1. Leseabschnitt: Erstes Buch, Kapitel 1 bis 9

Yolande

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13. Februar 2020
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Nun, dann werde ich mal den Anfang machen :).
Ich lese die etwas ältere Ausgabe des Fischer Taschenbuch Verlages von 1989. Für mich ist es ein Re-Read, ich habe es 2013 zuletzt gelesen, kann mich aber nicht mehr so richtig erinnern :p.

Die Schilderungen der Kindheit und Jugend Felix' haben mir sehr gut gefallen. Auch wenn der teilweise etwas verschwurbelte Schreibstil Manns manchmal erhöhte Konzentration erfordert. Die Beschreibungen sind detailreich und immer mit einem gewissen amüsierten Unterton. Herzlich lachen musste ich über die Geschichte im Kurbad, als der kleine Felix einen Geigenvirtuosen darstellte und auch die Erlebnisse im Theater haben mir gut gefallen. Vor allem sein Entsetzen über die wahre Person des Schauspielers war sehr eindrücklich. Der erste Teil endet tragisch mit dem Tod des Vaters. Ich bin gespannt, wie sich Felix auf seine neue Lebenssituation einstellt
 

Literaturhexle

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2. April 2017
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In Ermangelung eines anderen fesselnen Hörbuches habe ich nun dieses bei Audible käuflich erworben. Der Interpret und Schauspieler Boris Aljinovic betont die Sätze wunderbar pointiert, so dass ich glaube, das Buch auf diese Weise intensiver wahrnehmen zu können als beim Lesen. Thomas Mann hat einfach einen einmaligen Schreibstil. Dieses ist nun mein drittes Buch von ihm, ich bin begeistert.

Mit Felix Krull begibt sich der Autor dieses Mal ins Rheinische. Vater Krull produziert Schaumwein, es ist köstlich wie der Erzähler (Felix) diesen verunglimpft, weil es sich wohl eher um ein minderwertiges Getränk handelt. Folgerichtig macht die Firma am Ende des ersten Buches auch bankerott - mit der vollen Schmach für die Familie, die man schon bei den Buddenbrooks kennenlernen durfte.

Der Roman beinhaltet die Memoiren des Felix Krull, die er im Alter verfasst. Er hat Jahre im Zuchthaus verbracht. Im ersten Buch berichtet er von seiner Jugend bis zum Tod des Vaters, als er 16 Jahre alt war und noch nicht einmal über einen Schulabschluss verfügte.

Felix scheint ziemlich frei und grenzenlos in seinem Elternhaus aufzuwachsen. Er hat gewisse Eigenarten und Schrullen, auch meidet er die Schule, indem er die Schrift seines Vaters für Entschuldigungen nachahmt, was niemandem aufzufallen scheint. Sein Patenonkel Schimmelpreester sieht über derlei hinweg. Freunde finden sich auch keine ein, da der Umgang mit ihm (zuRecht) nicht standesgemäß und schicklich ist. Die Mütter haben Angst um das Seelenheil ihrer Söhne, da die Frauen Krull recht leichtlebig zu sein scheinen.

Die einzelnen Kapitel schildern verschiedene aneinandergereihte Episoden aus Felix´Leben. Manche lässt schon Rückschlüsse auf seine "Karriere" als Hochstapler zu.
Zum Beispiel die oben von @Yolande genannte, in der er so tut, als ob er zu einem virtuosen Geigenspiel fähig wäre.
Beim ersten Theaterbesuch ist Felix völlig bezaubert von Aussehen und Spiel des Schauspielers Müller-Rosé - der sich in der Umkleide als selten hässlich und pickelig entpuppt und abstoßend auf den Jungen wirkt. Bereits dort lernt er wohl, dass es mehr auf den Schein als das Sein ankommt.

Der kleine, aber regelmäßige Schokoladendiebstahl im örtlichen Feinkosthandel bleibt ungesühnt und ermutigt wahrscheinlich zu weiterreichenden Taten. Seine Künste als Liebhaber werden schon in der frühen Jugend gepriesen und beweihräuchert! Bereits die Mutterbrust hat ihn zu sinnlichen Freuden animiert, mit dem rund 20 Jahre älteren Hausmädchen vervollkommnet er seine Qualitäten...

Im letzten Kapitel nimmt sich der Vater das Leben, die Familie darf aber noch im nackten Haus weiter wohnen. Ich bin gespannt, wie sich die drei über Wasser halten werden. Den Damen kann wohl nur eine Heirat helfen (aber wer würde sie völlig mittellos und entehrt nehmen?), Felix hat nichts gelernt, versteht sich wahrscheinlich nur aufs Blenden, Lieben, Täuschen und Stehlen.
Da ich die Geschichte nicht kenne, bin ich wirklich neugierig auf deren Fortgang.
 
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Literaturhexle

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2. April 2017
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Auch wenn der teilweise etwas verschwurbelte Schreibstil Manns manchmal erhöhte Konzentration erfordert. Die Beschreibungen sind detailreich und immer mit einem gewissen amüsierten Unterton. H
Absolut! Da ist dieses wirklich fantastisch gelesene Hörbuch eine Erleichterung. Dieser Schreibstil ist einzigartig und grandios!
 

kingofmusic

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30. Oktober 2018
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Beim ersten Theaterbesuch ist Felix völlig bezaubert von Aussehen und Spiel des Schauspielers Müller-Rosé - der sich in der Umkleide als selten hässlich und pickelig entpuppt und abstoßend auf den Jungen wirkt. Bereits dort lernt er wohl, dass es mehr auf den Schein als das Sein ankommt.
Letzteres habe ich auch so empfunden. Vorher fand ich aber auch schon ein Beispiel dafür, dass er schon früh angefangen hat "Theater" zu spielen; nämlich als sein Pate Schimmelpreester (die Erklärung des Namens ist großartig) ihm (Felix) immer Kleider bzw. Kostüme mitbringt, die er mit großer Begeisterung präsentiert. Ich bin gespannt, ob auf seine "Schauspielkünste" später noch eingegangen wird - ist als Hochstapler bestimmt hilfreich :p:D.
 
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kingofmusic

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Herrlich - ich finde ständig etwas, was mir gefällt :rolleyes::D.

[zitat]in der Tat, sage ich, erschien mir das Theater als eine Kirche des Vergnügens, als eine Stätte, wo erbauungsbedürftige Menschen im Schatten versammelt gegenüber einer Sphäre der Klarheit und der Vollendung, mit offenem Munde zu den Idealen ihres Herzens emporblickten.[/zitat] (S. 32)
 
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kingofmusic

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Bei Kapitel 7 läuft einem ja das Wasser im Munde zusammen :rolleyes::D. Kein Wunder, dass Herr Krull da öfter "eingekehrt" ist. Wie kommt die Aufzählung der Delikatessen im Hörbuch rüber, liebe @Literaturhexle ? :cool:
Auch wenn man das Buch immer wieder zur Seite legen muss, weil es in seiner Weitschweifigkeit auf Dauer anstrengend ist zu lesen: ich finde es großartig bisher. Werde heute auch den 1. Abschnitt beenden und mich dann wieder hier melden :cool:.
 

kingofmusic

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Den Damen kann wohl nur eine Heirat helfen (aber wer würde sie völlig mittellos und entehrt nehmen?)
Tja, hätte die Schwester den Herrn Übel geheiratet...:D Ich musste echt lachen, als Felix sich darüber auslässt, dass er seine Schwester bzw. Frauen allgemein beneidet, weil sie bei der Hochzeit dann ihren Namen ändern dürfen :D. Aber ist Übel ein schönerer Nachname als Krull? :confused::D
Im letzten Kapitel konnte ich mir die hysterisch schreiende und Treppauf, Treppab laufende Olympia (was für ein Name :rolleyes::D) bildlich vorstellen. Okay, ein schöner Anblick war es mit Sicherheit nicht, den Vater tot auf dem Boden liegen zu sehen...

Ich bin auch mächtig gespannt, wie es mit dem Rest der Familie Krull weitergeht. Schön, dass ich dieses Buch mit euch gemeinsam "entdecken" darf!
 
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münchnerkindl

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23. Februar 2022
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München
Das Hörbuch werde ich mir bei audible besorgen. Ich mag es ja sehr zu lesen und parallel dazu zu hören . Im Moment habe ich eine Lesung über YouTube angehört, gesprochen von DieterHattrup, die zwar kostenlos zur Verfügung steht, die Stimme des Herrn Hattrup ist aber so kalt und hölzern, dass es kein Genuss ist.
 
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