1. Leseabschnitt: Kap. 1-6 (S. 7-79)

Wandablue

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18. September 2019
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Brandenburg
Ich stelle fest, dass wir alle - allerdings aus unterschiedlichen Gründen - den Roman bisher nicht mögen. Das weckt meinen Widerspruchsgeist. Ich gebe ihm ab jetzt eine doppelte Chance.

Das mit Eichmann ist doch bestimmt Adolf Eichmann gewesen sein, vllt ist damit einfach nur gemeint, dass sie auswandern mussten! wegen der Judenverfolgung. Die Autorin schreibt recht salopp. Welche Mutter das nun war, ist tatsächlich nicht ganz klar geworden, die ZaZa oder die Mutter Rosas? Ich sag ja, der Begriff Mutter wird hin-und her geschleudert ohne Rücksicht auf Verluste.

Salopp und lakonisch ist der Stil. Manchmal meint Rosa das Gegenteil von dem, was sie sagt (z.B. bei David; sie findet ihn spießig, redet sich aber ein, er täte ihr gut). Und überhaupt. wer heisst ROSA?
 
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Wandablue

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18. September 2019
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Brandenburg
Ich kann kaum glauben, dass es eine so gestörte Familie gibt. Keiner hört dem anderen zu, alle sind unglücklich und depressiv und kriegen ihr Leben nicht in den Griff.
Ehrlich gesagt, ich finde sie nicht gestört. Es ist eine Migrantenfamilie; die bringt einige Probleme mit sich. Der Vater ist kriegsgeschädigt, dann lebt er in einem Land, dessen Sprache er zwar kann, aber nicht akzentfrei. Er hat vllt nie Träume gehabt, aber seine Ehe ist auch nicht die glücklichste. Kein Wunder, dass Depression über der Familie liegt. (Also Depression ja, aber nicht gestört, weil da jeder depressiv würde).
Die Mutter wurde nie ermutigt, ihr Studium wieder aufzunehmen und hat einen Mann aus einen Land, dessen Probleme ihr fremd sind.
Die Kinder sind es, die komisch sind.
Und wir wissen nicht, wie zuverlässig Rosa als Erzählerin ist.
 

Federfee

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13. Januar 2023
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Wurde erklärt warum die Mädchen beim Vater geblieben sind?
Es war nur Rosa. An einer Stelle steht, die Mutter sei 2 Monate nach Nadja gegangen. Dann wäre Rosa 14 gewesen? Ist aber letztlich auch nicht so wichtig.
Es zeigt die migrantischen Wurzeln. Sie sind eigentlich Rumänen.
Das meinst du. Sie können aber auch Ungarn gewesen sein. Wegen der Bleistiftsache habe ich noch mal nachgeguckt. Das war eine Vielvölkergegend. Nur Siebenbürger Sachsen werden sie wohl nicht gewesen sein.
Aber auf den Arzt eine Wut haben, der doch nur helfen will, aber halt nicht kann.
Tja, Wut kann ich verstehen; es ist wohl Verzweiflung. Aber irgendwie mag sie ihn nicht, muss ihn aber deshalb nicht als 'arisch' beschimpfen.
Womit ich etwas unglücklich war, ist der Begriff "Mutter". Er wurde für die Mutter von Rosa benutzt und für die Mutter von Mordechai und Ari - und beides oft in einem (gefühlten) Atemzug.
Deshalb habe ich mich auch bei der Eichmann-Sache vertan. es war aber Rosas Mutter, hab' noch mal nachgeguckt S. 24 oben
Braucht es dafür einen besonderen Grund? Rosa möchte ihn "lebendig" in Erinnerung behalten.
Das kann gut sein und ich kann's verstehen. Aber einen Grund muss es schon geben, denn sie wird ihn nie wieder sehen. Vielleicht war es ihr auch zu schmerzhaft. Wir wissen es nicht, eben weil sie keine Erklärung abgibt.

David als unsensibel. Er hat kein Verständnis für die temperamentvolle Rosa. Natürlich muss man einen muckenden Computer von Zeit zu Zeit an die Wand werfen!
:rofl :apenosee Ich nenne das nicht temperamentvoll, sondern unbeherrscht. Sie selbst nennt es 'Ausraster'. Und David reagiert doch gerad sehr sensibel, weil er sie beruhigt. Das kann man ihm jetzt aber nicht als unsensibel vorwerfen.
Ich stelle fest, dass wir alle - allerdings aus unterschiedlichen Gründen - den Roman bisher nicht mögen. Das weckt meinen Widerspruchsgeist. Ich gebe ihm ab jetzt eine doppelte Chance.
Hihi, das habe ich mir gedacht.
hat einen Mann aus einen Land, dessen Probleme ihr fremd sind.
Mag sein oder auch nicht. Sie war ja ein Jahr (oder ein halbes?) im Kibbuz. Sie hätten ja auch mal drüber reden können, wenn sie sich schon geheiratet haben.
Und wir wissen nicht, wie zuverlässig Rosa als Erzählerin ist.
Ich schätze sie als unzuverlässig ein.
Dann wird das wohl auch seine Richtigkeit haben mit dem Treffen und der 7 km dicken Demarkationslinie.
Hat es. Ich fand das so skurril, dass ich es nachgeguckt habe (Wiki). Der blöde H. war zu dumm, einen Strich auf der Landkarte richtig einzuschätzen. Und so hatte man Schwierigkeiten, die Dörfer zuzuordnen.
 

Wandablue

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18. September 2019
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Brandenburg
@Federfee: Danke fürs Nachgucken. Der Roman macht es einem wirklich bisschen schwer, kommt drauf an, mein ich, ob die Erinnerungen das Einzige sind, was die Autorin uns mitteilen möchte. Die "Arierbeschimpfung" nehm ich nicht übel, es sind Juden für weniger (von den Ariern) beschimpft worden. Da dürften wir nicht zu zimperlich sein in unseren Gefühlen.
 

Federfee

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13. Januar 2023
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@Federfee: Danke fürs Nachgucken. Der Roman macht es einem wirklich bisschen schwer, kommt drauf an, mein ich, ob die Erinnerungen das Einzige sind, was die Autorin uns mitteilen möchte. Die "Arierbeschimpfung" nehm ich nicht übel, es sind Juden für weniger (von den Ariern) beschimpft worden. Da dürften wir nicht zu zimperlich sein in unseren Gefühlen.
Das musste ich doch wissen. Aber: je mehr man nachguckt, desto verworrener wird es mit dem Hin und Her der Volksgruppen.
Bis jetzt sieht es für mich so aus, als ob die Autorin Erinnerungen in wirrem Durcheinander darstellt. Ich muss zwar keine Handlung habe und kann mich auch so vergnügen ;-) aber irgendwas muss doch interessant gemacht werden. Vielleicht der Konflikt zwischen den Schwestern? Wir werden sehen.
Die 'Arierbeschimpfung' finde ich ... läppsch. Ich zieh' mir den Schuh aber nicht an.
 
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parden

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13. April 2014
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Niederrhein
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Der zu dickgeratenen Demarkationslinie ist es offenbar zu verdanken, dass Rosas Vorfahren aus dem ehemaligen Rumänien ausreisen konnten, daher der Prolog, so verstehe ich das. Von Rumänen zu Ungarn zu Israelis. Und Rosas Vater schließlich wanderte nach Deutschland aus - erst mit einem konkreten Ziel vor Augen, später weil es eben so war und er geheiratet hat.

Viel Einsamkeit gibt/gab es in der Familie, niemand stand für den anderen ein, niemand hörte dem anderen zu, jede:r hatte eigene Macken. Der Vater als Sprössling einer letztlich entwurzelten Familie, dazu mit seinen Kriegserfahrungen über die er nie sprach und mit einem Sonnyboy als Bruder, aus dessen Schatten er nie heraustreten konnte. In Deutschland "versumpft", schlechtbezahlte und stumpfsinnige Arbeit statt eine Professorenstelle, in Depressionen versunken, das einzige vor sich selbst zugelassene Gefühl: Wut - für alles andere fehlten ihm die Worte. Die Mutter, die eigentlich in den Bruder in Israel verliebt war, dann aber bei der Wiederbegegnung in Deutschland offenbar mit "dem Spatz in der Hand" vorlieb nahm, gescheitertes Studium, letztlich Hausfrau und Mutter, worin sie aber keine wirkliche Erfüllung sah. Die Eltern lassen gegenseitig kein gutes Haar am anderen. Die Schwestern ein gemeinsames Zimmer, die Jüngere schaut zur Älteren auf, die aber kaum ein Interesse an ihr zeigt. Rosa wirkt als Kind/Jugendliche verträumt, malt in der Schule vor sich hin statt zuzuhören, oftmals Familienmitglieder als Motiv. Die Gedanken kreisen offenbar oft um ihre Familie, aber es bleibt wohl keine andere Art des Audrucks als die Bilder - mit wem sollte sie darüber sprechen?

Mit Rosa mitschwingen konnte ich, als sie sich von ihrer Schwester alleine gelassen fühlte, da diese die Krankheit des Vaters nicht einmal zur Kenntnis nahm, geschweige denn sich kümmerte. Mit meinem Bruder habe ich eine ähnliche Erfahrung gemacht, und das hat mit "Jammern" nichts zu tun, es ist einfach ein Fakt. Insofern bin ich da ganz bei ihr.

Und die Situation des Nachmittags/Abends als auf den Bruder des Vaters gewartet wurde - beklemmend! All die Erwartungen, die im Raum mitschwingen und von denen sich keine einzige erfüllt. Warten, Enttäuschung, Wut, Sprachlosigkeit, der Vater verschwindet ohne ein weiteres Wort im Schlafzimmer, die anderen vertilgen das komplette Essen. Eine Situation, die allen vor Augen führt, wie wenig sie miteinander zu tun haben, dass es offenbar auch keinen Weg zueinander gibt. Und es gibt noch nicht einmal einen Sündenbock für den verdorbenen Tag, denn der erwartete Gast ist tödlich verunglückt...

Sprachlich empfinde ich den Roman als herausfordernd, lange Schachtelsätze mit einer Vielzahl von Informationen. Trotz der Zeitsprünge und des anspruchsvollen Schreibstils gefällt mir der Roman bisher recht gut. Ich bin gespannt, was sich in der Familie noch so alles offenbart.

Ein Kandidat für den kommenden Deutschen Buchpreis?
 

Federfee

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13. Januar 2023
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@parden : Gut, dass ich mit euch hier lese, damit ich meine Abneigung ein wenig relativieren kann. Auch wenn ich nicht glaube, dass ich den Roman mögen werde, sehe ich doch aus dem, was du geschrieben hast, die Personenzeichnung.

Buchpreis? Oh je, NEIN! Aber wieder mal erstaunlich, wie unterschiedlich man Literatur rezipieren kann.
 

Querleserin

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30. Dezember 2015
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Wandablue

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läppsch. Ich zieh' mir den Schuh aber nicht an.
Nein, sicher, das muss man nicht. Aber man kann sie stehen lassen.
Wir unterhalten uns im 2. LA noch mal über "interessant" und mit @Querleserin über Larmoyanz. Es sind nicht so sehr die einzelnen, wohl zu Recht zu kritisierenden Dinge, geistig abwesende Eltern, physisch und psychisch abwesende Schwester, etc. - es ist der Ton, in dem die Musk gespielt wird.
 
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Emswashed

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9. Mai 2020
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Das mit Eichmann ist doch bestimmt Adolf Eichmann gewesen sein,

Ja, damit ist Adolf Eichmann gemeint... und da stoßen für mich zwei Generationen aufeinander! Welche Generation versteht auf Anhieb, was Adidas Gazelle ist und weiß auch noch wer Eichmann war. Unsere Autorin sucht Multitalente.
Was haltet ihr von den vielen Bildchen, die Rosa in der Schule und zu Hause malt?

Für Kinder normal, oder? Nun ja, heute nicht mehr.
 
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RuLeka

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30. Januar 2018
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Also ich finde sie ziemlich normal.
Ja, sind sie. Außer, dass der Vater aus Israel kommt und deshalb eine spezielle Geschichte hat, ist nichts außergewöhnlich an der Familie. Doch die Autorin legt nahe, dass sie „ besonders“ ist.
Leider weiß ich bisher nicht, warum diese Familiengeschichte es wert ist, aufgeschrieben zu werden. So etwas Ähnliches hat man schon zu Genüge gelesen.
Gut, die Eltern passen im Grunde nicht zusammen und streiten permanent, soll es öfter geben.
Die Schwestern haben wenig Berührungspunkte, kennt man auch.
Bisher fand ich den Teil, der in Israel spielt, am interessantesten.
Aber ich hoffe, es kommt noch mehr.
Den ersten Roman der Autorin habe ich gerne gelesen. Allerdings war die Geschichte dort ähnlich. Eine Vatergeschichte, zwei Schwestern…
 

RuLeka

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Eine Situation, die allen vor Augen führt, wie wenig sie miteinander zu tun haben, dass es offenbar auch keinen Weg zueinander gibt. Und es gibt noch nicht einmal einen Sündenbock für den verdorbenen Tag, denn der erwartete Gast ist tödlich verunglückt...
Eine seltsame Reaktion aller. Ich hätte wahrscheinlich sehr bald mir Sorgen gemacht, dass etwas Schlimmes passiert sein könnte. Hier wird nur wieder ein Familienstreit vom Zaun gebrochen.
Vielleicht ist ihre Schwester gar nicht so schlimm... wir wissen es nicht.
Ich gehe davon aus, dass sie ihre Gründe hat für ihr Verhalten.