1. Leseabschnitt: Kapitel 1 bis 7 (Seite 5 bis 49)

Kristall86

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22. März 2021
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An der Nordseeküste
Da geht es mir wie dir. Ich komme nicht über das "Die Mutti" hinweg und zwar vor allem, weil diese Erzählung ja nicht direkt an seine Kinder gerichtet ist. Es ist ja kein Dialog mit ihnen oder Brief an sie gerichtet.

Mich hätte wohl das direkte Übernehmen des Wortes "maman" weniger gestört. Wenn dann dort "die Maman" gestanden hätte, wär' es mir persönlich wahrscheinlich viel weniger oder gar nicht aufgestoßen. Eben weil die Verbindung zu der französischen Angwohnheit den Artikel davor zu setzen, gepasst hätte. Aber hätte hätte Fahrradkette. ;)
Er redet ja auch in Gedanken so von ihr und ich denke es soll eine Art Bindung/Anker zu den Kindern sein. Aber wie unsere liebe Häsin schreibt, finden wir das in der französischen Sprache recht häufig. Er spricht auch nie von "seiner" Mutti wenn er über seine Frau erzählt...das ist ebenso interessant. Deshalb wird, so denke ich, diese Aussprache immer in Bezug (egal ob in direkter oder indirekter Verbindung) auf die Kinder sein. Sie war das Zugpferd der Familie, der Ring, der alle zusammen gehalten hat und nun, ist die Mutti nicht mehr da. Ich muss es mir auch mal Original angucken....mich interessieren ja immer Übersetzungen:reader2
 

Kristall86

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22. März 2021
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An der Nordseeküste
Da geht es mir wie dir. Ich komme nicht über das "Die Mutti" hinweg und zwar vor allem, weil diese Erzählung ja nicht direkt an seine Kinder gerichtet ist. Es ist ja kein Dialog mit ihnen oder Brief an sie gerichtet.

Mich hätte wohl das direkte Übernehmen des Wortes "maman" weniger gestört. Wenn dann dort "die Maman" gestanden hätte, wär' es mir persönlich wahrscheinlich viel weniger oder gar nicht aufgestoßen. Eben weil die Verbindung zu der französischen Angwohnheit den Artikel davor zu setzen, gepasst hätte. Aber hätte hätte Fahrradkette. ;)
Wobei wir Deutsche (jedenfalls in einigen Regionen) auch manchmal nicht besser sind:pBekannte von mir sagen auch immer "die Heike" oder "der Martin"...kenne ich so überhaupt nicht...
 

GAIA

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27. Dezember 2021
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Thüringen
Wobei wir Deutsche (jedenfalls in einigen Regionen) auch manchmal nicht besser sind:pBekannte von mir sagen auch immer "die Heike" oder "der Martin"...kenne ich so überhaupt nicht...
Das kenne ich mitunter auch, keine Frage. Nur geht es mir hier wirklich um den literarischen Text bzw. dessen Übersetzung. Sagt die GAIA... :p
 

kingofmusic

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30. Oktober 2018
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Ich habe gerade den ersten Abschnitt noch einmal gelesen, weil ich das Gefühl hatte, etwas "verloren" zu haben.
Trotz "Die Mutti" und der (teilweise) einfach-derben Sprache (obwohl es auch durchaus feinfühlige Formulierungen gibt) finde ich die Geschichte bisher überaus überzeugend. Die Selbstzweifel des Vaters, nicht genug unternommen zu haben, seine Liebe zu seinen Söhnen und nicht zuletzt die politische Radikalisierung von Fus (muss es eigentlich immer Fussball sein? Warum nicht Handball? :D) sind deutlich und lassen mich selbst die Frage stellen, wie ich reagieren würde, wenn eines meiner drei Kinder in diese politische Richtung tendiert. Zum Glück muss ich mir da aber (noch?) nicht allzu große Sorgen machen ha ha ha.
Nun bin ich gespannt, wie es weitergeht :).
 

milkysilvermoon

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13. Oktober 2017
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Ich habe ein bisschen Probleme, in das Buch hineinzukommen: Zum einen befremdet mich das ständige "Mutti", wer ist denn nun eigentlich gestorben, die Mutter des Erzählers oder seine Frau? (Rhetorische Frage natürlich.) Auch die Trauer um den Verlust der "Mutti" scheint sich eher darauf zu gründen, dass sie als die "Care-Arbeiterin" der Familie weggefallen ist.

Aber unabhängig von der Herkunft des Wortes, die stete Verwendung finde ich auch störend. Ich denke der Gedanke war, dass "der Vater" eben auch keinen Namen bekommt (habe ich jedenfalls nicht wissentlich gelesen) und "die Mutter" auch nicht. Nur dass sie eben eine komische Verniedlichung in der Ich-Erzählung des Vaters abbekommen hat...

Weder er noch seine Frau bekommen einen Namen. Mit Mutti ist sie voll auf die Rolle als Mutter reduziert.

Ich hatte nicht das Gefühl, dass er sich jedes Mal, wenn er "die Mutti" sagt, sich an die Kinder wendet.

Da geht es mir wie dir. Ich komme nicht über das "Die Mutti" hinweg und zwar vor allem, weil diese Erzählung ja nicht direkt an seine Kinder gerichtet ist. Es ist ja kein Dialog mit ihnen oder Brief an sie gerichtet.

Mir hat die Art und Weise, wie der Mann über seine verstorbene Frau redet, auch den ersten Leseabschnitt vermiest. Erstens dieses ständige „die Mutti“, mit dem er sie auf ihre Mutterrolle reduziert und nur verniedlichend benennt. So als ob sie keine vollwertige Person und nicht eine Partnerin, Geliebte usw. war, sondern halt einfach nur die Mutter seiner Kinder. Zweitens die wenig schmeichelhaften Aussagen über sie (sie wurde hässlich, hat sich hängen lassen usw.). Das mag de facto so sein. Aber redet man so über seine verstorbene Frau? Keine liebevollen Bemerkungen über sie. Tut mir leid, aber das macht mir diesen Kerl sehr unsympathisch.
 

milkysilvermoon

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13. Oktober 2017
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Ich bin, ehrlich gesagt, nach den ersten Kapiteln nur semibegeistert. Die Thematiken (Tod der Mutter, Abrutschen in rechte Kreise) finde ich sehr spannend. Deshalb hatte ich hohe Erwartungen an die Lektüre. Die Umsetzung ist bisher aber nicht so meins. Einerseits finde ich die Figuren allesamt eher unsympathisch, andererseits ist der Roman in sprachlicher Hinsicht auch nicht besonders.

Ich bleibe offen und hoffe, dass die Geschichte noch mehr parat hat, um mich doch noch zu kriegen. Bis jetzt komme ich allerdings nur schleppend voran.
 

Die Häsin

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11. Dezember 2019
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Zweitens die wenig schmeichelhaften Aussagen über sie (sie wurde hässlich, hat sich hängen lassen usw.). Das mag de facto so sein. Aber redet man so über seine verstorbene Frau? Keine liebevollen Bemerkungen über sie. Tut mir leid, aber das macht mir diesen Kerl sehr unsympathisch.
Ich habe eine Weile darüber nachgedacht, was es bedeuten könnte, dass seine Frau - auch laut Ansicht des Arztes - "nicht gegen die Krankheit angekämpft hat". Wir erfahren ja sonst nur sehr wenig über die Frau. Was sollen wir daraus schließen, dass ausgerechnet dieser Punkt erwähnt wird?
Vielleicht bedeutet es auch gar nichts. Aber das ganze Buch ist in vieler Hinsicht so sparsam, dass ich in jeder erzählten Tatsache eine Bedeutung suche ...
 

Literaturhexle

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2. April 2017
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Was sollen wir daraus schließen, dass ausgerechnet dieser Punkt erwähnt wird?
Vielleicht sagt es mehr über den Vater als über die Mutter aus? Er hat schon feste Vorstellungen, wie Menschen sich verhalten sollen. Er zeigt nicht viel Empathie, nicht viel Gesprächsbereitschaft. Die Mutter war lange krank, irgendwann werden sie die Kräfte verlassen haben. Das hat der Vater möglicherweise ignoriert, um ihr die Verantwortung zuschieben zu können, um abschließen zu können?
 

RuLeka

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30. Januar 2018
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Ich habe eine Weile darüber nachgedacht, was es bedeuten könnte, dass seine Frau - auch laut Ansicht des Arztes - "nicht gegen die Krankheit angekämpft hat".
Wie Du schon sagst, muss man bei einem solchen schmalen Buch jeden Satz auf die Goldwaage legen.
Für mich bedeutet es nicht, dass seine Frau ihr Leben nicht lebenswert fand, sondern sie ist ein genauso fatalistischer Typ wie ihr Mann. Beide sind keine Kämpfertypen, sondern finden sich mit den Gegebenheiten ab. Sie leiden zwar darunter, wissen aber nicht, wie sie sich dagegen wehren können, versuchen es nicht einmal.
 

RuLeka

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Das hat der Vater möglicherweise ignoriert, um ihr die Verantwortung zuschieben zu können, um abschließen zu können?
Ich finde nirgends einen Anhaltspunkt, dass er seiner Frau grollt, weil sie gestorben ist. Da gibt es niemand, dem man die Verantwortung zuschieben muss. Und ich glaube auch nicht, dass er mit ihrem Tod abgeschlossen hat. Sie ist immer wieder präsent in seinen Gedanken, er redet mit ihr usw.
 

Barbara62

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Für mich bedeutet es nicht, dass seine Frau ihr Leben nicht lebenswert fand, sondern sie ist ein genauso fatalistischer Typ wie ihr Mann. Beide sind keine Kämpfertypen, sondern finden sich mit den Gegebenheiten ab. Sie leiden zwar darunter, wissen aber nicht, wie sie sich dagegen wehren können, versuchen es nicht einmal.
Die Frau hat gesehen, wie ihr Dahinsiechen die Familie belastet hat. Vielleicht wollte sie auch deshalb dem Ganzen ein Ende setzen? Außerdem ist es für mich nachvollziehbar, dass nach drei Jahren Krankheit der Kampfeswillen schwindet. Drei Jahre scheint sie die Therapien mitgemacht zu haben und Kampfgeist bei zum Letzten ist nicht jedem gegeben.
 

RuLeka

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Die Frau hat gesehen, wie ihr Dahinsiechen die Familie belastet hat. Vielleicht wollte sie auch deshalb dem Ganzen ein Ende setzen? Außerdem ist es für mich nachvollziehbar, dass nach drei Jahren Krankheit der Kampfeswillen schwindet. Drei Jahre scheint sie die Therapien mitgemacht zu haben und Kampfgeist bei zum Letzten ist nicht jedem gegeben.
Das stimmt, trotzdem geht jeder anders damit um. Manche kämpfen bis zum Schluss, andere geben vorher auf. Der Schwiegervater unseres Sohnes hat drei Jahre gegen seinen Magenkrebs angekämpft, sogar als das Bauchfell betroffen war. Er wollte nicht aufgeben, hat die Hochzeit seiner Tochter mitgefeiert und ist zwei Wochen vor der Geburt seines Enkels gestorben. Er hätte ihn noch so gerne erlebt.
Was ich damit sagen will: Jeder geht anders mit so einer Diagnose um und es gibt hier kein richtig und falsch.
 

Literaturhexle

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Ich finde nirgends einen Anhaltspunkt, dass er seiner Frau grollt, weil sie gestorben ist. Da gibt es niemand, dem man die Verantwortung zuschieben muss. Und ich glaube auch nicht, dass er mit ihrem Tod abgeschlossen hat. Sie ist immer wieder präsent in seinen Gedanken, er redet mit ihr usw.
So habe ich das nicht gemeint. Es ging mir nur um die Kritik an ihrer Kampflosigkeit. Es ist so leicht, das zu kritisieren, wenn man in der Situation nicht drin steckt.
Er fühlt sich ja verlassen, allein, überfordert. Er hätte sie gerne an seiner Seite. Der Groll ist nicht persönlich. Er liebte seine Frau.
 

GAIA

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27. Dezember 2021
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Kurzer Einwurf: Ich habe mal nachgeschaut, wie "die Mutti" im französischen Original des Buches heißt. Dort handelt es sich um "la moman" (also nicht "la maman", wie ich vermutet hätte). Wahrscheinlich eine spezielle Koseform, vielleicht sogar auf die Region oder das Arbeitermilieu bezogen.
Ich hätte gut mit diesem direkt in den deutschen Text "mitgenommenen" französischen Begriff leben können.
So und jetzt halte ich meine Klappe diesbezüglich :p
 

Die Häsin

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So habe ich das nicht gemeint. Es ging mir nur um die Kritik an ihrer Kampflosigkeit. Es ist so leicht, das zu kritisieren, wenn man in der Situation nicht drin steckt.
Er fühlt sich ja verlassen, allein, überfordert. Er hätte sie gerne an seiner Seite. Der Groll ist nicht persönlich. Er liebte seine Frau.
Ich habe eben die betr. Stellen nochmal durchgelesen.
Ich glaube, das mit der Kampflosigkeit soll noch einmal unterstreichen, wie allein er ist.
Hätte sie bewusst gegen die Krankheit angekämpft, hätten die beiden vermutlich auch mehr vorgesorgt (er weiß nicht mal, wo "die Wintersachen" sind). So aber hat die Mutti anscheinend in den letzten Wochen nur dagesessen, wollte auch nicht reden, und er war hilflos.
 

Literaturhexle

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2. April 2017
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So aber hat die Mutti anscheinend in den letzten Wochen nur dagesessen, wollte auch nicht reden, und er war hilflos.
Dieses Verhalten habe ich bei einem sehr nahen Angehörigen aber auch erlebt, der eigentlich nicht sterben wollte, es aber musste. Im Nachgang wurde mir klar, dass er mir viel mehr Informationen hätte geben können/müssen... Durch vieles musste ich mich anschließend durchwursteln.

Ich bin ziemlich sicher, dass er es nicht konnte. Er wäre dadurch mit seinem eigenen Tod direkt konfrontiert gewesen, wäre vielleicht sentimental geworden - was er nicht wollte.
Insofern könnte einfacher Selbstschutz die Ursache sein. Dieses Recht muss man einem Sterbenden einräumen.
Versteht ihr, was ich meine?