1. Leseabschnitt: Erstes bis Sechstes Kapitel (S. 7-86)

wal.li

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1. Mai 2014
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Habe gestern etwas später angefangen. Während der ersten Seiten musste ich mich an die Schreibweise gewöhnen.
Im Manchester des 1867 werden drei irische Rebellen gehängt. Der Polizist James O'Connor befürchtet, dass diese zu Märtyrern gemacht werden und dadurch noch mehr Unfriede zustande kommt. Er scheint Recht zu behalten. Jedenfalls wird er informiert, dass ein Amerikaner kommen soll, Als einer von O'Connors Informanten verschwindet, ist das Schlimmste zu befürchten.
Für mich ist die Beschreibung der Ereignisse sehr klar, sie wirkt auf mich aber auch etwas sehr sachlich und distanziert. Möglicherweise macht gerade das den Reiz aus.
 

Wandablue

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18. September 2019
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Brandenburg
Es passiert jede Menge und es ist so gut für den Roman, dass wir uns im 19. Jahrhundert befinden. Notizbücher, aus denen man Seiten herausschneiden kann, schwierige Klärungen von Identitäten; etc. Keine Handys. Niemand hat Telefon. Nachrichten verbreiten sich nicht so schnell und sind schwierig zu erlangen.

Der Constable ist wohl der Abstinent. Früher alkoholkrank nach dem Tod seiner Frau hat er in Manchester einen neuen Anfang machen können.

Sein doofer Neffe, - Mann, der stört mich - hat ihn aufgestöbert. Ich könnte besser ohne den Neffen leben. Immerhin hat er die wertvolle Information mitgebracht, dass der Bluthund Stephen Doyle nach Manchester geschickt wurde. Also, mit so einer Narbe im Gesicht, könnte man heute nirgendwo unerkannt bleiben! Geschweige denn seinen bösen Geschäften nachgehen.

Die Einschätzung des Constable interessiert niemanden. Doch hat allein er den Weitblick, zu sehen, dass die Hinrichtung der drei unglücklichen Delinquenten zu Widrigkeiten führen werden.
Das ist ja bis heute so. Dass einzelne Menschen zu Märtyrern gemacht werden. Bin Laden. Etc.

Ich mag das Buch bis jetzt und finde, die Szenerie gut dargestellt. Ich weiß aber nicht, was von den beiden Parteien zu halten ist. Man neigt immer dazu, zur Partei der Erzählenden zu halten und sie zu verstehen. Vllt haben aber die Fenians gute Gründe ... und Spitzel mag niemand.

Dieses Rattenbeissen ist heftig. Ein tpyischer Männersport?!
Säugetiere zu quälen ist bei uns unter Strafe gestellt. Glücklicherweise. Auch Ratten darf man nicht einfach vergiften übrigens. Weil Säugetiere.

Was bedeutet die ständige Anspielung auf Arthur Doyle. Sollte es sich um unseren sehr geschätzten Sir Connon Arthur Doyle, Schriftsteller, handeln? Kann eigentlich ja nicht sein, nach Wiki wohnte er nicht in Manchester.

Sprache: Es gibt ab Kapitel 5 zu viele Vergleiche. Ich würde gerne meinen Rotstift ansetzen. Sonst gut.
 

Anjuta

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8. Januar 2016
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Essen
Zum Inhalt brauche ich nach den Beiträgen oben nicht mehr viel sagen. Ich lasse mich mal über die Sprache aus. ICH HADERE! Es ist eine Sprache, die fast komplett auf Dialoge setzt und bei den kleinen Prosafetzchen dazwischen fast vollständig im Muster bleibt. X macht das, dann das, dann das. Das macht es dem Leser nicht leicht, denn auch die Dialoge sind alles andere als die Wiedergabe tiefgehender Gespräche, sondern fast ganz reine Infovermittler. Puh! Da fällt es mir wirklich schwer, dem Buch irgendetwas Schönes abzugewinnen. Es fehlt vollkommen die Vermittlung des "Erzählten" durch einen wie auch immer gearteten Erzähler, der einem durch seine Sichtweise die Möglichkeit gibt, zu bejahen oder zu widersprechen, jedenfalls irgendwie Stellung zu beziehen. Für mich ist es quälend und wäre ich nicht in einer Leserunde, ich gebe zu: ich würde dem Autoren wohl keine weitere Chance geben und abbrechen.
 

Emswashed

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9. Mai 2020
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Sein doofer Neffe, - Mann, der stört mich - hat ihn aufgestöbert. Ich könnte besser ohne den Neffen leben.

Diesen Neffen sehe ich eher als Kunstgriff in der Geschichte, als Verbindung zum eingeschleusten New Yorker Fenian (die sich übrigens 1958-59 als zwei unabhängige Organistaionen in Irland und New York gegründet, und dann locker zusammengearbeitet haben). Welch ein "Zufall", dass der Neffe gerade dann aus Amerika abhaut und auch noch Spielschulden bei dem Typen macht.... etwas an den Haaren gezogen!

Was bedeutet die ständige Anspielung auf Arthur Doyle. Sollte es sich um unseren sehr geschätzten Sir Connon Arthur Doyle, Schriftsteller, handeln? Kann eigentlich ja nicht sein, nach Wiki wohnte er nicht in Manchester.

Dachte ich auch erst, aber wird wohl nur ein Namensvetter sein, vielleicht damit der Leser ein paar Gedächtnisanker hat.... kommen ja doch viele Namen vor.

Also ich bin nach dem ganzen Psychotiefgang der vergangenen Bücher erst einmal hart auf die reine Storytellingebene geknallt und erwarte dringend noch ein wenig mehr Substanz!
 

Emswashed

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9. Mai 2020
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Das macht es dem Leser nicht leicht, denn auch die Dialoge sind alles andere als die Wiedergabe tiefgehender Gespräche, sondern fast ganz reine Infovermittler.

So empfinde ich das auch. Zum ersten mal richtig aufgestoßen ist mir das auf Seite 44-45, beim Dialog zwischen O´Connor und seinem Neffen Sullivan, als O`Connor sagt, "Und euer Vater war schon tot, ihr hattet bloß noch Edna." - Reine Informationsvermittlung, kein sehr glaubwürdiges Gespräch!
 

Mikka Liest

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14. Februar 2015
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Hilter am Teutoburger Wald
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Ich warte schon länger auf die Leserunde, weil mir der Verlag das eBook schon Ende Dezember geschickt hat und ich es daher schon gelesen und rezensiert habe. Werde mich natürlich bemühen, nicht zu spoilern.

Euer Eindruck vom Schreibstil überrascht mich! Ich weiß jetzt gerade nicht mehr, ob der sich im Laufe des Buches verändert, aber ich habe ihn als atmosphärisch sehr dicht und ausdrucksstark in Erinnerung. Ich meine... Das hier hab ich in meiner Rezension geschrieben:

"Wie der undurchdringliche Nebel quasi aus den Zeilen wabert, du den Geschmack des nahen Chemiewerks bitter auf der Zunge schmeckst und sie vor dir siehst, die verstohlenen, argwöhnischen Blicke der Iren, die keinen Grund haben, dir zu vertrauen. Der Hass und die Angst auf beiden Seiten des Konflikts packen dich an der Kehle, du bist mittendrin, in dieser Zeit, an diesem Ort. Die Atmosphäre ist zum Schneiden dicht."

Joah, völlig anderer Eindruck!

Ich fand das Buch auch von Anfang an unheimlich spannend und unterhaltsam, ich hab's binnen zwei Tagen weggesuchtet.
 

Wandablue

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18. September 2019
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Brandenburg
Und euer Vater war schon tot, ihr hattet bloß noch Edna." - Reine Informationsvermittlung, kein sehr glaubwürdiges Gespräch!
Na ja, das stimmt schon. Aber ich ruhe mich nach den letzten Romanen, die ich so hatte, so schön aus beim Abstinenten. Ich kann mich völlig ins Irland von Manchester fallen lassen. Ist Manchester Irland? Jedenfalls ... hat man damals eben noch in Notizbücher geschrieben und Connor ist nicht die hellste Kerze auf der Torte. Von den anderen ganz zu schweigen ...
(Ok, natürlich ist Manchester nicht Irland, ICH bin in Irland. Wegen Shuggie. Das vermischt sich).
Die dichte Atmosphäre tut mir gut. Ich konnte den langen Gang im Bürgermeisterhaus vor mir sehen, es gibt kein extra Polizeigebäude!
Wie man ein Buch aufnimmt, hat mehr damit zu tun, was man vorher gelesen hat, das wird mir bei diesem Dings hier besonders bewusst. Auch Berlin Heat mochte ich nicht wegen des tumben Icherzählers. Deshalb genieße ich hier die "Ruhe". Normalerweise reagiere ich total allergisch auf diese Art der Infovermittlung, komisch, dass es mich hier bis jetzt nicht so stört. Der Autor benutzt auch die Gedanken "Constabler denkt" und erzählt auch ein bisschen. Und Tiefgang, liebe Ems, erwarten wir hier sicher vergebens. Aber alles in allem, genieße ich die Atmosphäre und fühle mich überraschend wohl mit dem Abstinenten. Liest sich leicht weg und vermittelt die Zeit.
 
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Wandablue

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Welch ein "Zufall", dass der Neffe gerade dann aus Amerika abhaut und auch noch Spielschulden bei dem Typen macht.... etwas an den Haaren gezogen!
Oh ja, schon. Wie hätten sie aber sonst von Doyle erfahren ? Brieftauben? Wenn es nur nicht gerade ein Neffe wäre bzw. ich wünschte, der Neffe wäre nicht der Neffe. Wenn du verstehst, was ich damit meine. Enkeltrick!
 

Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Ich bin mit dem Abschnitt noch nicht komplett durch, aber mir gefällt die Grundstimmung, die vorherrscht, gut. Es wirkt düster, teilweise trostlos, passt hervorragend in die Zeit, zumindest stelle ich es mir so vor, dass es damals ähnlich zugegangen ist. Es sind harte Zeiten, das fängt der Autor gut ein.
Doyle und sein Tun bringt Spannung in die Handlung, obwohl er überhaupt kein sympathieträger ist. Im vorherigen Roman des Autors ging es viel derber zu, ich bin froh, dass es hier nicht ganz so ausgeprägt ist.
 

Literaturhexle

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Aber alles in allem, genieße ich die Atmosphäre und fühle mich überraschend wohl mit dem Abstinenten. Liest sich leicht weg und vermittelt die Zeit.
Das ist die Stärke des Buches: man riecht den Dreck und sieht den Nebel der Industriestadt Manchester mit ihrem Elend vor sich. Die Stadt liegt in Mittelengland, wenn ich nicht irre, Wanda. Man hat o' Connor aus Dublin wegversetzt, um ihn loszuwerden und ihm einen Neuanfang zu ermöglichen.

Das Buch ist ein Schmöker. Aber ein guter. Eure Kritik halte ich bislang für kleinlich. Mir gefällt der Stil und die atmosphärische, bildreiche Sprache. Liest sich zur Abwechslung mal flott;)
 

Emswashed

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Wenn es nur nicht gerade ein Neffe wäre bzw. ich wünschte, der Neffe wäre nicht der Neffe.

Das wäre ein Dreh um der Story mehr Twist zu geben.... aber ich fürchte es bleibt einfach.

Man hat o' Connor aus Dublin wegversetzt, um ihn loszuwerden und ihm einen Neuanfang zu ermöglichen.

Trotz allem gibt es verdammt viel Iren in England, hauptsächlich Wirtschaftflüchtlinge nehme ich mal an, weil die Engländer in Irland so gewütet haben.
 

Literaturhexle

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Trotz allem gibt es verdammt viel Iren in England,
In England boomte die Industrialisierung in der Textilindustrie. Da brauchte man (billige) Arbeitskräfte, während in Irland für nachgeborene Bauernsöhne nicht viel zu holen war. Insofern waren die Städte schon damals ziemlich "bunt ". Offenbar hat die Polizei Angst vor nationalistischen Konflikten. Ob auch die Gewerkschaften schon eine Rolle spielten?
 

milkysilvermoon

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13. Oktober 2017
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Ich wollte erst meine eigenen Eindrücke aufschreiben, war aber dann doch zu neugierig auf eure. Aber so schreibe ich wenigstens nicht so ausführlich über das, was hier schon thematisiert wurde.

Zum Streitpunkt Sprache: Ich finde beide Positionen stimmen. Es gibt einerseits die beschreibenden Passagen mit vielen Sinneseindrücken, die den Roman sehr atmosphärisch und düster machen. Und andererseits sind da die teils wortkargen, sehr direkte Dialoge, die mit Infos gespickt sind. Grundsätzlich gefällt mir diese Mischung ganz gut.

Ich habe mich mit dem Einstieg allerdings trotzdem etwas schwergetan. Man wird gleich mitten in die Geschichte hineingeworfen, die ich anfangs nicht ganz verstanden habe, weil mir historischer Kontext fehlte. Mir war beispielsweise nicht bewusst, dass so viele Iren in Manchester lebten. Erst so langsam habe ich in die Story reingefunden. Erschwerend kamen noch die vielen Namen hinzu. Manche Stellen musste ich daher zweimal lesen, um sie mir zu erschließen.

Das Thema finde ich eigentlich recht interessant. Aber durch die jüngsten Ereignisse in Nordirland, durch die der Roman gewissermaßen eine neue Aktualität bekommt, bin ich auch etwas genervt, davon zu lesen, dass sich Briten und Iren bekriegen. Das hat man in den Nachrichten derzeit zu genüge. seufz
 

Renie

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renies-lesetagebuch.blogspot.de
Ich bin mit dem Abschnitt noch nicht komplett durch, aber mir gefällt die Grundstimmung, die vorherrscht, gut. Es wirkt düster, teilweise trostlos, passt hervorragend in die Zeit, zumindest stelle ich es mir so vor, dass es damals ähnlich zugegangen ist. Es sind harte Zeiten, das fängt der Autor gut ein.
Stimmt, die Stimmung ist gut eingefangen. Genauso wie ich den historischen Rahmen hochinteressant finde. Trotzdem bin ich mit dem Buch nicht warm geworden, denn die Spannung kommt bei mir nicht an. Ich habe mich eher gleichgültig durch diesen LA gearbeitet. Allerdings habe ich den Verdacht, dass ich diesen Roman zu einem falschen Zeitpunkt lese. Ich bin super gestresst, denke tausend Gedanken gleichzeitig und schweife daher beim Lesen immer wieder ab. Wenn ich eure Kommentare lese, scheint dieser Roman spannend zu sein. ;)
 

Wandablue

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18. September 2019
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Brandenburg
Ich bin super gestresst, denke tausend Gedanken gleichzeitig und schweife daher beim Lesen immer wieder ab. Wenn ich eure Kommentare lese, scheint dieser Roman spannend zu sein.
Na ja. Er ist schon bisschen einfach gestrickt, so dass ich oft lachen muss. Aber wenn man NICHT gestresst ist, wird man schnell ins Buch hineingezogen und vergisst, dass man nicht in Manchester ist.