1. Auflage 8°, gebundene Ausgabe, Hardcover/Pappeinband Köln, Verlag Kiepenheuer & Witsch, 2017. 244 (1) Seiten (5) Blatt Verlagswerbung mit Schutzumschlag, ungelesen und wie neu, auf dem Titel vom Autor persönlich gewidmet, signiert und datiert (London,/ March/ 2017). Aus dem englischen von Gertraude Krueger (The Noise Of Time). Julian Patrick Barnes (* 19. Januar 1946 in Leicester; als Pseudonym gelegentlich Dan Kavanagh) ist ein bekannter englischer Schriftsteller. Im Mai 1937 wartet ein Mann jede Nacht neben dem Fahrstuhl seiner Leningrader Wohnung darauf, dass Stalins Schergen kommen und ihn abholen. Der Mann ist der Komponist Schostakowitsch, und er wartet am Lift, um seiner Familie den Anblick seiner Verhaftung zu ersparen.Die Gunst der Mächtigen zu erlangen, hat zwei Seiten: Stalin, der sich plötzlich für seine Musik zu interessieren scheint, verlässt noch in der Pause die Aufführung seiner Oper Lady Macbeth von Mzensk . Fortan ist Schostakowitsch ein zum Abschuss freigegebener Mann. Durch Glück entgeht er der Säuberung, doch was bedeutet es für einen Künstler, keine Entscheidung frei treffen zu können? In welchem Verhältnis stehen Kunst und Unterdrückung, Diktatur und Kreativität zueinander, und ist es verwerflich, wenn man sich der Macht beugt, um künstlerisch arbeiten zu können? Im neuen Roman von Julian Barnes wird das von Repressionen geprägte Leben von Schostakowitsch in meisterhafter Knappheit dargestellt - ein großartiger Künstlerroman, der die Frage der Integrität stellt und traurige Aktualität genießt.Kaufen
Kaufen >
Julian Barnes beschreibt in dem biographischen Roman : "Der Lärm der Zeit" das Leben des russischen Komponisten Schostakowitsch. Der Einstieg ist sehr spannend: Schostakowitsch steht jede Nacht mit einem Koffer am Fahrstuhl in seinem Haus und wartet darauf von Stalins Geheimpolizei abgeholt, gefoltert und getötet zu werden. Wir Leser erfahren in Episoden und Rückblenden, jeweils aus der Innenperspektive des Komponisten, wie es dazu kam, wie er die Terrorzeit Stalins überlebt hat, bzw. wie es ihm unter der Chruschtschow- Ära erging.
Julian Barnes beschreibt sehr differenziert und nuanciert die Gedanken und Gefühle eines Menschen, der sich verbiegen, anpassen und sich selbst verleugnen "muss" um zu überleben. Die Scham, und die Verzweiflung, die er empfindet.. Der Autor lässt seinen Protagonisten sogar selbstkritisch über seine Versuche, sich mit Ironie zu retten, nachdenken. Inwieweit eine ironische Haltung der Macht gegenüber überhaupt für ihn oder andere sichtbar und wirksam ist.
Die Episoden sind alle mit leichter Hand geschrieben, mit viel Ironie, wobei es nur in der Mitte des Buches manchmal zu Längen oder Wiederholungen kommt. Dies ist allerdings nicht sehr störend, da der Roman eher schmal ist. Teilweise ist die Innenperspektive beim Erzählen nicht ganz durchgehalten worden, aber auch das stört nicht den positiven Gesamteindruck.
Insgesamt hat mich das Buch beeindruckt. Es wird mit ineinandergreifenden Episoden, Erinnerungen, Anekdoten gezeigt,, wie die Machtmechanismen in Diktaturen funktionieren, wie wenig Möglichkeiten es gibt, sich der Macht entgegenzustellen. Bei mir kamen auch Erinnerungen an die Zeit des kalten Krieges auf, insbesondere an diese verlogene, scheinheilige Rhetorik der Kommunisten. Gerade bei Musik ist der Interpretationsspielraum noch viel größer als bei Literatur oder gar Journalismus, so dass die Gängelungen des Machtapparates noch willkürlicher erscheinen.
Fazit: Ein schweres Thema sehr gelungen dargestellt.
Lesern von "Der Lärm der Zeit: Roman" gefiel auch...
Fallensteller: Erzählungen
von: Saša Stanišić
Was heißt persönliche...
von: Hannah Arendt
Gegenwartsbewältigung
von: Max Czollek