1. Leseabschnitt: Teil I. / Kapitel 1 bis 8 (Seite 9 bis 84)

Querleserin

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30. Dezember 2015
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Wadern
querleserin.blogspot.com
Eine dunkle Welt offenbart sich da im Einstieg in den Roman. Dunkelblum, der Name ist Programm, ist ein Dorf, dass
Gott (…) zusammen mit dem Teufel gebaut hat zur Mahnung an alle (9)
Ein Geheimnis liegt vergraben.
Das, was nicht allseits bekannt ist, regiert wie ein Fluch. (9)
In jedem Kapitel wird eine Figur näher vorgestellt, zunächst der Ort selbst mit seiner feudalen Vergangenheit, die Grafen, die längst verschwunden sind, das zerstörte Schloss, die abgedichtete Gruft.
Seit die Grafen ihre Gruft vier- und damit ihren Exodus besiegelt hatten, war die Zeit im Grunde stehengeblieben. (12)
Der Roman spielt kurz der Maueröffnung im Südosten Österreichs, nahe der Grenze zu Ungarn, an der bereits Menschen aus der DDR auf ihre Ausreise warten, wobei dies zunächst nicht thematisiert wird.
Im Vordergrund steht das Dorf selbst mit dem Alt-Nazi Dr. Alois Ferbenz, der mit den Heuraffl-Brüdern, mit Bernecker, dem geflickten Schurl und dem jungen Graun jeden Tag im heruntergekommenen Hotel Tüffer trinkt.
Da gibt es Anatol Grün, den Greißler (=kleiner Lebensmittelhändler), der von Ängsten geplagt wird und nicht trinkt.
Doktor Sterkowitz, erlegte auf ein harmonisches Miteinader mehr Wert als in Dunkelblum üblich“ (14)
Fritz, der im Endkampf um Dunkelblum verletzt wurde, und dessen Mutter 1956 wahnsinnig geworden ist, vom „Ungeheuer“, das sich wieder regt, der mörderische Lindwurm und erwacht aus seinem Dornröschenschlaf, etwas kommt von der Grenze.
Direkt das 1.Kapitel hat mich schon so in seinen Bann geschlagen, dass ich in den Sog der Geschichte gezogen wurde. Die metaphorische Sprache, die Anspielungen, die geheimnisvollen Andeutungen, diese düstere Atmosphäre verführen.
2. Kapitel-8.Kapitel
Ein Mann, der wie ein Fremder ankommen will, trifft ein in Dunkelblum und stellt Fragen.
In der Klage des Dr. Ferbenz gegen eine Reiseveranstalter offenbart sich dessen rechte Gesinnung.
Gleichzeitig trifft Lowetz wieder in Dunkelblum ein, dessen Eltern gestorben sind und der entscheiden muss, was mit seinem Elternhaus geschieht. Seine Mutter ist von drüben und das Haus liegt im alten Teil von Dunkelblum. Er
war eine Welt für sich, unübersichtlich, labyrinthisch, im Sommer lauschig und kühl. Man konnte ihn als unheimlich empfinden, wie einen traumhaften Irrgarten, imstande, einen zu verschlingen, aber eben so sehr als Zuflucht, wo niemand einen finden konnte, der nicht von hier war. (32)
Zudem arbeiten plötzlich junge Leute auf dem jüdischen Friedhof von Dunkelblum, dessen Existenz man gerne vergessen würden. Ein Störfaktor ist auch Flocke, die jüngste Tochter vom Malnitz, die auf einer Gemeinderatssitzung dem designierten, überforderten Bürgermeister Koreny vorschlägt ein Grenzmuseum zu eröffnen. Eine Rolle spielt auch Deich der Reiseunternehmer Rehberg, der von Ferbenz Leuten in der Vergangenheit tyrannisiert wurde und immer noch unter ihnen leidet. Eine vergiftete Atmosphäre mit einem Kern und einigen Außenseitern, wie den Mal Utz, die sich auf Qualitätswein konzentrieren, einen Biohof betreiben und kulturell versierte Gäste aus der Hauptstadt beherbergen.
Leonore Malnitz, eine Landschönheit, birgt ebenfalls ein Geheimnis, sie hatte vor vielen Jahren eine Affäre mit dem jungen Graun, in ihrer Scheine, die just abgebrannt ist und dessen Grundstück zufällig Ferbenz kaufen will - ein Zufall? Graun sollte als Vermittler fungieren, anscheinend hat dieser für Leonore etwas Kostbares gestohlen (ein Samtband mit Juwelen) und Ferbenz, der Rechtsanwalt ist, hat ihm geholfen.
Bei Grün treffen Lowetz und der Fremde, ein Geschichtsforscher zusammen, der Lowetz erklärt, er wolle die Gräber finden, damit sie in Ruhe bestattet werden können. Juden? Sinti und Roma?
Desto weiter man liest, hat man das Gefühl, alle im Dorf sind irgendwie in ein Geheimnis verstrickt. Dazu gehört auch Horka, deine rechte Hand des Dr. Ferbenz, der einst Gauleiter-Stellvertreter gewesen ist (der erste Eindruck ist bestätigt).
Sehr dicht ist der Einstieg, sehr viele Fäden hängen in der Luft…
 

Xirxe

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19. Februar 2017
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Eine dunkle Welt offenbart sich da im Einstieg in den Roman. Dunkelblum, der Name ist Programm, ist ein Dorf, dass

Ein Geheimnis liegt vergraben.

In jedem Kapitel wird eine Figur näher vorgestellt, zunächst der Ort selbst mit seiner feudalen Vergangenheit, die Grafen, die längst verschwunden sind, das zerstörte Schloss, die abgedichtete Gruft.

Der Roman spielt kurz der Maueröffnung im Südosten Österreichs, nahe der Grenze zu Ungarn, an der bereits Menschen aus der DDR auf ihre Ausreise warten, wobei dies zunächst nicht thematisiert wird.
Im Vordergrund steht das Dorf selbst mit dem Alt-Nazi Dr. Alois Ferbenz, der mit den Heuraffl-Brüdern, mit Bernecker, dem geflickten Schurl und dem jungen Graun jeden Tag im heruntergekommenen Hotel Tüffer trinkt.
Da gibt es Anatol Grün, den Greißler (=kleiner Lebensmittelhändler), der von Ängsten geplagt wird und nicht trinkt.

Fritz, der im Endkampf um Dunkelblum verletzt wurde, und dessen Mutter 1956 wahnsinnig geworden ist, vom „Ungeheuer“, das sich wieder regt, der mörderische Lindwurm und erwacht aus seinem Dornröschenschlaf, etwas kommt von der Grenze.
Direkt das 1.Kapitel hat mich schon so in seinen Bann geschlagen, dass ich in den Sog der Geschichte gezogen wurde. Die metaphorische Sprache, die Anspielungen, die geheimnisvollen Andeutungen, diese düstere Atmosphäre verführen.
2. Kapitel-8.Kapitel
Ein Mann, der wie ein Fremder ankommen will, trifft ein in Dunkelblum und stellt Fragen.
In der Klage des Dr. Ferbenz gegen eine Reiseveranstalter offenbart sich dessen rechte Gesinnung.
Gleichzeitig trifft Lowetz wieder in Dunkelblum ein, dessen Eltern gestorben sind und der entscheiden muss, was mit seinem Elternhaus geschieht. Seine Mutter ist von drüben und das Haus liegt im alten Teil von Dunkelblum. Er

Zudem arbeiten plötzlich junge Leute auf dem jüdischen Friedhof von Dunkelblum, dessen Existenz man gerne vergessen würden. Ein Störfaktor ist auch Flocke, die jüngste Tochter vom Malnitz, die auf einer Gemeinderatssitzung dem designierten, überforderten Bürgermeister Koreny vorschlägt ein Grenzmuseum zu eröffnen. Eine Rolle spielt auch Deich der Reiseunternehmer Rehberg, der von Ferbenz Leuten in der Vergangenheit tyrannisiert wurde und immer noch unter ihnen leidet. Eine vergiftete Atmosphäre mit einem Kern und einigen Außenseitern, wie den Mal Utz, die sich auf Qualitätswein konzentrieren, einen Biohof betreiben und kulturell versierte Gäste aus der Hauptstadt beherbergen.
Leonore Malnitz, eine Landschönheit, birgt ebenfalls ein Geheimnis, sie hatte vor vielen Jahren eine Affäre mit dem jungen Graun, in ihrer Scheine, die just abgebrannt ist und dessen Grundstück zufällig Ferbenz kaufen will - ein Zufall? Graun sollte als Vermittler fungieren, anscheinend hat dieser für Leonore etwas Kostbares gestohlen (ein Samtband mit Juwelen) und Ferbenz, der Rechtsanwalt ist, hat ihm geholfen.
Bei Grün treffen Lowetz und der Fremde, ein Geschichtsforscher zusammen, der Lowetz erklärt, er wolle die Gräber finden, damit sie in Ruhe bestattet werden können. Juden? Sinti und Roma?
Desto weiter man liest, hat man das Gefühl, alle im Dorf sind irgendwie in ein Geheimnis verstrickt. Dazu gehört auch Horka, deine rechte Hand des Dr. Ferbenz, der einst Gauleiter-Stellvertreter gewesen ist (der erste Eindruck ist bestätigt).
Sehr dicht ist der Einstieg, sehr viele Fäden hängen in der Luft…
Was soll ich denn jetzt noch schreiben ;) ? Die Sprache von Eva Menasse ist phantastisch, unglaublich bildhaft und ausdrucksstark, allein sie zu lesen ist ein reines Vergnügen. Die Geschichte selbst erinnert mich in ihrer Detailfreudigkeit ein bisschen an Melnitz oder an Romane, in denen ebenfalls solch ein Mikrokosmos beschrieben wird. Die Konstellationen sind sich ähnlich - es gibt die große 'Masse', die von den unguten Sachen nichts mehr wissen will oder noch was gewusst hat (haha); den herrschenden Bösewicht mit seinem Handlanger, der der Gerechtigkeit ein Schnippchen geschlagen hat; die wenigen Guten, die resigniert haben; und natürlich die Opfer, die meistens nicht mehr reden können.
Irgendjemand zerrt dann etwas ans Licht, was niemand wissen will und dann geht der Knatsch los. Ich bin gespannt :)
 

Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Ich bin nun ungefähr bei der Hälfte des ersten Abschnitts angelangt, und auch mir geht es so wie meinen beiden Vorrednern. Die Handlung nimmt einen direkt gefangen, aber ein wenig habe ich dennoch gebraucht um mich an die Sprache zu gewöhnen. Am besten gefällt mir bisher, dass das meiste im Dunkeln bleibt. Es wird gemunkelt und gemauschelt, wie es in kleinen Dörfchen oft üblich ist. Aber hier scheint das Geheimnis ein dunkleres zu sein.
Herrlich sind übrigens auch einige Kommentare.
 

RuLeka

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30. Januar 2018
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Der erste LA führt in den Ort des Geschehens ein, stellt die ( vorerst?) wichtigsten Figuren vor ( wobei ich hier schon immer mal wieder schauen muss, wer wer ist - das kommt davon, wenn man nicht am Stück und erst spätabends zum Lesen kommt ).
Ein bekanntes Motiv: Ein Fremder kommt an einen Ort und rührt an vergessene, verdrängte Geschehnisse.
Dabei legt Eva Menasse viel Wert darauf, dass die Atmosphäre rüber kommt. Etwas Bedrohliches, Geheimnisvolles liegt über allem. Jeder weiß ein bisschen mehr, über das er aber nicht reden will.
Mir gefällt die Art, wie sie schreibt, sehr bilderreich, mit vielen Anklängen an das Österreichische.
 

Die Häsin

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11. Dezember 2019
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Rhönrand bei Fulda
Für Leute, die mit dem österreichischen Spezialwortschatz nicht vertraut sind, gibt es übrigens hinten im Buch ein Glossar.
Ich stehe ungefähr in der Mitte des ersten LA, habe aber das Gefühl, ich sollte alles bisher Gelesene nochmal überfliegen und mit eine Personenliste machen. Bisher gefiel mir der Abschnitt mit Lowetz am besten - wie er in sein Haus zurückkommt, solche Szenen lese ich gerne ...
 

Wandablue

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18. September 2019
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Brandenburg
Oh, das ist so toll!
Die Sprache und der Stil, beides hat mich sofort am Wickel. Hier ist eine Künstlerin am Werk.
Inhaltlich ist es mordsspannend und natürlich auch merkwürdig. Merkwürdig auf eine schöne Art.
Ich habe versucht, rauszukriegen, wo Dunkelblum liegt und meine, es gefunden zu haben.
Da ich aber gestern schon mal bei Querleserin monierte, dass sie mir Infos gab, die ich vllt nicht haben konnte - sage ich es nicht. Es sei denn, ihr wollt darüber diskutieren. Das könnten wir ja mit der Spoilerfunktion machen. Es sieht so aus, als ob wir ein historisches Ereignis beleuchten würden. Und wir zurück in die Nazizeit müssten.
Da gehe ich eigentlich nicht gerne mehr hin, zickfach darüber gelesen, aber in einer Zeit, in der der Antisemitismus wieder aufblüht (Klage) - ich hätte es nie für möglich gehalten - und anfängt, solonfähig zu werden, - braucht es auch wieder Romane darüber.

Die Dunkelblumer sind schon speziell! Allerdings sind die Zugezogenen ausgeschlossen, von allem, was Gären oder Köcheln könnte. Sie wissen nichts und sie verstehen nichts.
Das erinnert mich an das Dorf, in dem ich mal zehn Jahre gewohnt habe. Im Hessischen. Da hatte ich auch immer das vage Gefühl, die Einheimischen hätten so ihre einheimischen Geheimnisse und es existierten Verbindungen, die ich nicht kannte. (War mir aber egal).

Mit den Grafen konnte ich erst mal nicht so viel anfangen.
Dafür ist mir Alois F. gleich übel aufgestoßen.
Und Anatal Grün, der seine Ladenglocke nicht mehr läuten hören kann und der, entgegen seiner Behauptungen, er sei gar nicht dagewesen, ganz sicher "dagewesen" ist.

Der junge Herr Graun ist ein Hallodri ganz eigener Art. Er hat seine Träume nicht verwirklichen können - standen seine Eltern dagegen, wir wissen es (noch) nicht - und er ist mächtig neidisch auf Leonore, die ihre verwirklichen konnte und schon "damals" quasi von einem anderen Stern war. Ob die Jüngste von Leo vllt von ihm ist? Die beiden hatten ja ein Gschpusi. Jetzt soll er dem Alois ein Grundstück zuschanzen, das der Leonore gehört, das sie ihm aber nie geben würde.
Er ist zart und rauh zugleich, was nicht funktioniert, wird totgeschlagen. Und er hat ganz sicher die Scheune von der Leonore angezündelt.

Rehberg wird von der Dorfclique um Alois (war er der Bösewicht, ja, gell?) tyrannisiert und Horka ist sein Erfüllungsgehilfe. Wo ist er ? Ist er tot?
Jedenfalls hat Horka sich den Laden der Grüns unter den Nagel gerissen. Seinerzeit. Damals. Vor der "Befreiung".
Lowertz konnte sich selbst "befreien", kam aber ins Dorf zurück, um zu überlegen, was er mit dem Elternhaus macht. Er liebt das Haus. Seine Eltern hatten Geschmack.

Das Dorf scheint ein Eigenleben zu besitzen: Eine lokale Schicksalsbestie? Was ist damit wohl genau gemeint? Das Schloss ist zerstört. Einige haben eine Grafenunterordnungsmentalität bis heute bewahrt.

Worte:
Hübsch: Kinderbuchästhetik.
Über den Ortskern: Kerne waren etwas, was man ausspuckte.
Das, was nicht allseits bekannt ist, regiert wie ein Fluch.


Ich kann jetzt schon sagen, dass das Buch auf die Shortlist gehört hätte, genau so wie "Kairos". Was für eine Jury. Die kommen auf die Liste ;-).
 

Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Viele Personen habe ich nun kennengelernt, und ich hoffe, dass ich im nächsten Abschnitt noch weiß wohin mit ihnen;)
Das Gefühl, dass alle etwas verbergen überwiegt, doch es gibt auch viele lustige Einschübe. Diese werden zwar nur beiläufig erwähnt, wie zum Beispiel der Bürgermeister, der eigentlich keiner sein will, oder die Anekdote um den kleinen Mops Hilde. Dennoch empfinde ich sie als sehr wichtig, denn ansonsten wäre es für mich fast schon zu düster.
Mit der österreichischen Mundart tue ich mich teilweise allerdings etwas schwer. Aber ich bemerke, dass es langsam leichter fällt. Das Glossar habe ich zwar entdeckt, aber meistens erschließt es sich ja ohne Probleme aus dem Zusammenhang
 

Emswashed

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9. Mai 2020
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Aber das hast du nicht alles aus dem 1. LA oder? Dass da Leute an der Grenze stehen aus der DDR. Das müssen von anderswoher Infos sein, ich hab das jedenfalls nicht gelesen.

Das ist aus dem Rückentext.
Ich stehe ungefähr in der Mitte des ersten LA, habe aber das Gefühl, ich sollte alles bisher Gelesene nochmal überfliegen und mit eine Personenliste machen.

Man könnte sogar die Karte mit Strassennamen ergänzen, die im Text mit den Personennamen erwähnt werden. Ich weiß nicht, ob das hier noch von Bedeutung sein wird, ist ja schließlich kein Krimi, aber interessant wäre es schon.

Mich überzeugt Manesses Sprache. @Querleserin und @Wandablue haben ja schon einige schöne Sätze herausgeschrieben..
Sie schreibt nicht, dass Herr grün nervös wurde, sondern überlässt dem Leser die zerknüllte Kassarolle zum Interpretieren, herrlich.
Ich finde zum Beispiel auch die Sache mit dem Fahrrad, das "sich selbst vom Toten entfernt" hatte, krass aussagekräftig. Hier wird mit einem kleinen Nebensatz eine fast vollständige Analyse der Menschen drumherum geschaffen. Es tut weh, dass man so schnell darüber hinwegliest. Der erste LA hat es aber auch an Informationen in sich, die Puzzleteile liegen auf dem Tisch, aber es fehlt noch die Vorlage, was daraus werden soll. Ich bin begierig das Bild zu vervollständigen, dabei sollte ich mir die Schnipsel doch genauer anschauen.

Ich blicke auf Dunkelblum mit Argwohn und Interesse, bin neugierig, welche "Leichen", die sich mit ihren Knochen schon in der Ladenglocke manifestieren, ausgegraben werden. Der Judenfriedhof wird gejätet und geputzt, die Grafengruft versiegelt... der Fingerzeig scheint hier eindeutig.
 

buchregal

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8. April 2021
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Dunkelblum ist ein Ort, an dem ich nicht leben möchte. Alles ist so düster und die Bewohner sind auch nicht sympathisch. Es gab einmal ein Schloss, von dem aber nur noch der Turm da ist. Grafen gibt es auch nicht mehr. Einer taucht nur mal auf. Lässt die Familiengruft abdichten und ist wieder verschwunden.

Selbst das Saufen im Tüffer ist eine trostlose Geschicht‘.

Bisher werden die Leute von Dunkelblum vorgestellt und es scheint etwas vorzugehen in Dunkelblum. Irgendwie scheint niemand den anderen zu mögen und doch steht man notfalls zusammen und hat auch seine Geheimnisse miteinander.

Ein Fremder kommt in den Ort, der überall herumläuft und Fragen stellt. Das ist den Menschen suspekt. Aber genauso suspekt sind ihnen die jungen Leute, die den jüdischen Friedhof vom Wildwuchs befreien wollen. Den Friedhof konnte man so lange vergessen und die damit verbundenen Erinnerungen, wie das Tor geschlossen war. Es will nun niemand an Vergangenes erinnert werden.

Wenn ich ganz ehrlich bin, habe ich ein Weilchen gebraucht, bis ich mich eingelesen hatte, aber dann hat es mich gepackt. Die Sprache ist bildhaft und eindrücklich.
 

buchregal

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8. April 2021
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Gleichzeitig trifft Lowetz wieder in Dunkelblum ein, dessen Eltern gestorben sind und der entscheiden muss, was mit seinem Elternhaus geschieht. Seine Mutter ist von drüben und das Haus liegt im alten Teil von Dunkelblum.
Die Grenze hat wohl eine besondere Bedeutung in dieser Geschichte. Die von drüben und Dunkelblum...
Leonore Malnitz, eine Landschönheit, birgt ebenfalls ein Geheimnis, sie hatte vor vielen Jahren eine Affäre mit dem jungen Graun, in ihrer Scheine, die just abgebrannt ist und dessen Grundstück zufällig Ferbenz kaufen will - ein Zufall?
Ich glaube nicht an einen Zufall.
Ob die Jüngste von Leo vllt von ihm ist? Die beiden hatten ja ein Gschpusi.
Sicher - denn das Gschpusi war sofort zu Ende, als sie schwanger war.
 

Wandablue

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die Anekdote um den kleinen Mops Hilde
Dass die Hunde Namen von Märtyrern tragen müssen - ist schon auch bezeichnend, oder? Es ist der helle Wahnsinn, ich sach ja, dieser Roman ist hohe Kunst - wenn ich dagegen an Die drei Kameradinnen denke ... seufz, oder Die Nibelungen oder Der zweite Jakob. Mei. Nägelbeiss. Vor Ärger Luftfechte.
 
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Wandablue

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Brandenburg
Dunkelblum ist ein Ort, an dem ich nicht leben möchte.
Ach was. Die Zugezogenen leben ganz fröhlich vor sich hin und kriegen gar nichts mit! Ich glaube fast, das ist an allen Orten (der Welt) so. Sehr feine Beobachtung der Autorin. Also würden wir einen Leseclub gründen und Kaffee miteinander trinken, du bäckst einen Kuchen, Ru bringt Quittenmarmelade mit - und wir hätten es fein lustig. Die Geister der Vergangenheit sollen die anderen quälen.
 

Barbara62

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19. März 2020
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Baden-Württemberg
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Was soll ich denn jetzt noch schreiben ;) ? Die Sprache von Eva Menasse ist phantastisch, unglaublich bildhaft und ausdrucksstark, allein sie zu lesen ist ein reines Vergnügen. Die Geschichte selbst erinnert mich in ihrer Detailfreudigkeit ein bisschen an Melnitz oder an Romane, in denen ebenfalls solch ein Mikrokosmos beschrieben wird.
Witzig, dass du auch an "Melnitz" denkst, denn ich weiß eigentlich gar nicht, warum das bei mir so ist.

Oh, das ist so toll!
Die Sprache und der Stil, beides hat mich sofort am Wickel. Hier ist eine Künstlerin am Werk.
Nachdem ich bei den letzten drei Büchern etwas mäkelig war, bin ich hier einfach hin und weg. Ich war ja vom Stil von Jenny Erpenbeck durchaus auch sehr beeindruckt, aber jetzt weiß ich, was trotzdem gefehlt hat: die Leichtigkeit und der Humor. Wenn es so bleibt, wird es neben "Melnitz" mein Jahreshighlight. Wobei man ja den Tag nicht vor dem Abend loben soll. ;)

Und er hat ganz sicher die Scheune von der Leonore angezündelt.
Echt? Wie kommst du drauf? Weil er das Grundstück als Strohmann für F. dann günstiger bekommt? Oder aus Rache, weil sie ihn rausschmeißt? Aber dann hätte er auch organisiert, dass die Feuerwehr just zu dieser Zeit anderswo war? Das traue ich ihm nicht zu.


Hat jemand eine Vermutung, was Agnes Kalmar im November 1956 in den Radionachrichten hörte?

Herrlich die österreichische Mundart, die ich noch als kleines Kind bei meinen aus Mähren vertriebenen Großeltern aufschnappen konnte. Meine Lieblingsformulierungen: "Die Vorfahren safteln." und "die Drüberen".

Was für ein erster Satz!!!

Und noch großartiger Satz: "In Dunkelblum lastet es von unten." Vielleicht ist das schon eine Vorlage für meine Überschrift...