2. Leseabschnitt: Buch I, Kapitel III und IV (Seite 69 bis 138)

Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Ich hatte das wie Wanda auch als zentralen Konfliktpunkt zwischen Elias und Rico herausgelesen. Die große Angst des Vaters, wenn sich der Sohn die Augen schminkt und mit einem schwulen Schneider verkehrt...
Als der Schneider eng mit Simon tanzte, hatte ich kurz das Gefühl, dass er abchecken möchte, ob Simon ähnlich fühlt. Es sieht allerdings nicht so aus, auch scheint Simon es entweder noch nicht realisiert zu haben, oder es ist in seinen Augen nicht erwähnenswert das Rico anscheinend homosexuell war.
 

Literaturhexle

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2. April 2017
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Freiwillig, um sich auszuleben, was die Homosexualität angeht,
Ich bin ja schon am Ende. So eindeutig ist das mit der Homosexualität nicht. Rico ist einfach ein bunter Vogel, der in seiner Welt lebt. Die Begegnungen mit dem Schneider haben natürlich schon eine homosexuelle Note... Ich habe dem Ganzen nicht soviel Bedeutung beigemessen. Dass der Vater (zumal in den 90ern!) die Schminke nicht gerne sah, ist aber nachvollziehbar.
Es gibt ja noch andere sexuelle Orientierungen. Eindeutig ist bei Rico nix;)
 

parden

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13. April 2014
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Erschreckend, wie sehr die Kinder/Jugendlichen sich beim Erwachsenwerden selbst überlassen werden. Simón und Estella retten sich in ihre Freundschaft, die eine Freundschaft bleibt und nicht mehr. Simón ist wirklich ein liebenswerter Kerl, auch weil er Estella von dem Geld des Schneiders erzählt. Weshalb er keine zwei Scheine des Schneiders mitgenommen und davon den gesamten Buchbestand gezahlt hat, weiß er wohl selbst nicht. Aber sie haben ja trotzdem einen Weg gefunden.
Gegen den Roman hege ich keinen Widerwillen, aber es gibt nach wie vor Passagen, die ich als langatmig empfinde, Anspielungen, die ich zu erkennen meine, aber nicht verstehe (hinsichtlich des Spanischen), das Gefühl, dass es nicht so recht voran geht. Aber womit denn überhaupt? Ja, Simón wird älter, streift das kindlich Naive teilweise schon ab, aber alles rotiert um das Leben rund um das Kneipenviertel. Ob das Geld jetzt etwas daran ändern wird?
 

luisa_loves-literature

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9. Januar 2022
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Insgesamt ist mir der Grundton des Romans zu humoresk, manchmal zu albern. Das hatte ich in den ersten beiden Kapiteln nur am Rande bemerkt,
Mir geht es in diesem Fall tatsächlich genau umgekehrt - ich fand den Auftakt zu albern, zu sehr "Die leise Last". Irgendwie habe ich mich jetzt voll auf "Simón" eingelassen und finde dann einiges doch ganz schön gedacht.
Dazu kommt noch, dass auch dieser Roman wieder sehr umfangreich ist. Das stört mich nicht, wenn mich die Geschichte packt, aber hier sehe ich nur was noch vor mir liegt.
Das geht mir allerdings ähnlich. Ich empfinde den Roman bisher als recht gemütlich und handlungsarm, daher würde ich mich auch über etwas Straffung und Raffung freuen. Es ist tatsächlich sonst eine sehr lange Strecke zurückzulegen.
Ich sehe auch wenig Parallelen zum Ozeki-Titel, abgesehen vom Alter der Protas vielleicht.
Ich sehe hier gerade Parallelen zum McEwan, was das erste Mal anbelangt - der Altersabstand zwischen Beth und Simon erinnert sehr an die "Lektionen"...;)
Dass die Autoren so davon besessen sind uns ständig mit den sexuellen Erstlingstaten ihrer Günstlinge zu belästigen und dabei gerne ältere Frauen miteinzubeziehen, ist schon eine Manie (siehe Lektionen McEwans - haben die voneinander abgeschrieben?). Mich nerven diese Szenen.
Ja, ganz bei dir! Und die Parallele ist schon sehr "krass".
Ich würde mir wünschen, dass das jetzt die Einleitung war und es jetzt mal ein bisschen spannender wird.
Ja, das meinte ich oben. Es plätschert bisher noch zu sehr. Mehr Action, bitte.
aber mir ist das einfach zu viel (sagen wir mal wertfrei) Besonderes und zu wenig Alltag.
Großartig formuliert, entspricht auch meinem ersten Eindruck. Allerdings halte ich "Simon" mittlerweile für einen Roman, der sich nicht unbedingt der realistischen Abbildung des Lebens verschrieben hat. Hier wird viel geträumt, in fiktiven Welten geschwelgt und sich das Leben so gebaut, dass es eine tiefe Romantik beinhaltet. Es ist, wie die Erzählinstanz so schön betont, eine "Helden"-Geschichte.
 

luisa_loves-literature

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9. Januar 2022
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Ich bin tatsächlich noch sehr unentschlossen. Für meinen Geschmack passiert zu wenig, es ist eher wie eine atmosphärischer Zustandsbericht. Irgendwie geht es ja kaum voran und vom Schatz war ich definitiv enttäuscht.

Von der Erzählinstanz bin ich allerdings recht angetan. Ich mag diesen wissend-ironischen Kommentar, die angedeuteten Vorausschauen, die Art, wie er sich bemerkbar macht und seinen Helden adressiert. Die Erzählinstanz ist dem Protagonisten sehr zugewandt, nimmt ihn durchaus ernst, betrachtet ihn wohlwollend - das gefällt mir gut, es hat für mich etwas leicht Väterliches.

Figurentechnisch bin ich (genau wie in Bezug auf die Handlung) noch nicht überzeugt. Alle Figuren bleiben seltsam fremd, man lernt sie nicht so recht kennen. Selbst über Simon weiß ich nicht wirklich viel: außer, dass er auf schwülstige Romanzitate steht, Bücher als Ratgeber erwählt, in Estela verschossen ist (die grüne Haare usw. hat) und mit Betty vorliebnimmt. Die Merlin-Schwestern wirken eher wie zwei der drei Hexen aus Macbeth und mit dem kubanischen Schneider kann ich wenig anfangen, Beth/Betty ist plötzlich ein reiches Mädchen, aber auch da bleibt die Sicht erstaunlich oberflächlich.

Ich fasse zusammen: auf eine sehr eingetümIche Art wird hier sehr viel Lärm um erstaunlich wenig Handlung gemacht. Es wird viel erzählt, aber eigentlich nicht besonders viel gesagt (auch wenn ich mich sehr über das ein oder andere schöne Bild, wie z.B. das "Zerkleinern der Probleme", gefreut habe.)
Es hat in seiner üppigen, ausufernden Detailfreude, die aber wenig zur Handlung beiträgt, fast etwas vom Roman des 19. Jahrhunderts, sollte aber jetzt langsam mal zu Potte kommen.

PS: Der Olympia-Kater scheint ja ein erschreckender Nachgeschmack der 92er Spiele gewesen zu sein - er ist sehr präsent.

PPS: 1998 ist ja schon etwas her und ich kann mich noch deutlich an die Angst volr dem Ozonloch erinnern (wobei ich das genaue Jahr nicht erinnere) - war das nicht schon viel früher? Aber die Diskussion von Estela und Simon um den Klimawandel, den CO2-Ausstoß und Methan erscheint mir doch sehr anachronistisch und auf den heutigen Zeitgeist zugeschnitten. Das wird ja gern gemacht, um Aktualität einfließen zu lassen - gefällt mir aber überhaupt nicht.
 

otegami

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17. Dezember 2021
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Von der Erzählinstanz bin ich allerdings recht angetan. Ich mag diesen wissend-ironischen Kommentar, die angedeuteten Vorausschauen, die Art, wie er sich bemerkbar macht und seinen Helden adressiert. Die Erzählinstanz ist dem Protagonisten sehr zugewandt, nimmt ihn durchaus ernst, betrachtet ihn wohlwollend - das gefällt mir gut, es hat für mich etwas leicht Väterliches.
Das geht mir genauso! Ich denke da z.B. an S. 135: "Sollten wir ihm raten, schnell ein paar Seiten weiterzublättern und zufällt an einer Stelle innezuhalten, an der er sich selbst beobachten kann,............................."
Das scheint ja noch sehr interessant zu werden! :monocle

Gefallen hat mir die Geschichte vom Supermissionar im afrikanischen Dorf und ich konnte nicht nachvollziehen, dass Estela nichts damit anzufangen wusste.

Und ja, wieder einmal verführt eine 10Jahre ältere Frau einen Jugendlichen. (Habe ich da irgendeinen Trend verpasst? :rofl ) Ich sehe da jedoch einen gewaltigen Unterschied zu 'Lektionen': Simón steht in keinem Abhängigkeitsverhältnis zu Beth wie Roland zu seiner Klavierlehrerin!

Na, mal schauen, ob er an den Schatz in den Büchern rankommt. (Finde ich eine gelungene Idee, das Geld so zu verstecken. Ich schätze jedoch, dass nur Leseratten in die Bücher schauen würden und somit viel Geld verloren gehen könnte! :sad )
 
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Ich glaube tatsächlich auch, dass wir da vorbelastet sind. Mal sehen, was diejenigen sagen, die Ruth nicht gelesen haben.
Das geht mir überhaupt nicht so. Und ich glaube auch nicht, dass es daran liegt, dass die Lektüre von der leisen Last nun etwas zurück liegt.
Herrliche Formulierung! Ich habe mich schon dran gewöhnt. Kein Entwicklungsroman ohne Initiierungserlebnis... überflüssig auch für mich.
Für mich persönlich auch. Aber es ist ein Entwicklungsroman und für Jugendliche ist das Thema ein enorm wichtiges. Das wird hier widergespiegelt.
 
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Ich lese das Buch nach wie vor sehr gerne.
Man spürt, dass Rico fehlt und vermisst wird. Was es wohl mit den zetteln auf sich hat?
Simon und Estela bleiben gute Freunde, Simon tvertraut ihr auch die Sache mit dem gefundenen Schatz an.
Warum er sich Beth hingebit, mmh. Hat mich irriitiert.
Die Stimmungen im Buch wechseln. Berührt haben mich auch die Passagen über Estelas demente Mutter. Die kann doch gar nicht so alt ein...
Am Schreibstil habe ich eigentlich nichts zu bemängeln. Ich finde sogar immer wieder sehr schöne Sätze darin, die ich mir gerne merken würde.
Sicher werde ich heute noch etwas weiterlesen...
 

otegami

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Berührt haben mich auch die Passagen über Estelas demente Mutter. Die kann doch gar nicht so alt ein...
Das hat mich so an einen Mandanten von uns erinnert: sein Vater war gerade mit Alzheimer verstorben und dann fing es gleich danach bei ihm an! 52 Jahre, ein Baum von einem Mann, Baugewerbe! Nach knapp einem Jahr fuhr er mit dem Fahrrad davon (diese Kranken werden ja unheimlich stur, lassen sich nichts sagen), stürzte in einen Straßengraben und starb dabei.
Kennst Du das Buch:


Uffff, das geht ganz schön unter die Haut: 50 Jahre, Professorin und erkrankt an Alzheimer! Am Ende jedes Kapitels führt sie immer die Fakten auf, z.B. wie viele Kinder sie hat, wie sie heißen......... Und daran sieht man kontinuierlich, wie sich das verschlimmert! :monocle :sad
(Mein Vater und seine Mutter sind damit gestorben. Da mache ich mir schon darüber meine Gedanken! :rolleyes: )
 
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Das hat mich so an einen Mandanten von uns erinnert: sein Vater war gerade mit Alzheimer verstorben und dann fing es gleich danach bei ihm an! 52 Jahre, ein Baum von einem Mann, Baugewerbe! Nach knapp einem Jahr fuhr er mit dem Fahrrad davon (diese Kranken werden ja unheimlich stur, lassen sich nichts sagen), stürzte in einen Straßengraben und starb dabei.
Kennst Du das Buch:


Uffff, das geht ganz schön unter die Haut: 50 Jahre, Professorin und erkrankt an Alzheimer! Am Ende jedes Kapitels führt sie immer die Fakten auf, z.B. wie viele Kinder sie hat, wie sie heißen......... Und daran sieht man kontinuierlich, wie sich das verschlimmert! :monocle :sad
(Mein Vater und seine Mutter sind damit gestorben. Da mache ich mir schon darüber meine Gedanken! :rolleyes: )
Das Buch werde ich mir mal vormerken. Klingt super interessant! Und ich habe ja eh eine Vorliebe für ernsthafte Themen in Romanen...
 
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