1. Leseabschnitt: Kapitel 1 bis 8 (Seite 5 - 65)

ulrikerabe

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14. August 2017
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[zitat]"Ich behaupte ja nicht, dass Sie schon alles wissen, was Sie wissen möchten...Die Sache ist nur, ich weiß nicht alles, was ich wissen müsste, um für sie arbeiten zu können"[/zitat]
Orfamay Quest ist doch auf etwas ganz anderes aus, als ihren Bruder zu finden (liest hier eigentlch niemand Klappentexte?)

Ich halte den Namen im übrigen auch für ein "Fake", wie man heute wohl sagen wütde. Lautmalerisch erinnert es mich an Orphan (Waise) May. Quest spricht auch irgendwie für sich.
 

KrimiElse

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26. Januar 2019
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Dashiell Hammet und Raymond Chandler sind die Väter solcher Ermittler. Ich bin vorbelastet durch die Verfilmungen und habe ständig Humphrey Bogart vor Augen.
Das geht mir auch so, wenn ich Chandler lese, sehe ich Bogart...
Ich habe ihn vermisst, den schnoddrigen Ermittler mit so scharfem Verstand, einem großen Herz und Ehrlichkeit inmitten einer verkommenen Gesellschaft, der nach Strich und Faden versucht wird zu hintergehen, Fallen sehr genau wittert, aber aus Loyalität gegenüber seinen Auftraggebern dennoch hineintappt.
Die Übersetzung ist sehr gelungen, wie ich meine, man trifft hier sehr gut den Ton, der das Millieu, in dem sich der Detektiv bewegt, verbildert.
Eine große Portion Zynismus, in der sich die Chandler-typische Kritik gekonnt versteckt, machen die Krimis trotz oder wegen aller Härte zum Gekonnten Sittengemälde.
Und auch bei mir darf Marlowe ein Macho sein, das gehört nun mal zu seiner Figur.
 

KrimiElse

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Die Auftraggeberin ist mir bisher nicht so sehr sympathisch. Marlowe sagt mal so ungefähr, es wundere ihn schon, weshalb sie erst jetzt nach ihrem Bruder suche, wo er sich doch Monate nicht gemeldet habe. Das ist schon eigenartig. Wer weiß, was noch dahintersteckt und ob die beiden überhaupt Geschwister sind.
Sie verbirgt etwas, und das spürt er sehr genau.
 

KrimiElse

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26. Januar 2019
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Walter E. Richartz, der dieses Buch 1975 übersetzte, hat m.W. einen sehr guten Namen gehabt und sehr viel für Diogenes übersetzt. Aber nach knapp 50 Jahren will der Verlag vielleicht den Text etwas moderner anbieten. Es ist ja nicht so, dass Diogenes seine amerikanischen Krimis so übersetzen ließ, wie der Ullstein Verlag damals. Der war nämlich dafür bekannt, dass sogar echte Klassiker gekürzt, verhunzt und in Schlicht-Sprache übersetzt wurden. Das trug durchaus zum schlechten Ruf der Krimis als Schundliteratur in den 50iger/60iger bei.

Wobei ich hier aber auch manches Sprachliche nicht so toll finde: Marlowe beim Verwalter des Fremdenheims, der lallt „Glaubssunich und willnDrink“ und dazwischen formuliert er glasklar „ein paar Jungs kümmern sich dann um dich“ (S.34)

Auch solche Bilder wie auf S. 61 „ihre Stimme klang nach und hatte etwas feucht Liebkosendes, wie ein benutztes Badehandtuch“ lösen in mir höchstens Lachreiz aus, so albern klingt das. Allerdings müsste ich jetzt das Original kennen um zu wissen, ob das Chandler oder Detje ist.;)

Also klingt schon an, dass ich noch nicht so recht im Buch angekommen bin.
Ich bilde mir ein, dass ich Ähnliches auch in alten DDR-Übersetzungen gelesen habe. Ich muss mal schauen...
 

KrimiElse

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26. Januar 2019
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Natürlich ist Marlowe ein unwiderstehlicher Frauenheld und muss eine hübsche Frau einfach küssen. Sie provoziert ihn und er hat darauf nur zwei Möglichkeiten. Aber ein Gentleman schlägt eine Frau nicht, also besiegt er sie durch einen Kuss.
Das darf man alles nicht so ernst nehmen . Außerdem ist der Roman Jahrzehnte vor der Me-Too- Debatte erschienen.
Genau so. Und das sollte der heutigen Sicht nicht zum Opfer fallen, es ist n7n mal ein Teil von Marlowe.
 
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Reaktionen: RuLeka

KrimiElse

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26. Januar 2019
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Stimmt alles, was du sagst. Aber waren die 50er Jahre nicht ziemlich prüde? Zumindest war es das, was von der Weiblichkeit erwartet wurde. Ein weiteres Indiz, dass Schwesterlein es faustdick hinter den Öhrchen hat:)
Aber sicher nicht in der Unterwelt. Und der Roman spielt eher, außerdem nur einen Steinwurf vom Showbiz und Filmstudios entfernt, da ging es noch nie prüde zu.
 

RuLeka

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30. Januar 2018
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Auch solche Bilder wie auf S. 61 „ihre Stimme klang nach und hatte etwas feucht Liebkosendes, wie ein benutztes Badehandtuch“ lösen in mir höchstens Lachreiz aus, so albern klingt das. Allerdings müsste ich jetzt das Original kennen um zu wissen, ob das Chandler oder Detje ist.;)
Übersetzung Richartz : „ Sie hatte eine tiefe, gedehnte Stimme mit etwas wie einer feuchten Liebkosung drin, wie ein feuchtes Badetuch.“ Das „ Ihre Stimme klang lange nach...“ fehlt dort.
Hier finde ich die neue Übersetzung geschmeidiger.
 

RuLeka

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30. Januar 2018
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Ich habe vorhin erst noch "Der große Schlaf" von Chandler gelesen. Das gibt es auch ein großartiges Nachwort zu Chandler und seinem Protagonisten, dem "neuen" Detektiv der amerikanischen 1930er.., mit Sam Spade die ersten Verteter des Hardboiled Kriminalromans.
Angeblich altert Marlowe in den Büchern auch nicht, er ist konstant Mitte 30. Fast wie später James Bond.
Werde ich mal nachlesen.