2. Leseabschnitt: Kapitel 24 bis 49 (Seite 89 bis 178)

GAIA

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27. Dezember 2021
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49
Thüringen
Im zweiten LA bin ich noch mehr in die flott erzählte Geschichte um Louis eingetaucht.
Drei Momente, die ich mir notiert habe:
- Als Louis dem Pferd die Bänder durchschneidet, nur um dem falschen Sanitäter eins auszuwischen. Damit hatte ich nicht gerechnet und es will mir auch nicht recht zu Louis passen. Obwohl gleich mit dabeistand, dass er sich schämte schon als er es tat. Pfui!
- Der großartige Apotheker, der zur rechten Zeit am rechten Ort war. Louis hätte an eine Person geraten können, der es vollkommen egal ist, wer warum etwas kauft, hauptsache die Franc reichen aus. Aber dieser tolle Menschenkenner ist wieder so eine schöne Nebenfigur wie der "Lehrmeister" (mir ist sein Name leider schon wieder entfallen). Gern hätte ich vom Apotheker noch mehr im Text gelesen. Aber so ist der Text, er galoppiert durch die Zeit.
- Die Stelle, wo der "Biograf" des Medizin-Professors erkennt, dass die schwierige Geburt Louis' mit dem Kunstgriff des Professors dort in ein eigenes Kapitel gehört. Genau, wie es auch unser Autor Lewinsky gemacht hat. Musste ich schmunzeln ob des Querverweises.

Und auch für diesen LA gilt: Ich war so dirn im Lesefluss, dass ich schwuppdiwupp in den nächsten LA reingerutscht bin. Da fliegen die Seiten nur so dahin.
 

Emswashed

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9. Mai 2020
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9.773
49
Ja, Lewinskys Personal ist einfach vielfältig und mit wenigen "Schreib-"strichen wecken sie gleich unsere Aufmerksamkeit.
Die kurzen Kapitel verleiten einen dazu, doch noch eins zu lesen, nur noch eins... und die paar Seiten gehen auch noch. Das hat was von Soap!
 

Lesehorizont

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29. März 2022
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53
Mainz
Es stimmt. In sprachlicher und stilistischer Hinsicht liest sich das Buch leicht. Nur leider packt mich die Geschichte bisher nicht so wirklich. Ich hoffe, dass sich das noch ändert. Vielleicht bin ich aber jetzt auch durch tolle vorherige Lektüren sehr verwöhnt und überstreng. Oder der Funke springt etwas später über?
Mal sehen...
 

Christian1977

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8. Oktober 2021
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Als Louis dem Pferd die Bänder durchschneidet, nur um dem falschen Sanitäter eins auszuwischen.
Die Stelle hat mich auch gestört, denn sie passt auch in meinen Augen nicht zu Louis' guten Charakter.
Genau, wie es auch unser Autor Lewinsky gemacht hat. Musste ich schmunzeln ob des Querverweises.
Ja, eine gelungene Spielerei - oder Meta-Ebene.
Vielleicht bin ich aber jetzt auch durch tolle vorherige Lektüren sehr verwöhnt und überstreng.
Das kann doch eigentlich nicht sein, denn wir haben fast immer die gleichen Bücher gelesen. ;)
Mir geht hier vieles zu schnell, obwohl schön erzählt.
Mir auch, vor allem die Episoden, die ich gern mochte. Dieser versuchte Betrug zum Beispiel, da hätten Pasquale und Louis doch wunderbare Abenteuer erleben können. Doch schon beim ersten Versuch geraten sie an einen Polizisten.
 

Christian1977

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8. Oktober 2021
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Der Roman liest sich nach wie vor flott und unterhaltsam, aber mir fehlt ein wenig die Tiefe. Die einzelnen Episoden rasen so an uns vorbei, dass man sie inklusive ihrer Figuren leicht wieder vergisst. Dabei haben einige davon so viel Potenzial.

Pasquale hätte ich gern weiter im kongenialen Latein-Austausch mit Louis erlebt. Oder den merkwürdigen Doktor und seine seltsamen Behandlungsmethoden. Doch zack zack, jetzt sind wir schon bei Louis' Mutter angekommen.

Wegen der Handverletzung sollten wir jetzt Gewissheit in Bezug auf die Totengräber-Szene haben.

Stilistisch nerven mich die kurzen Hauptsätze ein bisschen. Hervorheben möchte ich aber Kapitel 34, das mit seinen Flashbacks in Louis' Überlebenskampf fast rauschhaft wirkt.

Trotz der genannten Kritikpunkte macht mir das Buch aber Spaß. Und ich bin gespannt, wie es mit Marianne und Louis weitergeht.
 

Literaturhexle

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2. April 2017
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49.893
49
Nur leider packt mich die Geschichte bisher nicht so wirklich
Würde mir beim Lesen wohl genauso gehen. Gemütlich auf dem Lesesessel darf es etwas mehr Anspruch haben. Aber für meine Zwecke beim Stauben und Räumen und Putzen: Genial! Es hält mich bei Laune. Ich bewundere, wie schon beim Halbbart, den Ideenreichtum Lewinskys. Wie ihr sagt: es wirkt wie mit leichter Hand dahin geschleudert und dennoch finden sich wunderhübsche Sätze mittendrin, die man erstmal sacken lässt.
Wegen der Handverletzung sollten wir jetzt Gewissheit in Bezug auf die Totengräber-Szene haben.
Was bist du ein Fuchs :p
Stilistisch nerven mich die kurzen Hauptsätze ein bisschen.
Ja. Mich auch. Und das sagtefragtesagte immer wieder. Parallel lese ich ein ebenfalls dialoglastiges Buch von Castle Freeman , das mir zeigt, dass es auch ohne geht. Kann Lewinsky. Will er aber nicht. Er möchte es süffig-fluffig...
Ich nehme es hin.
 

Literaturhexle

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2. April 2017
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Es gefällt mir, wie Louis durch die verschiedenen Begegnungen immer weiter vorwärts gebracht wird. Besonders prägend war natürlich der Marchese, doch auch die anderen sind illustre Typen, die es irgendwie gut mit ihm meinen, auch wenn nicht jeder Begegnung eine lange Dauer bestimmt ist. Der clevere Apotheker erwirkt eine Verlängerung und prompt findet Louis den netten Weinhändler.... Bei allem erlittenen Unglück scheint er immer ein Treppchen hinauf zu fallen.

Brutale Szenen werden geschickt ausgespart. Sie werden nur angedeutet. Oder es erfolgt ein abrupter Szenenwechsel. Das ist etwas, was das Buch zur Wohlfühllektüre macht. Man muss (bis jetzt) keine Angst haben, dass nach der nächsten Seite das Böse lauert (wie oft in historischen Romanen üblich.)
 

RuLeka

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30. Januar 2018
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Auch ich fliege geradezu durch die Seiten. Die Lebensgeschichte von Louis bietet so viel Stoff u d Dramatik. Das hätte gereicht für einen 800 Seiten Roman. Doch Lewinsky bringt alles auf weniger als der Hälfte unter. Und mir fehlt nichts.
Natürlich, die Szenen und die Figuren hätten das Potential für mehr. Trotzdem wirken die Episoden bunt und das Personal lebendig. Mit einem Satz bringt der Autor Wesentliches auf den Punkt.
Die Szene mit dem Deserteur: Alles drin, der Anlass, der Zweifel, der genaue Ablauf ( wer wusste vorher, wie mühsam das Schießen mit so einem Gewehr war?) , den Seelenzusrand des Zu - Tode- Verurteilten, der Bluff, aber leider ein Trick, der misslingt.
Was Krieg bedeutet: Auch hier braucht Lewinsky nicht viel. Auf drei Seiten ist man mitten in einer Schlacht, ganz nah bei dem einzelnen Soldaten, riecht den Gestank von Blut, spürt dessen Verwirrung, seine Angst, das Mitleid, seine gefühlsmäßige Verrohung.
Dazwischen Seitenhiebe auf die Politik, auf die Feldgerren, auf ehrgeizige Mediziner, die den Krieg und seine Opfer nutzen für ihre eigene Reputation.
Aber Louis hat trotz seines harten Schicksals immer wieder Glück. Er trifft auf Menschen, die es gut mit ihm meinen. So ist auch ein hartes Schicksal auszuhalten, wenn jemand da ist, der einem zuhört, einem weiterhilft. Deshalb bleibt Louis auch einer von den Guten.
Aber was ihm einfach keine Ruhe lässt, ist die Frage nach seinen Eltern. Der Mensch braucht Wurzeln.
 

RuLeka

Bekanntes Mitglied
30. Januar 2018
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was das Buch zur Wohlfühllektüre macht.
Als Wohlfühllektüre empfinde ich den Roman nicht. Dazu waren die Zeiten zu schrecklich und die Lebensumstände für Louis ebenfalls.
Er hat zwar oft Glück, aber es fehlt nicht an Rückschlägen. Die ersten Jahre im Waisenhaus waren schrecklich, ein Jahr Gefängnis für einen gestohlenen Apfel, die Begegnung mit seiner völlig verwirrten, in der Vergangenheit lebenden Mutter ( diese Szene herzzerreißend.
Da lesen wir von kleinen Verletzungen in einem Gegenwartsroman und sprechen von Trauma ( andere LR), berührt uns das mehr, weil es näher an unserer Lebenswirklichkeit liegt?
Hat ein historischer Roman eher was von „ Es war einmal…“ und geht uns deshalb weniger an?
Oder liegt es daran, dass Lewinsky seine Geschichte so locker, süffig schreibt?
Langer Rede, kurzer Sinn: Lewinsky schreibt nicht hochliterarisch, nicht poetisch- verfremdet, aber er schafft für mich eine Nähe zu seinen Figuren, die ich bei manch anderem Buch nicht hatte.
 

Literaturhexle

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2. April 2017
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Als Wohlfühllektüre empfinde ich den Roman nicht.
Hm. So hatte ich das nicht gemeint, da habe ich mich missverständlich ausgedrückt. Aber die Szenen sind so kurz, dass keine große Dramatik aufkommt. Als z.B. Pasquale erschossen wurde, hat mein Herz kurz ausgesetzt - mit so etwas hatte ich nicht gerechnet. Sofort kommt der Schnitt und unser Protagonist ist ganz woanders. Lewinsky verzichtet auf Ausschmückung des Elends. Er zeigt uns das Leben von damals, verzichtet aber weitgehend auf Emotionalitäten.

Der Begriff "Wohlfühlroman" sollte eher bedeuten, dass ich das Buch gerne lese/höre, dass es interessant ist, dass man nicht endlos brüten muss. Es fühlt sich leichter an - im positiven Sinn.

die Begegnung mit seiner völlig verwirrten, in der Vergangenheit lebenden Mutter ( diese Szene herzzerreißend
Die Szene hat mich auch sehr berührt, zumal ich im Seniorenheim oft alte Frauen mit Babypuppen in der Hand sehe. Louis´ Mutter hätte das Baby gewiss sehr geliebt. Nicht umsonst treibt sie diese Szene in der Demenz um. Sie möchte sie umschreiben, so scheint es mir.
aber er schafft für mich eine Nähe zu seinen Figuren, die ich bei manch anderem Buch nicht hatte.
Das ist dann wieder Geschmackssache;)
Ich brauche die Nähe zu den Figuren nicht zwingend, wenn das Gesamtkonzept für mich aufgeht.
 

RuLeka

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30. Januar 2018
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So hatte ich das nicht gemeint, da habe ich mich missverständlich ausgedrückt. Aber die Szenen sind so kurz, dass keine große Dramatik aufkommt.
Dann habe ich Dich falsch verstanden.
Ich brauche hier keine Ausschmückung ( das könnte leicht Richtung Kitsch gehen), der Rest macht meine Phantasie.
Ich brauche die Nähe zu den Figuren nicht zwingend, wenn das Gesamtkonzept für mich aufgeht.
Ich auch nicht. Aber Nähe führt zu Empathie und ich will dann unbedingt wissen, wie es weitergeht.
Figuren, die mich kalt lassen, bzw. deren weiteres Schicksal mir gleichgültig ist, entwickeln keinen Lesesog.
 

Lesehorizont

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29. März 2022
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Der Roman liest sich nach wie vor flott und unterhaltsam, aber mir fehlt ein wenig die Tiefe. Die einzelnen Episoden rasen so an uns vorbei, dass man sie inklusive ihrer Figuren leicht wieder vergisst.
Ich glaube, das ist mein Problem. Alles liest sich gut, aber vieles bleibt einfach nicht hängen. Ich werde weder in die Geschichte hineingezogen, noch beschäftigt mich irgendeine Person länger.
Figuren, die mich kalt lassen, bzw. deren weiteres Schicksal mir gleichgültig ist, entwickeln keinen Lesesog.
Das stimmt. Und eben in einen solchen Lesesog bin ich bisher nicht hineingeraten. Ohne Leserunde weiß ich nicht, ob ich weiter gelesen hätte - zumindest zum jetzigen Zeitpunkt...
 

Emswashed

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9. Mai 2020
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Ich glaube, das ist mein Problem. Alles liest sich gut, aber vieles bleibt einfach nicht hängen.

Hmm, ein bißchen magst Du da recht haben. Lewinsky verweilt nicht und hetzt weiter. Es ist schwer Einzelheiten im Kopf zu behalten , weil die Szenen so schnell wechseln.

Ist diese Lektüre etwa wie die leeren Zuckerkalorien in Süßigkeiten? Man isst sie gern und ist süchtig danach, aber sie machen nicht satt.

Verderbt mir jetzt bloß den Lewinsky nicht!
 

otegami

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17. Dezember 2021
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Es gefällt mir, wie Louis durch die verschiedenen Begegnungen immer weiter vorwärts gebracht wird. Besonders prägend war natürlich der Marchese, doch auch die anderen sind illustre Typen, die es irgendwie gut mit ihm meinen, auch wenn nicht jeder Begegnung eine lange Dauer bestimmt ist. Der clevere Apotheker erwirkt eine Verlängerung und prompt findet Louis den netten Weinhändler.... Bei allem erlittenen Unglück scheint er immer ein Treppchen hinauf zu fallen.
Ich nenne Louis inzwischen 'Stehaufmännla', denn jede noch so schwierige Situation bewältigt er und rappelt sich wieder hoch.
Was Krieg bedeutet: Auch hier braucht Lewinsky nicht viel. Auf drei Seiten ist man mitten in einer Schlacht, ganz nah bei dem einzelnen Soldaten, riecht den Gestank von Blut, spürt dessen Verwirrung, seine Angst, das Mitleid, seine gefühlsmäßige Verrohung.
Dazwischen Seitenhiebe auf die Politik, auf die Feldgerren, auf ehrgeizige Mediziner, die den Krieg und seine Opfer nutzen für ihre eigene Reputation.
Genau!!!!! Und die Zeit, die er im Fieberwahn verbrachte - so nachvollziehbar und plastisch beschrieben, dass ich dachte, ich wäre dabei!
Und eben in einen solchen Lesesog bin ich bisher nicht hineingeraten. Ohne Leserunde weiß ich nicht, ob ich weiter gelesen hätte - zumindest zum jetzigen Zeitpunkt...
Oh! :think Immer wieder interessant, wie unterschiedlich Bücher auf die einzelnen Lesenden wirken! (Ich muss mich zusammenreißen, dass ich auch noch was anderes mache! ;) )
Ich brauche hier keine Ausschmückung ( das könnte leicht Richtung Kitsch gehen), der Rest macht meine Phantasie.
Bei mir auch!
Faszinierend finde ich die unterschiedlichen Personen, die Louis' Weg kreuzen: angefangen bei Leandro im Waisenhaus, der Marchese (meine bisherige Lieblingsfigur), Maria, Pasquale................... und zuletzt die Szene mit seiner Mutter. (Uffff, die ging mir sehr unter die Haut! ):sad