Hm, ob die ganzen amourösen Verwirrungen wirklich so stattgefunden haben? Sind solche privaten Ereignisse irgendwo niedergelegt? Manches mag in Briefen geschrieben stehen, in Tagebüchern? Mich hat das ganze voreheliche Gebahren jetzt wirklich nicht so interessiert. Auch dass der Kollege von der Feuerversicherung kommt, um sich zu offenbaren und Thomas zu verführen... seltsam - aber natürlich nicht unmöglich.
Eine Frage, die mich beschäftigt: Warum hat Katia Pringsheim, eine Frau aus bester Familie, Thomas Mann geheiratet, über den zumindest Gerüchte in Bezug auf seine Knabenliebe im Umlauf sein müssten oder aber ihr Bruder Klaus sie weitergetragen haben müsste... Er würde doch seine Schwester nicht ins offene Messer laufen lassen?
Mir sind diese Passagen auch zu dominant. Mann hatte unbestritten homosexuelle Neigungen, aber viele Literaturwissenschaftler sind sich einig, dass er sie nicht oder nur kaum ausgelebt hat. Insofern finde ich den Umfang solcher Begegnungen, wie sie hier zu finden sind, übertrieben. Das waren wohl Wunschdenken des Autors und dessen spezielle Lesart. Besonders der abendliche Überraschungsbesuch war mir zu viel.
Ich denke, dass Mann so diskret war, dass er eben nicht deswegen Stadtgespräch war. Hier im Roman tut Toibin so, als ob Klaus etwas ahnte, aber ob das wirklich so war? Ich bin nicht sicher, ob Katia vor ihm gewarnt wurde.
Die Kinderschar beweist, dass Thomas Mann durchaus auch heterosexuelle Empfindungen haben muss. Es ist zumindest fair, dass der Autor das auch in der Hochzeitsnacht deutlich macht.
Ja, eine Stelle, die seine angeblichen sexuellen Eskapaden etwas relativiert. Trotzdem bleibt natürlich der Eindruck, dass Thomas Mann eigentlich nur(!) auf Männer stand. Das würde ich in Zweifel stellen.