2. Leseabschnitt: Buch Eins, Zweiter Teil (Seite 41 bis 116)

Emswashed

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9. Mai 2020
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Im zweiten Abschnitt liegt der Fokus mehr auf der afrikanischen Literatur, was sie sein kann, was sie sein muss, wie ihre Autoren sich einbringen. Vom exotischen Geheimnis, bis Anklage gegen Rassismus, vom Stipendiaten bis zum unterstützten Liebhaber.

Ein zweiter Schwerpunkt liegt bei der Literaturkritik. Ist man erst einmal im erlauchten Kreis der "Preisträger", muss man die Kritiker nicht mehr fürchten, ja scheint man sogar ein stilles Abkommen geschlossen zu haben, dass einem gegenseitig die Arbeit erleichtert: der Autor muss sich keine Mühe geben, der Kritiker muss es nicht mehr lesen...
Aber am wichtigsten ist, über ein gutes Buch sollte man nicht reden. Sarr beachtet diesen Punkt, indem er sich über Elimanes Buch bedeckt hält.

Elimane, so stellt sich heraus, hat für sein Buch Ärger bekommen. Er scheint die Zeichen früh erkannt zu haben und taucht unter, womit er die Neugier auf seine Person natürlich nur noch mehr steigert.

Ja, mit dem zweiten Abschnitt werde ich langsam warm (obwohl mir Jubel- und Ankunftsaktivitäten die Leseabende durchkreuzt haben) und ich bin total neugierig, wie es weitergeht.

Ich glaube wirklich, dass der erste Abschnitt eine Art Einlasskontrolle für den Rest des Buches war. Man muss sich sein Erlebnis redlich verdienen.:cool:
 

Emswashed

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9. Mai 2020
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Mir gefallen die kleinen Ausflüge über Literatur, Literaten, Kritiker und Lesende.

Wobei ich sie weniger wie Sidesteps sehe, sondern als grundlegende Informationen über den Literaturbetrieb und dem Stand der afrikanischen Literatur im Besonderen.
Weil, wie im Roman behauptet, große Literatur nie zusammengefasst und beschrieben werden kann.

Geschickt eingefädelt von Sarr. Er sagt nicht nur, dass man das nicht sollte, sondern er macht es auch nicht.
 

GAIA

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27. Dezember 2021
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Ich glaube wirklich, dass der erste Abschnitt eine Art Einlasskontrolle für den Rest des Buches war. Man muss sich sein Erlebnis redlich verdienen.:cool:
Das ist wirklich sehr gut gesagt. Na ein Glück, dass wir vom stämmigen 2-m-Schrank reingelassen wurden. Jetzt darfst du entdecken, was sich hinter der Eingangstür versteckt. Ein kann ich verraten: Wie bei angesagten Clubs (ich kenne es nur aus Filmen) sieht der Innenraum noch einmal ganz anders aus, als der Bereich davor! (Rede ich jetzt auch schon so verschwurbelt wie Diégane? ;) )
Egal... :cool:
 

Anjuta

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8. Januar 2016
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Im 2. LA ist der Roman (zum Glück) ganz anders geworden. Jetzt sind es Tagebucheinträge, die wesentlich weniger abstrakt, verschwurbelt daherkommen als im 1. LA und tatsächlich eine Geschichte erzählen, die mich auch gefangen nimmt. Die tiefe Zerrissenheit der Personen (meist Afrikaner, die ihren Kontinent verlassen haben und versuchen, ihren Platz in der für sie neuen Welt zu finden) hat mich dabei sehr berührt.
 

kingofmusic

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30. Oktober 2018
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Ha ha ha ha ha ha ha, bevor ich den Abschnitt beende und eure Beiträge lese: das, was Elimane vorgeworfen wird bzgl. Plagiat, aber auch der Genialität etc. ist EXAKT das, was man Bob Dylan nach der Veröffentlichung seines Albums ""Love and Theft"" (die doppelten Anführungszeichen sind gewollt, da der Titel des Albums tatsächlich in Anführungsstrichen steht!) vorgeworfen hat; sehr schön dargestellt u. a. in
. Wunderbar. :rofl:cool: Ihr seht den König gerade überaus zufrieden.
 

Barbara62

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19. März 2020
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mit-büchern-um-die-welt.de
Mir gefallen die kleinen Ausflüge über Literatur, Literaten, Kritiker und Lesende. Wir erfahren einiges über den Schreibprozess und was ein richtig gutes Buch angeblich braucht. Sogar echte Autorennamen tauchen auf, ich mag die literarischen Bezüge ("Bartlebys Antwort: Sie mochte lieber nicht.") Die Wortschöpfungen machen Spaß wie z.B. die "literarische Inkontinenz".
Es sind immer wieder einzelne Sätze und Gedanken, die auch mich begeistern. Insgesamt fühle ich mich aber ziemlich verloren und es ist schwierig, sie aus einem Wust von für mich unverständlichen Bruchstücken herauszufiltern. Wenn @GAIA nicht zum Durchhalten aufrufen würde mit dem Versprechen der Besserung, ich würde an manchen Stellen verzweifeln. Sätze, die über mehrere Seiten gehen, sind einfach nicht mein Ding, z.B. Seite 53 bis 56 OHNE PUNKT!!! Ich verstehe die Absicht dahinter, ein rasanter Gedankenstrom, aber ich mag es nicht. Außerdem habe ich es inzwischen aufgegeben, Fremdwörter nachzuschlagen, nachdem ich teilweise auch die Erklärungen nicht verstehe, z. B. "Ontologie". Nervt das nur mich? Ich frage mich teilweise schon, für wen Sarr eigentlich schreibt. Ich lerne gerne dazu, aber meine Hirnkapazität ist leider begrenzt. :oops:

Das Ferne Feuer habe ich noch nicht gelesen, hätte es aber im Stapel des Grauens.
Ich auch. Wäre das was für eine private LR?

Mir reicht es im Moment, wie die Leute darüber schwärmen, wie sie es kaum in Worte fassen können... Versuche nie, ein gutes Buch zusammen fassen zu wollen. Das haben wir doch gelernt;)
Nicht alle. Umso lieber würde ich mir ein eigenes Urteil bilden.

Nun kennen wir den Hintergrund des Plagiatsvorwurfs, ich frage mich nur, ist es tatsächlich als Plagiat zu verurteilen, den überlieferten Gründungsmythos eines Volkes oder eines Stammes in einen Roman zu verpacken. Hm, vermutlich hätte Elimane, in einem Nachwort, bei den üblichen möglichen Danksagungen auf die Wurzeln, auf den Ursprung der Geschichte hinzuweisen sollen, aber die Einstufung als Plagiat halte ich für weit überzogen.
Er verwurstet auch Zitate von europäischen, amerikanischen und orientalischen Autoren, allerdings scheinen es eher Klassiker zu sein, so dass ich den Plagiatsvorwurf und die Entschädigungen, die den Verlag in den Bankrott trieben, nicht so ganz verstehe. 70 Jahre nach dem Tod des Autors sind Werke gemeinfrei.

Hier sollte ein guter Schrifttsteller mundtot gemacht werden, weil er nicht ins Bild passte.
Und ein innovativer Verlag gleich mit.

und andere Sätze bei denen ich lachen muss: "Ich suchte Zuflucht in der Tiefe des Tellers."
Diesen Satz habe ich mir auch markiert, er ist unglaublich gut. Wer kennt das nicht, dass man beim Essen abtaucht, wenn ein Thema unbequem ist? Ich sah förmlich meine Kinder vor mir...

Gibt es eigentlich keinen afrikanischen Buchmarkt?
Schon befremdlich, dass der Erzähler sich den Ritterschlag des franz. Literaturbetriebs wünscht. Man kann doch auch im Senegal gedruckt und gelesen werden.
Vielleicht hat das gar nicht primär mit Afrika zu tun sondern mit der Sprache? Wenn ich in einer bestimmten Sprache schreibe, habe ich vielleicht immer das Land im Blick, das den größten Markt und die größte Tradition in dieser Sprache zu bieten hat? Und in diesem Fall schon Jahrhunderte in dieser Sprache schreibt und nicht erst seit der Kolonisation?
 

milkysilvermoon

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13. Oktober 2017
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Zu wenig gewürdigt habe ich im Beitrag oben die formalen Aspekte. Die Mischung aus Tagebucheinträgen, Zeitungsausschnitten in diesem Abschnitt und den erzählerischen Passagen des ersten Abschnitts halte ich für originell und abwechslungsreich.

Ja, definitiv. Das ist mir ebenfalls positiv aufgefallen. Ich mag solche stilistische Mischungen sehr gerne - vorausgesetzt, die einzelnen Elemente sind mit Sinn und Verstand zusammengesetzt.

Aber was ich schade finde, ist, dass wir gar nicht wissen, warum. Wir haben den ersten Satz gelesen, erfahren später etwas über den Inhalt und lesen die Kritiken über Buch und T.C. Elimane. Aber was ist eigentlich das Besondere an dem Buch?

Okay, gut. Ich dachte schon, ich hätte was überlesen.

Ich denke, genau dieses Mysterium soll es bleiben. Es ist zumindest für unseren Erzähler das perfekte Buch.

Vermutlich ist das so gewollt, ja. Aber etwas nervig finde ich es trotzdem.

Ich bin die einzige, die den 1. Abschnitt perfekt und leichter als den 2. fand, oder?

Ich habe nach einer Leseunterbrechung nun beide Abschnitte direkt hintereinander gelesen, also den ersten erneut und auch den Anfang des zweiten doppelt. Beim zweiten Lesen hat mir der erste Teil besser als zuvor gefallen und letztlich auch besser als der zweite.
 

milkysilvermoon

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13. Oktober 2017
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Mich hat der zweite Teil nicht sofort gefesselt. Im zweiten Anlauf konnte ich mich aber dann doch noch gut darauf einlassen. Ein wirklich ungewöhnlicher Roman - sowohl in inhaltlicher als auch in sprachlicher Hinsicht. Ich merke, dass bei mir die Neugier wächst und Erwartungen geschürt werden. Noch ist aber alles drin: Lesehighlight oder Flop. :D

Ich muss gestehen, dass mir der Roman schon viel Konzentration abverlangt. Manchmal bin ich nicht sicher, ob ich alles richtig verstanden habe. Einiges wird nur angedeutet. Mehrere Passagen habe ich daher mehrfach gelesen.
 

Die Häsin

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11. Dezember 2019
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Rhönrand bei Fulda
Ziemlich am Anfang dieses zweiten Abschnitts kam eine Stelle, an der ich das Gefühl hatte, dass der Autor uns ganz gewaltig hochnimmt. Das "dropping" von unverständlichen Fremdwörtern, die man meist nicht Lust hat auf der Stelle nachzuschlagen, war bis dahin schon auffällig. Dann heißt es auf S. 58 oben über dieses Buch von Salifu, "Die Melancholie des Sands", es sei in über vierzig Sprachen übersetzt worden, darunter "ins Silbo".
Leute! Wisst ihr, was Silbo ist? Ich habe sicherheitshalber gegoogelt, weil ich dachte, es gibt vielleicht auch einen afrikanischen Dialekt dieses Namens. Aber keinerlei Hinweis darauf gefunden. Silbo ist eine vom Spanischen abgeleitete Pfeifsprache, die keinen eigenen Wortschatz hat, sondern einfach das Spanische in Pfeiflaute übersetzt (ursprünglich zur Kommunikation über weite Entfernungen erfunden). Es gibt Silbo auch von anderen Sprachen als der spanischen abgeleitet, aber das spanische Silbo ist das bekannteste und daher die Bezeichnung "el Silbo"*. Ein Buch sei ins Silbo übersetzt worden, das ist ungefähr so, als sei es es in Flaggenzeichen übersetzt worden oder in Löffelsprache.

Nachdem für mich feststeht, dass Sarrs Bemerkungen über den Literaturbetrieb mit einem großen Löffel Salz gelesen werden wollen, lese ich praktisch alles durch diese Brille. Wobei mich einzelne Passagen, vor allem die über die Telefonate mit den Eltern, nichtsdestotrotz sehr berührt haben.



Es ist ein schönes Buch, ich lese gerne weiter. Dass wir irgendwann erfahren, was in dem Labyrinth-Buch eigentlich drinsteht, erwarte ich nicht; abgesehen von den allgemeinen Bemerkungen über den Inhalt. Die haben mich übrigens ein wenig an den Binnentext in Margaret Atwoods "Der blinde Mörder" erinnert.

*) Auf den Kanaren, vor allem Gomera, ist el silbo ein geschütztes Kulturgut und gehört zum Schulwissen.
 
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luisa_loves-literature

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9. Januar 2022
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Ich bin
Noch ist aber alles drin: Lesehighlight oder Flop
Das entspricht voll und ganz meinem Eindruck. Ich mag nicht gern in konstanter latenter Ironiehaltung verharren und wenn ich diese aufgebe, empfinde ich den Text hauptsächlich als aufgeblasen, wichtigtuerisch und belehrend über Aspekte, die mir vollkommen klar sind. Viele Dinge, die hier von unserem Tagebuchschreiber ausgewalzt werden, sind Grundlagen der Literaturwissenschaft und er macht sehr viel Lärm darum. Das nervt mich leider. Auch sein Hang zum typischen akademischen Bildungssprech (ich streue so viele unverständliche Fremdwörter ein, damit alle in Ehrfurcht vor meiner unvergleichlichen Intelligenz erstarren, mir keiner mehr folgen kann und mich auch keiner infrage stellt) finde ich anstrengend (und wenn das nicht ausreicht, ergehe ich mich ins unendlichen Schachtelsätzen, deren Anfang ich nach drei Wörtern vergessen habe und deren Ziel mir erst fünf Sätze vor dem Punkt wieder einfällt. Klappt immer.) Es ist für die Erzählinstanz zwar absolut glaubwürdig, aber ich habe eine Allergie gegen solches Verhalten. Auch wenn es ironisch-humoristisch gemeint ist, gefällt es mir nicht, weil es mir dafür wiederum nicht deutlich genug in die Richtung geht. Für meinen Begriff stagniert es hier noch etwas und ich habe mich tatsächlich auch zwischendurch gelangweilt.

Dennoch bin ich mit dem LA sehr viel zufriedener als mit dem ersten. Die Tagebuch-Einträge und Zeitungsartikel sorgen zumindest in der Form für Unterhaltung und Lebendigkeit. Man rückt näher an den Erzähler heran (ob er einem gefällt, ist eine andere Sache) und auch das wesentliche Kolonialismus-Rassismus-Thema wird hier sehr gut vorbereitet und eingeführt. Das gefällt mir.