1. Leseabschnitt: Kapitel 1 bis 22 (Beginn bis Seite 99)

Emswashed

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9. Mai 2020
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Wie verstehst du und natürlich auch ihr anderen die S.87f.: "Irgendwann wird Luke aufwachen und feststellen, dass ein Mensch namens Nestor nie existiert hat,..." Kurz darauf sagt der Erzähler Ähnliches über Henry.
Das ist eine der Stellen, die mich extrem irritiert haben. Danach habe ich quasi alles in Frage gestellt, bzw. mich gefragt habe, wo ich "unaufmerksam" war.
Die ersten Seiten haben mich so eingelullt, dass ich mit dem anschließenden Tempo, trotz freudiger Erwartung, anscheinend überfordert war.
Der Autor spielt mir mit der einen Hand großartige Gesten vor, während er mit der anderen im Verborgenen den Trick vorbereitet.... Zauberkünstler machen das so - hier hat es mich ein wenig verärgert.

Dann sieht er die Gefahr für den Jungen und er kann gar nicht anders, als zu helfen.

Die Rettung habe ich eher wie eine Art Reflex gesehen. "Der Junge gehörte hier nicht her." (o.s.ä.) Luke hat quasi nur sein Revier gesäubert.


So, liebe Leute, ich hatte einen kleinen Durchhänger, aber ich bin wieder da.

Die Aufzählung der Fakten, Alter, Brückenhöhe, etc., steht im krassen Gegensatz zur Landschaftsbeschreibung, wie Lukes Todessehnsucht zur Empathielosigkeit. Wie gesagt, ich bin irritiert. Ich schwanke zwischen Spannung und Entnervung.:rolleyes:
 

RuLeka

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30. Januar 2018
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Warum nur hat Luke diese Todessehnsucht.
Das wird für mich bisher nicht geklärt, bezweifle auch, dass das Warum eine so große Rolle spielt. Luke scheint diese Todessehnsucht schon als Kind gehabt zu haben. Er scheint keiner zu sein, dem das Leben viel bedeutet. Aber sein Sterben will er selbst bestimmen, es soll nicht sein, wie sein Leben - „ voller Angst und Qual“.
Vielleicht erhofft er sich von dem Moment des Sterbens eine Erkenntnis, so wie jene Frau auf dem Kanaldeckel.


Aber zuerst mal meine Eindrücke ( ich bin etwas spät hier eingestiegen, weil mein letztes Leserundenbuch sich verzögert hatte und ich erst dort zu Ende kommen wollte):
Ich bin mit hohen Erwartungen an das Buch herangegangen und der erste Abschnitt hat mich nicht enttäuscht. Die Landschafts- und Naturbeschreibungen, dazu die Stimmungslage des Protagonisten fast wie in Echtzeit beschrieben, das hat mich gepackt.
dass seine Kindheit nicht glücklich verlief. Die Eltern waren primär auf sich fokussiert. Als er aus dem Gröbsten raus war, bekam er das Hausboot geschenkt und die Eltern verschwanden. Puh!
Auch für seine Eltern scheint er eine Person zu sein, die oft im Nebel verschwindet. „ Nur ein Schemen,…keiner, an den sich die Leute erinnern werden.“ Er bekommt nirgends wirkliche Beachtung, vielleicht deshalb die Sehnsucht nach einer Auslöschung seiner selbst.

Der erste Abschnitt zerfällt gewissermaßen in zwei Teile, einen ruhigen, beschreibenden und reflektierenden, während der zweite voller Aktionismus ist. Ich bin gespannt, was dieser Trubel nun mit Luke macht. Einer, der nie Beachtung fand , sich selbst auslöschen will, steht nun im Zentrum eines medialen Interesses. Freue mich aufs Weiterlesen.
 

kingofmusic

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30. Oktober 2018
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Ist schon Morgen? *gähn*
Versteht mich nicht falsch, die (wunderbare) morbide Stimmung passt hervorragend zu einem Selbstmord, der (noch) keiner ist, aber das Erzähltempo hat mich wirklich müde werden lassen. Und was nach Paul's Rettung abgeht, passt zur heutigen katastrophengeilen und effektheißerischen Gesellschaft. Und der Senator ist ein A***** wie er im Buche steht :rolleyes:. Na ja, ich lass mich mal überraschen, wie es weitergeht. Auf den Gedanken, dass Nestor und Henry imaginäre Freunde sind, wäre ich auch nicht gekommen. Da hat mich Herr Donovan wohl zu stark eingelullt ha ha ha.
 

luisa_loves-literature

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9. Januar 2022
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Hmmm...Sprachlich bis zu dem Punkt an dem sich KTV5Augusta einschaltet, war es für mich ein sehr beeindruckender Roman. Viele tolle Bilder, spannende Konstruktionen, aber insgesamt habe ich mich gefragt, wieviele Kapitel es braucht, um dem Tod nahe zu kommen. Im Grunde passiert ja kaum etwas und diese ausufernde Schilderung des Flusses und seiner Umgebung war mir dann auch fast zu lang(weilig) und mühsam. Ich konnte die Konzentration nur mit viel Anstrengung aufrecht erhalten.

aber das Erzähltempo hat mich wirklich müde werden lassen.

Im Grunde muss man aber auf jeden Fall anerkennen, dass es ein ziemlicher Kunstgriff ist, die Langsamkeit und Lebensmüdigkeit, den Überdruss und die Todessehnsucht so auf das Papier zu bringen, dass der Leser auch schon völlig eingelullt, müde, eingeschläfert wird. Das Thema wird also auch sprachlich perfekt vermittelt. Das kenne ich bisher nur aus einem Gedicht aus dem 19. Jahrhundert, in dem Menschen langsam dem Effekt des Genusses einer Pflanze erliegen. Da wird der Text auch immer ruhiger und lahmer und müder und am Ende ist man selbst ganz rammdösig.
Zunächst einmal fand ich die ersten 70 Seiten fast ein wenig ZU langsam.
Mir in der Tat allerdings auch. Ich bin auch noch nicht Feuer und Flamme, habe mich auch sehr schwer auf die Langsamkeit einlassen können. Bei mir bewirkt so ein sehr langsames Tempo mitunter auch das Gegenteil - ich werde nervös .
Hier erreichte der Roman für mich eine hohe Intensität, die mit der Rückkehr in die Gegenwart nicht immer aufrechterhalten werden konnte.
Dem stimme ich komplett zu. Lukes Untergang im See ist das für mich bisher insgesamt gelungenste Kapitel, es erscheint mir sprachlich und emotional sehr rund und es erreicht mich.

Im Augenblick kämpfe ich noch etwas mit dem starken Bruch zwischen der poetischen, langsamen, detailliert atmosphärischen Grundstimmung, die so viel Zeitvergessenheit und Geruhsamkeit, Anspruch und auch Schönheit ausstrahlte und dem nun beginnenden Heldentum, das auf seinen ersten Seiten schon sehr absurde und aberwitzige Blüten treibt. Auf einmal wird aus Poesie Comedy - da muss ich gerade noch mit fertig werden...

Ehrlich gesagt fand ich den Anfang des Romans so toll, dass ich deswegen am liebsten hier aufhören möchte weiterzulesen, weil ich Angst habe, dass es der Autor mit der weiteren Handlung für mich kaputt machen könnte.
Das verstehe ich. Ich habe auch das Gefühl, dass sich hier jetzt eine Richtung auftut, die mir nicht gefallen könnte.
Auf den Gedanken, dass Nestor und Henry imaginäre Freunde sind, wäre ich auch nicht gekommen.
Ich auch nicht. Ich habe zwar kurz aufgemerkt bei dem Satz, aber eher in die Richtung, dass er sie nicht wirklich kennt, nichts von ihnen weiß. Ich habe mich wahrscheinlich absichtsvoll gegen kompliziertere Erklärungen gesperrt :)
 

milkysilvermoon

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13. Oktober 2017
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Ich bin sehr fasziniert vom Schreibstil, gebe aber zu, dass ich mich nicht darin verlieren konnte wie Gaia. Manches fand ich auch langweilig, wurde aber schnell zurückgeholt.

Ja, „faszinierend“, das ist auch das erste, was mir nach dem Ende diesen Leseabschnitts einfiel. Mich fasziniert dieser Roman auch.

Da ist einerseits diese Sprache. Recht nüchtern, schnörkellos auf den ersten Blick, eher kurze Sätze und Absätze. Und dann - bäm! - haut der Autor zwischendurch immer wieder eine starke Metapher oder ein tolles Bild raus, das es in sich hat. Ein einzigartiger Stil, finde ich.

Inhaltlich hatte ich mich nach dem Lesen des Klappentextes auf eine etwas andere Geschichte eingestellt. Das ist grundsätzlich kein Problem, aber ich musste mich daher erst mal einfinden. Und insgesamt lässt mich der Inhalt etwas zwiegespalten zurück. Teilweise war es mir etwas zu langatmig, teilweise fand ich dieses ruhige Erzähltempo gerade gut.

Bin ich begeistert? Nicht komplett. Bin ich enttäuscht? Definitiv nicht. Ich weiß noch nicht, was ich von diesem Roman halten soll, aber bin auf jeden Fall sehr gespannt, was mich noch erwartet.
 

buchregal

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8. April 2021
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Dennoch ist der Funke bislang nicht zu 100 Prozent auf mich übergesprungen.
Ich bin da ziemlich zwiegespalten. Einerseits gefällt mir die Beschreibung der Landschaft, des Nebels usw. sehr gut, doch dieses Kreisen um den Tod zieht mich etwas runter, was vielleicht auch an meiner momentanen Verfasssung liegt.
Luke wohnt in einem Hausboot, seine Eltern scheinen gebildete, interessante Menschen zu sein und trotzdem arbeitet ihr Sohn in einer Käsefabrik, die ihn beim ersten Zuspätkommen gleich kündigt.
Seine Eltern sind zwar gebildet, doch sie scheinen mit sich selbst genug zu haben. Mir kommt es vor, als sei Luke ein Anhängsel.
Ohne euch, würde ich jetzt schmeißen!
Ich würde jetzt wahrscheinlich eine längere Pause einlegen. Ich schmeiße normalerweise nicht, sondern gebe dem Buch eine weitere Chance zu einem anderen Zeitpunkt. Es ist mir schon passiert, dass ich dann nicht verstehen konnte, warum ich mich zuvor so schwer getan habe.
Vor allem finde ich es klasse dargestellt, wie er schwankt, genau zum richtigen zeitpunkt "springen" und nicht "fallen" will, um dann doch wieder einen Überlebensinstinkt einsetzen zu lassen. Klasse!
Es ist gut dargestellt, aber will er nun, oder will er nicht?
Die Reaktion der Mutter auf seine Angst als Kind, nachts nicht allein zu sein, zeugt von ihrer Empathie. Sie hat ihm zugehört und ihn verstanden, das Bild ist eine gute Idee, die ihm zu helfen scheint.
Sie hört ihm zu und kommt mit dem Bild an. Ich hätte eigentlich erwartet, dass sie ihn in den Arm nimmt und ihm zeigt, dass er sich bei ihr geborgen und sicher fühlen kann.