2. Leseabschnitt: 1995 - 2000 (Seite 55 bis 89)

Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Bei einigen der Probleme blitzen durchaus Parallelen zu unserer Kultur auf. Allerdings sind sie anders, wirken teilweise nicht so frappierend. Aber auch ich bin damals von meiner Mutter auf die Realschule geschickt worden, trotz der Empfehlung fürs Gymnasium. "Dann kannst du früher arbeiten gehen" war der Tenor. Wie man sieht, ist dies gar nicht so anders als im Buch. Hilfe im Haushalt wurde von meinem Bruder ebensowenig erwartet. Mit meinen Kindern sieht das schon wieder anders aus, die Zeiten haben sich geändert. Wenn man dann noch bedenkt, dass wir von einer anderen Kultur sprechen, ist vieles von außen betrachtet gar nicht so entsetzlich. Trotzdem war ich beim lesen der Geschichte mit dem Bus entsetzt, obwohl dies sicher auch bei uns in einigen Familien ähnlich gelaufen wäre.
 

RuLeka

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30. Januar 2018
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Aber auch ich bin damals von meiner Mutter auf die Realschule geschickt worden, trotz der Empfehlung fürs Gymnasium. "Dann kannst du früher arbeiten gehen" war der Tenor.
Das ging mir genauso, bin aber später noch auf ein Aufbaugymnasium und habe studiert. Allerdings fiel meine Grundschulzeit in die 1960er Jahre, das liegt bei uns schon etwas zurück. Mittlerweile besuchen mehr Mädchen als Jungs erfolgreich das Gymnasium. Die Probleme fangen bei uns später an, wenn es darum geht, Karriere zu machen, in Führungspositionen aufzusteigen.
In meiner Familie verlief es nicht ganz so üblich. Ich war die Älteste und einzige Tochter, meine beiden nachfolgenden Brüder machten eine Schreiner- und Maurerlehre und erst die beiden Nachzügler haben wieder studiert.
Mit meinen Kindern sieht das schon wieder anders aus, die Zeiten haben sich geändert.
Da sieht man wirklich Verbesserungen, auch bei den Enkelkindern. Der Fünfjährige hilft leidenschaftlich gern beim Kochen, aber auch beim Hämmern und die Zweijährige spielt zwar ständig mit Puppen, ist wesentlich wagemutiger als der große Bruder und gibt als Berufswunsch „ Bauarbeiter“ an. Auch wenn heute die Babywelt strikt in Rosa und Blau eingeteilt ist , so sehe ich hier doch Veränderungen. Die Kinder von heute erleben ganz selbstverständlich berufstätige Mütter und Baby- wickelnde Väter. Wo sich noch was verändern muss, das sind die beruflichen Strukturen, die mehr Familienfreundlichkeit an den Tag legen müssen.
 

milkysilvermoon

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13. Oktober 2017
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Außerdem spricht es für die Mutter, dass sie sich zunächst Vorwürfe machte und sich erst durch die jüngere Tochter beruhigen ließ.
Das Buch ist weit weniger schwarz/ weiß, wie ich befürchtet habe. Gerade die Mutter ist eine interessante Figur, die sich zu helfen weiß, die Dinge reflektiert usw.

Volle Zustimmung. Die Mutter will durchaus das Beste für ihre Töchter, auch wenn sie in einigen Punkten noch etwas im alten Denken verhaftet ist. Ich frage mich, ob dem Bruder auch Ratschläge zur Berufswahl gegeben wurden.

Mittlerweile besuchen mehr Mädchen als Jungs erfolgreich das Gymnasium. Die Probleme fangen bei uns später an, wenn es darum geht, Karriere zu machen, in Führungspositionen aufzusteigen.

Ja, definitiv. Das schreibe ich auch zum dritten Abschnitt.
 

Wandablue

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18. September 2019
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Brandenburg
Trotzdem war ich beim lesen der Geschichte mit dem Bus entsetzt,
Die Manieren, oder was man als solche betrachtet, haben sich geändert. Man wird nicht mehr so erzogen, dass man von sich aus auf etwas verzichet, schon gar nicht auf "Rechte". Aber ich habe es noch nie erlebt, dass, wenn beeinträchtigte Menschen (aus was für Grund auch immer) oder Älteren nicht Platz gemacht wird, wenn man darum bittet.
 
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Anjuta

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8. Januar 2016
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Essen
Jiyoungs Zeit in der Mittelschule steht im Mittelpunkt dieses LA. Dabei werden vor allem kleine Situationen des Widerstands, kleine Minirevolten in den Mittelpunkt gestellt, die mir als Leserin manchmal etwas läppisch erschienen, aber gerade dadurch auch ihre Wirkung erhalten. Es ist sooo viel, was mühsamst erarbeitet werden muss, nur um den Geburtsnachteil Frau irgendwie ausgleichen zu können. Da ist es nicht verwunderlich, dass Männer für die Protagonistinnen mit jeder Menge negativen Merkmalen belegt werden.
[zitat]Ohne dass die jungen Mädchen sich dessen bewusst waren, führten derartige Erlebnisse im Laufe der Zeit dazu, dass sie Männern gegenüber hauptsächlich Enttäuschung und Angst empfanden.[/zitat]
Irgendwie haben sie es sich verdient:confused:
 

RuLeka

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30. Januar 2018
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Tscha - wählt Frauen in die Politik (mit Ausnahme von J.K.). Dann ändert sich auch was.
Damit allein ist es nicht getan. Die Hierarchien in Unternehmen müssen sich ändern, durch Quote allein wird das nicht erreicht. Wie war im Roman sehen, kann eine Karrierefrau, die privat alles hinten dran stellt, die Situation für Frauen zum Negativen hin beeinflussen, nach dem Motto : Die hat es ja auch geschafft. Erst wenn es selbstverständlich ist, dass auch Männer Zeit für die Familie brauchen und nicht ständig für die Firma zur Verfügung stehen, hat sich was für alle geändert.
 

Literaturhexle

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2. April 2017
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Erst wenn es selbstverständlich ist, dass auch Männer Zeit für die Familie brauchen und nicht ständig für die Firma zur Verfügung stehen,
Genau das ist der Punkt! Noch immer müssen sich Frauen entscheiden, ob sie Kind oder Karriere wollen. Erst wenn beides auf dem Trapez steht, wird es eng. Schaut euch weibliches Führungspersonal an: die wenigen, die es gibt, haben keinen Nachwuchs oder höchstens ein Kind (das kann man leichter irgendwo parken), Angie ist das beste Beispiel.
Es ist so bitter, sich da entscheiden zu müssen. Ich selbst empfinde meine Kinder als Bereicherung. Eine Karrierefrau kann auf viele berufliche Erfolge zurückblicken. Warum soll nicht beides gehen - auch mit ein paar Jahren reduzierter beruflicher Auszeit? Gute Kinderbetreuungsmodelle sind ein Anfang. Auch wenn viel gemeckert wird: es ist enorm, was sich da in den letzten 20 Jahren getan hat!!!

Frauen in die Politik zu wählen ist gar nicht so einfach, Wanda: Finde erstmal welche, die sich aufstellen lassen! Da kannst du Klinken putzen ohne Ende. Die meisten WOLLEN das nicht - noch nicht mal auf kommunaler Ebene! Insofern macht für mich auch keine willkürliche Quote Sinn, man muss von der zur Verfügung stehenden Grundmenge ausgehen und danach quotieren.
 

Wandablue

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18. September 2019
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Damit allein ist es nicht getan. Die Hierarchien in Unternehmen müssen sich ändern, durch Quote allein wird das nicht erreicht. Wie war im Roman sehen, kann eine Karrierefrau, die privat alles hinten dran stellt, die Situation für Frauen zum Negativen hin beeinflussen, nach dem Motto : Die hat es ja auch geschafft. Erst wenn es selbstverständlich ist, dass auch Männer Zeit für die Familie brauchen und nicht ständig für die Firma zur Verfügung stehen, hat sich was für alle geändert.

In meiner Äußerung gehts aber um Politik und nicht um Karrierefrauen per se. Und da werden die Weichen gestellt. Und wenn es nicht die Frauen selber machen, die versuchen, die Weichen anders zu stellen, wer dann?
 
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Die Häsin

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11. Dezember 2019
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!

Frauen in die Politik zu wählen ist gar nicht so einfach, Wanda: Finde erstmal welche, die sich aufstellen lassen! Da kannst du Klinken putzen ohne Ende. Die meisten WOLLEN das nicht - noch nicht mal auf kommunaler Ebene! Insofern macht für mich auch keine willkürliche Quote Sinn, man muss von der zur Verfügung stehenden Grundmenge ausgehen und danach quotieren.

Das ist ein interessantes Problem, das ich ganz allgemein sehe: Diejenigen, die vermutlich die beste Politik machen könnten, weil sie integer, sind, ganzheitlich und nachhaltig denken und weniger auf den schnellen Vorteil (auch für sich persönlich) bedacht sind - die, um es bildlich auszudrücken, nicht ständig die Ellbogen ausgefahren haben - genau diese Menschen gehen eher selten in die Politik, weil der Stil unserer Führungsriege auf sie einfach abstoßend wirkt. Niemand, der das Wohl aller im Blick hat und etwas für die Gemeinschaft tun möchte, will Teilhaber dieser machtgeilen und selbstgerechten Truppe sein. Ich kenne viele Menschen, von denen ich sicher bin, dass sie gute Politik machen könnten, die sich aber vom politischen Geschäft angeekelt abwenden. Das gilt für Männer wie für Frauen.
 

Literaturhexle

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2. April 2017
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Niemand, der das Wohl aller im Blick hat und etwas für die Gemeinschaft tun möchte, will Teilhaber dieser machtgeilen und selbstgerechten Truppe sein. Ich
Das ist es zum einen. Zum anderen musst du auch erst einmal im Kleinen (kommunal) gewählt werden, um den Aufstieg zu schaffen. Und wer wird gewählt? Wer bekannt ist: Oft Gewerbetreibende, Ärzte, stadtbekannte, alteingesessene Bürger aus großen Familien. Da ist (leider) nicht immer die Integrität, das Einsetzen fürs Gemeinwohl (manchmal natürlich schon!) entscheidend. Oder Leute, die den Mund weit aufreißen und das Blaue vom Himmel versprechen - auch schon da gewesen...
Da haben Frauen mehrheitlich keine Chance oder keine Lust drauf;)
 

Xirxe

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19. Februar 2017
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Das hatte ich mir gedacht, hätte es aber nicht annähernd so schön ausdrücken können;)
Danke für die Blumen :D Besser kann der Tag ja nicht beginnen ;)
Damit allein ist es nicht getan. Die Hierarchien in Unternehmen müssen sich ändern, durch Quote allein wird das nicht erreicht.
Aber die Quote ist der Schritt in die richtige Richtung. Ich war einige Jahre Gleichstellungsbeauftragte und ich kann Dir sagen ...
Insofern macht für mich auch keine willkürliche Quote Sinn, man muss von der zur Verfügung stehenden Grundmenge ausgehen und danach quotieren.
Da hast Du natürlich recht, aber Fakt ist auch, dass Frauen, selbst wenn es nur wenige gibt (oder gerade dann), liebend gerne von den Herren übergangen werden. Und es gibt viele Frauen, die sich einfach nicht so präsentieren können wie manche männliche Geschlechtsgenossen und deshalb hinten runter fallen. Auch wer ruhiger ist und nicht so extrovertiert, kann sehr gute Arbeit leisten.
 

Literaturhexle

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Auch wer ruhiger ist und nicht so extrovertiert, kann sehr gute Arbeit leisten.
Da hast du natürlich Recht. Aber das gilt streng genommen für die ruhigen Männer auch. Zugegebenermaßen gibt es davon weniger. Richtig erfolgreiche Frauen müssen ganz schön bissig sein, um oben anzukommen, was sie auch unsympathisch erscheinen lässt. Aber das ist das kleinere Übel.
 

Barbara62

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19. März 2020
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Baden-Württemberg
mit-büchern-um-die-welt.de
Ich beurteile das Verhalten der Mutter weniger hart. Zum einen sind es finanzielle Gründe, die für das Lehramtstudium sprechen. Außerdem hat die Mutter hier einfach auch die größere Weitsicht.

Ich sehe die Mutter auch durchweg positiv. Sie hat eine Meinung geäußert, das darf sie auch, aber sie akzeptiert jede mögliche Entscheidung der Tochter.

Misuk unternimmt alles, was in ihrer Macht steht und keine Revolution auslöst, um ihren Töchtern ihr eigenes Schicksal zu ersparen. Sie ist klug, schuftet ohne Unterlass und ermuntert die Mädchen, ihre Träume zu leben - was ihr selbst verwehrt blieb.

Ein lautes, donnerndes NEIN!!! Ein Unrecht wiegt das andere nicht auf! Jedes Kind ist ein Opfer, ob weiblich oder männlich! Wer sich an Kindern vergreift, ist der letzte Dreck, und wenn es dann noch diejenigen sind, denen die Obhut anvertraut wurde, gehört sich das gar nicht. Mein Mitleid ist allen Opfern gewiss! Es sind Kinder. Einer erwachsenen "Macht" gegenüber. Sie können den Mund nicht aufmachen.Dafür hat der Täter gesorgt und das Herz mit Angst gefüllt.

Wir müssen alle Kinder, Jungen wie Mädchen, zu so viel Selbstbewusstsein und Vertrauen erziehen, dass sie den Mund aufmachen.
 
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Barbara62

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19. März 2020
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Baden-Württemberg
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Ich habe selten so viele Sachbuchanteile in einem Roman erlebt, aber warum nicht? Sehr interessant, aber als besonders literarisch empfinde ich das Buch nicht. Es liest sich allerdings einfach, das war auf meinen langen Zugfahrten gestern sehr angenehm.

Erschreckend vieles kommt mir bekannt vor und einige hier haben es ja selbst noch erlebt. Meine Mutter war fast das einzige Mädchen aus zwei Parallelklassen, das nicht nach der zehnten Klasse abging. Sie gehörte aber noch zu einem Jahrgang, wo Ehefrauen ohne Erlaubnis des Mannes kein Konto eröffnen und keinen Arbeitsvertrag unterschreiben konnten. Und bis heute wird nach einer Vergewaltigung an Stammtischen diskutiert, wie lange der Rock und wie tief der Ausschnitt des Opfers war.

Vieles hat sich bei uns verändert, aber wenn ich mir bei den Freunden meiner Töchter die Verteilung der Elternzeit und des Erziehungsurlaubs anschaue, schwindet mein Optimismus gleich wieder. Meine älteste Tochter teilt sich beides mit ihrem Mann, ist aber die Ausnahme. Wir sind längst nicht so weit, wie wir manchmal glauben, wir sollten deshalb keinesfalls auf andere zeigen.

Dass sich zu wenig Frauen für die Politik finden, ist eine Tatsache. Es ist zu beklagen, allerdings kann ich jede Frau verstehen, die keine Lust dazu hat.
 
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RuLeka

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30. Januar 2018
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Vieles hat sich bei uns verändert, aber wenn ich mir bei den Freunden meiner Töchter die Verteilung der Elternzeit und des Erziehungsurlaubs anschaue, schwindet mein Optimismus gleich wieder.
Und das liegt nicht unbedingt daran, dass die Männer nicht wollen, sondern oft in Positionen sind, in denen das kaum möglich ist, oder die Gehälter so sind, dass es wenig Sinn macht, wenn der Mann daheim bleibt.
Ich habe selten so viele Sachbuchanteile in einem Roman erlebt, aber warum nicht? Sehr interessant, aber als besonders literarisch empfinde ich das Buch nicht. E
Das ist eines der Bücher, die nicht wegen ihrer literarischen Qualität besondere Aufmerksamkeit bekommen, sondern wegen ihrer Thematik. Kein literarisch anspruchsvolles Buch, aber ein wichtiges.