Dann erneut beim Supergau in Tschernobyl.Es war das erste Mal, dass die Erschütterungen ferner internationaler Ereignisse bis in seine kleine Welt vordrangen.
Kritik an der Corona-Politik oder generell an der Politik während eines Notstandes, an der mangelnden Kommunikation?Er hatte gedacht, es sein seine Liebe, die das Kind schützte. Aber ein öffentlicher Notstand ist ein indifferenter Gleichmacher. Kinder eingeschlossen. (...) Was in den Augen eins Politikers gut für die Massen sein mochte, war womöglich für keinen Einzelnen gut, insbesondere nicht für ihn. (52)
Der Roman startet mit den Erinnerung des 38-Jährigen Schriftstellers Baines im Jahr 1986, der gerade von seiner Frau verlassen wurde und nun mit einem sieben Monate alten Jungen allein dasteht, zudem von der Polizei verdächtigt wird, seine Frau umgebracht zu haben.In Latein und Französisch hatte er die Zeiten gelernt Sie waren schon immer da gewesen, Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft, nur war ihm nie aufgefallen, wie Sprache die Zeit einteilte. (22)
Auch der Einfluss des autoritären Vaters sowie der depressiven (?) Mutter prägen ihn - Pflichtbewusstsein, Verantwortung, Erziehung zum Mann vs. Vertrauter der Mutter. In diesem Spannungsfeld wird er groß und versteht viele der Geheimnisse der "Familienwolke" (75) - warum waren seine älteren Geschwister, die einen anderen Vater haben, nicht mit ihm aufgewachsen? Warum war seine Mutter so traurig und er so seltsam als Kind?...und sie prägte ihn in seiner Ruhelosigkeit, seinem unklaren Ehrgeiz mit Anfang zwanzig, bestärkte seine Aversion gegen jede Art regulärer Arbeit. (82)
Ein etwas chaotischer erster Leseeindruck , aber bisher lese ich den Roman gern und freue mich auf weitere 600 SeitenDas lange Loslassen mochte den Kern des Elternseins ausmachen, doch das war in diesem Moment kaum vorstellbar.
So las ich das auch, obwohl auf dem Klappentext von einem vier Monate alten Baby die Rede ist! (Lesen die Verfasser der Klappentexte den Inhalt nicht? )Der Roman startet mit den Erinnerung des 38-Jährigen Schriftstellers Baines im Jahr 1986, der gerade von seiner Frau verlassen wurde und nun mit einem sieben Monate alten Jungen allein dasteht, zudem von der Polizei verdächtigt wird, seine Frau umgebracht zu haben.
Ich bin ebenfalls voreingenommen, denn auch ich mag die Bücher von McEwan. Wobei meine Favoriten neben „ Abbitte“ und „Saturday“ die beiden schmalen Romane „ Kindeswohl“ und „ Am Strand“ sind.Gleich vorneweg: Ich liebe Ian McEwan und habe bis auf die ganz frühen Werke alles von ihm gelesen, bin also ganz klar voreingenommen
Es heißt, dort gibt es keine höheren Schulen für die Kinder. Heute finden das Familien, die berufsbedingt im Ausland leben. Es wäre damals sicher auch möglich gewesen. Aber die Kinder sollten im Mutterland ja englische Lebensart kennenlernen, wie Du schreibst.Offensichtlich war das in diesen Kreisen der Engländer üblich, wenn sie im Ausland lebten, dass sie ihre Kinder nach England ins Internat oder/und zu Verwandten schickten, damit ihr Nachwuchs die englische Lebensweise lernt.
Ich habe 'Kindeswohl' von ihm gelesen und das hatte mich auch begeistert!Gleich vorneweg: Ich liebe Ian McEwan und habe bis auf die ganz frühen Werke alles von ihm gelesen, bin also ganz klar voreingenommen
Ich sehe die Kritik generell an der Politik während eines Notstandes an der mangelnden Kommunikation. Wir waren damals gerade im Schwarzwald und machten Urlaub auf einem Bauernhof mit unseren Kindern, als die Nachricht von radioaktiven Wolke aus Tschernobyl uns erreichte. Und es war schon interessant, w i e unterschiedlich die Länder reagierten: die einen pflügten die Ernte unter und bei manchen Ländern (20 km von uns entfernt!) war die Wolke an der Grenze stehengeblieben!Kritik an der Corona-Politik oder generell an der Politik während eines Notstandes, an der mangelnden Kommunikation?
Das fand ich auch hochinteressant! Auch weil aus allem so ein Geheimnis gemacht wurde. Warum durfte niemand wissen, dass die Kinder von Rosalind, der Mutter, zwei verschiedene Väter hatten. Der Vater war doch im Krieg umgekommen. Sie war verheiratet gewesen, also bestand doch gar keine Notwendigkeit dafür!In diesem Spannungsfeld wird er groß und versteht viele der Geheimnisse der "Familienwolke" (75) - warum waren seine älteren Geschwister, die einen anderen Vater haben, nicht mit ihm aufgewachsen? Warum war seine Mutter so traurig und er so seltsam als Kind?
Ich schränke es mal ein wenig ein: wie die meisten Frauen! (Ich kenne / kannte auch andere! )Aber wie die Frauen ihrer Generation akzeptiert sie klaglos die Entscheidungen ihres Mannes.
Ich vermute es auch ganz stark! Überhaupt fand ich die Schilderungen von dem Internat, bzw. des Tagesablaufs hoch interessant!Der LA endet mit dem Entschluss des mittlerweile pubertierenden Jungen, dieser Frau nie mehr zu begegnen. Denn sie ist zu einer Obsession für ihn geworden. Aber wir ahnen/ wissen, dass es zu weiteren Begegnungen kommen wird.
Das stimmt! Meine Mutter arbeitete in ihrer Jugend als Dienstmädchen in einer 'besser gestellten' Familie und die Kinder durften auch nicht mit am Familientisch essen, sondern nahmen ihre Mahlzeiten in der Küche mit dem Personal ein. (Sie genossen das allerdings: da ging es nämlich lustiger zu!)Auch der Alltag trennte in besser gestellten Familien den Bereich der Erwachsenen von denen der Kinder. Für uns / mich heute unvorstellbar.
Ihr, die Ihr schon fast alles von McEwan gelesen habt: Könnt Ihr eine Entwicklung in der Schreibkunst von McEwan erkennen? Ich habe auch schon vieles von ihm gelesen, allerdings in kunterbunter Reihenfolge und weiß nur, dass ich mich jedes Mal pudelwohl mit seiner Erzählweise fühlte. Doch da mir die Chronologie fehlt, kann ich die Entwicklung nicht erkennen. Der Mann schreibt nun seit Mitte der 70er Jahre, also seit fast 40/50 Jahren. Seinen Romanen muss man doch seine Lebenserfahrung anmerken, sowohl inhaltlich als auch stilistisch. Versteht das jetzt bitte nicht als Hausaufgabe. Nur würde ich mich freuen, wenn Ihr zwischendurch in dieser Leserunde etwas dazu schreiben könntet. Es interessiert mich ganz einfach, wie Ihr das seht.Ich liebe Ian McEwan und habe bis auf die ganz frühen Werke alles von ihm gelesen, bin also ganz klar voreingenommen
Den Verdacht hatte ich tatsächlich auch. Bei mir wurden durch die Art der Darstellung doch ein paar Zweifel gesät, die sich erst mit der fünften Postkarte wieder auflösten.Kurzzeitig gerät Roland sogar in Verdacht, seine Frau umgebracht zu haben.
Chronologisch habe ich seine Romane nicht gelesen und fühle mich auch nicht kompetent genug, um Deine Frage zu beantworten.Ihr, die Ihr schon fast alles von McEwan gelesen habt: Könnt Ihr eine Entwicklung in der Schreibkunst von McEwan erkennen? Ich habe auch schon vieles von ihm gelesen, allerdings in kunterbunter Reihenfolge und weiß nur, dass ich mich jedes Mal pudelwohl mit seiner Erzählweise fühlte. Doch da mir die Chronologie fehlt, kann ich die Entwicklung nicht erkennen. Der Mann schreibt nun seit Mitte der 70er Jahre, also seit fast 40/50 Jahren. Seinen Romanen muss man doch seine Lebenserfahrung anmerken, sowohl inhaltlich als auch stilistisch. Versteht das jetzt bitte nicht als Hausaufgabe. Nur würde ich mich freuen, wenn Ihr zwischendurch in dieser Leserunde etwas dazu schreiben könntet. Es interessiert mich ganz einfach, wie Ihr das seht.
Ohne Deine Intelligenz in Abrede zu stellen, ich glaube, McEwan ist so gut. Ich kann nämlich dem Ganzen auch sehr gut folgen.bin ich so schlau oder ist McEwan so gut?
Genau! Er beschreibt Befindlichkeiten, die der Junge empfindet, aber nicht wirklich benennen kann. Trotzdem versteht man , was er meint.Was McEwan einfach meisterhaft beherrscht, ist die Darstellung innerer Zustände, die in seinen Händen große Klarheit gewinnen. Er behandelt Befindlichkeiten, für die so mancher gar keine Wahrnehmung hat, und bringt sie sensibel auf den Punkt. Ein, zwei Sätze, und ich denke mal wieder: wow.
Es ist schon was passiert, aber so beiläufig, dass der Junge nur ein Unbehagen spürt, aber keinen Missbrauch benennen könnte. ( Ich glaube, dass Missbrauch oftmals genauso beginnt.)Dann der subtile Missbrauch durch die Klavierlehrerin. Im Grunde ist nichts passiert, und dennoch... Ich glaube gar nicht, dass sie nochmal auftaucht, muss sie auch nicht. Sie hat sich eingebrannt.
Wieso 'oder' ?bin ich so schlau oder ist McEwan so gut?
Zuviel der Ehre! Aber danke.Wieso 'oder' ?
Das stimmt. Und wenn das Kind darüber reden würde, klänge es völlig belanglos und niemand würde ihm glauben.Es ist schon was passiert, aber so beiläufig, dass der Junge nur ein Unbehagen spürt, aber keinen Missbrauch benennen könnte. ( Ich glaube, dass Missbrauch oftmals genauso beginnt.)
Und darauf spekulieren die Täter*innen!!!!!Das stimmt. Und wenn das Kind darüber reden würde, klänge es völlig belanglos und niemand würde ihm glauben.
Auch für mich. McEwan kann epische Werke genauso gut wie die kurze Form.Am Strand". Einer seiner besten.