Das finde ich grundsätzlich gar nicht schlecht, Fakten als Fakten zu behandeln und für sich sprechen zu lassen. Die Leserschaft kann sich ann im Kontext ein eigenes Bild dazu machen.dass ich auch etwas enttäuschend fand, wie sachlich hier geschichtliche Daten und Ereignisse eingeflochten sind, irgendwie als reine Daten und Fakten, ohne dass sie so richtig einen Bezug zur Geschichte und den Figuren bekommen und auch ohne dass sie irgendwie gewertet oder zumindest eingeordnet werden.
Das finde ich tatsächlich auch als Thema wichtig, da dieser part der deutschen Vergangenheit ja gerne etwas "vergessen" wird. Insgesamt denke ich auch, dass ein Nobelpreis auch für den Inhalt und die Thematik des Buches sowie damit verbundene Aussagen verliehen werden kann. Es stimmt, dass die Sprache bislang nicht durch eine besondere Stilistik hervorsticht, aber dennoch kann ein Buch meines Erachtens sehr ansprechend sein.Wohltuend fand ich die Ausführungen zum deutschen Kolonialismus so etwa auf den Seiten 24 und 25, die nicht so blutleer daherkommen.
Das ist mir auch aufgefallen, er scheint voll und ganz auf der Seite der Deutschen zu stehen.Was ich interessant finde: Dass Ilyas aufgrund seiner positiven Erfahrung mit dem deutschen Kaffeeplantagenbesitzer (war er doch, oder?) auch generell gegenüber der deutschen Besatzungsmacht so positiv eingestellt ist, dass er sich sogar freiwillig für deren Krieg mit den Briten als Kanonenfutter meldet.
Da hast du bestimmt recht. Meine Erwartungshaltung an ein Buch von einem Nobelpreisträger wäre aber bestenfalls eine Symbiose aus beidem: Form und Inhalt. Obwohl noch nie selbst etwas von ihr gelesen, sondern nur Besprechungen gesehen/gelesen, hatte ich den Eindruck gewonnen, dass bei der frisch gekürten Annie Ernaux genau beide Komponenten gekonnt zusammenfließen.Insgesamt denke ich auch, dass ein Nobelpreis auch für den Inhalt und die Thematik des Buches sowie damit verbundene Aussagen verliehen werden kann. Es stimmt, dass die Sprache bislang nicht durch eine besondere Stilistik hervorsticht, aber dennoch kann ein Buch meines Erachtens sehr ansprechend sein.
Sehe ich auch so.Das finde ich grundsätzlich gar nicht schlecht, Fakten als Fakten zu behandeln und für sich sprechen zu lassen. Die Leserschaft kann sich ann im Kontext ein eigenes Bild dazu machen.
Da geht es mir ähnlich wie Dir. Form und Inhalt scheinen mir bislang gut zusammenzupassen.Mehr (blutige) Details brauche ich nicht. Die Sätze stehen kerzengerade und lösen Erschrecken in mir aus.
Was die Perspektivenvielfalt angeht, mag dies stimmen. Ansonsten sehe ich eigentlich wenig Parallelen zu Schami, der ja sehr stark in "orientalistischer Erzähltradition" zu verwureln sein scheint. Ein begnadeter Geschichtenerzähler besonders in Lesungen. In meiner Studienzeit habe ich alles von ihm gelesen, was mir in die Hand kam. Inzwischen ist er nicht mehr so produktiv wie früher.Wie Gurnah die Familiengeschichte auspackt, immer mal wieder die unterschiedlichen Perspektiven einbindet, gefällt mir sehr. Erinnert mich ein bisschen an 1001 Nacht oder Rafik Schami - wobei mir letzterer inhaltlich viel süßlicher daherkam, in dem einen Buch, das ich von ihm las.
Ich finde es im Gegenteil ganz gut, dass hier so viele geschichtliche Ereignisse einfach nur erwähnt werden, weil sie mir (als in Kolonialmachts-Historie wenig Bewanderter) einen guten Überblick gewähren über das damalige Geschehen.... noch anmerken, dass ich auch etwas enttäuschend fand, wie sachlich hier geschichtliche Daten und Ereignisse eingeflochten sind, irgendwie als reine Daten und Fakten, ohne dass sie so richtig einen Bezug zur Geschichte und den Figuren bekommen und auch ohne dass sie irgendwie gewertet oder zumindest eingeordnet werden.
Ah, ja, sag ich doch...Das finde ich grundsätzlich gar nicht schlecht, Fakten als Fakten zu behandeln und für sich sprechen zu lassen. Die Leserschaft kann sich ann im Kontext ein eigenes Bild dazu machen.
Ich hatte reininterpretiert, dass sie sich an das wichtige europäische Werk „Ilias“ von Homer über den Trojanischen Krieg erinnert fühlten. Also etwas Belustigung, dass sie in Ostafrika jemanden antreffen, der scheinbarnach einer großen europäischen Erzählung benannt ist. Als ob „die Afrikaner“ nicht selbst einen kulturellen Hintergrund zu bieten hätten, sie sind ja laut Vorstellungen der Kolonialmächte in allem rückständig.Hat eigentlich jemand verstanden, weshalb die Deutschen lächelten als sie erfuhren, dass der Junge Ilyas heißt?
An Homers Ilias hatte ich auch kurz gedacht, aber das kam mir dann doch irgendwie weit hergeholt vor. Eine andere Erklärung habe ich aber nicht.Ich hatte reininterpretiert, dass sie sich an das wichtige europäische Werk „Ilias“ von Homer über den Trojanischen Krieg erinnert fühlten. Also etwas Belustigung, dass sie in Ostafrika jemanden antreffen, der scheinbarnach einer großen europäischen Erzählung benannt ist. Als ob „die Afrikaner“ nicht selbst einen kulturellen Hintergrund zu bieten hätten, sie sind ja laut Vorstellungen der Kolonialmächte in allem rückständig.
Aber das ist nur mein Gedanke dazu gewesen, ob das gemeint war, weiß ich natürlich nicht.
Bei dieser Geschichte musste ich daran denken, dass vielleicht auch einige auf den Zug aufgesprungen sind, obwohl er ihnen gar kein Geld schuldete. Nachweisen konnte man es ja schlecht.Auch wie schnell er den Kaufmann sterben lässt - mit all seinen Schuldnern im Kopf... Besonders klug kann der Mann nicht gewesen sein - oder er hielt sich für unsterblich...
Das hat mir auch gefallen. Gurnah zeichnet auch hier ein differenziertes Bild: es gibt die Unterschiede zwischen Stadt und Land, aber auch innerhalb dieser groben Kategorisierungen gibt es Unterschiede. Die Nachbarn verurteilen die Gewalttätigkeit des "Onkels" - eingegriffen hat leider niemand. Und wie sehr die Meinungen über die Deutschen auseinandernehmen zeigt sich an Ilyas und seinen kritisch eingestellten Gesprächspartnern.Im zweiten Kapitel wird die kleine Schwester gerettet. Ein schöner Twist, dass Khalifa seinem Freund zuredet, in sein Heimatdorf zu gehen, um nach den Verwandten zu suchen. In der Stadt lebt es sich aufgeklärter und freier. Hier darf auch Afiya Lesen lernen. Es ist so schön zu erleben, wie das arme Mädchen in der neuen Umgebung aufblüht und Freundinnen findet.
Mir auch - ich habe es nicht kapiert, dass Ilyas das nicht klar ist.s scheint ihm nicht klar, was die Rückkehr zu Onkel und Tante für seine Schwester bedeutet.... Mir setzte fast das Herz aus.
Ich habe da so ein ungutes Gefühl.Ob Ilyas wohl heil aus dem Krieg zurückkommt?
Richtig gut hat mir in diesem Zusammenhang die Szene gefallen als Ilya auf seiner Reise eingeladen wird, mit seinem Gastgeber gemeinsam zu beten. Geschickt kann er verstecken, dass er überhaupt nicht weiß, wie die Regeln sind. Sehr überraschende Szene, die verdeutlicht wie anders Ilyas durch seine Zeit auf der Plantage aufgewachsen ist.Der Spagat zwischen den Kulturen wird schon deutlich. Inder, Ostafrikaner, Deutsche - und die jungen Leute wie Ilyas so mittendrin ohne klare Orientierungsmöglichkeit an irgendwelchen Kulturen.
Diese Erwartungshaltung habe ich auch. Gurnahs Stil empfinde ich als unauffällig, gehoben konventionell (versteht das jemand? ). Er punktet bisher in meinen Augen vor allem durch die Thematik und seinen Blickwinkel. Ich wüsste nicht, wer über die Jahre der deutschen Koloniageschichte aus der Sicht der Kolonisierten geschrieben hätte.Meine Erwartungshaltung an ein Buch von einem Nobelpreisträger wäre aber bestenfalls eine Symbiose aus beidem: Form und Inhalt.
Mir geht es auch so, dass mir kein entsprechendes Beispiel einfällt. Aber die Tatsache, dass Gurnah nicht einmal Literaturwissenschaftlern bekannt war und so ziemlich jede:r nach der Nobelpreisbekanntgabe erst einmal nachschauen musste, wer das eigentlich ist, zeigt, wie vernachlässigt die Geschichte und die Geschichten dieses ganzen Kontinents wurden.Ich wüsste nicht, wer über die Jahre der deutschen Koloniageschichte aus der Sicht der Kolonisierten geschrieben hätte