Wie viele von euch kann ich nur mit dem Kopf schütteln ob Kadokes plötzlich entdeckter Liebe zu seiner Großkusine. Flucht? Bestimmt. Sehnsucht nach einem Menschen, der ihn versteht und nicht verurteilt? Garantiert. Schlechte Idee? Höchstwahrscheinlich.
Ich hätte ihn gern noch auf seinen grundlegenden Fehler seines Plakates "LITERATUR IST KEINE VERLEUMDUNG" hingewiesen, aber auch kein anderer tat es, also bleibts wohl vorerst in meinem Kopf stecken.
Jedenfalls ist die Aufschrift Literatur ist keine Verleumdung sinnlos. Man versteht es nicht. Kann an der Übersetzung liegen. Man darf gespannt sein, ob es später auch so dastehen wird. Völlig sinnfrei.
Ich denke, die Sinnlosigkeit ist hier vom Autor voll und ganz beabsichtigt. Es zeigt, wie realitätsfremd Kadoke ist, wie wenig sich dessen bewusst, wie sein Verhalten auf andere Menschen wirkt – überhaupt, wie die ganze Geschichte sich in den Augen von Menschen darstellt, die ihn ausschließlich von außen be- und verurteilen.
Dieses Plakat bringt auf den Punkt, warum seine Kreuzfahrt, sich in den Augen der Menschen reinzuwaschen, zum Scheitern verurteilt ist. Für ihn macht das Schild Sinn, weil er
weiß, wie er es meint: Literatur
darf keine Verleumdung sein. Für alle anderen macht das Schild ihn zur Lachnummer, und das sieht er nicht, weil er nicht in der Lage ist, diesen Schritt zu tun und eine andere Perspektive einzunehmen.
Er ist Kadoke und alles ist Kadoke, die ganze Welt ist Kadoke. Es gibt für ihn nur seine persönliche Wahrheit, deswegen reagiert er fassungslos darauf, dass niemand ihn versteht. Und da kommt wieder die "Liebe" ins Spiel, denn die würde Anat zu einer Verbündeten machen.
Ich glaube ihm inzwischen, dass da wirklich nichts lief zwischen Michette und ihm, aber dennoch hat er sich, wie der Autor sagte, viel von der Misere selber zuzuschreiben. Wenn ein Psychiater eine junge und verwundbare Patientin bei sich wohnen lässt UND sie dann noch als Pflegerin für den eigenen Vater beschäftigt, dann sieht das trotz aller guten Absichten übel aus. Und wie
@RuLeka schon sagte, sexuelle Belästigung ist ein Totschlagargument.
Warum hat Kadoke eigentlich keine eigene Wohnung? Er wohnte zuerst im Hotel von Michettes Eltern und jetzt in seinem Elternhaus. Hat er kein eigenes Leben?
Nö. Ich habe den Eindruck, dass er auf sich selbst gestellt nur bedingt lebensfähig ist.
Ausserdem ist es wohl das erste Mal, dass er selbständig eine Entscheidung getroffen hat. Wie Michette schon sagte, lässt er das Leben einfach geschehen, selbst seine Berufsentscheidung hat er mehr oder weniger seinen Eltern zu "verdanken". Und jetzt soll ausgerechnet diese Entscheidung völlig falsch gewesen sein?
Wie fatal, dass er endlich mal aus eigenem Antrieb aktiv wird und sich dabei so vollkommen verrennt. Aber das kommt wohl dabei rum, wenn man nicht gewohnt ist, eigene Entscheidungen zu treffen und dann direkt so eine große trifft...
Aber wenn du wegen irgendwas so angepampt wirst wie K. (der betroffen ist, dass er auf sein Judentum reduziert wird, obwohl er sich doch längst nicht mehr als Jude sieht) - dann besinnst du dich auf deine (jüdischen) Wurzeln.
Mein erster Freund war Moslem, und das spielte für ihn eigentlich nie eine große Rolle (er praktizierte die Religion nicht) – aber wenn jemand verletzende Bemerkungen über Moslems machte, dann traf ihn das dennoch sehr. Dann konnte er auch sehr erhitzt Dinge am Islam verteidigen, die er normalerweise selber kritisch sah.
Kadoke ist ja kein praktizierender Jude, nicht mal ein gläubiger Jude und wird hier mit dem Leben und der Gedankenwelt orthodoxer Juden konfrontiert.
Das könnte noch sehr spannend werden!
Irgendwie hört sich Michette für mich verlogen an. Einerseits wollte sie Kadoke nichts böses mit dem ganzen antun und anderseits stellt sie ihn bei der Talkshow so bloss, sodass er im Grunde alles verliert.
Und warum haben die beiden nicht Michettes Mutter aufgehalten, wenn sie doch nichts böses mit dem Buch vorhatten?
Der Fehler liegt bei Michette, die behauptet, dass alles oder fast alles in dem Buch wahr ist.
Michette ist für mich eine echte Selbstdarstellerin, meines Erachtens hat sie sich in ihre eigene Kunstfigur verliebt. Sie hat die Protagonistin des Buches als ihre eigene Identität übernommen und glaubt wohl selber daran, dass das alles Wahrheit ist... Und dem Autor ist Kadoke wohl schlicht und einfach egal. Ein berufliches Ethos hat er anscheinend nicht