Rezension Rezension (4/5*) zu Todesurteil: Thriller von Andreas Gruber.

parden

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13. April 2014
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49
Niederrhein
www.litterae-artesque.blogspot.de
Buchinformationen und Rezensionen zu Todesurteil von Andreas Gruber
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Dantes Inferno...

Nachdem ich von Band 1 (Todesfrist) so begeistert war, wollte ich unbedingt rasch wissen, wie es mit den Ermittlern Maarten S. Snijder und seiner jungen Kollegin Sabine Nemetz weitergeht. Der niederländische Pofiler hat Sabine, wie von ihr schon lange gewünscht, an die Akademie des BKA für hochbegabten Nachwuchs in Wiesbaden berufen. Nur fünf Studenten gibt es in dem von Snijder geleiteten Kurs, und der Anspruch ist hoch. Doch da Sabine bereits einen Fall gemeinsam mit Snijder gelöst hat, kennt sie dessen Marotten schon und lässt sich von seinem Gehabe nicht abschrecken. Im Gegenteil: sie liebt die Herausforderung, als Snijder mit seinen Studenten ungelöste Mordfälle durchnimmt.

Parallel zu dem Wiesbadener Teil gibt es einen weiteren Handlungsstrang um die Wiener Staatsanwältin Melanie Dietz, die in einem besonders brutalen Fall von Kindesentführung ermittelt. Nach über einem Jahr in Gefangenschaft ist es der zehnjährigen Clara gelungen, ihrem Entführer zu entkommen - doch ihr Rücken ist vollkommen mit Motiven aus Dantes 'Inferno' tätowiert. Das Mädchen ist schwer traumatisiert und spricht kein Wort, doch mit Hilfe ihres Therapiehundes hofft die Staatsanwältin, einen Zugang zu Clara zu finden. Denn die Zeit drängt - unmittelbar in der Nähe von Claras Fundort tauchen nach und nach immer mehr Mädchenleichen auf.

Neben dem hohen Pensum des Lernstoffs im Rahmen der Ausbildung lassen Sabine Nemetz die ungelösten Fälle keine Ruhe, die Snijder mit seinen Studenten im Rahmen seines Kurses durchnimmt. Ihr fallen allmählich Zusammenhänge auf, an die jedoch niemand sonst glaubt. Aber Sabine forscht auf eigene Faust weiter, denn sie hat nicht zuletzt auch ein persönliches Interesse daran, die Fälle zu lösen - ihr ehemaliger Freund, ebenfalls beim BKA, war an der Lösung der Fälle beteiligt, bis er niedergeschossen wurde. Wem war er auf die Füße getreten, so dass der Schuss auf ihn die einzige verbleibende Möglichkeit war, ihn an der weiteren Ermittlung zu hindern?

In diesem zweiten Fall um Maarten S. Snijder und Sabine Nemetz nehmen die Figuren der beiden Ermittler allmählich Form an. Snijder, der unangepasste und exzentrische Einzelgänger, der sich mit Hilfe von Hasch tief in die Psyche der Täter einfühlen kann und eine unglaublich hohe Aufklärungsquote aufweist, jedoch bei Kollegen und Vorgesetzten auf wenig Sympathien stößt. Und Sabine Nemetz, die sich als Günstling des Profilers erst einmal unter ihren Mitstudenten beweisen muss, im Zuge der Ermittlungen aber eine ungewohnt gute Intuition beweist und hartnäckig wie ein Terrier ihr Ziel verfolgt. Dabei begeht sie jedoch bei allem Mut teilweise echte Anfängerfehler, und da sie ja schon über ausreichende Erfahrung in der Polizeiarbeit verfügt (zuvor war sie beim Münchner Kriminaldauerdienst), war das für mich bei allem Sinn für die Dramaturgie nicht immer nachvollziehbar.

Lange ist hier nicht ersichtlich, wie der Wiesbadener und der Wiener Handlungsstrang zusammengehören könnten, doch beide Stränge sind auf ihre Art spannend und interessant. Die Schilderung der Vorgänge beim BKA waren für mich teilweise etwas langatmig, doch letztlich auch aufschlussreich. Auch wenn hier oft Sabine Nemetz im Mittelpunkt der Handlung steht, geben die Szenen mit dem Exzentriker Maarten S. Snijder dem Ganzen wieder die besondere Würze. Dabei erscheint er mittlerweile trotz seiner teilweise skurril anmutenden Verhaltensweisen etwas menschlicher - und immer noch mag ich diesen Charakter ganz besonders.

Dank des flüssigen Schreibstils, der häufig wechselnden Perspektiven und dem zunehmenden Wunsch, beide Handlungsstränge weiter zu verfolgen, flogen die Seiten wieder rasch vorbei. Noch einige Seiten vor dem Schluss hatte ich keine Idee, wie die Figuren da wieder heile rauskommen sollten - und so muss doch ein Thriller sein! Spannend, mit interessanten Figuren und einem Blick in die menschlichen Abgründe. Weiter so, Herr Gruber!



© Parden

 
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