Ich habe auch Schwierigkeiten, in den Roman reinzukommen. Ich habe jetzt die ersten 6 Kapitel gelesen und habe den Eindruck, dass dies keine Neuerzählung der bekannten Geschichte wird. Vielmehr scheint sich Jacobson nur bestimmte Themen aus dem Stück herausgegriffen und neu interpretiert zu haben. Einen Schwerpunkt nehmen dabei wohl Fragen rund um das Judentum ein.
Ich habe mich mal an einer Zusammenfassung des bisherigen Geschehens versucht:
Simon Strulovich besucht das Grab deiner Mutter und trifft auf dem Friedhof auf Shylock, der offenbar wie im Stück als einziger keinen Vornamen hat. Simon hat Schwierigkeiten mit seinem Glauben und seiner Identifikation als Jude. In erster Ehe war er mit einer Nichtjüdin verheiratet, weshalb sein Vater sich von ihm lossagte. Die erste Ehe ist gescheitert. In zweiter Ehe hat er eine Jüdin geheiratet, worauf sich sein Vater wieder mit ihm versöhnt hat.
Shylock besucht das Grab seiner Frau und führt Zwiegespräche mit ihr.
Nach meinem Eindruck handelt es sich bei Sherlock um eine Nachbildung des Sherlock aus dem Shakespeare-Stück. Er „findet es schwierig, wohltätig zu sein, wenn ihm gegenüber niemand wohltätig ist, was, wie mancher sagen würde, dem Wesen der Wohltätigkeit etwas nimmt.“ Dies ist auch einer seiner wesentlichen Charakterzüge im Stück. Shylocks Tochter heißt ebenfalls Jessica und hat ihrem Vater einen Ring entwendet, um einen Affen zu kaufen. Außerdem ist sie offenbar mit einem Nichtjuden davongelaufen.
Auch Strulovich hat eine Tochter, um die er sich sorgt und die er gern mit einem Juden verheiratet sähe.
Shylock begleitet Strulovich nach Hause. Sie unterhalten sich darübrt, wie die Juden von den Nicht-Juden gesehen werden und welche Auswirkungen dies auf ihr Selbstverständnis hat. Als Grund für die Distanzierung sieht Shylock: „Das Ganze ist eine Mischung aus Ignoranz und Furcht, die auf die Beschneidung zurückgeht. Wenn wir uns so was antun, was könnten wir dann ihnen antun?«
Im zweiten Handlungsstrang geht es um Plurabelle, die offenbar Portia aus dem Stück entspricht. Sie ist auf der Suche nach dem richtigen Mann/Partner. Im Stück müssen die Freier zwischen einer goldenen, einer silbernen und einer bleiernen Kiste wählen. Im Roman tritt an diese Stelle die Wahl zwischen einem Porsche Carrera, einem BMW Alpina und einem VW Käfer. Plurabelle unterhält zudem eine Restaurant-Show, in der sie den Teilnehmern Ratschläge erteilt. (Diese Neu-Umsetzung des Stücks wirkte auf mich wie eine neumodische Theaterinszenierung - zu gewollt..). Plurabelle ist aus unbekannten Gründen „traurig“ und lernt bei einer Therapie D’Anton kennen. Sie philosophieren über den Grund ihrer Traurigkeit. Sie diskutieren auch darüber, warum die Juden immer traurig sind. Nach Ansicht von D‘Anton handelt es sich um eine politische Traurigkeit, die sich die Juden selbst auferlegt haben, also um Selbstmitleid.
Plurabelle verliebt sich in Barney, der ein alter Freund von D‘Anton ist. D‘Anton hatte Barney den Tipp gegeben, wie er Plurabelle erobern kann. Er verriet ihm, dass er sich für den VW entscheiden/interessieren soll.
Ich habe keine Vorstellung worauf das Alles hinausläuft. Was will Jacobson mit seiner Interpretation?