Die Aufteilung passt perfekt!Ich hatte angenommen, dass Ihr auch mit einer Einteilung nach Charakteren zurechtkommt. Da war ich wohl zu experimentell.
Die Aufteilung passt perfekt!Ich hatte angenommen, dass Ihr auch mit einer Einteilung nach Charakteren zurechtkommt. Da war ich wohl zu experimentell.
Genau das ist der Punkt. Ich habe mir den Kopf zerbrochen, warum ich kein klares Bild von Paula erhalte. Jetzt weiß ich, was mich stört. Dieser Teil wird zwar aus ihrer Sicht geschrieben. Aber sie gibt nur sehr wenig von sich Preis. Das, was man erfährt, ergibt sich aus der Interaktion mit anderen, allen voran Ludger. Ich erlebe Paula nur als Teil einer Beziehung, entweder zu Ludger oder zu ihrer Tochter. Aber, was den Menschen Paula ausmacht, kann ich nicht beschreiben.
1. Leseabschnitt: Paula
Paula kommt aus dem Lateinischen und ist die weibliche Form von Paul. Paula bedeutet die Geringe, die Kleine. Paula hat auch eine griechische Herkunft, die Bedeutung ist dann die Schöne. (Wikipedia)
Ich war übrigens ganz gerührt, als ich gemerkt habe, dass das Buch in Leipzig spielt. Der Auwald, die Wege am Fluss, die Seenplatte vor den Toren der Stadt und die Lofts im Kanalviertel habe ich alle vor Augen. Seufz...
Sie lässt sich von Ludger (dem Namen nach ein Heiliger Missionar - das passt!) dominieren, schluckt ihre Wünsche und Vorstellungen herunter. Erst später muckt sie bewusst auf, als er zum kompletten Weltverbesserer mutiert. Da war sie auf einem richtigen Weg, doch dann starb das Kind, aus dieser Trauer kommt sie nicht heraus, zumal sie die Schuldgefühle nicht komplett wird abstreifen können. Ihre Mutter muss sich ja auch ewig um andere gekümmert haben, so dass nicht viel Liebe für sie und den Bruder blieb. Der Vater hatte wenig zu sagen, wie es scheint. Irgendwie habe ich schon ein Bild von Paula, aber kein vollständiges.
Wenzel heißt übrigens der Ruhmgekrönte oder Siegeskranz
Der Sprachstil ist grandios. Für Formulierungen wie
"Paula hoffte, dass die Zeit die Lücke zwischen Wunsch und Wirklichkeit schließen würde." liebe ich dieses Buch. Die Autorin nennt die Dinge nicht beim Namen sondern greift zu Umschreibungen, die den Leser fordern. Das macht das Gelesene sehr eindringlich.
Sie hat dadurch von sich aus eine sehr hohe Anpassungsbereitschaft, übernimmt viele von Ludgers Ideen, auch diese offene Loft-wohnung die ihr eigentlich gar nicht zusagt... Sie liebt ihn und passt sich an.Für mich ist die Person Paula jemand, die sich über andere definiert, die eigentlich nicht wirklich weiß, wer sie ist
Und dann suche ich wie immer nach einem Bezug zu dem Titel. Im Fall von Paula sehe ich ihn. Der Ernstfall war der Tod der Tochter, bei dem die "Liebe" zwischen Ludger und Paula (leider?) nicht gehalten hat. Ich bin gespannt, auf welche Lieben wir sonst noch treffen.
Sie hat dadurch von sich aus eine sehr hohe Anpassungsbereitschaft, übernimmt viele von Ludgers Ideen, auch diese offene Loft-wohnung die ihr eigentlich gar nicht zusagt... Sie liebt ihn und passt sich an.
Irgendwann übertreibt er es aber so sehr, dass sie spürt, wie wenig sie selbst in seinen Gedanken/Wünschen präsent ist. Da begehrt sie auf. Ohne Diskussion, sondern durch Widerstand. Dass das Kind dann sterben müsste, war harter Tobak. Dass Missionar Ludger die Impfung dafür verantwortlich macht (und damit Paula!), passt zu seinem Charakter.
Stimmt. Wäre Leni nicht, hätte sie sich bestimmt das Leben genommen.
Was für ein Hardliner Ludger ist, merkt man auch, als Paula als frisch Entbundene Auto fahren muss. Wenn das keine Doktrin ist
Sprachlich hat mich der erst Abschnitt sofort in seinen Bann gezogen. Die Sätze haben einen Rhythmus, der eingängig ist und leicht runter geht. Gleichzeitig sind viele Sätze einfach nur schön. Ich habt die besten Beispiele oben schon zitiert. Stilistisch wirklich ein Highlight.
Paulas Geschichte hat mich getroffen. Gut, dass gleich am Anfang klargestellt wird, dass sie mit Wenzel wieder glücklich sein kann. Ansonsten hätte mich die Erzählung von Johannas Tod wohl zu sehr mitgenommen. Diese Erzählung in Rückblenden ist also ein guter Kniff, hier die Schwere etwas rauszunehmen.
Ich teile eure Einschätzung, dass Ludger ein Unsympat ist. Er ist einer dieser Gutmenschen, der sich anderen überlegen fühlt. Von Paula fordert er, seine Ansichten zu teilen und ihm zu folgen. Paula passt das nicht, aber sie kann es ihm nicht ins Gesicht sagen. Ihre Strategie, ihn zu provozieren, indem sie gezielt Dinge tut, die ihm missfallen, ist eine Art stummer Protest. Auf lange Sicht hätte diese Beziehung keine Aussicht auf Erfolg gehabt. Fraglich ist nur, wie lange Paula um der Töchter Willen die Fassade aufrecht erhalten hätte.
Die Mauersegler und die blühenden Linden werden mehrfach erwähnt - ein wiederkehrendes Bild. Interessant - was wird die Autorin sich dabei gedacht haben? Die Vögel kann man ja vielfältig deuten. Ihre Rückkehr aus dem Süden zeigt den kommenden Sommer an. Sie sind frei und sterben, wenn sie eingesperrt werden. Aber Menschen sind keine Vögel...Dann tauchen die Mauersegler häufiger auf. Für eine Figur war es wichtig, ob die Mauersegler noch/schon da waren, sie sind Zugvögel.