sie jetzt, als er 14 ist, erst 25 Jahre alt. Was ich an dieser "Beziehung" wirklich sehr schlimm finde, ist, wie sehr sie ihn bewusst einengt, durch den Sex an sich bindet, diese Woche, in der sie sich nicht meldet, führt ihn schnell wieder (abgesehen von seiner Sehnsucht und seinen Gedanken) zu den gleichaltrigen Mitschülern im Internat zurück, er ist wieder einfach 14 Jahre alt und seine Leistungen bessern sich sofort. Ihr Verhalten ist insgesamt mehr als eigenartig, durch welche Erfahrungen auch immer sie selbst so geworden ist.
Seine extreme Angst nach dem Reaktorkatastrophe von Tschernobyl wirkt auf mich schon zwanghaft. Auf Seite 161 kurz ein Lichblick in der Jetztzeit, ein kurzes Aufflackern, aber dann doch keine Veränderung. "Er könnte jetzt raus in den Garten gehen und als Tribut an die einstigen Freiheiten sein Glas erheben." (Zitat Se)ite 161