Also ich kann nicht in die Begeisterung einstimmen. Ich habe zunächst mal unsere Freundesgruppe selbst sehr strange und klischeebehaftet empfunden.
Als alte Schulfreunde machen sie jährlich einen Ausflug, sie haben schon viel miteinander erlebt, können jederzeit auf alte Geschichten zurückgreifen, wenn das Gespräch ins Stocken kommt.
Schauplatz ist irgendwo in Ostdeutschland. Die Störche, die weiten Felder, die schlechten Straßen, die heruntergekommenen Orte, die schweigsamen, unfreundlichen Bürger, der offene Rassismus.... Hier sehe ich eine ganze Menge Klischees. Da muss man erstmal drauf kommen:
Der Storch ist ein Scheißnazivogel. 8
Josef scheint es wirtschaftlich als Apotheker gut zu gehen. Er fährt ein standesgemäßes Auto. Als die Gruppe wegen Amalias Verletzung anhalten muss, verhalten sie sich aus meiner Sicht großspurig, arrogant und affig. Möglicherweise sprechen sich solche Ankömmlinge auf dem Land auch schnell herum.
Diese Szenen in der Gaststube wirken wie aus einem billigen Spielfilm. Stereotyper geht es kaum. Sind sie bei den Völkischen gelandet? ("Die Enkelin" grüßt
) Anders macht diese offene Ablehnung absolut keinen Sinn. Wie bescheuert ist es, jemandem die Toilette zu verwehren? Irgendwo muss er sich ja entleeren. (Was er ohne viel Aufsehen auf dem Pickup tut: Nicht labern, sondern handeln, scheint Josefs Devise zu sein.)
Dass das N-Wort hier nicht ausgeschrieben wird, macht keinen Sinn. Inhaltlich ist es schließlich relevant und jeder Leser weiß, was gemeint ist. Zuviel aufgesetzte Korrektheit m.E..
Am nächsten Tag fährt Bodo wie eine gesengte Sau. Er will es dem kleinen Fahrzeug zeigen - wie ein Spielkalb verhält er sich auf der Straße mit einem Auto, das den Neid der Einwohner heraufbeschwören kann. Augenscheinlich hat Josef als einziger Verständnis: "Oder er hatte Angst." Eine Möglichkeit, die die anderen gar nicht sehen.
Vielleicht ist die Frau am Bootsverleih ja tatsächlich die Beifahrerin den Wagens gewesen? Dann wird aus deren ominösen Verhalten ein Schuh. Unsere Gruppe lässt sich vollends über den Tisch ziehen, ich denke auch die Kaution sehen sie nie wieder, zumindest fiel nicht das Wort "Quittung".
Amalia ist eine Neunmalkluge. Sie ist nicht nur die Quotenfrau, sondern sie will auch alles ganz (politisch) korrekt haben. Mich würde sie nerven. In dem Zusammenhang das "N-Wort" zu kritisieren, ist doch kindisch und intellektuell. Später der Schreibfehler im Namen, die Kritik an den erschlagenen Wespen, der Disput um die Schlagfrau, Indigenensprache statt Indianersprache... Man kann political correctness auch übertreiben!
Die Beziehung zwischen Amalia und Josef ist noch nicht geklärt, von beiden Seiten nicht. Was sollten sonst die nächtlichen intimen Mails? Musste er eine Frau aus der Heimat heiraten? Da bin ich noch neugierig.
Gero soll Samenspender für die Freundin seiner Frau werden. Aha. Noch so ein Thema, über das wir trefflich diskutieren könnten und das zu den Störchen passt. Die Strauße indessen könnten Metaphern für Josef sein: Auch der hat hier nichts zu suchen, sondern gehört nach Afrika.
Amalia ist Rallyes gefahren und war ein Jahr in Reha. Hat ihr Florian eventuell einen Unfall nicht überlebt?
Man bekommt allerlei Vergangenes vor die Füße geworfen. Der Misthaufen vor der Schule war auch reichlich unappetitlich. Ich mag diese Freunde nicht. Sie strahlen ziemlich viel Überheblichkeit und wenig Empathie aus. Ich lese nicht uninteressiert weiter, aber das Ganze hat mir noch zu viele Schubladen.
Gibt es heute wirklich noch so Ecken, in denen so offen gegen Schwarze geredet wird ?
Vielleicht in völkischen Siedlungen. In ganz normalen Orten kann ich mir das kaum vorstellen. Will es auch nicht. So plump und eindeutig, wie es hier geschieht, wirkt es unwahrscheinlich auf mich.
Das passt in meinen Augen nicht so zu Amalia, die ja insgesamt doch recht umsichtig und durchgeplant wirkt.
Findest du? Umsichtig? Würdest du in einer Wirtschaft offensichtlich deinen eigenen Wein trinken und dich noch darüber totlachen? Sie hat keine Landkarte mitgenommen! Dass Handys auf dem Land keinen Empfang haben, ist nichts Neues. Sie hat keine Ahnung von Preisen und lässt sich übervorteilen. Sie lebt iwie auf einem anderen Stern.
Was mich wirklich vewundert, ist dass der Autor immer nur N.... schreibt. Hier im Zusammenhang mit der Beschimpfung müsste das Wort ausgeschrieben stehen dürfen.
Finde ich auch (s.o.)