Ich würde nicht ganz so hart mit ihm urteilen. Ja, Jeanne braucht Unterstützung und er sollte für sie da sein. Dass es Matt aber zu viel wird, kann ich irgendwie auch ein wenig verstehen. Erst verliert er seine Mutter an den Krebs, dann die Schwester. Dann ist sein einziges Kind seit Geburt schwerkrank und pflegebedürftig und dann verliert er es in so jungem Alter. Dieser Mann hat schon einiges durchgestanden und hat Jeanne bei ihrem gemeinsamen Sohn immer unterstützt. Wäre er bloß ein Arsch, warum hat er sich nicht damals schon aus dem Staub gemacht? Ich denke, er ist jetzt einfach überfordert und denkt, dass er nicht noch einmal die Kraft hat, einen solchen Verlust zu erleben und ein solches Leiden mitanzusehen.
Ich habe es im Verwandtenkreis selbst erlebt: Als eine Schwester schwer an Krebs erkrankt ist, haben sich zwei der drei Geschwister gekümmert, oft angerufen und sind regelmäßig zu Besuch gekommen. Ein Bruder hat sich zurückgezogen und nur selten gemeldet. Für viele war er erst mal der Arsch, dabei hat er sehr darunter gelitten und war jedes Mal aufs Tiefste erschüttert, wenn er seine Schwester gesehen hat. Bei der Trauerfeier hat er am heftigsten geschluchzt (und das war kein Schauspiel) und hat zugegeben, dass er einfach nicht damit umgehen konnte, sie langsam sterben zu sehen. Er war auch schon mehrfach in psychischer Behandlung, weil er zu Depressionen neigt und psychisch labiler ist als viele. Ich will damit sagen, dass es für Angehörige sehr, sehr hart sein kann, einen Todkranken zu begleiten, und es einigen noch schwerer fällt als anderen. Sie wollen da sein, drohen aber daran selbst zu zerbrechen. Gerade wenn man weiß, was auf einen zukommt, weil man die Situation schon kennt, ist die Angst vor einem Verlust riesig.