2. Leseabschnitt: Dritter und Vierter Teil

Wandablue

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18. September 2019
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Brandenburg
Es war natürlich ein Revolver, kein Messer und sie hat tatsächlich geschossen und ihr Target, der Anwalt K. verschafft ihr eine Wohnung und tritt als Beschüzer auf. Strange.
 

Die Häsin

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11. Dezember 2019
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Rhönrand bei Fulda
Ich habe heute das "Weihnachten"-Kapitel gelesen und stelle mit Bedauern fest, dass das Buch mich bei weitem nicht mehr so packt als bei der Erstlektüre.
Was mich immer noch begeistert, sind die Kleinigkeiten und Schlaglichter am Rande, zum Beispiel das Kapitel, wie der Schrank aufgebaut wird. Das fand ich richtig klasse - ein Kapitel, das von Maupassant stammen könnte, der hat genau solche Sachen erzählt in seinen Geschichten.

Lara ist ein bisschen nervig - ich kann mich jetzt nicht eirnnern, ob das so bleibt.

ps. Ist euch die Stelle aufgefallen, wo Jura und Tonja zum Fest unterwegs sind und im Vorüberfahren die Kerze sehen, die Pascha für Lara angezündet hat?
Lara sieht gern Kerzen brennen - das wird ja bereits angedeutet -, und unter Schiwagos Gedichten am Ende ist nach meiner Erinnerung eines, das auf diese Gewohnheit Bezug nimmt.
 
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Die Häsin

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11. Dezember 2019
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Rhönrand bei Fulda
Mhm. Mir haben auch die Schilderungen der Weihnachtsbräuche gefallen.
Ja, ich kann mich erinnern, dass ich damals nachgeschlagen habe, was es mit den Kotillonorden auf sich hat. Der Kotillon ist mir schon in "Madame Bovary" aufgefallen, ich dachte zuerst, es ist ein bestimmter Tanz, aber in "Madame Bovary" besteht der Kotillon darin, dass "alles walzte". Gemeint ist wohl eine Art Tanzspiel mit wechselnden Figuren, der Höhepunkt des Balles, bei Bovarys übrigens ab drei Uhr morgens.


(Am Rande, ich finde es immer wieder faszinierend, wenn in richtig alten Büchern Tänze beschrieben werden. Den Paartanz in unserem heutigen Sinn gibt es ja noch gar nicht so lange. In einem von Thomas Hardys Romanen wird beschrieben, wie ein Paar "in den Reigen aufgenommen" wird und "durch alle anderen Paare hindurchtanzt". Dieser Prozess dauert richtig lange, ich glaube, es war eine halbe Stunde. Ich würde da oft gerne mehr drüber wissen, aber es ist schwer, etwas herauszufinden, bei Thomas Hardy ist es auch noch bäuerliches Milieu, also keiner der Gesellschaftstänze, wie man sie in Verfilmungen nach Jane Austen sehen kann.)
 
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RuLeka

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30. Januar 2018
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Ich glaube übrigens nicht, dass er tot ist, da kommt es bestimmt noch zu dramatischen Wiedersehen.
Sein Tod wird bisher nicht bestätigt, ich glaube auch, dass er noch lebt.
Der Autor lässt seine Hauptprotagonisten umeinander kreisen wie Satelliten, auch Shiwago und Lara begegnen sich immer mal wieder, aber erst am Ende des 4. Teils sprechen sie miteinander.
Das gefällt mir . Auch die Szene im Krieg, mit dem toten Vater und dem brüllendes Offizier. „ Gewisse Zusammenhänge würden für immer verborgen bleiben; andere harrten noch der Enthüllung…“
Noch immer verwirren mich die vielen Namen, aber allmählich werde ich in den Roman gezogen.
So gern ich immer die Russen gelesen habe, die Namen sind immer ein Problem. Nicht nur, dass sie elend lang sind, nein, jeder wird auch noch anders genannt, manchmal ohne Zusammenhang, z. B. Gordon genannt Mischa…
Da ich meist erst abends zum Lesen komme, habe ich Probleme, so richtig in den Roman reinzukommen.
Ist das Pasternaks Frauenbild: Hysterische Weiber? Warum dreht Toni so am Rad als Anna I. stirbt? Sicher. Man ist traurig und weint, aber sie schreit mehrere Stunden lang! Das ist nicht normal!
Ich glaube, das hängt eher mit der russischen Mentalität zusammen. Manche Kulturkreise trauern anders als wir. Ich denke hier nur an die Klageweiber in südlichen Ländern oder schreiende verhüllte Frauen in islamischen Ländern.
Bisher lassen mich die Figuren eher kalt und mich interessiert mehr der Hintergrund.
So z.B. die Szene, als der Kosak sich über den alten Juden lustig macht . Da wird mir Juri sympathisch, als er eingreift und danach seinem Freund die Situation der Juden erläutert.
 

Wandablue

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18. September 2019
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Brandenburg
Ich bin einigermassen verwirrt von den Unterhaltungen und den Themen, die diskutiert werden. Ihr nicht? In meiner Übersetzung ist es recht schwierig, einen Sinn hineinzubekommen. Oder ist das in der -Walter-Übersetzung auch so verschwurbelt ausgedrückt? Bestimmt wird es dort viel klarer.

Gespräch Mischa Gordon und Juri.
Man spricht von Volk und Christentum und der Beziehung der beiden Begriffe zueinander. Aber ich kann den Zusammenhang von "Volk" und Christentum nicht so richtig herstellen. Oder ist nur vom Volk der Juden die Rede? Nein, das kann nicht sein, weil ja von der Bekehrung der Völker die Rede ist.
Meinen sie damit Mission ? Glauben sie, dass alle westlichen Völker "bekehrt" seien?

Man spricht von der christlichen Wiedergeburt durch den Heiligen Geist. Von Bekehrung. (Was dassselbe ist). Man stellt auch nichts in Frage, aber man glaubt auch nicht wirklich. War nicht einmal die Rede davon, dass Juri Atheist ist?

Ist ihnen nicht klar, dass der Erste Weltkrieg und (der Gedanke des) Christentum(s) nicht zusammengeht. Jedenfalls nicht von den Regierungen her. Die Soldaten werden ja befohlen, sie haben keine Wahl als in den Krieg zu ziehen. Und Russland wurde angegriffen.

Man bespricht "die Judenfrage". Soweit ich es dem Verschwurbel entnehmen kann, beklagt man, dass die Juden der Sündenbock der Welt sind (man muss aber schon sehr abstrahieren, um dieses Ergebnis herauszubekommen) und das die Juden schon viel Leid haben erleben müssen. Weiterhin: Was sagt das Evangelium zur Judenfrage und ist es nicht seltsam, dass Jesus aus den Juden hervorging. Wenn sie Evangelium sagen, meinen sie die Bibel.

Man bespricht "das Reich Gottes". Was bedeutet es. Man geht (leichtfertig und falsch) von der (bereits erfolgten) Bekehrung der Völker aus.

Die historischen Zusammenhänge müssen zu Pasternaks Zeiten noch so klar und nah gewesen sein, dass er sie nicht großartig beschrieben hat. Da heißt es lapidar, die Deutschen seien hinter die Verteidigungslinie. Fertig.

Also A: Die Unterhaltungen finde ich furchtbar schwammig.

Lara
ist plötzlich Krankenschwester. (Na das ging aber schnell). Sie scheint sich nicht im Mindsten zu gruseln. Dabei ist der medizinische Beruf /Berufe keineswegs etwas für alle! Die Gräuel des Krieges scheinen die Leuts nicht sonderlich zu kümmern. Oder sie lassen sie nicht so nah an sich heran. Lara ist nach wie vor ne überspannte Kuh, was die Szene mit dem Schwerverletzten zeigt.

Sie lässt ihre Tochter allein bei Freunden zurück. In diesen unruhigen Zeiten. Wie kann sie nur. Um ihren Mann zu suchen. Wie kann sie nur.
Als sie dann auf den Kameraden Dings trifft, der ihr tatsächlich etwas von Pavel erzählen kann, bricht sie in Tränen aus, will es sich aber nicht anmerken lassen. Das wird so blöd erzählt, dass es mir komisch vorkommt. Lara ist echt ne doofe Pute. Ergo B. Weiber kann der Pasternak nicht.

Nachzuschlagen wäre: Die Brussilow-Offensive.

Jura ist ein super braver Held. Er doktort herum. Er denkt. Und denkt und denkt. Und schaut ab und zu das Bildchen von seiner Frau und seinem Kind an. Wo sind die überhaupt?

C. Jura ist super brav bieder langweilig.

A B und C sind meine bisherigen Ergebnisse. Was habe ich je an diesem Buch gefunden? Das wird ganz schwierig mit uns beiden, Borisle.

Ach, da wäre noch D. Die Zeitsprünge. Er macht es sich leicht, der Boris. Plötzlich ist da ein Kind. Wie vom Himmel gefallen. Drei Jahre lässt er einfach aus. Ich mag dieses Gespringe nicht.

Leider kann ich E nicht mal sagen, die Sprache ist wunderbar. Sie ist es nicht. Manche Sätze sind fast sinnfrei.
 
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RuLeka

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30. Januar 2018
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Mir geht es ähnlich wie Wanda. Ohne diese Leserunde hätte ich längst abgebrochen. Manche Passagen sind ja ganz gut , auch schön geschrieben . Aber ich habe es längst aufgegeben, alles zu verstehen.
Nicht mal die Handlung. Irgendwo habe ich gelesen, es sei weniger ein Roman, sondern mehr eine Aneinanderreihung verschiedener Episoden. Dazwischen fehlen mir einfach die Übergänge.
Ich fürchte, ohne den Kalten Krieg und ohne die Auseinandersetzung in der Sowjetunion über diesen Roman hätte er nie die Bedeutung erlangt, die er hat/ hatte.
Vielleicht liegt es aber auch an mir. Ich komme z. Z. fast nur abends zum Lesen und da ist meine Konzentration nicht mehr so gut.
 

Die Häsin

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Rhönrand bei Fulda
Ich fühle mich ein wenig in Verteidigungshaltung, weil ich ja schon mehrmals geschrieben habe, dass ich das Buch liebe. Aber das hat tatsächlich nichts zu tun mit der Charakteristik oder überhaupt mit der Handlung als solcher, sondern mit der Erzählweise. Ich mag gerade das Episodische, die Beschreibung der Schauplätze, dieses lange Verweilen bei ziemlich bedeutungslosen Einzelheiten (ich wollte hier Beispiele nennen, aber die gehören in den nächsten Leseabschnitt, deshalb tue ich es nicht).
 
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30. Januar 2018
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Ich fühle mich ein wenig in Verteidigungshaltung, weil ich ja schon mehrmals geschrieben habe, dass ich das Buch liebe. Aber das hat tatsächlich nichts zu tun mit der Charakteristik oder überhaupt mit der Handlung als solcher, sondern mit der Erzählweise. Ich mag gerade das Episodische, die Beschreibung der Schauplätze, dieses lange Verweilen bei ziemlich bedeutungslosen Einzelheiten (ich wollte hier Beispiele nennen, aber die gehören in den nächsten Leseabschnitt, deshalb tue ich es nicht).
Vielleicht liegt es auch an der Erwartungshaltung. Mir ist z. B. die Verfilmung präsenter als die frühere Lektüre. Und dort wird das Geschehen v.a. auf die Liebesgeschichte reduziert. Wenn das Buch mehr ein Panorama der damaligen Zeit sein soll, dann passt es wieder mehr.
 

Querleserin

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30. Dezember 2015
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Wadern
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Bei mir wechseln Langeweile und Begeisterung. Die besprochenen Themen sind teilweise sehr diffus und auch ich habe es aufgegeben vollständig den Sinn zu erfassen. Dann gibt es immer wieder Episoden, die gut erzählt werden und den Zeitkolorit gut einfangen. Bin jetzt schon etwas weiter und komme immer mehr in den Roman hinein. Kürzungen hätte diesem jedoch unbedingt gut getan ;)
 
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