2. Leseabschnitt: 1. Buch / bis Ende Kapitel 1 (S. 60 bis S. 119)

Xirxe

Bekanntes Mitglied
19. Februar 2017
1.629
3.496
49
Eine Zusammenfassung des Inhaltes spare ich mir, das wir ja Alle das Gleiche gelesen haben ;) Aber das darf gerne jemand Anderes machen.
Diesen zweiten Teil des ersten Kapitels fand ich um einiges heftiger als den ersten. Diese Besessenheit von Rufus wurde von Baldwin wohl inspiriert durch seine Erlebnisse mit seinem Stiefvater. Laut Wiki konnte sein Stiefvater
die große Familie kaum ernähren und suchte als fanatischer Laienprediger Trost und Kompensation in seinem Erwähltheitsbewusstsein und den Verheißungen eines besseren Lebens im Jenseits, wurde durch die Widersprüche in seiner eigenen Existenz aber schließlich in jenen Wahn getrieben („eaten up by paranoia“), den James Baldwin seitdem immer wieder als unausweichliche Folge des Rassenhasses dargestellt hat.
Diese Fixierung auf seine scheinbare Unterlegenheit aufgrund seiner Hautfarbe ist vermutlich auch heute noch oft anzutreffen - vermehrt wohl im Süden. Das Schlimmste daran ist, dass kaum eine Lösung möglich ist, weil Weißen praktisch immer unterstellt wird, auf die Anderen herabzublicken. Die eigenen Erfahrungen sind einfach zu übermächtig.
Leonore wird es ihrer Heimat wohl nicht allzu gut ergehen; mit diesem Wissen muss Rufus noch zusätzlich klar kommen wie auch seiner Schuld an ihrem aktuellen Schicksal. Dass er mit dieser Last den Sprung in den Tod wählt, ist schrecklich, aber nachvollziehbar. Ohne therapeutische Hilfe, die es zu jener Zeit wahrscheinlich auch nur sporadisch gab und dann bestimmt nicht für Nichtweiße, ist das Alles ein teuflischer Kreislauf.
Aber ich bin gespannt, wie der Autor jetzt noch über 400 Seiten füllt. Denn eigentlich ist ja alles klar ... ;)
 

kingofmusic

Bekanntes Mitglied
30. Oktober 2018
7.311
18.966
49
48
Eine Zusammenfassung des Inhaltes spare ich mir, das wir ja Alle das Gleiche gelesen haben ;) Aber das darf gerne jemand Anderes machen.
Diesen zweiten Teil des ersten Kapitels fand ich um einiges heftiger als den ersten. Diese Besessenheit von Rufus wurde von Baldwin wohl inspiriert durch seine Erlebnisse mit seinem Stiefvater. Laut Wiki konnte sein Stiefvater

Diese Fixierung auf seine scheinbare Unterlegenheit aufgrund seiner Hautfarbe ist vermutlich auch heute noch oft anzutreffen - vermehrt wohl im Süden. Das Schlimmste daran ist, dass kaum eine Lösung möglich ist, weil Weißen praktisch immer unterstellt wird, auf die Anderen herabzublicken. Die eigenen Erfahrungen sind einfach zu übermächtig.
Leonore wird es ihrer Heimat wohl nicht allzu gut ergehen; mit diesem Wissen muss Rufus noch zusätzlich klar kommen wie auch seiner Schuld an ihrem aktuellen Schicksal. Dass er mit dieser Last den Sprung in den Tod wählt, ist schrecklich, aber nachvollziehbar. Ohne therapeutische Hilfe, die es zu jener Zeit wahrscheinlich auch nur sporadisch gab und dann bestimmt nicht für Nichtweiße, ist das Alles ein teuflischer Kreislauf.
Aber ich bin gespannt, wie der Autor jetzt noch über 400 Seiten füllt. Denn eigentlich ist ja alles klar ... ;)
Wobei das Kapitel mit seinem Stiefvater eher in "Von dieser Welt" passt; da geht es die ganze Zeit um religiösen Wahn. Aber grundsätzlich denke ich steckt in jedem Roman von Baldwin sehr viel autobiografisches. Ich gebe dir aber Recht, dass der zweite LA heftiger war als der erste. Was das befüllen der restlichen 400 Seiten angeht: lassen wir uns überraschen :D. Ich lese diesen Roman in jedem Fall bisher sehr gerne!
 

Xirxe

Bekanntes Mitglied
19. Februar 2017
1.629
3.496
49
Was das befüllen der restlichen 400 Seiten angeht: lassen wir uns überraschen :D. Ich lese diesen Roman in jedem Fall bisher sehr gerne!
In jedem Fall :D Ich hatte mich da mehr auf den Klappentext bezogen, worin es heißt, Ida und seine Freunde seien auf der Suche nach Gründen, weshalb Rufus sich umgebracht hat. Und das ist doch recht klar, finde ich.
 

kingofmusic

Bekanntes Mitglied
30. Oktober 2018
7.311
18.966
49
48
In jedem Fall :D Ich hatte mich da mehr auf den Klappentext bezogen, worin es heißt, Ida und seine Freunde seien auf der Suche nach Gründen, weshalb Rufus sich umgebracht hat. Und das ist doch recht klar, finde ich.
Zumindest oberflächlich. Aber es sind noch einige Fragen offen. Ich denke, wir haben noch nicht alles über die Zeit des Zusammenlebens von Rufus und Leona erfahren; da geht noch was :D .
 

Anjuta

Bekanntes Mitglied
8. Januar 2016
1.639
4.794
49
62
Essen
Mich irritiert in dem Buch, dass ab und zu von einem Absatz zum nächsten, ohne Übergang, ein Zeitsprung gemacht wird und offensichtlich einige Tage, Wochen oder sogar mehr vergangen ist. (Sehe zB S. 97) Dem muss ich dann erstmal nachspüren und mir das bewusst machen.

Ein großes Thema dieses Abschnitts ist das Thema Freundschaft, diese merkwürdige Beziehung zwischen Rufus und Vivaldi, die schwer zu greifen ist, wenn es zum Beispiel heißt:
Ich weiß, dass du der einzige Freund bist, den ich noch habe auf der WElt, Vivaldo." UNd darum hasst du mich, hatte Vivaldo gedacht, still, ratlos und traurig.
Überhaupt ist mir der "Abstieg", den Rufus in der letzten Zeit (schon vor dem Einsatz der Handlung) gemacht hat, weiterhin unklar: Er war ein Clubmusiker (Schlagzeuger) mit einigen Auftritten und Engagements, also durchaus angekommen in der Musikwelt. Jetzt ist diese Welt für ihn fremd und er fühlt sich nur noch als außenstehender Gast, diese Welt ist ihm irgendwie komplett verbaut. Warum?
Sein Suizid am Ende des 1. Kapitels bleibt mir deshalb auch unklar und unverständlich.
 

kingofmusic

Bekanntes Mitglied
30. Oktober 2018
7.311
18.966
49
48
Mich irritiert in dem Buch, dass ab und zu von einem Absatz zum nächsten, ohne Übergang, ein Zeitsprung gemacht wird und offensichtlich einige Tage, Wochen oder sogar mehr vergangen ist. (Sehe zB S. 97) Dem muss ich dann erstmal nachspüren und mir das bewusst machen.

Ein großes Thema dieses Abschnitts ist das Thema Freundschaft, diese merkwürdige Beziehung zwischen Rufus und Vivaldi, die schwer zu greifen ist, wenn es zum Beispiel heißt:

Überhaupt ist mir der "Abstieg", den Rufus in der letzten Zeit (schon vor dem Einsatz der Handlung) gemacht hat, weiterhin unklar: Er war ein Clubmusiker (Schlagzeuger) mit einigen Auftritten und Engagements, also durchaus angekommen in der Musikwelt. Jetzt ist diese Welt für ihn fremd und er fühlt sich nur noch als außenstehender Gast, diese Welt ist ihm irgendwie komplett verbaut. Warum?
Sein Suizid am Ende des 1. Kapitels bleibt mir deshalb auch unklar und unverständlich.
Baldwin wird uns bestimmt nicht im Dunkeln lassen, warum Rufus so verzweifelt war, dass er keinen anderen Ausweg als den Tod gesehen hat. Immerhin haben wir noch 400 Seiten vor uns ha ha ha.
Ich erstelle mir nebenbei übrigens eine Playlist der im Buch genannten Songs :D .
 
  • Like
Reaktionen: Renie und Xirxe

Sassenach123

Bekanntes Mitglied
27. Dezember 2015
4.344
10.637
49
49
Rufus handelt teilweise fast wahnhaft, er sieht überall weiße "Gegner". Vivaldo versucht ihm zu erklären, dass nicht alle Weißen so sind. Er sei schließlich sein Freund, doch Rufus lässt Schnur beschwichtigen, er ist getrieben von diesen Gedanken. Er hätte Hilfe gebraucht, doch wie bereits erwähnt, war das damals schwieriger als heute.
Die Handlung in diesem Abschnitt wirkte sehr erdrückend, da mir schnell klar war, dass wir nun schon auf das unausweichliche zusteuern
Im weiteren Verlauf wird es hoffentlich nicht nur darum gehen nachzuvollziehen,warum Rufus den Suizid begangen hat, sondern auch um die Art und Weise wie die Familie und die Freunde damit umgehen und die Situation einschätzen
 

Xirxe

Bekanntes Mitglied
19. Februar 2017
1.629
3.496
49
Ein großes Thema dieses Abschnitts ist das Thema Freundschaft, diese merkwürdige Beziehung zwischen Rufus und Vivaldi, die schwer zu greifen ist,
Da gibt es doch diesen Spruch von Groucho Marx:
Es würde mir nicht im Traum einfallen, einem Klub beizutreten, der bereit wäre, jemanden wie mich als Mitglied aufzunehmen.
Ich glaube, Rufus wie auch vielen Schwarzen ging es ähnlich, das Selbstbewusstsein der eigenen Person, der eigenen Hautfarbe war bei Weitem nicht so stark wie das später wurde. Sie fühlten sich aufgrund ihrer Hautfarbe selbst minderwertig und hassten sich dafür. Und die Weißen führten ihnen bewusst oder unbewusst alleine durch ihre Anwesenheit diese Minderwertigkeit ständig vor Augen. Sie konnten sich nicht vorstellen, dass sie jemand 'trotz' ihrer Hautfarbe lieben konnte und fühlten sich verspottet.
Jetzt ist diese Welt für ihn fremd und er fühlt sich nur noch als außenstehender Gast, diese Welt ist ihm irgendwie komplett verbaut. Warum?
Weil ihm durch die Liebe zu Leona erst richtig bewusst wurde, dass er niemals dazugehören würde. 'Nur' als Musiker, anerkannt auch durch Weiße, schien er dazuzugehören, aber mit der Beziehung zu Leona war das vorbei.
 
  • Like
Reaktionen: kingofmusic

Renie

Moderator
Teammitglied
19. Mai 2014
5.892
12.585
49
Essen
renies-lesetagebuch.blogspot.de
Überhaupt ist mir der "Abstieg", den Rufus in der letzten Zeit (schon vor dem Einsatz der Handlung) gemacht hat, weiterhin unklar: Er war ein Clubmusiker (Schlagzeuger) mit einigen Auftritten und Engagements, also durchaus angekommen in der Musikwelt. Jetzt ist diese Welt für ihn fremd und er fühlt sich nur noch als außenstehender Gast, diese Welt ist ihm irgendwie komplett verbaut. Warum?
Sein Suizid am Ende des 1. Kapitels bleibt mir deshalb auch unklar und unverständlich.
Das geht mir ganz genauso. Ich kann den Charakter Rufus noch nicht (be)greifen. Das Einzige, was ich sehe, ist ein obsessiver Mensch, der selbstzerstörerisch durchs Leben gewandelt ist und dessen Zerstörungswut sich auf die beiden Menschen erstreckt hat, die ihm am wichtigsten waren - mal abgesehen von seiner Familie, schätze ich. Ich verstehe allerdings nicht, wovon Rufus besessen war und woher diese Zerstörungswut kommt.
 
  • Stimme zu
Reaktionen: Literaturhexle

Literaturhexle

Moderator
Teammitglied
2. April 2017
19.444
49.883
49
Diesen zweiten Teil des ersten Kapitels fand ich um einiges heftiger als den ersten.
Extrem, ja.
Diese Fixierung auf seine scheinbare Unterlegenheit aufgrund seiner Hautfarbe ist vermutlich auch heute noch oft anzutreffe
Also ich empfand diesen Abschnitt als krass und abstoßend. Rufus mag als Schwarzer Anfeindungen und Ausgrenzungen ausgesetzt sein- die ganze Problematik wird hinreichend beschrieben. Das mag auch Ursache für seinen Selbsthass sein.
Aber was gibt ihm das Recht Fiona zu missbrauchen, zu vergewaltigen, zu zerstören, wie es heißt? Irgendwo stand ein Satz wie: Er hat sie auf alle möglichen Arten sexuell benutzt. Sein Hass auf die Weißen hat augenscheinlich dazu geführt, dass er diese Frau, die ja schon von ihrem Mann Gewalt erfahren hat (über dessen Riesenteil an einer anderen Stelle ziemlich vulgär gesprochen wird), hemmungslos unterdrücken musste. Ehrlich gesagt habe ich wenig Lust, mich mit Rufus durchgeknallten Psyche zu beschäftigen. "Giovannis Zimmer" war schon extrem, aber hier scheint Baldwin noch ein Schippchen draufzulegen.
Jetzt ist diese Welt für ihn fremd und er fühlt sich nur noch als außenstehender Gast, diese Welt ist ihm irgendwie komplett verbaut. Warum?
Das wird interessant sein herauszufinden. Hat man ihm wirklich Unrecht getan oder hat er sich in Psychosen verrannt?
Und die Weißen führten ihnen bewusst oder unbewusst alleine durch ihre Anwesenheit diese Minderwertigkeit ständig vor Augen.
Mit Sicherheit war es verdammt schwer, als Farbiger in jenen Jahren in den Unterschichten der USA zu bestehen. Baldwin zeichnet Rufus als extreme, zerrissene, queere Figur. Das macht er gut. Man kann wenig bis keine Sympathien für ihn aufbringen. Mich wundert diese Solidarität seines Freundes, irgendwas muss er mal gehabt haben (also Rufus), was wir noch nicht sehen.

Hat das Gewissen Rufus in den Abgrund getrieben, in dem er für ein Sandwich fast seinen Arsch verscherbelt hätte? Ich lese mal weiter. Übrigens habe ich teilweise auch das Hörbuch, gelesen von Christian Brückner, am Start, das ich sehr empfehlen kann für all jene, die sich mit ihren Lesevorhaben etwas verzettelt haben;)
 

Circlestones Books Blog

Bekanntes Mitglied
28. Oktober 2018
1.428
4.525
49
72
Wienerin auf Rügen
www.circlestonesbooks.blog
Mir ist klar, dass es auch heute Beziehungen gibt, die Menschen zerstören und Rufus scheint seinen Hass auf die Weißen teilweise an der weißen Südstaatlerin ausgelebt zu haben, hat sie gleichzeitig aber auch irgendwie geliebt. Was ich nicht verstehe ist, dass Leona ihn nicht verlassen hat. Ähnlich problematisch, wenn auch nicht gewalttägig, ist auch die Beziehung zwischen Vivaldo und Jane, aber Vivaldo versucht, sich aus dieser Beziehung zu befreien. Bei Rufus und Eric frage ich mich, ob auch hier eine geheime Bi-Sexualitätin Rufus vorhanden war, oder ob er tatsächlich Eric nur ausgenützt hat. Aber wie gesagt, das größte Rätsel ist frür mich Leona geblieben.
 

Renie

Moderator
Teammitglied
19. Mai 2014
5.892
12.585
49
Essen
renies-lesetagebuch.blogspot.de
Aber wie gesagt, das größte Rätsel ist frür mich Leona geblieben.
Das ging mir genauso. Einerseits hört man immer wieder von misshandelten Frauen, die es nicht schaffen, sich von ihren brutalen Männer zu trennen. Aber ihren Göttergatten hat sie schließlich auch verlassen. Ich verstehe es nicht und sie erst recht nicht. Leider bekomme ich kein klares Bild von ihr und schwanke zwischen "Blond und doof" und einem Menschen, der sich selbst hasst und die Qualen, die er erduldet, als verdient betrachtet. Ich bin ratlos.
 

Xirxe

Bekanntes Mitglied
19. Februar 2017
1.629
3.496
49
Was ich nicht verstehe ist, dass Leona ihn nicht verlassen hat.
Wie @Renie schon schreibt: Aus dem gleichen Grund, weshalb all die verprügelten Frauen ihre Peiniger nicht anzeigen und verlassen. 'Ach, er liebt mich doch.' 'Er macht es nie wieder.' 'Ich bin selber schuld.' undundund. Hoffnung kann ein extrem starkes Gefühl sein.
Aber ihren Göttergatten hat sie schließlich auch verlassen.
Ja, weil sie keine Gefühle mehr für ihn hatte, er war böse. Aber für Rufus hat sie bis zum Ende Gefühle.
 

ulrikerabe

Bekanntes Mitglied
14. August 2017
3.050
7.678
49
Wien
www.facebook.com
Oweh, ich bin so lahm in letzter Zeit und bin erst jetzt hier gelandet:

Was ich spannend finde, dass Baldwin Rufus mit all den negativen Attributen ausstattet, die in die Vorurteilskiste der Rassisten passt. Er ist gewalttätig, trinkt, kifft, hat keinen Job. Sympathieträger sind hier eindeutig die Weißen.

Und dass das Buch bei seinem Erscheinen (1962!) laut Klappentext ein Bestseller war. Wer hat das Buch gelesen und wem hat es gefallen? Vielleicht ist die Sprache heute umgänglich, aber damals.
 
  • Like
Reaktionen: Xirxe und kingofmusic